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Immer wieder Anfänge

Immer wieder Anfänge

„Aus dem Innersten“: Es ist notwendig, an den Grundfesten zu rütteln.

Leichtigkeit

Zunächst gelingt alles, dann wird es verworfen. Warum weiß keiner. Es gibt Einflüsse, die zu beschreiben schwierig sind. Aber es gibt sie. Sie scheinen als Kraft destruktiv zu sein, so als ob die Menschen die Sehnsucht hätten, zumindest zu stolpern, wenn nicht gar zu fallen. Niemand hält sie auf, weil auch jene, die es glauben zu bemerken, in irgendeiner Art stolpern, wenn nicht sogar fallen. Dabei gibt es kaum Hindernisse, die dieses Verhalten — und es ist wohl ein solches — provozierten, ja es wird nicht einmal als Provokation wahrgenommen, was einigermaßen verwunderlich ist. Stolpern und fallen sie einfach so? Gibt es gar keine Hindernisse, werden sie nur angenommen, gar ausgedacht? Wäre es grundsätzlich möglich, ein dauerhaftes Gelingen zu gestalten? Vielleicht sogar über Jahrhunderte hinweg. Wäre das denkbar? Dazu müssten wir wohl verinnerlichen, dass es keine Hindernisse gibt, sondern nur Unwägbarkeiten, die leicht zu überwinden sind. Nicht in dem Sinn, dass man Idyllen aufbaut, sondern sich der Leichtigkeit bewusst ist, die in den Spannungen der Gegensätze enthalten ist. Und zwar in jeder. Diese meine Worte sollen keine Abhandlung sein, sondern nur ein Hinweis darauf, sich wieder zu besinnen, und diese Leichtigkeit, die wir doch alle in uns spüren, in die alltägliche Wahrnehmung zu heben.

Ungeschriebene Gesetze

Gesetze sind immer ungeschrieben, selbst wenn man darauf beharrt, sie aufzuschreiben. Sie werden dadurch nicht fester und wirken deshalb verlässlich. Es ist eher so, dass etwas sofort verloren geht, wenn man es festschreibt. Es bleibt nirgends haften, deshalb der Impuls der Juristen, es wieder und wieder aufzuschreiben, es so zu verästeln und zu verrätseln, dass sie selbst nicht mehr die Substanz dieser Gesetze erkennen, geschweige denn es akkurat den anderen, den Nichtjuristen, erklären können. Deshalb sind Gesetze, wenn sie wirken, ungeschrieben, sie sind latent im Einzelnen anwesend, haben sich dort verankert und sind an bevorzugter Stelle angebracht. Näher dem Herzen und dem Sonnengeflecht als im Gehirn, wo sie natürlich auch ihren Platz haben.

Ungeschriebene Gesetze sind atmosphärisch, man spürt sie sofort, wenn es notwendig ist. Dieses Spüren aber haben wir größtenteils verlernt, weil uns alles nachgetragen wird und wir die ungeschriebenen Gesetze, die in uns angelegt sind wie unsere Sinne, nur noch rudimentär, mit großem Zweifel und großer Unsicherheit wahrnehmen.

Diesen Sachverhalt anzunehmen, über ihn nachzudenken, auf dass eine fruchtbare Diskussion entstünde, wäre wünschenswert. Doch welches Forum könnte dies leisten? Doch wohl nicht die Universitäten?

