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Zurück in die „Zuvielisation“

Zurück in die „Zuvielisation“

Wir müssen erkennen, wie subtil und zugleich brutal das System uns formt — und aus dem Spiel aussteigen. Exklusivabdruck aus „Reise in die Freiheit“.

So sehr ich die Freiheit, meine Abenteuer und das Reisen genieße, so stark merke ich auch, dass mir etwas fehlt. Es ist das Gefühl von „zu Hause sein“ und der Wunsch, an einem schönen Naturort zu leben. Vor allem fehlt mir eine Aufgabe. Ich möchte kreativ sein, etwas erschaffen und mein erworbenes Wissen praktisch umsetzen.

Immer wieder sehe ich Bilder vor meinem geistigen Auge, wie ich mit den Händen in der Erde grabe und Bäume, Sträucher und Gemüse pflanze. Diese Verbundenheit zu einem festen Ort in der Natur, den ich mein Zuhause nennen kann, erfüllt mich und gibt mir das Gefühl, angekommen zu sein. Auch meine Sehnsucht nach zu Hause und nach meiner Familie ist jetzt stärker als je zuvor auf der Reise.

So beschließe ich, nur noch so lange zu laufen, bis mich jemand als Anhalter mitnimmt, und von da aus die ganze Strecke bis in den Vogelsberg zu trampen. Fast immer werde ich schnell mitgenommen — offenbar ist meine Entscheidung richtig. Nach zwei Tagen bin ich nahe der französisch-deutschen Grenze. An einer Autobahntankstelle sehe ich einen schwarzen BMW mit Frankfurter Kennzeichen.

Das ist das richtige Auto für mich, denke ich, und gehe auf den Fahrer zu, der gerade an der Zapfsäule steht, um seinen Luxuswagen vollzutanken. Er trägt ein weißes Hemd, einen Schlips, eine schwarze Anzughose und glänzende schwarze Schuhe. Seine Haare sind mit Gel zurückgekämmt — er sieht aus, als ob er direkt einem Modekatalog entsprungen wäre. Ganz im Gegensatz zu mir. Ich trage löchrige Shorts, ein schmuddeliges Top, ausgelatschte Sandalen und Dreadlocks, die ungewollt einfach dadurch entstanden sind, dass ich seit zwei Jahren keinen Kamm und kein Shampoo benutzt habe.

Als ich so vor ihm stehe, sieht er mich mit einem Ausdruck an, der eindeutig sagt: Oh mein Gott, wie kann man nur so abgerissen rumlaufen! Hoffentlich quatscht der mich nicht an ... Ich setze mein breitestes Lächeln auf und frage freundlich, ob er zufällig Richtung Frankfurt fährt. Der Typ antwortet nicht, stattdessen durchbohrt er mich mit seinen Blicken, wahrscheinlich um nach Läusen Ausschau zu halten. Nach längerem Schweigen geschieht etwas, womit ich nicht gerechnet hätte. Mit einem Seufzer antwortet er: „Okay, ich nehme dich mit. Warte hier auf mich. Es geht gleich los.“ Yes! Ich habe das perfekte Rückreiseticket gewonnen. Erleichtert lege ich meinen abgewetzten Rucksack auf den Asphalt und setze mich darauf, um auf ihn zu warten.

Nach kurzer Zeit kommt der Frankfurter zurück, öffnet seinen Kofferraum, bittet mich, meinem Rucksack dort vorsichtig hineinzulegen und mich auf den Beifahrersitz zu setzen. Nachdem wir gestartet sind, fragt er mich: „Wo willst du hin?“ „In den Vogelsberg, zu meinen Eltern.“ „Und wo kommst du her?“ „Aus Frankreich und Spanien.“ Er gibt Gas. Der Tacho ist mittlerweile bei Tempo 200. Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel. „Wie lange warst du dort?“ „Fast zwei Jahre.“

Er mustert mich mit einem geringschätzigen Blick. Hoffentlich schaut er schnell wieder auf die Straße. „Und was hast du dort getrieben?“ „Ich habe in der Natur gelebt und Lebensgemeinschaften besucht.“ Er räuspert sich. „Ökokommunen und so was?“ „Genau.“

Ich überlege, wie ich das Eis zwischen uns brechen könnte. Also beschließe ich, ihn auszufragen. „Und Sie? Was machen Sie so?“ Vor uns auf der linken Spur befindet sich ein langsamerer Mercedes. Mein Fahrer betätigt seine Lichthupe und fährt dicht auf, bis der Mercedes nach rechts ausweicht.

