Zum Inhalt:
Unterstützen Sie Manova mit einer Spende
Unterstützen Sie Manova
Jenseits aller Moral

Jenseits aller Moral

Venezuela und Iran stehen im Fadenkreuz einer heuchlerischen „Mörder-GmbH“, die alle internationalen Regeln über den Haufen wirft.

von Peter König

Stellen Sie sich einmal kurz vor, die Welt würde sich gemeinsam erheben — sie hätte endlich genug von der aggressiven Killer-Arroganz der USA und ihrer Vasallen sowie deren gemeinsamer Kriegsmacht, der NATO. Stellen Sie sich weiter vor, diese Welt — unsere Welt, ohne Washington und seine Brüsseler Alliierten — würde auf einen Schlag alle Lieferungen für die USA blockieren; jeden Hafen, Flughafen, alle Zufahrten. Hermetisch abriegeln — es würde nichts mehr eingeführt werden. Nichts. Keine Lebensmittel, keine Medikamente, keine Elektronik, keine Autos — rein gar nichts. Und nichts könnte das Land verlassen. Keine Exporte, kein Treibstoff, kein Getreide, kein Fleisch, keine Arzneimittel und — vor allem — keine Waffen. Gar nichts.

Und jetzt denken Sie einen Schritt weiter und stellen Sie sich genau dasselbe für Israel vor, eine totale und vollkommene Blockade Israels — auch hier würde nichts eingeführt werden: keine Lebensmittel, kein Treibstoff, keine Medikamente, keine Maschinen und vor allem keine Waffen; und nichts würde das Land verlassen — eine totale und vollkommene Blockade.

Legal, illegal, ganz egal

Natürlich wäre dies absolut illegal — nach dem Völkerrecht, nach den Standards der UN-Charta, nach Menschenrechtsnormen und -verordnungen und nach jeglichen ethischen Werten menschlicher Moral illegal und unakzeptabel. Oder nicht? — Und trotzdem ist dies genau das, was diese Länder tun, jahrzehntelang bis heute getan haben: Sanktionen aufzuerlegen, um ganze Völker zu strangulieren und zu ermorden — bis in den Tod oder in die Unterwerfung. Die USA haben dies mit Kuba getan, Israel mit Palästina. Und der Zwang und die Unterdrückung gehen unvermindert weiter.

Das längste Embargo — illegal, unmenschlich und durch und durch kriminell — währte 60 Jahre und wurde von Washington gegen Kuba verhängt. Weil Kuba den Sozialismus als Staats- und Regierungsform gewählt hat. Kuba hat überlebt und wird sich dem Tyrannen aus dem Norden niemals ergeben.

Sanktionen gegenüber Venezuela und Iran

Die USA erweitern nun ihr Repertoire an straffreien Tötungsmethoden, um eine Nation nach der andern zu beherrschen und zu unterjochen — Nationen, die sich ihrer Meinung nach nicht in ausreichendem Maße dem Diktat ihrer Herren unterwerfen. Venezuela wird seit zwei Jahrzehnten bekämpft — seit Präsident Hugo Chavez 1998 demokratisch gewählt wurde. Dasselbe gilt für den Iran, seit vor genau vierzig Jahren der von den USA eingesetzte Schah 1979 während Irans islamischer Revolution abgesetzt wurde. Sowohl Venezuela als auch der Iran verfügen über große Rohstoffvorkommen — vor allem Erdöl, aber auch Gold, seltene Erden und andere wertvolle Metalle und Edelsteine.

Kein empörter Aufschrei

Man könnte meinen, dass internationale Institutionen wie die UNO und ihre assoziierten und Schwesterorganisationen dazu nicht schweigen würden — doch genau das tun sie.

Wenn eine hochrangige Amtsperson eine milde Kritik an den USA oder an Israel äußert, erscheint dies für einen Moment in den „Nachrichten“, verschwindet aber sogleich wieder, als wäre es nie geschehen. Und tatsächlich geschieht nichts.

Sie — die USA und Israel — verüben weiter straffrei ihre Verbrechen.