Die rechte Zeit

Alles geschieht zu seiner Zeit. Aber wann ist die rechte Zeit? Kann man diese Zeit wahrnehmen, gar erkennen? Muss ein Geschehen zur rechten Zeit wissenschaftlich begründet sein oder darf es auch beiläufig geschehen, ohne Analyse, ohne Logik ohne das Einmaleins? Muss man die Nase in den Wind halten, oder darf man auch die Hände in die Taschen stecken? Ist man offener dafür, wenn man gerade in Bewegung ist, also Schritt hält mit irgendwem oder irgendwas, oder ist es besser, man sitzt irgendwo oder steht gerade da, wo man ist? Soll man hinhören oder ist es so laut, dass man es sofort erkennen werde ohne besondere Aufmerksamkeit? Jedenfalls müsste es eine Art Erkenntnis sein, wenn sie auch auf Engelsflügeln daherkäme. Ist man für ein Geschehen zur rechten Zeit in der Stadt besser aufgehoben als auf dem Land? Braucht es dafür eine große Wohnung oder eine kleine, müsste man angezogen sein oder nackt, darf es irgendwo jucken oder gar schmerzen? Darf man kurzsichtig sein oder weitsichtig oder ist ein scharfer Blick ohne Sehhilfe für die rechte Zeit notwendig? Vielleicht glauben manche, man müsse tänzeln oder mit allen Gliedmaßen ausgreifen, was sicher allzu komisch aussähe. Vielleicht gälte es gar einen Kopfstand als letzte Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dabei die Finger zusammenzuballen und den Atem zu pressen, sodass das Gesicht ganz rot wird. Wäre auch das eine Möglichkeit? Es sind Fragen, die man sicher beinahe, aber eben nur beinahe, ins Unendliche fortführen kann. Doch irgendwann darf man sich gewiss sein, dass die rechte Zeit gekommen ist.

Macht und Musik

Kann man über Musik noch etwas sagen, was noch nicht gesagt wurde? Etwas, womit man sich nicht der Lächerlichkeit preisgibt, sondern zumindest kleine Nischen erobert, die seither von der Allgemeinheit verwischt wurden, sodass es zwar noch Spuren gibt, aber nur wenige erkennen, wie man dahin gelangt. Vielleicht ist mit diesen Nischen eine Sehnsucht gemeint aus dem ewig Gleichen herauszutreten, um es neu zu durchdenken und damit zu empfinden — eben einen schöpferischen Raum zu entdecken. Ich will deshalb nur geschwind hervorheben, wie Macht und Musik zusammenhängen, hervorheben, dass die meiste Musik, zumindest jene in Europa, unter Machtbedingungen entstanden ist. Natürlich, es ist eine Vorstellung und kann jederzeit bestritten werden. Dass diese Musik wunderbar ist, muss niemand bezweifeln. Dass sie die Machtbedingungen eher gestärkt als geschwächt hat, kann man diskutieren oder bestätigen, sogar ablehnen. Vielleicht ist es aber Zeit, darüber zu reden, wie über so vieles, das einfach so vorausgesetzt und anerkannt wird. Dies zu hinterfragen, sich der Machtkonstellation in der Musik zu stellen, würde einen schmerzhaften Prozess bedeuten, weg von der Autoritätssphäre hin zu einer noch zu findenden egalitäreren Form. Das steht außer Frage und vielleicht würden einige Argumente genügen, um alles wieder ins Lot zu bringen, denn aus dem Lot ist es zweifellos geraten, vielleicht sogar aus dem Leim.

Wissenschaft vom Menschen

Ich habe gehört, dass es eine Wissenschaft vom Menschen gäbe. Darin wird behauptet, dass der Mensch eine in sich geschlossene Wesenheit sei, die mit der Außenwelt interagiere. Dies wurde durch Konstellationen festgestellt, in Versuchsreihen beschrieben und durchgeführt. Daraus entstanden Studien, die belegen oder widerlegen sollten, was da geprüft wurde. Somit glaubte man, dem Menschen so nahe zu kommen, dass man ihn in- und auswendig kenne und ihn nach allgemeinen Vorstellungen ausbilden und verändern könne. Wie es sich herausstellt, blickt man in die Welt, scheint nur wenig davon wahr zu sein in dem Sinn, dass die Welt eine bessere geworden wäre. Gerade die allgemeinen Vorstellungen wurden nicht erreicht, spezielle schon, besonders da, wo Manipulation und Konditionierung angewandt wurden. Dies wird wohl niemand bestreiten können, wenngleich es bestimmt viele trotzdem tun. Aber dies nur nebenbei bemerkt. Manchmal wünsche ich mir — und es ist ein geträumter Wunsch —, dass wir den Menschen einmal so vollständig durchdringen, wie es noch nie geschehen ist. Kein Messen, kein Vergleichen, keine statische Erhebung. Wie gesagt ein Traum, der in seinen Dimensionen monströs ist. Gott sei Dank können wir ihn wenigstens träumen.