„Ich bin Investmentbanker. Ist ein ziemlich guter Job. Ich verdiene gutes Geld, lerne interessante Menschen kennen und bin angesehen. In dem Bereich steckt ‘ne Menge Kohle. Man muss aber auch richtig Gas geben und sich immer mal wieder Nächte und Wochenenden um die Ohren schlagen. Aber das ist es mir wert. Allein die Partys sind unbezahlbar.“ Wow, er ist ja richtig redselig! Jetzt scheint er in seinem Element zu sein. „Wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?“ „Ich wollte was machen, wo man richtig Asche machen kann und nicht lange braucht, um in die richtig interessanten Kreise zu kommen. Und Frankfurt ist natürlich das perfekte Pflaster dafür.“

Er gibt weiter Gas. „Aber nun zu dir: Das Leben hat es nicht so gut mir dir gemeint, was?“ Mittlerweile steht der Tacho bei 220. Na ja, wenn er keinen Unfall baut, bin ich immerhin in kürzester Zeit im Vogelsberg. Ich schaue ihn erstaunt an. „Wie kommen Sie denn darauf?“ Er lacht. „Wie ich darauf komme? Schau dich doch mal an! Du hast kein Geld, das sieht man an deinen Lumpen, die du trägst. Du hast kein Geld für einen Friseur und nichts auf den Rippen, also auch kein Geld für Essen. Die meisten Penner sind ja älter. Also musst du schon früh Pech gehabt haben.“

Ich muss schlucken. Ich bin eindeutig wieder in Deutschland. Dieses starke Verurteilen von anderen kenne ich nur von hier. Da habe ich die Menschen in Frankreich und Spanien als viel offener erlebt.

„Das Leben hat es sehr gut mit mir gemeint. Ich habe diesen Lebensstil bewusst gewählt und viele tolle Erfahrungen gemacht, die Sie wahrscheinlich niemals machen werden.“ Er schweigt einen Augenblick. „Gott sei Dank werde ich diese Erfahrungen niemals machen. Wie willst du denn in diesem Zustand eine Frau abbekommen? Oder bist du schwul?“ Wir haben ja noch eine nicht unbeträchtliche gemeinsame Zeit vor uns, also lenke ich ein und versuche, wieder eine Brücke zu ihm zu schlagen. Das Siezen lasse ich jetzt aber weg.

Mir wird bewusst, dass ein Teil in mir noch so reagieren möchte, wie ich es früher getan hätte. Dieser Teil fühlt sich schnell angegriffen und hätte bei dem gleichen Gespräch vor meiner Reise eine Abwehrhaltung eingenommen. Es ist eine Art Reiz-Reaktions-Muster, das wir fast alle kennen: Unser Gehirn bekommt eine Information, die es sofort in die entsprechende Schublade einsortiert. Wenn die Information in der Schublade „Angriff“ landet, erfolgt die Reaktion, die in dieser Schublade hinterlegt ist, etwa „Verteidigung“. Meistens läuft dieses Programm vollständig unbewusst und automatisch ab. Zum Glück gelingt es mir inzwischen viel besser, meine Gedanken zu beobachten, einmal tief durchzuatmen und dann anders zu handeln. Wenn wir wirklich Meister über unser Leben sind, dann handeln wir in jedem Moment bewusst.

Wir können Automatismen erkennen und uns in dem Moment die Frage stellen, ob dieser Automatismus unserer höchsten Wahrheit entspricht. Und uns dann so entscheiden, wie es unserer höchsten Vision von uns selbst entspricht. Wir entwickeln uns dann vom Opfer der Umstände zum bewussten Schöpfer unserer Realität. Dabei ist es natürlich wichtig, dass wir uns gleichzeitig auch mit unseren eigenen „Fehlern“ liebevoll annehmen.

Wenn wir wirklich Meister über unser Leben sind, dann handeln wir in jedem Moment bewusst.

