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Der letzte Traum

Der letzte Traum

Wer die Zeichen der Zeit jetzt verschläft, wird in einer Ökodiktatur aufwachen.

Der kanadische Kriminalpsychologe Robert D. Hare behauptet, dass die Leitfiguren unserer Zerstörungskultur, also die Mitglieder der politischen und wirtschaftlichen Eliten, größtenteils Psychopathen sind. Hare:

„Zu viele Menschen glauben, dass Psychopathen im Wesentlichen Killer oder Zuchthäusler seien. Die allgemeine Öffentlichkeit hat nicht gelernt, die sozialen Stereotype zu durchschauen, und kapiert nicht, dass Unternehmer, Politiker, Konzernchefs und andere erfolgreiche Persönlichkeiten, die möglicherweise nie ein Gefängnis von innen zu sehen bekommen, Psychopathen sein können.“

Was würde wohl geschehen, wenn man diese Worte heute lauthals zur Debatte stellte? Es würden sich natürlich diejenigen vor Empörung überschlagen, die gemeint sind, die unmittelbar oder mittelbar an dem ruinösen Geschäft beteiligt sind, das unsere Erde in eine faulige Geschwulst verwandelt. Und die die Macht haben, diesen Wahnsinn bis zum bitteren Ende weiter zu betreiben, was sie mit Unterstützung der manipulierten Massen auch garantiert tun werden, wenn man sie nicht gewaltsam davon abhält.

Aber wie könnte das geschehen? Eine Ökodiktatur wäre eine mögliche Option am Ende unserer Zivilisation. Sie wird bestimmt nicht als Ideologie daherkommen, die genügend Ressentiments bedient, um eine Volksbewegung zu werden. Sie wird auch nicht durch eine Revolution über uns kommen, sondern scheibchenweise installiert werden. Ihre Machtergreifung wird durch die schlechter werdenden Bedingungen diktiert, unter der die herkömmlichen Volkswirtschaften ebenso zusammenzubrechen drohen wie die Naturhaushalte. Sie wird wenig zu tun haben mit grünen Idealen, sie wird sich als Entseuchungskommando in einer ganz und gar kaputten Welt verstehen. Die Ökodiktatur wäre ein politischer Notwehrreflex. Dass es ein Schweinesystem wird, ist doch klar. Auch auf dem Gebiet der Staatskunst will uns nämlich schon lange nichts Erhabenes mehr einfallen.

Wäre dies so, hätten wir eventuell eine Chance. Wir würden uns gemeinsam kümmern, geballter persönlicher Verzicht würde zu neuer Erfahrung auch im Miteinander führen, wir erlebten die Gnade, gemeinsam Reue zu zeigen. Halten Sie eine solche Gesellschaft für möglich? Dies wäre in der Tat eine demokratische Gesellschaft. Aus ihr käme entschieden mehr Power als aus jeder erzwungenen Kehrtwendung.

Wir sehen also: Man kann entweder albträumen oder träumen.

Aber verschlafen sollten wir den Zusammenbruch unserer Zivilisation nicht. Obwohl ich glaube, dass genau das passieren wird. Die meisten Menschen werden ihn nicht einmal bemerken, weil sie die Indizien für den bevorstehenden Zusammenbruch nicht zu deuten wissen. Schließlich fühlt er sich für jeden anders an.

Das Ende unserer Zivilisation wird uns nicht wie ein Meteoriteneinschlag treffen, es wird viele Gesichter haben. Vielleicht kommt es in Gestalt so schlimmer Hungerkatastrophen, dass wir die Toten nicht mehr zählen mögen. Für diejenigen, die sich in Online-Petitionen und später auf der Straße gegen das kranke Gier-System zur Wehr setzen, könnte der Zusammenbruch nach Tränengas riechen. Für arbeitslose Jugendliche wird er aussehen wie Einstichstellen in der Armbeuge, wie der kurze Kick eines Crack-Krümels, mit denen ihr Viertel überschwemmt wird.

Vielleicht fühlt er sich aber auch wie gar nichts an. Vielleicht klingt er wie gar nichts, sieht aus wie gar nichts. Oder wie der US-amerikanische Autor Derrick Jensen (Endgame) es formuliert:

„Vielleicht ist er der unverkennbare Geruch im Inneren eines Polizeiautos und der Blick durch das Rücksitzfenster auf ein kleines Mädchen, das an einer Eiswaffel leckt und das Wissen, dass Sie so etwas niemals mehr in ihrem Leben sehen werden.“

Wir alle stecken in persönlichen Geschichten fest, in der die Sorgen um die Familie, den Arbeitsplatz und die Gesundheit mehr wiegen als ein historisches Ereignis — selbst wenn es von so großer Tragweite ist, wie das Ende unserer Zivilisation, an dessen diffuse Erscheinungsformen wir uns längst gewöhnt haben. Und weil das so ist, deuten wir Wahrheiten zu Verschwörungstheorien um.

Uns ist es inzwischen egal, ob der Umweltschutz systematisch ausgehöhlt oder ignoriert wird, uns kümmert es nicht mehr, dass die Grenzen zwischen Konzernen und Regierungen gänzlich aufgehoben werden. Und Folter, Freunde, Folter hat es schon immer gegeben. Lasst sie doch an jeder Straßenlaterne dieser Welt eine Kamera installieren, lasst sie unsere Mails lesen und unsere Telefonate abhören, lasst sie unsere Meinungsfreiheit in den sozialen Medien beschneiden, mir doch egal. Die einzige Methode, alles zu kontrollieren, besteht darin, alles zu töten. Sollen sie doch. Sterben müssen wir alle einmal. Aber solange die Termine für Fußball-Endspiele noch stehen, interessiert uns das eigentliche Finale nur am Rande. Capice?

„Nichts erscheint erstaunlicher als die Leichtigkeit, mit der die Vielen von Wenigen regiert werden und die stillschweigende Unterwerfung, mit der Menschen ihre eigenen Gesinnungen und Leidenschaften denen ihrer Herrscher unterordnen“ — David Hume (1711 bis 1776) war ein schottischer Philosoph, Ökonom und Historiker.


Quellen und Anmerkungen:

Robert D. Hare: Gewissenlos. Die Psychopathen unter uns. Springer-Verlag Wien 2005


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