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Die Wahl-Lüge

Die Wahl-Lüge

Die Falschbehauptung, Russland habe die Präsidentenwahl manipuliert, könnte Trump eines zweites Mal ins Amt hieven.

von Caitlin Johnstone

Nachdem die Nachricht veröffentlicht worden war, dass Robert Mueller seinen Abschlussbericht eingereicht hatte, ohne weitere Anklagen zu empfehlen, begann Rachel Maddox von der MSNBC (Microsoft/National Broadcasting Company) wie verrückt, die Tweets von (…) Twitter-„Experten“ weiter zu verbreiten, die folgendes behaupten: Es sei unerheblich, dass es null US-Amerikaner gibt, die der Konspiration mit der russischen Regierung angeklagt werden, weil der Inhalt des Berichtes noch nicht bekannt sei.

Weißt Du was, Rachel? Wir kennen nun den Inhalt des Berichtes. US-Justizminister William Barr hat verschiedenen Kongressvertretern einen Brief geschickt, der hier nachzulesen ist. Er enthält das folgende unmissverständliche Zitat: „Die Untersuchung des Sonderermittlers hat nicht gezeigt, dass das Trump-Wahlkampfteam oder jemand, der ihm nahesteht, sich mit Russland verschworen oder abgesprochen hat, um die US-Präsidentenwahl 2016 zu beeinflussen.“ Wie im Bericht steht:

„Die Untersuchung hat nicht nachgewiesen, dass Mitglieder der Trump-Kampagne sich mit der russischen Regierung bei ihren Aktionen zur Wahleinmischung verschworen oder abgesprochen haben.“

Eine Fußnote im Dokument erklärt, dass die Ermittlung von Mueller die „Zusammenarbeit mit der russischen Regierung“ sehr weit gefasst hat — es handelt sich hier nicht nur um offene Zusammenarbeit, sondern um jede „Vereinbarung — ausgesprochen oder nicht — zwischen dem Trump-Wahlkampfteam und der russischen Regierung über eine Einmischung in den Wahlkampf.“ Eine solche Vereinbarung, stillschweigend oder nicht, hat es laut Ermittlungen nicht gegeben.

Entlastung zumindest im Hauptanklagepunkt

Das war es also. Die zentrale und grundlegende Behauptung der Russiagate-Verschwörungstheorie stellte sich als vollkommen haltlos heraus. Der Bericht erklärt, Russland habe E-Mails der Democratic Party gehackt und verteilt — eine Behauptung, die der Öffentlichkeit erst noch durch harte Fakten bewiesen werden muss — und „kam zu keinem endgültigen Schluss“, ob Trump sich der Justizbehinderung in den Ermittlungen zu den unbegründeten Vorwürfen der geheimen Absprache schuldig gemacht hat. Aber die zentrale und grundlegende Russiagate-Behauptung, dass Trump und der Kreml sich verschworen hätten, um die Wahl von 2016 zu gewinnen, ist aus der Welt. Finito. Fall abgeschlossen. Ende der Diskussion. Und Trump genießt es in vollen Zügen.

Trumps (Schaden-)Freude

„Keine geheimen Absprachen, keine Behinderung der Justiz, komplette und totale Entlastung. Keep America great!“, twitterte der Reality-TV-Star-Präsident der USA — genau so, wie man es von ihm erwartet hätte —, wobei er die tatsächlichen Inhalte von Barrs Brief recht kreativ auslegte.

Amerika — so wird dein Leben in den nächsten 594 Tagen aussehen: Von heute an bis November 2020 kannst Du damit rechnen, immer und immer und immer wieder zu hören, dass der Präsident zwei Jahre lang Opfer einer „Hexenjagd“ war, die „komplett und total aus Fake News“ bestand! Alles, was Trump nun tun muss, um wiedergewählt zu werden ist, sein simples Narrativ immer wieder aufzuwärmen und die Behauptung zu wiederholen, er sei vom „Sumpf“ des Establishment ungerechterweise schikaniert worden.