So beschließe ich, unser Gespräch als Chance zu betrachten. „Ich finde es schön, dass du mit deinem Leben zufrieden bist. Und ich bin mit meinem Leben zufrieden. Können wir es nicht dabei belassen?“

Der Banker runzelt seine Stirn. „Okay, vielleicht können wir ja etwas voneinander lernen.“ Ja, das ist definitiv so. Wir beide machen die Erfahrung, dass sich hinter dem ersten äußeren Eindruck nicht die Person verbirgt, die wir erwartet hätten. Ich lerne aus dieser Begegnung, dass ich in der Lage bin, die zahlreichen Botschaften, die ich erhalten habe, auch anzuwenden. Denn das größte Wissen ist bedeutungslos, wenn wir es nicht leben.

Mit versöhnlichem Ton fährt er fort: „Freuen sich deine Eltern auf dich?“ „Ich hoffe doch. Sie wissen aber nicht, dass ich zurückkomme.“ „Interessant. Da haben sie sich ja einen Sohn ausgesucht. Hast du Pläne für deine Zukunft?“ „Ja, ich will Selbstversorgung mit Gemüse, Obst und Kräutern machen.“ „Du willst also Gärtner werden?“ „Ja, so was in der Art.“

Obwohl er sichtlich versucht, netter zu sein, klingen seine Fragen in meinen Ohren eher nach einem Verhör. „Hast du dir schon mal Gedanken über deine Altersvorsorge gemacht?“ Ich schüttele meinen Kopf. „Was ist das?“ Er lacht ziemlich lange, bis er weiterredet. „Du weißt es wirklich nicht? Die Rente, das Geld, das du im Alter bekommst, wenn du nicht mehr arbeiten kannst.“ „Darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken. Falls ich jemals Geld brauchen sollte, dann werde ich es mit dem verdienen, was mir am meisten Spaß macht. Und da ich immer das tue, was mir Spaß bringt, werde ich auch immer Geld haben, wenn ich das will.“

Der Banker blickt mich erstaunt an. „Du bist schon ein witziger Kerl. Total naiv, aber voller Vertrauen. Du meditierst bestimmt auch, was? Mit Meditation kann man aber kein Geld verdienen, sondern nur mit Fleiß, Effizienz, Ehrgeiz und harter Arbeit. Was hast du denn gelernt?“ Ich atme tief ein. „Ich habe gelernt, wie man näht, wie man Oliven einlegt, Gemüse anbaut, Früchte sammelt, Yoga macht, meditiert ...“ Er unterbricht mich. „Ich meine, welche Ausbildung, welches Studium hast du?“ „Keines von beiden. Werde ich auch nicht machen.“ „Dann bekommst du aber keinen Job und kannst kein Geld verdienen!“ Das ist eine interessante Sichtweise. Die Landschaft zieht neben mir schnell vorbei.

„Ich glaube, dass es wie in vielen Bereichen auch hier genau andersherum ist: Wenn ich das tue, wofür ich am meisten Freude empfinde, dann kann ich damit auch am meisten Geld verdienen. Wenn ich im Einklang mit meiner inneren Stimme handle, dann brenne ich für das, was ich tue. Damit werde ich auch andere anstecken, die es toll finden, was ich mache. Zum Beispiel habe ich für ein Camp zwei Wochen lang gekocht, und es war eine große Freude für mich. Die Menschen waren begeistert von meinem Essen. Damit hätte ich problemlos Geld verdienen können.

Wir beide haben also zwei unterschiedliche Herangehensweisen: Du überlegst dir, womit du am meisten Geld verdienen kannst, und suchst danach deinen Job aus. Ich überlege mir, was mir am meisten Spaß macht, und suche meinen Job danach aus.

Für mich steht die Freude im Vordergrund, da ich meine Lebenszeit nicht gegen Geld tauschen möchte, sondern im Hier und Jetzt glücklich sein will.“ Der Banker runzelt seine Stirn. „Mich macht es aber glücklich, wenn ich viel Geld verdiene. Das macht mir richtig Spaß.“

Ich verstehe: Wir beide leben in komplett unterschiedlichen Welten. Er findet seine toll, was ihm ja auch gegönnt sei, und ich liebe meine Welt. Scheinbar haben diese beiden Welten sehr wenig gemeinsam. Ich bin aber davon überzeugt, dass im tiefen Inneren alle Menschen ähnliche Bedürfnisse haben, wie in Freiheit zu leben, sich sicher zu fühlen, liebevolle Kontakte zu haben, gesund zu sein und sich wohlzufühlen. Ich bin einfach nur froh darüber, dass ich nicht mein ganzes Leben in einer Welt aus Beton und Stahl verbringen muss. Sein Lebensstil würde mich unglücklich machen. Wer weiß, vielleicht möchte seine Seele ja genau diese Erfahrung machen? Seine Art zu denken ist mir fremd.

