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Die vernachlässigbare Realität

Die vernachlässigbare Realität

Helen Joyce hat ein Buch geschrieben, das sich nicht gegen Transmenschen richtet, jedoch eine übergriffige Transgender-Ideologie aufs Korn nimmt.

“Thank goodness for Helen Joyce“ (Christina Patterson, Sunday Times).

Zur Autorin: Helen Joyce ist vermutlich die bekannteste Vertreterin der Genderkritiker im englischsprachigen Raum — zumindest, wenn man Joanne K. Rowling außen vor lässt. Sie hat einen Doktortitel im Fach Mathematik und schrieb in leitender Funktion beim „Economist“, bevor sie als Journalistin auf das Thema „Trans“ stieß. 2021 veröffentlichte sie den Bestseller „Trans — when ideology meets reality“. Derzeit arbeitet sie als Direktorin von „Sex Matters“, einer genderkritischen Organisation in England.

Das Überraschendste an dem Buch ist, wie gut und interessant es sich liest. 300 Seiten Sachbuch über ein nicht gerade luftiges Thema, geschrieben von einer Mathematikerin — das klingt nicht nach Urlaubslektüre. Umso erstaunlicher, dass es immer wieder schwerfällt, das Buch innerhalb eines Kapitels zur Seite zu legen. Denn es liest sich wie ein spannender Politkrimi.

Helen Joyce macht schon am Anfang klar, dass sie über Genderideologie schreibt, nicht über Transpersonen. Sie hat kein Problem damit, wenn ein Erwachsener seinen Geschlechtseintrag wechseln will oder seine Geschlechtsteile umoperiert haben möchte — solange nur klar ist, dass man damit nicht sein biologisches Geschlecht wechselt.

Problematisch sind für sie die politischen Ziele des Trans-Aktivismus. Im Kern geht es darum, ob Menschen vor dem Gesetz als Männer oder Frauen gelten sollen, je nachdem wie sie sich fühlen, oder entsprechend ihrer biologischen Gegebenheiten. Genderideologen kämpfen dafür, dass eine einfache Erklärung über die eigene Genderidentität ausreicht, um genau zu dem zu werden, was man behauptet zu sein — sei es Mann, Frau, beides oder keines davon.

Die meisten Menschen sehen laut Joyce den Ruf nach Transinklusion und Transrechten als den Wunsch einer kleinen, leidenden Minderheit, anständig behandelt zu werden und ein Leben in Würde führen zu können. Dieser Wunsch findet in der Bevölkerung zu Recht große Zustimmung, schreibt sie. Wenig bekannt ist dagegen die von der Translobby verfolgte politische Agenda und deren praktische Auswirkungen. Das betrifft auf der einen Seite Kinder und Jugendliche, auf der anderen Seite Frauen, die sich plötzlich Männern gegenübersehen, die behaupten, eine ganz normale Frau zu sein — wie jede andere auch.

Joyce bespricht hier verschiedene Bereiche und legt ihren Fokus auf die Unfähigkeit oder den Unwillen der Institutionen, Transverbänden die Stirn zu bieten.

Nehmen wir zum Beispiel das Thema Gefängnisse:

Es wird von Transverbänden und in den Medien das Bild aufgebaut, dass jeder Mann, der sich zur Frau erklärt, sofort in ein Frauengefängnis verlegt werden muss; nicht nur, weil er sonst grauenvoller Gewalt im Männergefängnis ausgesetzt wäre, sondern auch um seine verletzliche feminine Seele nicht in den Selbstmord zu treiben.

Diese Forderung erscheint in einem etwas anderen Licht, wenn man erfährt, dass vor allem gewaltsame Sexualstraftäter immer häufiger kurz nach der Verhaftung ihre weibliche Seele entdecken, aber ihren männlichen Körper behalten und lauthals eine Verlegung ins Frauengefängnis fordern. Inhaftierte Frauen müssen mit diesen Männern dann beispielsweise die Gemeinschaftsduschen teilen. In Irland und Schottland ist das Realität.

