In den Wochen nach dem Maidan-Putsch veröffentlichten die Medien noch zahlreiche informative Berichte aus der Ukraine. Dann wurden diese von Jahr zu Jahr immer weniger, und außer Kriegspropaganda erhalten Interessierte inzwischen so gut wie keine Informationen mehr über die wirkliche Situation. Die Mainstream-Medien geben hauptsächlich nur die Meinung der Regierung wieder und nicht die Gedanken der Bevölkerung. Nur gelegentlich richtet sich das Scheinwerferlicht auf einzelne Ereignisse, und Leser oder Zuschauer bekommen eine leise Ahnung davon, was in dem Land wirklich los ist. Hier einige Beispiele:
Athen
Nach Beginn der russischen „Spezialoperation“ verbrachte Präsident Wolodymyr Selenskyj viel Zeit damit, um Unterstützung bittend und unter Beifall von Regierungen und Abgeordneten durch die Parlamente und diverse Institutionen zu tingeln. Sein Auftritt im griechischen Parlament am 7. April 2022 — zugeschaltet per Video-Link — verlief jedoch anders, als er sich das vielleicht vorgestellt hatte.
Viele waren überrascht, als er nach wenigen Minuten seine Rede unterbrach und das Wort an zwei „Verteidiger von Mariupol“ übergab, von denen einer sogar vermummt erschien. Die Männer präsentierten sich als Kämpfer des neonationalistischen Asow-Bataillons und klagten über die „katastrophalen Bedingungen“ in Mariupol, einer „von russischen Nazis“ umzingelten und fast zerstörten Stadt.
Ein deutliches Zeichen für die Instinktlosigkeit des ukrainischen Präsidenten, mit zwei Faschisten im Parlament eines Landes aufzutreten, das im Zweiten Weltkrieg unter der Nazi-Besatzung massiv gelitten hatte.
Schon während der Reden verließen Abgeordnete der Opposition empört das Plenum. Applaus erhielt er nur von den Abgeordneten der Regierungspartei Nea Demokratia und der sozialdemokratischen Partei. Nur einige wenige westliche Zeitungen berichteten darüber. Bei den Öffentlich-Rechtlichen kam der Auftritt nicht vor.
Was für eine unrühmliche Rolle das Asow-Bataillon bei der Belagerung von Mariupol wirklich gespielt hat, konnte erfahren, wer dem YouTuber Patrick Lancaster auf seinen wochenlangen Erkundigungsgängen durch die Keller der Stadt, bei Hilfslieferungen, bei Evakuierungen von Flüchtenden und in Gesprächen mit der leidgeprüften Bevölkerung und mit Soldaten gefolgt ist.
Ottawa
Bei einem Besuch von Wolodymyr Selenskyj im September 2023 in Kanada wurde der 98-jährige ukrainische Immigrant Jaroslav Hunka im Parlament in Ottawa in Anwesenheit von Premierminister Justin Trudeau und der deutschen Botschafterin Sabine Sparwasser mit stehenden Ovationen gefeiert. Man wollte dem Präsidenten einen „Kriegshelden“ vorführen, der für die Unabhängigkeit der Ukraine gegen die Russen gekämpft hatte. Und Selenskyj klatschte mit. Dass Hunka im Zweiten Weltkrieg gegen die Rote Armee gekämpft hatte, stimmt. Allerdings als Freiwilliger in der berüchtigten Waffen-SS-Division Galizien. Was für ein fatales Zeichen für das Geschichtsverständnis eines westlichen Staates.
Pressefreiheit
Hier einige der spärlichen westlichen Medienberichte darüber, wie es mit der Pressefreiheit in der Ukraine bestellt ist:
Am 30. Dezember 2021 schrieb die taz, dass der Nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine „erneut“ zwei oppositionelle Fernsehkanäle ohne Begründung verboten habe.
In einem am 18. Dezember 2022 veröffentlichter Artikel derselben Zeitung berichtet der Autor über die Verabschiedung eines neuen Mediengesetzes auf Empfehlung der EU-Kommission, das dem Nationalen Fernseh- und Rundfunkrat und damit dem Präsidenten weitreichende Macht einräumt. Die Nationale Journalistengewerkschaft spricht von Zensur und von einer Bedrohung der Informationsfreiheit.