Vollständiges Embargo

Das Neueste ist die Erklärung eines Wirtschaftskrieges, eines vollständigen Embargos gegen Venezuela durch Washington; das Embargo wird nun zu einer See-Blockade. Ähnliche Schritte werden gegen den Iran unternommen. Dies bedeutet buchstäblich, dass keine Handelsware nach Venezuela eingeführt werden darf — unabhängig davon, wie wichtig diese fürs Überleben ist, wie etwa Nahrungsmittel und Medikamente. Vor drei Tagen (der Artikel wurde am 10.8. erstmals veröffentlicht; Anmerkung der Übersetzerin) ergriffen die USA auf völlig illegale Weise ein Frachtschiff, das Lebensmittel und Arzneimittel nach Venezuela zu liefern versuchte. Dies geschah im Panama-Kanal — also auf Territorium, das die USA nicht mehr besitzen noch kontrollieren.

Das Schiff hatte Sojapresskuchen geladen, aus dem Venezuela Nahrungsmittel herzustellen beabsichtigte. Dass die Fracht vollständig von Venezuela bezahlt worden war — was soll´s! Und dies scheint nur der Anfang zu sein. Von Venezuela auslaufende Schiffe, deren Petroleum-Ladung für staatliche Kunden bestimmt war, werden auch festgehalten. Somit wird Venezuelas Haupteinnahmequelle, mit der das Überleben sowie die Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung seines Volkes gewährleistet werden soll, konfisziert — oder treffender: gestohlen. Und dies zusätzlich zu den 130 Milliarden US-Dollar an venezolanischem Vermögen, das weltweit von den USA konfisziert — gestohlen — wurde.

Leise Proteste, die schnell verhallen

Und niemand sagt auch nur einen Ton — beinahe. Ja, es gibt ein paar kollektive Proteste von solidarischen Ländern, wie die Hauptmitglieder des Sao-Paolo-Forums oder mehr als 60 Mitglieder der insgesamt 120 Länder umfassenden „Bewegung der blockfreien Staaten“, die sich in den letzten Jahren besonders aktiv in der UNO für die Verteidigung Venezuelas eingesetzt haben. Proteste und Protesterklärungen kommen auch von Mitgliedern der Bolivarischen Allianz für die Völker unseres Amerikas, ALBA, eines lateinamerikanischen Handelsbündnisses, dem elf Länder angehören: Venezuela, Kuba, Bolivien, Nicaragua, Dominica, Ecuador, Antigua und Barbuda, St. Vincent und die Grenadinen, St. Lucia sowie St. Kitts und Nevis.

Haltet den Dieb!

Am interessantesten sind jedoch die Heuchler, die schreiben und schreien, dass die Venezolaner am Verhungern sind, dass die Maduro-Regierung das eigene Volk vernachlässigt — während diese falschen Ankläger gleichzeitig zulassen, dass die USA und ihre Vasallen Venezuela erdrosseln und sein Auslandsvermögen, darunter Währungsreserven, Gold sowie Nahrungsmittel und Medikamentenimporte stehlen. Dazu sagen sie nichts, rein gar nichts, absolut nichts. Hier schauen sie nur zu.

Ist die Menschenrechtskommission noch glaubwürdig?

Kürzlich hat die Kommissarin für Menschenrechte Madame Bachelet, Königin der Heuchlerinnen, auf Einladung von Präsident Nicolas Maduro im Rahmen einer Menschenrechtsmission Venezuela besucht und einen vernichtenden Bericht über die Menschenrechtslage in Venezuela abgeliefert. Dieser Bericht strotzt vor Lügen, Halbwahrheiten und blanken Auslassungen und erwähnt weder die von den USA initiierten Putschversuche, die US-finanzierte Opposition und deren blutige Gräueltaten gegenüber der Chavista-Bevölkerung noch das Strangulieren und Verhungernlassen durch US- und US-diktierte europäische Sanktionen. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, meldete sich Madame Bachelet nun und verurteilte die Seeblockade. Klasse.

Sie setzte sich jedoch nicht gegen das tödliche Embargo der USA und der EU ein. Welche Glaubwürdigkeit besitzt die Menschenrechtskommission denn noch?

Die Welt kann es sehen — sie ist gekauft, in die Unterwerfung gezwungen durch die Mörder-GmbH, wie so viele andere UNO-Einrichtungen.

