Der Niedersachse Lars Klingbeil steht fast an der Spitze seiner möglichen politischen Laufbahn. Die SPD-Basis gab ihm im April 2025 grünes Licht für die Positionen des Vizekanzlers und Finanzministers in der neuen schwarz-roten Regierung.
Die SPD-Mitglieder stimmten mit einer Mehrheit von 84,6 Prozent für eine schwarz-rote Koalition — 2013 waren es nur 76, und 2018 nur 66 Prozent. Allerdings stimmten lediglich 56 Prozent der 358.000 SPD-Mitglieder ab.
Die SPD zog mit Lars Klingbeil als Frontmann in die neue Regierung ein. Lars Klingbeil ist die Nummer 2 in der Regierung. Das Präsidium der SPD gab Klingbeil überdies den Auftrag, die sechs anderen Ministerinnen und Minister der SPD am 5. Mai 2025 in Absprache mit Generalsekretär Miersch, Co-Parteichefin Saskia Esken sowie den SPD-Ministerpräsidentinnen und -Ministerpräsidenten zu benennen. Dabei wollte die Partei „auf Erfahrung, aber auch auf neue Gesichter und sichtbare Schritte zu einem Generationswechsel in der SPD“ setzen. Es werde ein „starkes und kompetentes Regierungsteam“, ließen Sprecher der SPD verlauten.
Am 5. Mai 2025 wurde der Koalitionsvertrag unterschrieben, und einen Tag später Friedrich Merz erst in einem zweiten Wahlgang am gleichen Tag — was von der Geschäftsordnung des Bundestags nicht vorgesehen ist — zum Bundeskanzler gewählt. Also ein Bundeskanzler zweiter Wahl.
Die SPD hatte seit 138 Jahren mit 16 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis in einer Bundestagswahl eingefahren.
Trotz der bitteren Wahlniederlage am 23. Februar 2025 fuhr Klingbeil noch am gleichen Abend in die Parteizentrale, dem Willy-Brandt-Haus in Berlin, um sich den strategisch wichtigen Fraktionsvorsitz zu sichern. Am 26. Februar 2025, drei Tage nach dem Bundestagswahldebakel, wählten ihn die Sozialdemokraten mit 85,6 Prozent zu ihrem Fraktionschef. Dadurch wurde Klingbeil zum Hauptansprechpartner für den designierten Bundeskanzler Friedrich Merz und führte die entscheidenden Gespräche beispielsweise mit dem CSU-Politiker Alexander Dobrindt, als die Koalitionsverhandlungen auf der Kippe standen. Andere, wie Co-Parteichefin Saskia Esken, blieben oftmals außen vor.
Der Weg an die Spitze
Seit Dezember 2021 ist Lars Klingbeil zusammen mit Saskia Esken einer der beiden Bundesvorsitzenden der SPD. Der 47-jährige Lars Klingbeil zählt innerhalb seiner Partei zum konservativen Seeheimer Kreis. Im Februar 2025 wurde er zusätzlich Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Zwei Monate später, am 30. April 2025, wurde Lars Klingbeil von der Parteiführung als Vizekanzler und Bundesfinanzminister im Kabinett von Friedrich Merz nominiert.
Sein politisches Wirken begann bereits in seiner Schulzeit. Er war Schülersprecher am Gymnasium im niedersächsischen Munster (Heidekreis) — wo er aufwuchs — und bereits Mitglied der lokalen Antifa. Schon damals demonstrierte der sympathisch wirkende, 1978 in Soltau geborene Klingbeil gegen Rechts, für ein besseres Schulsystem und für einen Discobus. Als Schülersprecher hatte er seinerzeit diesen „Discobus“ durchgesetzt, nachdem es auf den Heimfahrten von der Disco in Bispingen, 15 Kilometer von seiner Geburtsstadt entfernt, immer wieder zu schweren Autounfällen gekommen war.
Sein Vater war Berufssoldat, seine Mutter Einzelhandelskauffrau. Trotz der Profession seines Vaters verweigerte Sohn Lars den Wehrdienst und leistete Ersatzdienst bei der Bahnhofsmission in Hannover.