In einem Bericht vom 12. Mai 2024 hat dann anscheinend auch der Spiegel erkannt, dass es mit der Pressefreiheit in der Ukraine nicht allzu weit her ist, wenn das Blatt unter der Überschrift „Was ukrainischen Journalisten passiert, ist staatliche Willkür“ über „vom Geheimdienst verfolgte Reporter, eine Selenskyj-Dauerwerbesendung und Desinformationen auf Telegram“ berichtet und fragt, wie frei die ukrainische Presse im dritten Kriegsjahr eigentlich sei.
„Staatsfeinde“ der Ukraine
Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE stellten am 27. Mai 2019 in einer „Kleinen Anfrage“ 40 Fragen, um zu erfahren, warum trotz mehrmaliger Aussagen des Außenministeriums, die Löschung der sogenannten Mirotworez-Internetseiten betreiben zu wollen, keine konkreten Schritte erfolgt seien.
Die Webseite Myrotvorez-center aus Kiew veröffentlicht ein regelmäßig aktualisiertes Register mit Namen und Adressen von „Staatsfeinden“, die beseitigt werden sollen.
Unter ihnen zum Beispiel Gerhard Schröder. Myrotvorez (in Deutsch Mirotworez) bedeutet übersetzt — à la Orwell — Friedensstifter. Bei Wikipedia steht, dass die Seite im Mai 2016 über 4000 Namen, Telefonnummern und Mailadressen von in- und ausländischen Journalisten veröffentlichte, die aus der Ostukraine berichtet hatten. Im Januar 2022 umfasste die Liste über 187.000 Namen.
Erstaunlicherweise berichtete sogar The Economist am 5. September 2023 offen über ein „Assassination Programm“ (Mordprogramm), dass der ukrainische Geheimdienst seit 2015 betreibe, um Regierungskritiker in- und außerhalb der Ukraine zu beseitigen. Dabei werde davon ausgegangen, dass Präsident Selenskyj die umstrittensten Operationen genehmigt hat. Aufsehen erregte für eine kurze Zeitspanne der tödliche Autobombenanschlag auf Darja Dugina, die Tochter des russischen Philosophen Alexander Dugin, wobei unklar blieb, ob der Anschlag nicht eigentlich dem Vater gegolten hat, mit dem sie das Auto getauscht haben soll. Die Ukraine wies jede Beteiligung zurück.
Parteienverbot
In seinem Dokumentarfilm „Revealing Ukraine“ interviewt Regisseur Oliver Stone den damaligen Oppositionsführer der Partei „Oppositionsplattform für das Leben“ (OPZH) Wiktor Medwedtschuk, der die Ukraine in dem Gespräch schon lange in West und Ost gespalten sieht. Seine Begründung: Die Menschen im Osten, die sich normale Beziehungen zu Russland wünschten, wollten sich nicht damit abfinden, dass die Regierung in Kiew alles Russische radikal unterdrücke — und damit die Geschichte, die Sprache und die Religion, die Verbindungen und verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Menschen. Sie lehnen die von Kiew geforderte einheitliche Identität — Ukraine den Ukrainern! — ab und zweifeln daran, dass im Osten die gleichen Rechte gelten wie im Westen. Was verständlich ist, wenn man Petro Poroschenko — Präsident von 2014 bis 2019 — in Zeiten des Bürgerkriegs zuhört:
„Wir werden Rentenzahlungen haben, und die nicht. Bei uns wird sich um die Kinder und um die Rentner gekümmert, und bei denen nicht. Bei uns werden die Kinder in Schulen und Kindergärten gehen können, und bei denen werden die Kinder in Bunkern sitzen. Weil die nichts können. So, und nur so, werden wir diesen Krieg gewinnen!“
Das nächste Mal sah ich Wiktor Medwedtschuk auf einem Foto als Gefangenen des ukrainischen Geheimdienstes SBU in der Uniform der ukrainischen Streitkräfte und in Handschellen wieder.
Seine Partei „Oppositionsplattform für das Leben“ war verboten und sein Vermögen eingefroren worden. Am 22. September 2022 wurde er bei einem Gefangenenaustausch zwischen den Kriegsparteien nach Russland verbracht. Im Januar 2023 entzog Präsident Selenskyj ihm und drei weiteren Abgeordneten der Oppositionspartei OPZH die Staatsbürgerschaft.
