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Die Planeten-Zerstörer

Die Planeten-Zerstörer

„Die Erde zu retten, heißt die herrschenden Eliten zu stürzen“ lautet das Motto des Rubikon-Specials „Die Öko-Katastrophe“, das im Zeitraum vom 8. bis 19. Oktober 2019 erscheint.

Liebe Leserinnen und Leser,

sind auch Sie inzwischen „ganz verunsichert“, was von den aktuellen Jugendbewegungen für mehr Umweltschutz zu halten ist? Ja, vielleicht sogar, ob es die globale Erwärmung überhaupt gibt?

Sollte dem so sein, habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie. Die gute ist: Sie sind mit Ihren Gefühlen und Ihrem Erleben alles andere als allein. Vielen geht es inzwischen so. Die schlechte Nachricht … lautet ebenso.

Denn mittels gezielter Propaganda wurde nicht nur die Tatsache der globalen Erwärmung inzwischen als „unsicher“ deklariert, sondern vor allem die dringend notwendige Debatte über die monströse Zerstörung des Lebensraumes aller „Bewohner“ dieses Planeten gezielt manipuliert. Den Propagandisten ist es gelungen, dass in den sozialen Medien statt über Umwelt vor allem darüber diskutiert wird, ob man Greta Thunberg nun lieben oder hassen soll.

Durch die gezielte Ansprache unserer Gefühle, allen voran unserer Angst, ist es den reaktionären Teilen der weltweiten Machteliten gelungen, viele Menschen in politische Paralyse zu versetzen oder sogar gegeneinander auszuspielen. Denn die Fragen, über die wir streiten, sind schlicht und ergreifend die falschen, weil irrelevant. Sie schützen die „großen Tiere“ und verschärfen das eigentliche Problem:

Unser Planet, die Erde, wird die Menschheit mit Sicherheit „überleben“ — nur wir, die Menschheit, ganz sicher nicht weitere Jahre und Jahrzehnte gravierender Umweltverschmutzung und -zerstörung.

Die emotionalen „Spins“, die uns entschluss- und handlungsunfähig machen sollen, sind eigentlich banal — in ihrer Wirkung jedoch besorgniserregend. Sie verwandeln sonst kluge, klare und aufgeklärte Menschen vielfach in verwirrte Seelen, die gar nicht mehr merken, dass ausgerechnet ihr gesunder Impuls, gegen Bevormundung und Unterdrückung aufzubegehren, sie längst zu willfährigen Werkzeugen der mörderischen Agenda der schlimmsten Bevormunder und Unterdrücker gemacht hat.

Alle reden über „die böse Greta“ oder „das Geld hinter ihr“, kaum jemand aber spricht von den viel mächtigeren Kräften, die alles tun, um weiter ungestört morden und brandschatzen, den Planeten in Schutt und Asche legen zu können, jedwede Umweltstandards zu verhindern und die Umweltbewegung zu vernichten. Um den eigenen Profit zu mehren, haben sie seit Jahrzehnten immense Gelder in Kampagnen zur Gehirnwäsche der Bevölkerung investiert, damit diese auf gar keinen Fall mitbekommt, wie bedroht ihr Leben und Überleben inzwischen de facto ist — und am Ende womöglich die richtigen Fragen zu stellen und Schuldigen zu entlarven beginnt.

So wird etwa argumentiert, da hinter Greta Thunberg und der Fridays for Future-Bewegung „auch das große Geld“ stecke, müsse nicht nur Schlimmes befürchtet werden, sondern man auch „gegen“ diese Bewegung sein.

Das ist ein typischer Fall für rationale Demagogie, wie Pierre Bourdieu sie nannte. Ein typischer Fall dafür, dass Dinge vermischt werden, die nicht vermischt werden sollten, denn:

Ja, selbstverständlich ist den herrschenden Eliten zu misstrauen! Doch ebenso selbstverständlich ist nicht alles, was deren Unterstützung erfährt, allein deswegen falsch.