Russland und China

Wenn wir nicht aufpassen, wird diese „Firma“ bald die ganze Welt beherrschen. Dem Himmel sei Dank für Russland und China, die auch Opfer der US- und EU-Sanktionen sind und deren Übernahme bereits anvisiert ist. Sie sind jedoch ein kleines bisschen zu groß und zu stark für diese Art Spielchen des verfallenden US-Imperiums und seiner gehorsamen Ratten auf dem sinkenden Schiff.

Die Europäische Union — Opportunismus in Reinkultur

Entsprechend hat genau die Europäische Union, deren Länder jahrhundertelang Despoten und Kolonialherren in Afrika, Asien und Lateinamerika waren und auch heute noch mit ihrer wirtschaftlichen Herrschaft über einen Großteil Afrikas eine Art modernen Kolonialismus ausüben, jahrelang Sanktionen über Venezuela verhängt — auf US-Befehl, wessen sonst? Und nun verurteilt sie die Seeblockade, während sie gleichzeitig ihr routinemäßiges Sanktions-System weiter verfolgt.

Sanktionen sind Krieg und fordern Todesopfer

Das Center für Economic and Policy Research (CEPR) mit Sitz in Washington hat unter der Leitung von Ko-Direktor Mark Weisbrot und Jeffrey Sachs, Wirtschaftsprofessor und Direktor des Center for Sustainable Development an der Columbia University in New York, eine Studie herausgegeben, die besagt, dass die US-amerikanischen und europäischen Sanktionen bereits etwa 40.000 Todesopfer in Venezuela gefordert haben — dies vor allem seit August 2017, als Washington seine einseitigen Zwangsmaßnahmen gegen Venezuela und dessen staatliches Erdölunternehmen PDVSA eingeführt und somit beide von den internationalen Finanzmärkten abgeschnitten hat.

Ja, die Welt hätte Gründe genug, aufzustehen und vergleichbare See- und Luftblockaden gegen die USA und Israel einzurichten. Anfangs vielleicht nur als Kostprobe, und wenn dieser Weckruf nicht laut genug ist, sollten vielleicht Embargos dieser Art als längerfristige, zeitlich nicht begrenzte Optionen in Betracht gezogen werden. Das wäre illegal, wir leben jedoch in einer Welt, in der das Völkerrecht nicht zählt — wo Gesetze nach Bedarf vom selbsterklärten Hegemon, den USA, und ihrem symbiotischen Verbündeten im Nahen Osten, Israel, gemacht werden. Warum also nicht die legale, moralische und ethische Ordnung wieder ins Gleichgewicht bringen?


Peter König ist Ökonom und geopolitischer Analyst. Er ist außerdem Spezialist für Wasserressourcen und Umweltfragen; in diesem Bereich hat er über 30 Jahre lang für die Weltbank und die Weltgesundheitsorganisation gearbeitet. Er unterrichtet an Universitäten in den USA, Europa und Südamerika. Regelmäßig schreibt er unter anderem für Global Research, ICH, Russia Today, Sputnik, PressTV, The 21stCentury, TeleSUR, The Saker Blog und New Eastern Outlook (NEO). Er ist Autor des auf seinen Weltbank-Erfahrungen basierenden Romans „Implosion — An Economic Thriller about War, Environmental Destruction and Corporate Greed“ sowie Ko-Autor von „The World Order and Revolution! — Essays from the Resistance“. Außerdem ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter des „Centre for Research on Globalization“.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Criminal Embargoes: Venezuela and Iran in the Crosshairs of Murderers Inc. — Who is next?“. Er wurde von Gabriele Herb aus dem ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.


Wenn Sie für unabhängige Artikel wie diesen etwas übrig haben, können Sie uns zum Beispiel mit einem Dauerauftrag von 2 Euro oder einer Einzelspende unterstützen.

Oder senden Sie einfach eine SMS mit dem Stichwort Manova5 oder Manova10 an die 81190 und mit Ihrer nächsten Handyrechnung werden Ihnen 5, beziehungsweise 10 Euro in Rechnung gestellt, die abzüglich einer Gebühr von 17 Cent unmittelbar unserer Arbeit zugutekommen.

Creative Commons Lizenzvertrag
Dieses Werk ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.