Bei solchen Feinden braucht man eigentlich keine Freunde

Und es wird funktionieren, weil diese Behauptung nicht auf Sand gebaut sein wird. Auch wenn Trump bewiesen hat, welch korrupter Establishment-Kumpan er ist, hat er doch tatsächlich alle Fakten, die er benötigt, um erfolgreich das Narrativ zu verkaufen, die politische beziehungsweise die Medien-Klasse habe zwei Jahre lang eine haltlose Verschwörungstheorie darüber verbreitet, dass die höchsten Ebenen der US-Regierung vom Kreml infiltriert worden seien.

Und er kann sich dabei als verfolgtes Opfer darstellen. Und es wird ein Leichtes für ihn sein, dies alles dafür einzusetzen, Mitgefühl hervorzurufen und Unterstützung für seine Wiederwahl zu gewinnen. Zudem wird er damit auch sein angeschlagenes Image als Feind des Establishment-Sumpfes pflegen und festigen können. Diese Waffe wurde ihm von all jenen überreicht, die das Russiagate-Narrativ verbreitet haben.

Danke also, Rachel Maddow. Danke, Adam Schiff, Maxine Waters und Eric Swalwell. Ein Dank auch an CNN und MSNBC, an die Washington Post und die New York Times. Danke, angebliche Progressive wie Bernie Sanders und die Young Turks. Ein Dank an all jene, die die erste Hälfte von Trumps Regierungszeit damit verbracht haben, das Russiagate-Narrativ zu verbreiten und diesem Arschloch damit zu ermöglichen, weitere vier Jahre das bereits lange bestehende Vorhaben des Establishments — Krieg, waghalsige Nuklearpolitik und Völkermord — weiter zu befördern. Vielen Dank dafür, dass Ihr alle geholfen habt, unserem Planeten das anzutun — ohne Rücksicht auf die unvermeidlichen Konsequenzen Eurer Taten.

Vielfältige Reaktionen der Medienlandschaft

Geben denn die eben erwähnten Schuldigen ihren Anteil an all dem zu? Die Reaktionen sind erstaunlich vielfältig.

Sicher — mehr Russiagate-Verfechter, als ich zählen kann, verschieben nun ihren Fokus auf mögliche Finanzdelikte und klammern sich an die Worte Muellers in seinem Brief an Barr bezüglich einer möglichen Rechtsbehinderung: „Obwohl dieser Bericht nicht zu dem Schluss kommt, dass der Präsident eine Straftat begangen hat, spricht er ihn doch auch nicht völlig frei.“

Malcolm Nance, MSNBC-Analytiker und Verkäufer von T-Shirts mit der Aufschrift „Heiliger Mueller, schütze uns“ , setzte eine ganz neue Verschwörungstheorie in die Welt — Barr hätte „den größten Skandal in der Geschichte erzeugt, um den größten Skandal in der Geschichte zu vertuschen“. Damit will er wohl sagen, dass Barr über den Inhalt eines Berichtes gelogen hat, den andere mit absoluter Sicherheit auch sehen und prüfen werden. Und dann gibt es noch die Russiagate-Propagierer, die nun versuchen, so zu tun, als habe Russiagate sie sowieso nie interessiert.

Andererseits gibt es da aber auch noch Brian Stelter, Moderator der BBC-Sendung „Reliable Sources“, der Matt Taibbis exzellenten Artikel mit dem Titel „Jetzt ist es offiziell: Russiagate ist die ‚Massenvernichtungswaffe’ dieser Generation“ (hier wird auf die Behauptung des damaligen Außenministers Colin Powell angespielt, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen, Anmerkung der Übersetzerin) weiter verbreitete. In diesem Artikel wird das spektakuläre Versagen der Massenmedien beschrieben, die weder die Fragen gestellt haben, die hätten gestellt werden müssen, noch die Beweise gefordert haben, die gefordert hätten werden müssen, um die Behauptungen des Russiagate-Narrativs zu untermauern.

Und wir haben auch noch Ken Dilanian von NBC, ein richtiger CIA-Agent, der eifrig zur Verbreitung des Russland-Narrativs des Establishments beigetragen hat und nun sagt: „Dies ist eine vollkommene juristische Entlastung des Präsidenten. Der Kongress wird natürlich mehr erfahren wollen, aber unter dem Strich bedeutet dies: keine Verschwörung, keine Rechtsbehinderung.“

Für solch unerschütterliche Loyalisten des Imperiums ist dies ein höchst ungewöhnliches Verhalten. Es kann als eine Art Wendepunkt in diesem besonderen Aspekt dieses besonderen Themas angesehen werden — allerdings ausschließlich dadurch bedingt, dass dem Narrativ nun jegliche Grundlage abhanden gekommen ist.