Die Zeit beim Zivildienst habe ihn sehr geprägt, so Klingbeil — besonders die Gespräche mit Suchtkranken und Obdachlosen. „Da waren Top-Anwälte dabei“, erinnerte er sich. „Das waren Leute, die hatten es eigentlich geschafft und sind dann komplett abgestürzt.“
Aus dieser Zeit habe er eine wichtige Lehre für sich gezogen:
„Man muss jeden Tag genießen, den man vernünftig, wohlbehütet in dieser Gesellschaft hat“ (1).
Den letzten Satz von Herrn Klingbeil unterschreibe ich uneingeschränkt.
Im Vergleich zu den meisten anderen mir bekannten Spitzenpolitikern dürfte Klingbeil näher in Kontakt mit den tatsächlichen Bedürfnissen und Ängsten der Bürger gekommen sein. Meines Erachtens müsste es zur Pflicht für jeden „Volksvertreter“ werden, zwei Jahre Sozialdienst, zum Beispiel im Altenheim, in einer Bahnhofsmission oder als Streetworker zu leisten. Unsere Politiker sind größtenteils meilenweit von den Bedürfnissen der Bevölkerung entfernt, scheint mir. Auch das Geschrei über Kriegstüchtigkeit ist bei selbst- und geschichtsvergessenen Politikern groß. Jungen Menschen sesselfurzenderweise Wehrpflicht auferlegen zu wollen, um im Ernstfall als Kanonenfutter zu dienen, halte ich für unverantwortlich. Sollen die politischen Befürworter zuerst ihre Kinder und Enkel schicken, dann wird sich das mit der Wehrpflicht — und auch mit den profitbringenden Kriegen — schnell erledigen.
Was mich in zweierlei Hinsicht sehr befremdet, ist, dass Klingbeil praktisch vorbehaltlos hinter der mit deutschen Steuergeldern finanzierten Ausstattung der Ukraine mit Waffen steht. Die Unterstützung werde „politisch, finanziell und militärisch“ so lange weitergehen, wie sie die Ukraine brauche.
Der einstige Kriegsdienstverweigerer setzt sich ohne Wenn und Aber für eine massive Aufrüstung der Bundeswehr ein.
„Wir müssen unsere Verteidigungsfähigkeit so stark machen, dass wir nie wieder Krieg führen müssen“, argumentierte Klingbeil in der Diskussion um die Aufhebung der Schuldenbremse. Anscheinend ist auch Lars Klingbeil dem Oxymoron „Mit Waffen Frieden schaffen“ auf den Leim gegangen. Nun gut, er ist ja erst 47 Jahre alt, und hat im Gegensatz zu Friedrich Merz noch die Möglichkeit, die Einsicht zu gewinnen, dass Gewalt wieder Gewalt erzeugt. Und Waffen bedeuten Gewalt, was diesen ruchlosen Bellizisten anscheinend nicht klar ist.
Wie kann Klingbeil als angeblicher Arbeitnehmervertreter dafür sein, den deutschen Steuerzahler zu schröpfen, um einen sinnlosen und für die Ukraine von Anfang an nicht gewinnbaren Krieg zu finanzieren? Ich sehe in München tagtäglich Rentner, die Abfalleimer nach Pfandflaschen absuchen. Wie will Klingbeil diesen um ihre Existenz kämpfenden Menschen die vielen, in die Ukraine verschobenen, nicht wertschöpfenden Milliarden Euro erklären? Zum anderen: Wie kann er als ehemaliger Pazifist und Wehrdienstverweigerer seine momentane Haltung verteidigen?
Positiv in diesem Kontext ist anzumerken, dass sich Klingbeil — im Gegensatz zu Friedrich Merz und anderen notorischen Kriegstreibern — mehrfach kritisch zur Forderung von US-Präsident Donald Trump geäußert hat, die Verteidigungsausgaben der NATO-Staaten auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen. Deutschland definiere seinen eigenen Weg in der Verteidigungspolitik und lasse sich nicht von anderen diktieren, so Klingbeil. Er geht jedoch mit der Forderung von Verteidigungsminister Boris Pistorius d’accord bezüglich zusätzlicher Mittel für die Bundeswehr und erklärte, dass das Zwei-Prozent-Ziel der NATO bereits umgesetzt werde, aber auch mehr Geld für die Bundeswehr erforderlich sei, um akute Lücken bei Munition und Ausrüstung zu schließen.