Denn, so muss man fragen: Ist Frieden jetzt falsch, wenn auch Reiche ihn wollen? Ist Greta nun kein eigener, freier Mensch, kein selbst entscheidendes Individuum mehr, nur weil sie mächtige Unterstützer hat? Ja, hatte nicht vielmehr Altkanzler Gerhard Schröder ein einziges Mal in seiner politischen Laufbahn recht, als er auf den manipulativen Vorwurf, auch Nazis seien ja gegen den Kriegseintritt, pointiert konterte:

„Was kann ich dafür, wenn ich das Richtige tue und die Falschen klatschen?“

Machen Sie die Gegenprobe und testen selbst auf propagandistische Doppelstandards und Denkabkürzungen. Fragen Sie sich: Ist Rubikon jetzt eine „Elitenverschwörung“, weil er über Spenden finanziert wird, Unterstützer hat, sowie von Zuspruch und Geld abhängig ist, um zu überleben? Bin ich aufgrund dieser Tatsache eine „Marionette fremder Mächte“, nicht mehr Herr meiner selbst? Und wäre Rubikon tatsächlich „das Böse in Person“, wenn unter seinen spendenden Unterstützern möglicherweise auch böse Menschen zu finden sind?

Nein, liebe Leserinnen und Leser — denn das eine hat mit dem jeweils anderen nicht das Geringste zu tun. Wenn wir derlei denken, nehmen wir eine „Gefühlsabkürzung“, auf die andere uns eingeladen haben. Flüchten in ein Schwarz-Weiß-Weltbild, um uns der Komplexität der Realität sowie unserer eigenen ambivalenten Gefühle nicht stellen zu müssen. Flüchten in „Einfach-Denk“.

Das ist das Ziel jeder Propaganda: Uns das Richtige als falsch und das Falsche als richtig fühlen zu lassen. Es geht darum, uns zu verwirren und auf die schiefe Ebene „einfacher Gedanken“ zu zwingen, in der Böses nicht zugleich auch gut und Gutes nicht zugleich auch böse zu sein vermag. Uns soll alles nur noch als hell oder dunkel, richtig oder falsch erscheinen. Graubereiche, Ambivalenzen und Komplexität … gibt es nicht mehr.

Wie kontert Rubikon-Beiratsmitglied Daniele Ganser stets so treffend alle Versuche, diese menschliche Manipulationsanfälligkeit gegen ihn zu verwenden, weil er den Frieden zu wirklich jedem bringt, mit jedem spricht? Er zerschlägt den emotional manipulativen Verwirr-Knoten, indem er die Ebenen wieder entwirrt, aus Schwarz-Weiß wieder „bunt“ macht und sagt:

„Die Wahrheit wird nicht dadurch falsch, dass man sie den falschen Leuten erzählt.“

Ähnlich absurd, weil „einfachgedacht“ ist es, den wissenschaftlichen Konsens zur globalen Erwärmung als „Instrument der Unterdrückung“ zu verkennen, wie ich dies aktuell auch in meinem Freundeskreis erlebe. Denn natürlich beinhaltet gesellschaftlicher Konsens stets ein Herrschaftsmoment — und ist doch, auch hier, allein deswegen nicht falsch.

Machen Sie die Gegenprobe: Es gibt einen gesellschaftlichen Konsens darüber, dass Menschen sich nicht gegenseitig ermorden dürfen und Faschismus ein mörderisches Verbrechen ist. Das ist sozial vereinbart und geltender gesellschaftlicher Wert.

Bedeutet allein die Tatsache, dass dem so ist, nun aber, dass wir in Auflehnung gegen diesen Konsens gegen wichtige zivilisatorische Errungenschaften und also für Mord und Totschlag und Faschismus auf die Straße müssen?

Oder gibt es nicht vielmehr einen Unterschied zwischen der Unterdrückung durch fremde Mächte und der Einsicht in die Notwendigkeit, dem Handeln gemäß der eigenen Vernunft? Ja, ist nicht jenseits von Propaganda und Projektionen vor allem dies eine Realität und wahr?

Was uns unterdrückt, ist nicht der Konsens, sondern sind die Herrschenden!

Was uns unterdrückt, ist nicht die Tatsache, dass Mord und Totschlag verboten sind und Faschismus geächtet ist. Was uns unterdrückt, ist die Tatsache, dass die Reichen und Mächtigen im Zweifelsfall noch mit jedem Mord und Massenmord davonkommen, während man arbeitende Arme und Hartz IV-Empfänger unter noch so geringen Vorwänden juristisch verfolgt und in immer noch größeres Elend zwingt.