Die Brigade Asow
2014 wurde das Bataillon Asow — gegründet und angeführt von ultrarechten Parteien und Gruppierungen wie dem „Rechten Sektor“ und „Swoboda“, denen „Human Rights Watch“ schwerste Menschenrechtsverletzungen vorwirft — in die Nationalgarde eingegliedert.
Die Ukraine ist damit ein Land, das nach dem Krieg wieder Nazis in seine Armee integriert hat. Das Bataillon nahm an der Militäroperation Kiews im Donbass teil und war maßgeblich an den Kämpfen um und in Mariupol beteiligt.
Im Februar 2025 konnte man in einigen wenigen Gazetten lesen, dass sich die „12. Spezialkräftebrigade Asow“ in Schloss Diedersdorf in der Nähe von Berlin einquartiert habe. Man suche Unterstützer für deren neues internationales Bataillon, erklärt Peter R., ein deutscher Freiwilliger und eine Art Pressesprecher bei der Brigade, dem Bild-Reporter Julian Röpcke. Auf dessen Frage nach dem Vorwurf von „angeblich rechtem Gedankengut“, das die Brigade präge, bezeichnet Peter R. dies als „ganz klar russische Propaganda“. Bei Asow seien alle nationalsozialistischen Symbole verbannt. Während jeder im Video gleichzeitig auf den Armen der Soldaten und bei eingeblendeten Szenen von ihren Übungen im Vordergrund das Emblem mit der Wolfsangel sieht.
Ein Zeichen, das ursprünglich von der SS-Panzerdivison „Das Reich“ als Truppenabzeichen verwendet wurde und das ein verbotenes Zeichen im Sinne des Paragrafen 86a StGB ist, wenn „es einen erkennbaren Bezug zum Nationalsozialismus gibt“, was bei der Wolfsangel unbestritten der Fall ist. Kritisches Nachfragen von Julian Röpcke gab es nicht.
Auf die Frage des Journalisten Florian Warweg in der Bundespressekonferenz vom 26. Februar 2025, wer die Brigade eingeladen und finanziert habe, erhält er die Antwort, das Bundesverteidigungsministerium habe damit nichts zu tun. Der Vertreter des BMI kann „auch nichts dazu sagen“ und verweist auf die Brandenburger Behörden. Warweg spricht das verbotene Wolfsangelsymbol an und wird gebeten, sich an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden zu wenden.
Der Vorhang zu, und alle Fragen offen
Die früheren CIA-Mitarbeiter Larry C. Johnson und Raymond McGovern rätseln bei einem Interview am 25. April 2025 darüber, ob Wolodymyr Selenskyj— aus Furcht vor den in seinem Dienst stehenden „Protonazis“ — überhaupt frei sei, ein Friedensangebot anzunehmen. Jacques Baud, Oberst der Schweizer Armee und Analyst für den Schweizer Strategischen Nachrichtendienst, hat ähnliche Befürchtungen. Wenn man aus Mangel an zuverlässigen Berichten auch nicht nachvollziehen kann, wie stark der Einfluss rechtsextremer Gruppen in der Ukraine ist, so waren diese doch — mit ihrer straffen Organisation und getrieben von ihrer Ideologie — laut Panorama und vieler anderer Quellen am Umsturz auf dem Maidan und mit ihren Asow-Brigaden am Bürgerkrieg und Krieg maßgeblich beteiligt.
Und jeder sollte sich fragen, warum ihm die Existenz dieser Gruppierungen und ihr Treiben so gänzlich vorenthalten wird. So viel zu der noch am 3. Mai 2025 wiederholten Beteuerung der Bundesregierung: „Wir haben aus unserer Geschichte gelernt, dass Rechtsextremismus gestoppt werden muss.“
Es beunruhigt jedenfalls zutiefst, dass in Deutschland, wo Politik und Medien bei jedem Protest und bei jeder Regierungskritik Nazis am Werk sehen, Deutschen gerade diese für uns tief verstörenden Geschehnisse verschweigen.
Auf der Gedenkfeier des deutschen Bundestags unter dem Motto: „Der Bundestag erinnert am Donnerstag, 8. Mai, an das Ende des Zeiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Europa vor 80 Jahren.“, waren Vertreter derjenigen, die Deutschland unter hohen Opfern vom Nationalsozialismus befreit haben, ausgeschlossen.

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