Der Schaden ist jedoch natürlich bereits entstanden. Man servierte Trump auf dem Silbertablett eine mächtige politische Waffe, die möglicherweise seine Wiederwahl ins Weiße Haus garantiert. Viel schwerer wiegt jedoch, dass nun ein neuer Kalter Krieg mit Russland eingeleitet wurde, der sämtliche Lebensformen auf dieser Welt gefährdet und den eine politische/mediale Klasse unterstützt, die die Öffentlichkeit davon überzeugt hat, sie könnten dem Präsidenten durch ihre Forderung schaden, eine militaristischere Haltung gegenüber Russland einzunehmen. Diese neuen Enthüllungen werden das Öffnen dieser Büchse der Pandora sicher nicht ungeschehen machen.

Konsequenzen in einer idealen Welt

Dies sollte das Ende der Massenmedien sein. Wäre unsere Welt auch nur annähernd vernünftig, würde Rachel Maddox heute ihren Schreibtisch räumen, und Aaron Maté wäre der respektierteste und bestbezahlte Journalist der USA.

Dies sollte das Ende der Democratic Party sein. Diese Bescherung ist alleine ihr Verschulden — angefangen beim Inhalt der geleakten E-Mails bis hin zu der Art und Weise, wie sie damit umgingen. Sie hätten viele Möglichkeiten gehabt, zurückzurudern und die Sache in Ordnung zu bringen — sie haben sich jedoch ein ums andere Mal dagegen entschieden.

Seit die E-Mails enthüllten, dass das Democratic National Committee die Vorwahlen manipuliert hat, hat sich rein gar nichts geändert. Und doch stecken wir schon wieder mitten in den nächsten gefälschten Vorwahlen und jeder tut so, als sei alles in bester Ordnung. Das ist schon seltsam. In einer gesunden demokratischen Republik wäre die [Democratic] Party schon längst tot — ersetzt von einer neuen Partei voll frischer Energie und Enthusiasmus —, aber die Korruption der Spender-Klasse ist so tief eingegraben, dass diese Möglichkeit wie eine reine Fantasie anmutet.

Zeit für frischen Wind!

Bis jetzt zumindest. Die nächsten Tage werden sehr wichtig sein. Wenn das Getöse rund um Russiagate langsam in Vergessenheit gerät, wird sich ein großes Vakuum auftun. Und während dann die „Experten“ verzweifelt nach der nächsten großen Affäre suchen, die sie brüllend über die Bildschirme verbreiten können, wird das Volk ein paar kostbare Augenblicke lang sich selbst überlassen sein. Es wird gar nicht wissen, was es denken soll. Es wird sich möglicherweise sogar auch einmal eigene Gedanken machen.

Die Medienlandschaft wird einem Abbruchgelände ähneln. Warum also nicht diesen Raum nutzen, um ein paar spannende Ideen voranzutreiben? Dieser Raum birgt Möglichkeiten, er bedeutet, dass etwas aufgebaut werden kann. Nach der niederschmetternden Enttäuschung darüber, dass dies alles nur eine große Pleite war, dass zwei Jahre an die wichtigtuerische Untauglichkeit von Pelosi und Schumer vergeudet wurden und dass eine Amtsenthebung nun vom Tisch ist — was haben wir zu verlieren? Lasst uns etwas Neues ausprobieren.


Caitlin Johnstone bezeichnet sich selbst als Schurkenjournalistin, Bogan-Sozialistin, Anarcho-Psychonautin, Guerilla-Poetin und Utopia-Prepperin.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „[Trump Is Going To Repeat This Until November 2020. Thanks, MSNBC.] https://medium.com/@caityjohnstone/trump-is-going-to-repeat-this-until-november-2020-thanks-msnbc-6d0613859ebc)“. Er wurde von Gabriele Herb aus dem ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.


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