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„Die Studenten auf der Krim sind am härtesten betroffen“

„Die Studenten auf der Krim sind am härtesten betroffen“

Interview mit Andreas Maurer, Fraktionsvorsitzender der Partei Die Linke im Kreistag Osnabrück, zur Situation auf der Krim.

Stimmt es, dass die Krim jetzt gegen die Sanktionen klagen will?

In dem Abschlussbericht der Konferenz wird festgestellt, dass das Referendum am 16. März 2014 demokratisch abgelaufen ist und rechtskräftig war. Deshalb sollen jetzt Anwälte aus der Schweiz und Deutschland eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Krim-Sanktionen vorbereiten.

Was hat die Konferenz in Jalta konkret gebracht?

Wir haben uns abgestimmt, wie wir zum Thema Krim jetzt gemeinsam vorgehen wollen. Wir werden mit Vertretern aus Deutschland, der Schweiz und Österreich, geschlossen Position beziehen. Ein konkreter Erfolg ist, dass ein Landkreis aus Bulgarien Partnerschaft mit einer Stadt auf der Krim geschlossen hat.

Parallel zu der Konferenz tagte auch ein Jugendforum?

Zu unserer Überraschung beteiligten sich daran 50 Jugendliche. Die Jugend auf der Krim beschäftigt sich sehr mit den Sanktionen. Die Studenten auf der Krim sind am härtesten von den Sanktionen betroffen, weil sie als Bewohner der Halbinsel nicht an europäischen Universitäten studieren dürfen und sich auch nicht für Stipendien in der Europäischen Union bewerben dürfen.

Und wie sieht es mit den übrigen Bewohnern der Krim aus?

Die Visum-Frage betrifft nicht nur die Studenten und Journalisten von der Krim. Wenn zum Beispiel ein Enkelkind von der Krim zu der Beerdigung der Oma nach Deutschland fahren will, ist das nicht möglich. Das Enkelkind bekommt kein Visum. Die Visum-Anträge werden von der Deutschen Botschaft in Moskau ohne Kommentar zurückgegeben. Das ist eine humanitäre Katastrophe. Auf der Promenade von Jalta wurde ich von einfachen Menschen angesprochen. Sie fragten uns: “Warum werden gerade wir bestraft?“

Was bedeuten die Sanktionen für Journalisten von der Krim?

Auf der Konferenz wurde folgender Fall bekannt: Eine Journalistin von der Krim wollte nach Wien fahren. Aber sie hat kein Visum für Österreich bekommen. Sie bekam die Auskunft, sie müsse ihr Visum in Kiew beantragen. Aber das ist für die Journalistin von der Krim nicht möglich, weil sie in Kiew als unerwünschte Person registriert ist.
Wenn Journalisten, die auf der Krim gemeldet sind, sagen, sie wollen über Deutschland berichten, und für Deutschland oder Österreich ein Visum beantragen, bekommen sie das Visum nicht. Ich denke, das ist absurd.
Für uns war es auf der Konferenz wichtig, dass wir uns unter den Vertretern der europäischen Länder absprechen, was wir zu diesen Fragen machen können. Ich war seit 2014 schon das siebte Mal auf der Krim. Aber diese Reise war besonders konstruktiv, weil wir für die Zukunft geplant haben, wie wir gemeinsam vorgehen werden.

Auf der Konferenz in Jalta waren relativ viele linke Politiker vertreten. Es waren aber auch Rechtspopulisten dort. Die bulgarische Partei Ataka gilt als rechtsextrem. Wie stehen sie zu diesen Rechtsextremen?

Es ist normal, dass, wenn ein großes Forum stattfindet, es da verschiedene Strömungen gibt. In der UNO oder im Europaparlament sitzen auch Rechte und Linke zusammen und sie stimmen bei bestimmten Gesetzen auch schon mal gemeinsam. Auch bei uns im Kreistag kommt es oft vor, dass wir mit der AfD und der CDU zusammen stimmen.
Bei den Projekten der Volksdiplomatie, die ich betreue, gibt es keine rechten Parteien. Ich habe mit einem Vertreter der Kommunistischen Partei Bulgariens gesprochen. Der ist von den Rechtsradikalen weit entfernt. Wenn die AfD jetzt im Bundestag sagt, wir brauchen mehr Kindergeld, heißt das nicht, dass die Linke dann dagegen ist, nur weil das von der AfD kommt.

Und die Position der AfD zum Zweiten Weltkrieg? Wie ist es damit?

Ich rechne damit, dass demnächst eine große Delegation der AfD auf die Krim fahren wird. Ich habe auf der Krim davor gewarnt, mit der AfD zusammenzuarbeiten, gerade in Hinblick auf die Positionen der AfD zum Zweiten Weltkrieg. Die AfD vertritt zu diesem Thema Positionen, die in Russland viele Fragen aufwerfen, wenn zum Beispiel versucht wird, die Ergebnisse des Zweiten Weltkrieges zu relativieren oder zu entschärfen. Das wird in Russland sehr kritisch gesehen. SPD und Linke haben in dieser Frage jetzt die Möglichkeit, gemeinsam Akzente zu setzen und Gespräch zu führen. Ich habe auch mit der Kommunistischen Partei der Krim gesprochen. Und ich kann mitteilen, dass diese Partei Sahra Wagenknecht offiziell zu einem Besuch auf die Krim eingeladen hat. Einen offiziellen Brief an die Partei Die Linke hat man mir mitgegeben.

Inwieweit fließen ihre Erfahrungen von der Krim in die Politik der Partei Die Linke ein?

Ich wurde von vielen Bundestagsabgeordneten von der Partei die Linke gebeten – aber auch von Abgeordneten anderer Parteien –, zu bestimmten Themen bezüglich der Krim Auskunft zu geben oder zu beraten. Ich bin gerne bereit zu dieser Beratung. Ich will dazu beitragen, dass sich die Verbindung zwischen Deutschland und Russland verbessert. Die Brücken zwischen den beiden Ländern sind sehr stark beschädigt.
Und noch etwas: Die Menschen und die Politiker der Krim sagen: „Warum redet ihr über die Krim, aber macht euch nicht selbst ein Bild von uns?“ Genau das ist meine Botschaft an die Politik in Deutschland. Wir müssen mehr reden, miteinander und nicht übereinander.

Herr Maurer, vielen Dank für das Gespräch!


Andreas Maurer wurde 1970 in Schachtinsk/Kasachstan geboren und wohnt seit 1988 in Deutschland. Er arbeitete lange als Brief-Zusteller bei der Deutschen Post. Von 2001 bis 2006 war er Fraktionsvorsitzender der CDU in der Samtgemeinde Artland. Seit 2011 ist er Mitglied der Partei Die Linke. Heute ist er Vorsitzender der Fraktion der Partei im Kreistag Osnabrück. Seit 2016 besuchte Maurer mehrmals die Krim. Er warb dafür anzuerkennen, dass die Krim ein Teil Russlands ist. Die Ukraine verhängte gegen ihn ein Einreiseverbot und verlangte vom deutschen Außenministerium „derartige Aktionen scharf zu verurteilen“. Mit einem überragenden Ergebnis der Partei Die Linke in der Stadt Quakenbrück (16,6 Prozent der Stimmen, drittstärkste Partei) machte er bundesweit Schlagzeilen. Die taz geiferte, er sei ein „zwielichtiger Politiker“, ein „Putin-Fan aus Kwakenbrjuk“. Die Zeitung streute die Vermutung, Maurer stecke hinter angeblichen Fälschungen bei den Kommunalwahlen 2016.


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