Ich will mir keine Gedanken über die Zukunft machen, sondern weiterhin im Hier und Jetzt leben. Ich will mein Leben nicht absichern, sondern meine Sicherheit liegt in der Verbindung zur Natur und zum Göttlichen. Ich will mein Leben auch nicht planen, sondern ich vertraue darauf, dass es sich genau so entfalten wird, wie es für mich am besten ist. Vor allem will ich auch, wenn ich zurückgekehrt bin, frei sein — frei von gesellschaftlichen Zwängen und Verpflichtungen, frei von Zweifeln und Ängsten, frei vom Streben nach Erfolg und Sicherheit.

Ich will in jedem Moment meiner inneren Stimme folgen und das Leben feiern und genießen, in seiner ganzen Fülle. Ich weiß, dass noch so viele wundervolle Erlebnisse, so viel Wissen und Lernen auf mich warten! Ich will kein mittelmäßiges Leben führen, in dem jetzt schon feststeht, was in zehn Jahren passiert. Ich will jede Chance nutzen, um intensive Erfahrungen voller Leidenschaft und Sehnsucht zu machen. Lieber riskiere ich alles und scheitere damit, als in einem goldenen Käfig zu sitzen und von dem zu träumen, was alles möglich wäre ...

Laut sage ich: „Vielleicht haben wir unterschiedliche Werte. Mir ist es wichtig, frei zu sein und möglichst wenige Verpflichtungen zu haben. Dir sind Erfolg und Anerkennung wichtig. Das Entscheidende ist doch, dass jeder für sich das Leben wählt, das ihn glücklich macht, oder nicht?“

Der Banker schweigt. Nach einer Zeit der Stille räuspert er sich. „Vielleicht hast du recht. Oft leben wir so in unserer eigenen Welt, dass es uns schwerfällt, die anderen zu verstehen. Wenn du mit deinem Leben zufrieden bist, dann gönne ich es dir wirklich.“ Plötzlich überzieht ein Grinsen sein Gesicht. „Aber bitte tu mir den Gefallen und mach dich ein bisschen frisch, wenn du bei deinen Eltern bist.“ Nun muss ich lachen. „Versprochen. Ich bin mit meinen Haaren auch nicht mehr zufrieden.“

Das Eis zwischen uns ist am Ende doch gebrochen! Dank der hohen Geschwindigkeit meines Fahrers sind wir ziemlich schnell in der Nähe von Frankfurt. Der Banker setzt mich an einer Raststätte vor Frankfurt ab, und wir verabschieden uns freundlich voneinander. Er klopft mir auf die Schulter. „Hey, ich muss zugeben, dass ich dich falsch eingeschätzt habe. Ich wünsch dir alles Gute, was auch immer du tun wirst.“

Seine Geste berührt mich. „Danke. Ich wünsche dir, dass du glücklich bist.“ Nach diesen Worten gibt er wieder Gas, und ich winke ihm kurz nach. Ich will in jedem Moment meiner inneren Stimme folgen und das Leben feiern und genießen, in seiner ganzen Fülle. Jetzt bin ich fast wieder in meiner Heimat.

Auch die nächste Mitfahrgelegenheit lässt nicht lange auf sich warten. Diesmal nimmt mich eine Familie mit einem kleinen Kind mit. Wir beide haben auf dem Rücksitz viel Spaß miteinander. Wir lachen viel zusammen. Die Leichtigkeit dieses Kindes ist eine Inspiration für mich. Wir können so viel von den Kindern lernen! Als Proviant habe ich geknackte Mandeln dabei, die mich immer wieder stärken, wenn ich Hunger bekomme. Wenn alles gut geht, bin ich noch vor Mitternacht bei meinen Eltern. Wenn ich an sie denke, werde ich aufgeregt. Wie sie wohl reagieren werden, wenn ich völlig überraschend bei ihnen auftauche? Es ist alles im Fluss. Ich habe gelernt, dass unsere Umwelt unser Inneres permanent spiegelt.