Lassen Sie es mich überspitzt sagen: Alles, was im Rahmen unserer kapitalistischen Gesellschaftsordnung „groß“ wird, wurde irgendwann einmal von Reichen und Mächtigen unterstützt. Selbst das Werk von Karl Marx verdanken wir vor allem dem Bedürfnis seines Freundes Friedrich Engels, seine Arbeit finanziell zu unterstützen, um die Welt hierdurch vielleicht ein klein wenig besser zu machen. Das muss einem nicht gefallen, ist gleichwohl jedoch Fakt.

Doch auch die herrschenden Eliten sind keine „homogene Masse“, auch bei ihnen existieren Unterschiede, Differenzen. Da gibt es die reaktionären Teile, die unser aller Untergang bereits eingepreist haben, und alles tun, damit nichts Neues und Sinnvolles entsteht. Und da gibt es jene Teile, die der Einsicht in die Notwendigkeit folgen, das Richtige zu tun, dann aber an diesem Richtigen Geld verdienen und weiteres Kapital akkumulieren wollen.

Folgen wir in der aktuellen Situation der uns eingeimpften „Angst vor Greta“, die wohl vor allem unserer Angst vor wirklicher Veränderung entspricht, überlassen wir den reaktionärsten Teilen der Machteliten das Feld, lassen alle Hoffnung fahren und geben uns wie unseren Planeten de facto auf.

Folgen wir hingegen der Vernunft, zwingt uns diese, um unserer selbst willen unseren Lebensraum zu schützen, die Bewahrer des Status Quo mit allen Mitteln mutig zu attackieren sowie auf wirkliche Veränderung abzuzielen; auch auf die Gefahr hin, alsbald erkennen zu müssen, dass man unser richtiges Anliegen nun doch vor den falschen Karren zu spannen versucht.

Denn nur dann, liebe Leserinnen und Leser, nur, wenn wir unsere Komfortzone um den Preis möglichen Scheiterns verlassen, um das Notwendige zu tun, vermögen wir im nächsten Schritt, auch die hinreichende Bedingung für unseren Erfolg zu erkennen. Dann sehen wir den eigentlichen Konflikt hinter unserer Angst und Abwehr, hinter Projektionen und Paralyse, hinter der gesellschaftlichen Spaltung und dem beständig weiter eskalierenden Kampf „arm gegen arm“.

Dann erschließt sich uns, dass wir statt gegen Umweltbewegung oder -schutz anzugehen, dagegen angehen müssen, dass Umweltschutz von Reichen für Reiche sowie deren Profite organisiert wird. Ja, dass diesen zwingend das Zepter aus der Hand genommen werden muss, da, wie der Pulitzer-Preisträger Chris Hedges es formulierte, an einer Wahrheit kein Weg vorbeiführen wird:

„Den Planeten zu retten, heißt die herrschenden Eliten zu stürzen.“

Hören wir also auf, so zu tun, als müsse man gegen Umweltschutz sein, um für Demokratie sein zu können; so zu tun, als wäre der gebotene Schutz unserer Lebensgrundlagen die Diktatur selbst.

Das ist nicht nur Humbug, sondern gefährliche Demagogie, die die für das Überleben der Menschheit entscheidenden Kämpfe von Beginn an in die Sackgasse und damit zum Scheitern zwingt.

Die Wahrheit lautet vielmehr:

Was wir dringender denn je brauchen, ist der plurale, basisdemokratische, außerparlamentarische, egalitäre Kampf vieler für Umwelt und wirkliche Demokratie — gegen Umweltzerstörung und Elitenherrschaft!

Um diesen Kampf unterstützend zu flankieren, teilen wir vom Rubikon ab heute „Waffen zur intellektuellen Selbstverteidigung“ an Sie, liebe Leserinnen und Leser, aus. In den nächsten Tagen liefern wir Ihnen für Ihren Mut und Ihre innere Klarheit eine mit mehreren Dutzend Artikeln bestückte Sonderausgabe „Die Öko-Katastrophe“ frei Haus.