In meinen Augen sind zwei Prozent vom BIP für Verteidigungsausgaben — mehr als genug in Anbetracht der sich sozial verschlechternden Situation in Deutschland. Die Forderung nach fünf Prozent entspringt kranken, verantwortungslosen Gehirnen — soweit vorhanden.
An der sozialen Einstellung von Lars Klingbeil lässt mich zweifeln, wenn er im Zusammenhang mit der Forderung des Kriegstreibers und CDU-Außenministers Johann Wadephul — die Aufstockung der deutschen Militärausgaben auf fünf Prozent des BIPs, und damit 225 Milliarden Euro, die Hälfte des gesamten Bundeshaushaltes!!! — sagt, dass der SPD-Finanzminister im Gegenzug dafür von allen Ressorts strikte Kürzungspläne verlangt und damit indirekt sein Ja für diese menschenverachtende Idiotie gibt. Man muss nicht einmal bis drei zählen können, um zu wissen, wozu das führt: zu einer massiven Verschlechterung der Lebensbedingungen der sozial schwachen Schichten in Deutschland. Sie als Sozialdemokrat, Herr Klingbeil, sollten mit aller Kraft gegen solche Entwicklungen ankämpfen und nicht die Kriegstreiber in ihrem skrupellosen Vorgehen unterstützen.
Im ARD-Talk „deep und deutlich“ am 22. Juni 2024 erklärte Klingbeil auf Fragen zur russischen Invasion in der Ukraine und den damit verbundenen Waffenlieferungen und der Einsatztüchtigkeit der Bundeswehr:
„Das macht mir Sorgen (…) ich hätte nicht gedacht, dass meine Politikergeneration auf einmal diejenige ist, die sich ernsthaft wieder Gedanken um die Frage machen muss: Schaffen wir es, einen Krieg zu verhindern?“
In diesem Zusammenhang halte er es für richtig, „die Bundeswehr hochzufahren“, und relativierte:
„Alles nicht, weil ich will, dass wir das einsetzen. Aber ich glaube, dass Putin zu einem gewissen Maße nur die Sprache der Stärke und der Härte versteht.“
Diese Aussage klingt ein wenig nach „Merz-Jargon“ und kann ich nicht bestätigen, zumal es der Westen nach dem Mauerfall 1989 war, der seine Zusagen — „not an inch eastwards“ –nicht eingehalten hat.
Als Gastgeber Aurel Mertz Klingbeil nach seiner Meinung zu einer möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht fragte, äußerte der sich „zwiegespalten". Sowohl eine „Massenarmee“ als auch einen „Zwangsdienst“ fand Klingbeil falsch. „Ich würde mir wünschen, dass sich jeder junge Mensch damit auseinandersetzt, ob er das will oder nicht.“ Nach der Ernstsituation gefragt, antwortete Klingbeil:
„Ich glaube, wenn ich mein Land verteidigen müsste, würde ich auch zur Waffe greifen“ (2).
Ich würde in diesem Fall nicht zur Waffe greifen, weil meines Erachtens die europäischen Bellizisten wie Keir Starmer, Emmanuel Macron und Friedrich Merz diesen Härtefall provoziert hätten. Wer — wie Friedrich Merz — sich vorstellen kann, den Marschflugkörper Taurus an die Ukraine zu liefern, um damit beispielsweise die Krim-Brücke zu beschießen, provoziert einen Raketeneinschlag auf deutschem Territorium, beispielsweise in Schrobenhausen oder Düsseldorf. In Russland wird bereits über solche Optionen diskutiert. Sollten Sie trotzdem diese Entscheidung fällen, Herr Merz, haben Sie einen Meineid bei der Übernahme des heiß ersehnten, und jedes Opfer und jede Lüge werten Kanzleramts geleistet, und zudem gegen Artikel 26 GG verstoßen, der fordert, das friedliche Zusammenleben der Nationen nicht zu gefährden. Sie müssten in diesem Falle meines Erachtens sofort des Amtes enthoben, und der Justiz zugeführt werden — wenn wir einen Rechtsstaat hätten.