Mit anderen Worten: Das, was wir ausstrahlen, kommt zu uns zurück. Wenn wir im Einklang mit uns selbst sind und uns auf dem richtigen Weg befinden, der unserem Seelenweg entspricht, dann erleben wir auch im Außen Fügungen und glückliche Zufälle.

Die Dinge entfalten sich dann mit Leichtigkeit und ohne große Anstrengung. Wenn ich mich dem Leben hingebe, dann entfaltet sich das Leben auf vollkommene Weise für mich. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir entspannt, positiv und voller Vertrauen sind. In Lauterbach werde ich von einem Auto mitgenommen, das bis nach Gedern fährt, also 20 Minuten später in Grebenhain sein wird. Mittlerweile ist es schon dunkel. Ich bin aufgeregt und erschöpft zugleich. Wir fahren den Berg von Ilbeshausen aus auf Grebenhain zu. Gleich bin ich wieder zu Hause! Ich merke immer deutlicher, dass ich nicht mehr der bin, der ich war, als ich losgetrampt bin.

Die zwei Jahre, in denen ich unterwegs war, haben mich vieles gelehrt: Mir wurden unerlöste Muster und Ängste bewusst, die ich noch mit mir herumgetragen habe, ich habe Antworten auf meine wichtigsten Fragen erhalten und tiefe Erfahrungen der Einheit mit der Natur gemacht. Mir ist auch bewusst geworden, dass ich häufig im Widerstand mit dem Leben war und stark bewertet und verurteilt habe. Ich weiß, dass es wichtig ist, diese Muster zu erkennen, aber dass sie auch ihre eigene Dynamik besitzen.

Die entscheidende Frage ist, wie und ob es mir gelingt, meine neuen Erkenntnisse auch anzuwenden. Das Erlernen von neuen, gesunden Programmen braucht wie vieles andere auch Übung. Und das Leben wird mir sicherlich unzählige Gelegenheiten dafür bieten. Ich muss innerlich lächeln: Wenn ich zu meiner Familie zurückkehre, werde ich automatisch mit meinem alten Ich konfrontiert, und dann wird sich wirklich zeigen, wie bewusst ich bin ... Wie wird mein neues Wesen zu meiner Vergangenheit passen?

Wenn wir im Einklang mit uns selbst sind und uns auf dem richtigen Weg befinden, der unserem Seelenweg entspricht, dann erleben wir auch im Außen Fügungen und glückliche Zufälle. Ich klingele dreimal an der Tür, was nur die Familienmitglieder machen. Das Licht im Treppenhaus geht an, und meine Mutter sieht nach unten, um zu sehen, wer um diese Zeit so klingelt. Als sie mich erkennt, drückt sie sofort auf den Summer. Ich werfe meinen Rucksack unten auf den Boden und hechte nach oben. Meine Mutter strahlt, und wir umarmen uns lange. Es tut gut, sie zu fühlen und wieder bei ihr zu sein!

Mein Vater und mein kleiner Bruder stehen auch im Flur und strahlen übers ganze Gesicht. Auch sie umarme ich lange. Das Wiedersehen ist wunderschön! Zuerst packt meine Mutter den halben Küchentisch mit Essen voll, damit ich mich satt essen kann. Als ich die Lebensmittel auf dem Tisch sehe, bin ich wirklich überrascht: Es sind etliche vegane Bio-Produkte, obwohl meine Mutter ja nicht wissen konnte, dass ich zurückkomme!