Rentiers

Es ist so eine Sache mit der Luft. Man kann sie nicht greifen. Es gibt noch andere Gase, denen es ähnlich geht. Dann gibt es das Geld. Eine gegenseitige Vereinbarung, die man einhält oder nicht.

Die einen backen Torten und die anderen kaufen sie. Über den Ladentisch geht ein Stück Papier. Das wird als Selbstverständlichkeit angenommen. Es ist wie die Luft, die man nicht wahrnimmt. Sie ist einfach da. Erst wenn sie schwindet oder völlig ausbleibt, droht uns die Erstickung. Erst wenn sie wieder da ist, können wir erleichtert aufatmen.

Geldscheine stapeln wir in Banken oder ähnlichen Institutionen. Wir glauben, sie gehören uns. Für diesen Glauben schuften wir, verändern die Welt im Kleinen wie im Großen. Entwickeln einen Pathos der Macht, wenn wir viel davon haben, oder verkümmern unter Brücken oder in Unterführungen, wenn wir wenig haben. Alles dazwischen ist real. Geld ist Beziehung, sagt man, oder besser gesagt: sage ich. Habe ich Angst, bunkere ich, bin ich frei, will ich nicht viel davon. Diese beiden Pole spielen miteinander, nur haben wir das vergessen.

Geht die Macht in die Extreme, geht die Freiheit es auch. Beides ist nur schwer erträglich. Ja, auch die Freiheit. Nun ist es so, dass es Menschen gibt, die mit Geld Geld verdienen. Sie treten also nicht mehr in Beziehung zu einem anderen Menschen, um eine Ware über Geld zu erhalten. Vielmehr tauschen sie das Geld durch seinen Mehrwert, um damit sorgenfrei zu leben. Dass dies verwerflich sei, muss nicht gesagt werden. Schlimmer ist, dass diese Art des Erwerbs, die kein Fundament im Realen hat, die Menschen, die daran beteiligt sind, hysterisch werden lässt und sie permanent in Sorge versetzt. Die Weltlage, das Auf und Ab der Aktienkurse könnte sie in den Abgrund reißen. Somit tragen sie nicht ganz wesentlich zu einer Hysterie bei, die allerorts zu spüren ist. Und die Ironie dabei ist, dass dieses Geld aus dem Nichts geschöpft wurde und durch keine realen Werte gedeckt ist. Dies soll nur gesagt sein. Maßnahmen sind nicht zu ergreifen, da solchen die Lösung des Problems vorausgehen müsste, was nicht der Fall ist. Vielleicht sollten diese Geldhändler einen Apfelbaum pflanzen. Hat schon manchem geholfen.

Wahrnehmung

Was ist Wahrnehmung? Ich habe es als eine Art Summe verstanden, als du mir davon erzähltest. Habe ich das falsch verstanden? Etwas, das man nicht begreifen kann, das uns aber vollkommen durchdringt. Es ist, so du, kein Herrschaftsinstrument, sondern wir und wir allein machen es dazu. Ist das richtig? Du sagst nichts. Hat es dir die Sprache verschlagen? Nicht dass ich es wüsste, aber ich spüre es. Deine Haut wirft kleine Schatten, vor allem um den Mund herum. Dann hast du, wie es so schön heißt, die Stirn in Falten gelegt. Die Lippen müsstest du nicht so stark aufeinander pressen, erkenne ich doch deinen Missmut auch so. Habe ich dich zu oft gefragt? Bist du mir böse, weil ich dann auch noch oft nachgefragt habe? Ich frage wieder zu viel? Aber du bist noch da. Lässig wie du dastehst, auch deine Augen glänzen. Sie strahlen fast, ohne dass ich wüsste, aus welchem Grund. Nein, ich werde dich nicht fragen, weil du es sowieso nicht so erklären kannst, dass ich es begreife. Es ist zu durchsichtig. Obwohl deine Worte einen magischen Klang haben. Sie ziehen mich an. Ich verstehe auch den Sinn. Aber was sie sonst noch mit sich führen, ahne ich nur. Ich kann es zwar fühlen, aber nicht festmachen dadurch, dass ich es in Begriffe kleide. Es bleibt unbestimmt. Deshalb deine strahlenden Augen?


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