1999 begann Klingbeil an der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität in Hannover ein Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte und schloss 2004 mit dem Magister ab. In Hannover arbeitete der leidenschaftliche Hobbygitarrist und Fußballfan in dieser Zeit im Wahlkreisbüro des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder.
„Als Torwart war ich zu schlecht. Und als Rockstar hätte ich gern Karriere gemacht, aber das wollte das Publikum nicht“, sagte Lars Klingbeil der Bunten.
„Meine Bands ‚Sleeping Silence‘ und ‚Pflaumenmus‘ waren auch nicht für eine Weltkarriere geschaffen.“
Fußball-Fan ist er nach wie vor und sitzt sogar im Verwaltungsbeirat des FC Bayern. Warum nicht Sankt Pauli, HSV oder Hannover 96, werden Sie sich fragen. „Das kam wohl aus Opposition zu meinem Vater, der echter HSV-Anhänger ist. Beim FC Bayern fühle ich mich willkommen, auch unter CSU-Mitgliedern. Die Farbe Rot verbindet uns. Ich habe ein durch und durch rotes Herz,“ so Klingbeil (3). Lars Klingbeil scheint ein Mann aus dem Volk zu sein.
Von 2001 bis 2004 finanzierte sich Lars Klingbeil teilweise über ein Stipendium der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Bereits 2003, ein Jahr vor Abschluss seines Studiums, wählten ihn die Jusos zum Bundesvorsitzenden. Von Mai 2003 bis November 2007 war der 1,96 Meter große Hüne — und damit ist er als Nummer 2 auch nur um zwei Zentimeter kleiner als Friedrich Merz — einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Jusos. Dieses Amt bekleidete Klingbeil bis 2007. Im Jahr 2006 wurde er Kreistagsabgeordneter im Heidekreis. Im Bundestag sitzt er, wie bereits erwähnt, seit 2009 und ist seit Dezember 2021 Parteivorsitzender der SPD. Nun ist er zum — offiziell — zweitmächtigsten Mann Deutschlands aufgestiegen.
Wenn man allerdings den Verlauf der Koalitionsverhandlungen beobachtet hat, gewinnt man den Eindruck, dass Lars Klingbeil am längeren Hebel als der designierte Bundeskanzler Friedrich Merz saß.
Er scheint so etwas wie die Rolle der grauen Eminenz zu spielen. Friedrich, der Große, wollte unbedingt Bundeskanzler werden — koste es, was es wolle. Und ohne Herrn Klingbeil ging das nicht. Saskia Esken hatte eher die Funktion eines „Adabeis“. Der Koalitionsvertrag trägt in meinen Augen eindeutig die Handschrift von Lars Klingbeil und ist geprägt von Zugeständnissen an die SPD. Ich würde ihn als ein links-grünes Abkommen bezeichnen — vom vor der Wahl angekündigten konservativen Politikwechsel keine Spur, eher ein „Weiter so“ der Ampelpolitik, allerdings noch bellizistischer. Ich hoffe, Lars Klingbeil vermag es, dem kriegstreiberischen und diesbezüglich ignoranten Friedrich Merz Einhalt zu gebieten.
Seine Positionen Vizekanzler und Bundesfinanzminister
Das SPD-Präsidium habe sich für die personelle Besetzung dieser Posten einstimmig ausgesprochen, erfuhr die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch, den 30. April 2025 aus Parteikreisen. Lars Klingbeil begründete in einem Schreiben an die SPD-Bundestagsfraktion diese Entscheidung, wie folgt:
„Das Bundesfinanzministerium ist der Ort, an dem wir unsere Schwerpunkte und insbesondere das große Finanzpaket mit dem Sondervermögen Infrastruktur vorantreiben und umsetzen können“, und diese Aufgabe wolle er „mit großer Entschlossenheit“ angehen.
Klingbeil machte in seinem Brief deutlich, die SPD gehe nicht als „Aufpasser oder als reines Korrektiv“ in die Regierung. „Wir wollen gestalten.“ Nötig sei „ein wirtschaftlicher Turnaround für neues Wachstum, eine starke Industrie und sichere Arbeitsplätze“, so Klingbeil. Mit dem 500 Milliarden schweren Sondervermögen Infrastruktur müsse Deutschland „systematisch“ modernisiert werden. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen laut Klingbeil im Mittelpunkt der Politik der Bundesregierung stehen.