Sie registriert meinen erstaunten Gesichtsausdruck und strahlt: „Matthias, obwohl es mir nicht leichtfällt, das zuzugeben, hast du uns doch mit deinem Öko-Trip angesteckt. Wir kaufen jetzt regelmäßig bei Karl-Heinz oder im Reformhaus ein und essen oft vegetarisch oder vegan.“ Ihre Worte berühren mich so, dass mir die Tränen in die Augen schießen. Ich schließe sie in meine Arme und flüstere: „Danke, danke für alles! Es ist so schön, wieder bei dir zu sein.“

Es bedeutet mir unendlich viel, jetzt gerade diese Herzensverbindung zwischen uns zu fühlen, die wir uns so lange nicht zeigen konnten, die aber doch unter den ganzen Streitereien immer vorhanden war. Mittlerweile hat sich auch meine Einstellung zu Menschen geändert, die noch Fleisch oder Milchprodukte essen. Ich selbst wusste es früher ja auch nicht besser. Ich habe gelernt, dass Bewusstseinsentwicklung und Veränderung ihre Zeit brauchen. So möchte ich lieber mit gutem Beispiel vorangehen und andere positiv dazu inspirieren, sich gesund und pflanzlich zu ernähren, anstatt ihnen ein schlechtes Gewissen zu machen. Es ist immer leichter, Menschen für eine tolle Sache zu begeistern, als ihre Lebensweise zu kritisieren. Mit meinen leckeren Gerichten im Kundalini-Yoga-Camp habe ich sicherlich etliche Menschen für eine vegane, gesunde Ernährung begeistern können. Wenn ein Essen gesund und lecker ist, werden auch viele Zweifler überzeugt ...

Wir sitzen alle zusammen am Tisch und berichten uns aufgeregt und durcheinander, was in der langen Zeit passiert ist, in der ich nicht da war. Meine Eltern können es kaum glauben, dass ich wieder zurück bin, und erzählen mir, dass sie sich viele Sorgen gemacht haben, weil sie oft monatelang nichts von mir gehört haben. Ich wiederum erkläre ihnen, dass es daran liegt, dass ich selten in Gegenden war, wo es eine Telefonzelle, Postkarten oder Briefmarken gab. Mein kleiner Bruder ist in den zwei Jahren groß geworden und mittlerweile zwölf Jahre alt. Ich freue mich sehr, ihn wiederzusehen.

Meine Schwester ist gerade nicht in Grebenhain, da sie im 200 Kilometer entfernten Germersheim studiert. Wir vier reden bis tief in die Nacht hinein. Ich bin sehr glücklich, wieder bei meiner Familie und in unserem Haus zu sein. Ich habe hier die ersten 19 Jahre meines Lebens verbracht, das Gefühl von Vertrautheit ist sehr stark. Als wir nachts gegen 3.30 Uhr alle immer müder werden, umarmen wir uns noch einmal intensiv, bevor ich hinunter in mein Kellerzimmer gehe, um zu schlafen. Meine erste Nacht seit langer Zeit in einem Steinhaus ohne den freien Sternenhimmel ist ungewohnt, ich fühle mich eingeengt und eingesperrt. Schon jetzt vermisse ich es, in der freien Natur zu übernachten und den Elementen nahe zu sein. Meine Müdigkeit führt jedoch dazu, dass ich trotzdem nach einiger Zeit in einen tiefen, traumlosen Schlaf falle.

Am nächsten Morgen fällt mein Blick auf die Tageszeitung, die auf unserem Küchentisch liegt. Ich nehme die Energie wahr, die von diesem Stück Papier ausgeht.

Für mich stellt sich die Frage: In welcher Welt wollen wir leben? Wollen wir in einer Welt leben, wie sie uns von den Massenmedien verkauft wird? Dieses Weltbild, auf das sich Millionen Menschen als gemeinsame Realität einigen, basiert auf Angst. Angst vor dem Kommunismus, Angst vor dem Terrorismus, Angst vor Armut, Angst vor Krankheiten, Angst vor Viren.

Menschen, die in Angst leben, kommen nicht in ihre wahre Kraft, sie bleiben klein und passen sich an. Sie sind leicht regierbar und manipulierbar. Deswegen ist es auch kein Zufall, dass sie täglich medial daran erinnert werden, dass diese Welt ein gefährlicher Ort ist. Oder wollen wir in einer Welt leben, die von Frieden, Freiheit und Freude geprägt ist?

In Wahrheit sind wir frei, uns genau die Welt zu erschaffen, die wir uns von Herzen wünschen. Warum einigen wir uns denn nicht gemeinsam darauf, in einer Welt zu leben, in der alle Lebewesen glücklich sein können? Eine Welt, die von Achtsamkeit und echtem Miteinander bestimmt wird? In der alle ihrer wahren Bestimmung folgen dürfen und sich gegenseitig darin unterstützen, ihr höchstes Potenzial zum Wohle aller zu entfalten?

