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Friedensarbeiter unter Beschuss

Friedensarbeiter unter Beschuss

Nach langer Zeit wurden wieder zwei Mitglieder der Friedensgemeinde San José in Kolumbien von Paramilitär ermordet. Es geht um Landrechte.

Die Mitglieder der Friedensgemeinde bezahlten einen hohen Preis für ihren Mut: Seit ihrer Gründung haben sie 300 Menschen durch Gewalt und Mord verloren.

Dazu kommt ökonomischer Druck und eine Rufmord-Kampagne: Die gewaltfreien Bauern wurden als Terroristen oder Feinde des Fortschritts verleumdet. Als Grund dafür sehen sie das strategisch wertvolle und an Ressourcen reiche Land, auf dem sie leben.

Aber die Gemeinde gibt nicht auf. Immer wieder reichen sie die Hand zur Versöhnung. Und das, obwohl es keine Familie gibt, die nicht schon Eltern, Kinder, Geschwister durch Gewalt verloren hat.

Ich habe die Friedensgemeinde vor 16 Jahren besucht und seitdem immer wieder auf ihren Reisen nach Europa getroffen und begleitet — das nächste Mal werden sie zum Pfingstsymposium nach Schrems in Österreich kommen.

Es sind zumeist einfache Bauern, manche können nicht lesen oder schreiben — aber sie sind besser über die Mechanismen von Globalisierung und Imperialismus informiert als die meisten unserer Mitbürger.

Mit internationaler Unterstützung konnten sie eine eigene Kakaofabrik aufbauen und ihre Produkte selbständig vermarkten. Sie erhielten zahlreiche internationale Preise. Die Morde wurden weniger. Der linke Präsident Kolumbiens, Gustavo Petro, fährt einen Friedenskurs der Entwaffnung von Guerillagruppen und hat eine Landreform begonnen.

Doch die Friedensgemeinde beklagt seit Monaten, dass die paramilitärischen Einheiten in ihrer Region noch aktiv sind und vom Militär geduldet und teilweise unterstützt werden.

Ihre Befürchtung hat sich nun auf tragische Weise bewahrheitet: Wenige Tage vor ihrem Gründungsgedenktag, am vergangenen Dienstag, wurden zwei Mitglieder der Friedensgemeinde — eine Frau und ein Kind — brutal ermordet: Nallely und Edinson.

Paramilitärs waren bereits vor Wochen in das Dorf La Esperanza eingedrungen, mit dem Auftrag, eine Straße durch das Land der Gemeinde zu bauen. Sie zerstörten die Tore zur Gemeinde und verleumdeten ihre Bewohner in den lokalen Medien. Die Gemeinde beschwerte sich beim Bürgermeister von Apartadó — ohne Erfolg.

Am Tag vor den Attentaten besuchten Präsident Gustavo Petro und sein Team die nahe Kreisstadt Apartadó und sprachen unter anderem über die Friedensgemeinde als Beispiel für die Landreform.

Die Gemeinde befürchtet, dass ihnen ihr rechtmäßig erworbenes Land durch die geplante Landreform genommen werden soll. Diese bewirke nicht, wie behauptet würde, Frieden und Gerechtigkeit, sondern würde den Weg für Großkonzerne freimachen: für den Bau einer Autobahn, Lizenzen für Kohleabbau, den Bau eines Industriehafens und andere wirtschaftliche Interessen der Region.

Kolumbien, ein Land von solcher Schönheit und gleichzeitig so immenser Gewalt, braucht dringend Frieden. Friedensbildung ist Gemeinschaftsbildung. Ich glaube immer noch an den guten Willen des kolumbianischen Präsidenten — doch ist es fast unmöglich, in einem gewalttätigen System einen neuen Impuls zu setzen. Die Friedensgemeinde tut das — seit 27 Jahren — als Gemeinschaft. Davon können wir alle lernen.

Wir werden in den nächsten Tagen versuchen, mit jemandem aus der Friedensgemeinde zu sprechen — und herauszufinden, was wir tun können, um sie in ihrem Anliegen zu unterstützen.

Nachtrag: Auch der Papst drückte bei seiner Palmsonntagsmesse am Petersplatz vor 25.000 Gläubigen seine Verbundenheit mit der Gemeinde von San José de Apartado in Kolumbien aus.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „Zwei Morde in der Friedensgemeinde San José de Apartadó in Kolumbien“ im Schweizer Zeitpunkt.


Eine Frau und ein Kind der Friedensgemeinde wurden am Dienstag von Paramilitärs ermordet, Bild: CDP San José



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