Das gesamte Rubikon-Team wünscht Ihnen viel Freude beim Lesen und anschließend viel Tatendrang. Haben wir gemeinsam Mut zur Wahrheit, Mut zu Hoffnung und Utopie, Mut, das Richtige zu tun, und vor allem eines: Mut zu Veränderung.

Wie formulierte schon Václav Havel so treffend?

„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.“

Mit herzlichen Grüßen
Ihr

Bild


Inhalt der Rubikon-Sonderausgabe:


arte: „Die Erdzerstörer“


Greta Thunberg, der aktuell viele vorwerfen, sie wolle nur eine Kohlendioxid-Steuer im Sinne der herrschenden Eliten durchsetzen, hat übrigens mehr als einmal bewiesen, dass sie für genau die entgegengesetzte Agenda steht und zudem deutlich elitenkritischer als ihre Kritiker ist, die — vermeintlich „gegen die Eliten“ gerichtet — ausschließlich sie statt diese angreifen.

Am 13. Dezember 2018 hielt die damals 15-jährige vor dem Plenum der UN-Klimakonferenz in Polen folgenden Impulsvortrag (Hervorhebungen durch die Redaktion):

„Mein Name ist Greta Thunberg. Ich bin 15 Jahre alt und komme aus Schweden. Ich spreche für die Organisation Climate Justice Now!
Viele Leute sagen, dass Schweden nur ein kleines Land ist und es keine Rolle spielt, was wir tun. Aber ich habe gelernt, dass man nie zu klein ist, um einen Unterschied zu machen. Und wenn ein paar Kinder weltweit Schlagzeilen damit machen können, nur indem sie nicht zur Schule gehen, dann kann man sich vorstellen, was wir alle zusammen erreichen könnten, wenn wir nur wollten.
Aber um das zu tun, müssen wir klare Worte sprechen, egal wie unbequem das sein mag. Ihr hier sprecht nur von ewigem grünem Wirtschaftswachstum, weil ihr zu viel Angst davor habt, unbeliebt zu sein. Ihr sprecht nur darüber, mit denselben schlechten Ideen weiter zu machen, die uns in dieses Chaos gebracht haben, selbst wenn es das einzig Vernünftige ist, die Notbremse zu ziehen. Ihr seid nicht reif genug, um zu sagen, was wirklich ist. Auch noch diese Last bürdet ihr uns Kindern auf.
Aber mir ist es egal, ob ich beliebt bin. Ich sorge mich um Klimagerechtigkeit und den lebendigen Planeten. Unsere Zivilisation wird dafür geopfert, dass eine sehr kleine Anzahl von Menschen weiterhin enorme Mengen von Geld machen kann. Unsere Biosphäre wird geopfert, damit reiche Menschen in Ländern wie meinem in Luxus leben können. Es sind die Leiden der vielen, die für den Luxus der wenigen bezahlen.
Im Jahr 2078 werde ich meinen 75. Geburtstag feiern. Falls ich Kinder haben sollte, werden sie vielleicht diesen Tag mit mir verbringen. Vielleicht werden sie mich nach euch fragen. Vielleicht werden sie fragen, warum ihr nichts getan habt, als noch Zeit zum Handeln war. Ihr sagt, ihr liebt eure Kinder über alles, und doch stehlt ihr ihnen die Zukunft vor ihren Augen.
Solange ihr euch nicht darauf konzentriert, was notwendig ist, sondern nur darauf, was politisch möglich ist, gibt es keine Hoffnung. Wir können eine Krise nicht lösen, ohne sie als Krise zu behandeln. Wir müssen die fossilen Brennstoffe im Boden lassen und wir müssen uns auf Gerechtigkeit konzentrieren. Und wenn Lösungen innerhalb des Systems unmöglich zu finden sind, dann müssen wir vielleicht das System selbst verändern.
Wir sind nicht hergekommen, um die führenden Politiker der Welt anzubetteln, dass sie sich kümmern sollen. Ihr habt uns in der Vergangenheit ignoriert und ihr werdet uns wieder ignorieren. Euch gehen die Ausreden aus, und uns läuft die Zeit davon. Wir sind hergekommen, um euch zu sagen, dass der Wandel kommen wird, ob es euch gefällt oder nicht. Die wirkliche Macht gehört den Menschen. Danke.“



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