Unsere wahre Welt, so wie sie ursprünglich gedacht war, und unsere eigene wahre Natur basieren auf Liebe, Vertrauen, Freiheit und Fülle. Dies kann jeder persönlich erfahren, der sich längere Zeit in tiefe Meditation versenkt. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir uns bewusst machen, dass jede Information, jede Energie, alles, was uns im Außen begegnet, unsere Realität formt. Es ist daher in meinen Augen eine kluge Entscheidung, uns von negativen Informationen und negativen Menschen jeder Art fernzuhalten. Ein guter Anfang ist, wenn wir eine ganz einfache Frage stellen: Was gibt uns Energie, und was nimmt sie uns? Einfach nur das. Welche Menschen, welche Arbeit, welche Umgebung, welche Nahrung, welche Informationen geben uns Energie, welche nehmen sie uns?

Wir haben die Antworten darauf alle schon in uns. Unser Inneres weiß sofort, was gut für uns und was schlecht für uns ist. Wie alles Wahre ist es auch hier sehr einfach und nicht kompliziert. Wir dürfen einfach nur wieder lernen, unserer Intuition zu vertrauen, dieser Instanz in unserem Inneren, die alles weiß. Diese leise Stimme ist immer da, nur meistens hören wir nicht auf sie. Deswegen ist es auch so wichtig, dass wir uns Zeit für die Stille nehmen, für Momente allein in der Natur, um wieder Klarheit zu finden und zu lernen, unserer inneren Stimme zu vertrauen. Es fällt mir nicht leicht, wieder in Deutschland anzukommen. Ich vermisse die absolute Stille, die ich in der Natur erlebt habe.

Ich habe in den letzten zwei Jahren abseits der Norm gelebt, und darauf bin ich stolz. Ich bin stolz darauf, ein Träumer zu sein, der seine Träume nicht verrät, um angenommen zu werden. Ich bin stolz darauf, meiner inneren Stimme zu folgen, ohne zu wissen, wo mich das hinführen wird. Ich bin stolz darauf, frei zu sein und mein Leben ausschließlich nach meinen Vorstellungen zu gestalten und nicht nach den Vorstellungen anderer. Ich bin stolz darauf, mir treu zu sein und meine Ideale nicht zu verraten. Ich bin stolz darauf, einen Weg zu gehen, für den ich keine Vorbilder habe, keine Lehrer oder andere, die mir Ratschläge geben können. Ich lebe aus meinem Inneren, und das ist mein einziger Gradmesser.

Meine Sicherheit und mein Vertrauen liegen in mir, in meiner Verbindung zur Erde und zum Göttlichen. Ich fühle mich in dieser alten Welt eingeengt, als ob ich hier nicht mehr hineinpasse. Etwas ist jedoch anders als vor meiner Reise: Ich genieße es, hier bei meiner Familie zu sein. Unser vertrautes Miteinander kann ich das erste Mal als ein Geschenk erkennen, das nicht selbstverständlich ist. Obwohl ich andere Werte und Ziele als meine Eltern und meine Geschwister habe, gelingt es mir doch, ihre Werte zu respektieren und damit nicht mehr negativ zu bewerten. Ich fokussiere mich mehr auf unsere Gemeinsamkeiten als auf das, was uns scheinbar voneinander trennt.

Durch meine Reise ist mir klar geworden, dass die wahre Veränderung zuallererst in mir stattfinden muss. Erst wenn ich selbst meine Vision lebe und meine Träume verwirkliche, kann ich eine echte Inspiration für die Welt sein. Wenn ich etwas in meinem Leben erschaffe, was für andere auch erstrebenswert ist, entsteht wahre Veränderung. Ich bin mehr in mir angekommen. Anstatt zu versuchen, die anderen zu verändern, lasse ich sie ihren eigenen Weg gehen. Anstatt die anderen zu kritisieren, will ich versuchen, etwas aufzubauen, was Menschen inspiriert. Genau wie meine konsequent vegane und ökologische Lebensweise schon viele auf meinem Weg angesteckt hat, möchte ich meine Vision auch in anderen Lebensbereichen vorleben.



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