Und genau diese Arbeitnehmerverbundenheit nimmt die Bevölkerung der ältesten und traditionsreichsten Partei Deutschlands, der SPD, immer weniger ab. Die SPD wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Milieu- oder Klassenpartei der Arbeiterschaft gegründet. Sie sieht sich nach wie vor als linke Volkspartei mit ihren Wurzeln in der Arbeiterbewegung. In der Vergangenheit hatte die SPD sowohl in Arbeiterkreisen als auch im liberalen Bildungsbürgertum großen Rückhalt. Dieser Rückhalt bröckelt jedoch, wie das letzte Bundestagswahlergebnis zeigt.
Die Menschen glauben der SPD den Nimbus der „klassischen Partei der Arbeiterschaft“ nicht mehr. Verstärkt wurde die diesbezügliche Debatte durch die jüngsten Umfragewerte der SPD sowie das Erstarken von BSW und AfD.
Laut der Infratest dimap-Umfrage im Erhebungszeitraum 2. und 3. Juni 2025 käme die SPD nur noch auf 15 Prozent der Stimmen (4).
Das Amt als Parteivorsitzender will Klingbeil nicht aufgeben. Am 27. Mai 2025 war Lars Klingbeil das erste Mal nach der Bundestagswahl in seinem Wahlkreis Rotenburg I — Heidekreis unterwegs. Er stellte sich den Fragen der Journalisten. Auf die indirekte Frage:
„Mehr Zeit für den Wahlkreis hätten Sie, wenn Sie nicht auch noch weiter Parteivorsitzender wären…“ antwortete Klingbeil:
„SPD-Vorsitzender zu sein, ist für mich eine große Ehre. Das will ich nicht aufgeben“ (5).
Erste Akzente
Lars Klingbeil setzte bereits erste politische Akzente als Finanzminister. Er will verstärkt Schwarzarbeit bekämpfen. Er erklärte, dem Staat gingen durch Schwarzarbeit und Steuerbetrug Millionen Euro verloren. Christian Lindner sei hier „nicht ganz so ambitioniert“ gewesen. Trotz Personalmangels beim Zoll sei es seiner Meinung nach möglich, mehr zu tun.
Es wird nicht leicht für den Finanzminister, zumal seine aktuelle Steuerschätzung, die Lars Klingbeil auf einer Pressekonferenz im Mai 2025 vorgestellt hat, ein düsteres Bild für die kommenden Jahre zeichnet. Dabei ginge es relativ einfach: Den Schwachsinn mit den Verteidigungsausgaben von fünf Prozent vom BIP auf den Misthaufen werfen — wo er definitiv hingehört — und die Waffenlieferungen an die Ukraine endgültig einstellen — dann reichen selbst 100 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen zur Bestreitung des Haushalts aus. Was soll also das Gejammere? Einfach den vermaledeiten Kriegstreibern nicht das Wort reden, sondern wieder mal Politik für die Bürger betreiben! Es zahlt sich aus — auch für Ihr sozialdemokratisches Gewissen, Herr Klingbeil. Ich schätze Sie als Verantwortungsethiker ein, der die Folgen seiner Entscheidungen überdenkt, und insbesondere seinem Gewissen gegenüber verantwortlich ist, und nicht irgendwelchen, in Stein gemeißelten Prinzipien oder dem Fraktionszwang, denen armselige und persönlich unterentwickelte Gesinnungsethiker unterliegen.
Auch für eine Strompreisentlastung — wie im Koalitionsvertrag vereinbart — macht sich Finanzminister Lars Klingbeil stark. Angepeilt werden mindestens 5 Cent Senkung pro Kilowattstunde. Zudem will er mit Steuererleichterungen mehr Investitionen auslösen. Geplant sind unter anderem verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für betrieblich genutzte Elektroautos.
Auf die gesetzliche Rentenversicherung und auf den Finanzminister kommen mit dem Renteneintritt der Babyboomer-Generation schwierige Zeiten zu. Renteneinzahler und Steuerzahler fallen weg, die Rentenleistungen und Staatsausgaben erhöhen sich.