Oder das Beispiel Sport: Das Buch schildert die Geschichte des Frauensports und die früheren Versuche, Männer aus diesem herauszuhalten, weil jedermann wusste, dass Männer gegenüber Frauen einen klaren körperlichen Vorteil haben. Mit Aufkommen der Transverbände kamen Sportorganisationen weltweit unter großen Druck. Darf ein Mann, der sein offizielles Geschlecht gewechselt hat, in der Frauenkategorie starten? „Selbstverständlich“, sagen Transverbände.

„Keinesfalls“, sagen Sportlerinnen. Joyce schildert, wie sich das Internationale Olympische Komitee wand und wand und Schritt für Schritt nachgab. Erst sollten keine Männer antreten dürfen, dann nur Männer ohne Hoden, dann Männer mit Hoden, aber unterdrücktem Testosteron. Schließlich stellte man fest, dass dies schwer zu überwachen sei. Als Ergebnis dürfen jetzt in vielen Kategorien und im Breitensport Männer als Frauen antreten.

Helen Joyce schildert sehr anschaulich, auf welche Art Transverbände ihre Ziele erreicht haben, welche Geschichten sie in den Medien lanciert haben, wie sie massive finanzielle Unterstützung von einigen mächtigen Männern erhielten und ihre Kritiker systematisch diffamierten.

In gewisser Weise geht das Buch weit über das Thema „Trans“ hinaus. Es ist eine beispielhafte Studie darüber, wie eine winzige Minderheit ihre Ziele weltweit gegenüber einer großen Mehrheit durchsetzen kann.

Der zweite große Komplex befasst sich mit dem Thema Kinder und Jugendliche. Hier hat sich das „affirmative Modell“ durchgesetzt, wonach jedes Kind, jede/r Jugendliche darin bestärkt werden muss, wenn sie oder er äußert, vielleicht dem anderen Geschlecht anzugehören. Diesen Kindern wird dann erklärt, dass sie „im falschen Körper leben“ und dass der einzige Weg zu einem erfüllten Leben die Transition ist. Dazu gehört die Behandlung mit Pubertätsblockern, später die Gabe von Gegenhormonen — Testosteron für Mädchen und Östrogen für Jungen — und am Ende Operationen. Interessant sind zitierte Studien, wonach etwa achtzig Prozent der Kinder sich mit ihrem biologischen Geschlecht aussöhnen, wenn man einfach gar nichts tut.

Durch das affirmative Modell aber werden diese Kinder alle behandelt. Pubertätsblocker wurden nie für die Unterdrückung der hormonellen Entwicklung von Jugendlichen getestet oder zugelassen. Es ist bekannt, dass Gegenhormone die Kinder lebenslang sterilisieren, und Operationen in sehr vielen Fällen zu lebenslangen Problemen wie Inkontinenz oder dem Verlust der Orgasmusfähigkeit führen.

Joyce legt dar, wie sich ein Behandlungsstandard entwickeln konnte, der weit jeder Evidenz oder Kosten/Nutzen-Abwägung für die Gesundheit der Kinder ist. Es wird gezeigt, wie zweifelhafte Studien als Grundlage für Zulassungsverfahren gewählt wurden, wie es Pubertätsblocker in die Kinderzimmer schaffen konnten. Und wie Eltern dazu gebracht werden, dies mit ihren Kindern machen zu lassen.

In diesem Bereich zeigt die Autorin ihre beeindruckende Fähigkeit, komplexe Statistiken, Rechtsvorschriften und Zulassungsverfahren verständlich und lesbar rüberzubringen, ohne dabei Kompromisse bei Klarheit und Logik einzugehen.

So ist es kein Wunder, dass sich „Trans — when ideology meets reality“ in der englischsprachigen Welt zum Standardbuch für dieses Thema entwickelt hat. In der deutschen Ausgabe wollen Übersetzerin und Lektorin anonym bleiben — zu groß scheint die Angst vor Anfeindungen der Translobby zu sein. Das deutsche Vorwort kann man getrost überblättern: viel Gefühl und wenig Fakten. Ganz anders als das Buch selbst. Innerhalb der deutschsprachigen genderkritischen Literatur ist ein wichtiges Buch hinzugekommen.



Hier können Sie das Buch bestellen: Magas-Verlag


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