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Rückkehr zur Normalität in Syrien?

Rückkehr zur Normalität in Syrien?

Die aktuelle Situation in Aleppo.

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Im August 2016 hatten bewaffnete Gruppen aus Idlib, die von der Türkei, den Golf- und europäischen Staaten unterstützt wurden, eine Offensive auf den Süden und Westen von Aleppo gestartet. Reisende mussten einen abenteuerlichen Weg entlang der kriegszerstörten Industriestadt Scheich Najjar, durch Olivenhaine, entlang von Feldern und ehemaligen Sommervillen über die Castello Straße fahren, um nach Aleppo hinein- oder wieder herauszukommen. Wie ein Sandsturm bewegte sich damals die Kolonne aus Bussen, Kleinbussen, Lastwagen und PKWs über den ausgetrockneten Boden. Vorbei an zerschossenen und zerbombten Gebäuden und abgebrochenen Strommasten. In manchen Feldern steckten noch die Reste der von den bewaffneten Aufständischen selbst gebauten „Hell Shells“, den Gaskartuschen, die mit Sprengstoff, Nägeln oder Steinen gefüllt Angst und Schrecken verbreiteten.

Wenige Wochen später, im September 2016, hatte die syrische Armee den Zugang vom Süden her, über Ramousseh unter hohem Blutzoll wieder frei gekämpft. Reisende fuhren über eine schmale Landstraße durch Dörfer und reiches Ackerland nach Aleppo hinein oder aus der Stadt hinaus. Die Zementfabrik war zerschossen, das Klärwerk lag brach, die Polizeistation am Rande von Ramousseh war von Selbstmordattentätern gesprengt worden, die Kontrollen fanden vor verkohlten Gebäuden statt. Die Werkstätten, in denen die Überlandbusse repariert worden waren, lagen verwaist. Dutzende Busse waren zu Schutzwällen aufgeschichtet worden. Die bewaffneten Gruppen wurden auf immer kleinere Gebiete im Südosten von Aleppo zurückgedrängt. Viele Zivilisten wollten ihnen entfliehen, Proteste wurden von den Kämpfern niedergeschlagen.

Im Dezember 2016 kam schließlich die Einigung auf den Rückzug der Kämpfer, ihr Traum, Aleppo zu erobern, war vorbei. Wer wollte, wurde mit Angehörigen in die Provinz Idlib oder direkt in die Türkei evakuiert. Zehntausende Zivilisten kehrten den „Revolutionären“ den Rücken und flohen ins Zentrum der Stadt. Die russische Armee und syrische Spezialkräfte begannen mit dem Minenräumen. Hilfsgüter wurden verteilt, Russland flog ein Feldkrankenhaus ein, Personal inklusive.

Westliche Hilfsorganisationen bleiben Aleppo bis heute weitgehend fern. Es gäbe keine Sicherheit für die Mitarbeiter, hieß es. Die syrische Regierung kooperiere nicht. Die Bundesregierung konzentriert sich auf die Versorgung der Evakuierten aus Ost-Aleppo in Idlib und im westlichen und nördlichen Umland von Aleppo, das von bewaffneten Gruppen kontrolliert wird. Inzwischen hat in Idlib die Al-Nusra-Front die Oberhand gewonnen, eine Organisation der Al Khaida.

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Schwieriger Neuanfang

Die Menschen in Aleppo haben wenig, um ihr neues Leben zu beginnen. Sie warten auf die Öffnung von Bäckereien, die Rückkehr von Ärzten, die Lieferung von Strom. Das Elektrizitätswerk der Stadt liegt etwa 25 km östlich an der Straße nach Rakka und war das größte Elektrizitätswerk Syriens. Rund 20 Prozent des gesamten Stroms in Syrien wurde von diesem Elektrizitätswerk erzeugt. 2013 wurde es von Kämpfern der „Freien Syrischen Armee“ erstürmt und ein Jahr später (2014) vom selbst ernannten „Islamischen Staat“ kontrolliert. Erst 2016 und mit Unterstützung der russischen Armee konnte das Elektrizitätswerk von der syrischen Armee wieder eingenommen werden. Satellitenaufnahmen (BBC: "Syria from Space]") zeigen, wie dunkel die Nächte in der einstigen Wirtschaftsmetropole Aleppo geworden sind. Turbinen und Tanks sind zerstört. Seit 2013 müssen Haushalte, Unternehmen und vor allem die Krankenhäuser in Aleppo mit Strom aus Generatoren auskommen.