Bezüglich des Themas „Altersversorgung der Parlamentarier“ sagte Lars Klingbeil in der Sendung „Alles Gesagt?“ — ein Interviewpodcast der ZEIT — kürzlich:
„Als Politiker ist es für mich völlig unverständlich, warum wir in einem anderen System sind. Ich möchte gerne im gesetzlichen Rentensystem drin sein.“
Das sehe ich ebenso. Es bleibt zu hoffen, dass diesen Worten auch Taten folgen. Gute Führende, die ihrer Gefolgschaft vorangehen wollen, sollten hinter ihr stehen. Wer als Politiker mit gutem Vorbild vorangeht, schafft Vertrauen — vielleicht auch wieder unter Politikverdrossenen wie mir. Leider realisieren das in meinen Augen zu wenige „Volksvertreter“ — ganz im Gegenteil — sie tun zu einem nicht unerheblichen Teil das, was das Volk nicht möchte, wie der skandalöse, menschenverachtende Umgang mit dem Bürgerwohl in der Coronazeit und auch der Umgang mit den Bürgerinteressen im Ukrainekonflikt gezeigt haben. Sie stellen damit das Funktionieren der repräsentativen Demokratie mehr als nur in Frage.
Ausblick in die Zukunft
Wahrscheinlich wird Lars Klingbeil 2029 versuchen — falls die Große Koalition so lange hält — für das Amt des Bundeskanzlers zu kandidieren. Auch Olaf Scholz war zuvor Finanzminister unter Angela Merkel. Als Finanzminister bekleidet Klingbeil das wohl einflussreichste und mächtigste Ressort. Er besitzt bei der Ausübung seiner Aufgaben ein umfangreiches Vetorecht bei Regierungsvorhaben, und wird auch auf internationalen Treffen wie G20- und G7 in seiner Funktion als Vizekanzler präsent sein. Wenn Lars Klingbeil im Gegensatz zu Olaf Scholz SPD-Chef bleiben wird, dürfte seine Macht größer sein, als die von Olaf Scholz seinerzeit.
Auf die Frage eines Journalisten in seinem Wahlkreis „Nehmen Sie eine Veränderung bei den Terminen vor Ort wahr? Sind Sie noch ‚unser Lars‘ oder ist da jetzt ein ‚ganz Großer‘, von dem die Menschen hoffen, dass er sie nicht vergisst?“ antwortete Klingbeil:
„Ich bin da sehr klar, dass ich diese Veränderung nicht will. Ich bleibe der Lars, den die Menschen hier kennen. Ich bin immer ansprechbar, man kann zu mir kommen und über dies und das plaudern. In Schneverdingen haben sich die Leute erst mal alle in die zweite Reihe gesetzt und ich habe gesagt, sie sollen in die erste kommen. Diese Distanz brauchen wir nicht.“
Hört sich gut und volksnah an. Hoffentlich ist und bleibt er auch so. Macht macht mächtig, zu viel Macht eventuell übermächtig. Es bleibt zu hoffen, dass der deutsche Vizekanzler und Bundesfinanzminister auf dem Teppich bleibt und den BlackRock-Agenten und Kriegstreiber Friedrich Merz in seine Schranken weist.

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Quellen und Anmerkungen:
(1) https://de.nachrichten.yahoo.com/ex-wehrdienstverweigerer-klingbeil-ard-talk-144058391.html
(2) https://www.ardmediathek.de/video/deep-und-deutlich/ich-punkrock-papa-soldat-oder-spd-chef-lars-klingbeil-im-talk/ndr/Y3JpZDovL25kci5kZS9mMWRlNTFjMi01NTM5LTQyZTgtODUxOS1hYTQyNTc1ZjU2Y2I
(3) https://www.sueddeutsche.de/panorama/promi-news-lars-klingbeil-rockstar-fussballprofi-asap-rocky-freigesprochen-li.3205067
(4) https://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/sonntagsfrage/
(5) https://www.kreiszeitung.de/lokales/rotenburg/lars-klingbeil-ueber-seine-neuen-aemter-und-privates-93761218.html
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Rezension zu diesem Buch: https://wassersaege.com/blogbeitraege/buchrezension-die-friedensuntuechtigen-von-uwe-froschauer/