Eine neue Stromtrasse zwischen Homs und Aleppo wurde in einer Rekordzeit von 6 Monaten errichtet, kann aber nur einen Bruchteil des benötigten Stroms liefern. Im Zentrum von Aleppo sorgen Solaranlagen für erleuchtete Parks und Straßenkreuzungen. Der Rest der Stadt liegt nach Sonnenuntergang weitgehend im Dunkel.

Erste Rückkehrer

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Im Ortsteil Sikari versuchen erste Rückkehrer ihr Leben wieder selbst in die Hände zu nehmen. Bis Dezember 2016 waren hier verschiedene Kampfgruppen aktiv. Sie hatten das staatliche Krankenhaus übernommen und in Al Quds Krankenhaus umbenannt. Das in den Räumen verstreute medizinische Material war u.a. aus Deutschland dorthin geliefert worden.

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Die hinter dem Krankenhaus liegende Schule war von der Al-Nusra-Front zum Hauptquartiert erklärt worden, Gefängnis inklusive. Nun wird die Schule renoviert, nach dem Eid al-Adha (Opferfest), Anfang September, soll der Unterricht wieder beginnen.

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Jamal M., dessen Wohnung direkt neben dem Krankenhaus liegt, kehrte im Januar 2017 zurück, nachdem die russische Armee Minen und Sprengstoffe geräumt hatte. Provisorisch hat er die Wohnung wieder hergerichtet, zu mehr fehlt noch das Geld. Seine Druckerei wurde zerstört, die guten Heidelberger Druckmaschinen geplündert. Auch andere Nachbarn seien zurückgekehrt, erzählt er: „Wenn einer anfängt, fassen die anderen Mut.“

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Jamal ist nervös und ständig unterwegs. Weil die offizielle Versorgung noch nicht funktioniert, engagiert er sich mit anderen für die Strom- und Wasserversorgung seines Viertels. Ein Brunnen, der von den bewaffneten Gruppen vor der Schule gebohrt worden war, wird weiterhin für die Wasserversorgung genutzt. Schläuche, die von den Behörden geliefert wurden, führen zu einem großen Tank, aus dem sich alle Anwohner kostenlos versorgen können.

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Strom kommt aus dem Generator einer kleinen Textilfabrik. Erst vor Kurzem hat das Familienunternehmen die Arbeit wieder aufgenommen.

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Nicht weit von Sikari entfernt liegt der Ortsteil Salahedin. Vier Jahre lang verlief hier die Frontlinie, die Aleppo teilte. Wie Jamal M. fanden hier viele Menschen Zuflucht, befanden sich aber weiterhin im Kreuzfeuer. Im November 2016 hatten die Kampfgruppen, die sich vor den syrischen Streitkräften zurückzogen, eine tödliche Falle hinterlassen. Als die ersten Bewohner zurückkehrten und sehen wollten, was von der Ain Julut Schule geblieben war, lösten sie beim Betreten eine Sprengfalle aus und starben. Die großen Sprengstoffmengen brachten das gesamte Gebäude zum Einsturz.

Bis heute bedecken die Trümmer das Areal, auf dem einst die Schule stand. Das Schultor ist eingefallen, kaum einer der Passanten kann sich noch an den Namen der Schule erinnern. Manche sind Inlandsvertriebene, die die Schule nicht kannten, andere kannten sie in den letzten Jahren nur als Quartier der Kämpfer. „Warum soll ich wissen, wie die Schule hieß?“, fragt ein Mann. „Wir haben so viele Probleme, Schmerz und Trauer, wir brauchen unsere Kraft zum Leben.“ Nur wenige hundert Meter sieht man, was heute das Wichtigste für die Menschen in Aleppo ist: Arbeiter haben ein Geschäft vom Kriegsmüll gesäubert und einer kachelt konzentriert die Decke. Das Leben soll weitergehen.


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