Ich danke Ihnen für die Einladung, an diesem historischen Jahrestag hier zu sprechen. Letzten Monat wandte ich mich anlässlich des zehnten Jahrestages der Unterzeichnung der Minsk-II-Verträge an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Bei Interesse kann (diese Rede) bei UNTV angesehen werden. Damals habe ich mich an die Tagesordnung gehalten — Ukraine und Krim und Donbass und der Krieg in der Ukraine —, erwähnte jedoch auch, ohne abzuschweifen, den Rechten Sektor und Stepan Bandera und den Stellenwert der weißen Vorherrschaft in der Politik der Ukraine. Heute schränkt mich kein Protokoll ein, und somit werde ich, mit Ihrer Erlaubnis, so weit abschweifen, wie ich es für nötig halte.
Jeden Morgen, wenn mir beim Aufwachen die Brust eng wird und die Tränen kommen, reiße ich mich zusammen und wappne mich für den Kampf: Was kann ich heute tun? Warum bereite ich mich jeden Tag auf den Kampf vor? Weil wir jeden Tag den existenziellen Kampf um die Seele der Menschheit führen.
Leben wir im Westen, so leistet unsere Regierung beim live übertragenen und vor unseren Augen begangenen Völkermord an der einheimischen Bevölkerung Palästinas durch den Schurkenstaat Israel Beihilfe. Es fühlt sich wie ein Albtraum an — es ist jedoch kein Albtraum, es ist real.
Ungläubig kneifen wir uns: Das kann nicht wahr sein. Wenn wir Kinder haben, stupsen sie uns: „Mama, Papa, macht, dass sie aufhören! Mama, Papa, warum hält sie niemand auf? Papa! Papa! Was ist mit den Vereinten Nationen, Papa? Was mit dem Völkerrecht? Papa! Was ist mit den Genfer Konventionen? Papa, Papa, sie bringen die Kinder um, Papa! Papa, sie begraben sie unter dem Schutt. Mach, dass sie aufhören.“
Und dann atme ich tief durch. Warum, glauben Sie, bin ich in Jalta? Das ist eine gute Frage, oder? Was ist mit dem Völkerrecht, was ist mit den Vereinten Nationen?
Wir sind heute hier, um den 80. Jahrestag eines Treffens dreier Männer zu begehen: Joseph Stalin, Winston Churchill und Franklin D. Roosevelt. Sie trafen sich im März 1945 hier, um das aufzuteilen, was von Europa nach dem Zweiten Weltkrieg übrig geblieben war. Sie taten dies ohne viel Aufhebens, sprachen aber auch davon, den Versuch zu unternehmen, den Völkerbund, dem es nicht gelungen war, den Zweiten Weltkrieg zu verhindern, durch die Schaffung eines neuen internationalen Forums zu ersetzen, das dort Erfolg haben würde, wo der Völkerbund gescheitert war. Gute Idee — man verschärfe die Regeln ein wenig, nenne es die Vereinten Nationen — klingt gut.
Und so geschah es. Die Charta der Vereinten Nationen wurde noch in jenem Sommer in San Francisco entworfen und unterzeichnet, und siehe da — Überraschung! —, unsere drei Kumpel von der Konferenz von Jalta wurden, gemeinsam mit Frankreich und China, die als weitere Sieger des Zweiten Weltkriegs wahrgenommen wurden, zu ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates, des wichtigsten Gremiums der Vereinten Nationen, ernannt.
Und was ist der Sicherheitsrat? Warum ist er wichtig? Der Sicherheitsrat war und ist wichtig, weil seine Hauptaufgabe darin besteht, ich zitiere, „den Weltfrieden und die internationale Sicherheit aufrechtzuerhalten, einschließlich der Feststellung von Bedrohungen des Friedens, der Maßnahmen seiner Wiederherstellung und der Durchführung friedenserhaltender Einsätze“.
Grundgütiger, das klingt großartig; hat es funktioniert? Nun, es gab da nur einen kleinen Haken.
Aha! Weiter!
Nun, Stalin, Churchill und Roosevelt waren in Jalta übereingekommen, dass sie nicht nur ständige Mitglieder des Sicherheitsrates sein, sondern auch einzeln dazu ermächtigt werden sollten, alle möglichen Resolutionen des Sicherheitsrates durch ein Veto abzulehnen. Natürlich stimmten Frankreich und China mit ein: „Ich auch! Ich auch!“ Die großen Fünf machten den kleineren Nationen sehr deutlich: entweder eine UN-Charta mit Veto oder gar keine UN-Charta.
Ich würde sagen, das war nicht sehr demokratisch, oder?
Nun, das war es nicht, aber die Gründungsprinzipien der Vereinten Nationen klangen ziemlich gut, sodass die kleinen Leute alle zustimmten. Dies sind die Gründungsprinzipien:
- Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit
- Schutz der Menschenrechte
- Leisten humanitärer Hilfe
- Aufrechterhaltung des Völkerrechts
Und, hielten sie sich daran? Nun, an Punkt 3 ein wenig, aber die anderen Sachen waren zu schwierig, waren und sind sie doch noch immer durch das Vetorecht der Großen Fünf im Sicherheitsrat lahmgelegt.
Ich hege keinen Zweifel daran, dass sie ihr Bestes taten. Jedenfalls wurde Deutschland nach dem Krieg ordentlich in vier Zonen aufgeteilt, die vom Militär der USA, Großbritanniens, Frankreichs und der UdSSR besetzt wurden, aber es geht noch weiter: Am 10. Dezember 1948 traten die jungen Vereinten Nationen erneut in Paris zusammen und unterzeichneten unter anderem die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Wie man mir mitteilte, wurde diese Erklärung zum Teil von Eleanor Roosevelt, F. D. Roosevelts Ehefrau, verfasst. 1:0 für die Damen. Danke, meine Damen.
Die dreißig Artikel wurden dann im Völkerrecht verankert — das machte man uns zumindest glauben. Damals war das eine sehr große Sache; der Traum von gleichen Menschenrechten für all unsere Brüder und Schwestern weltweit, unabhängig von Religion oder Ethnie oder Nationalität, war eine richtig große Sache. Überlegen Sie mal: Wären sie tatsächlich angewandt worden, hätte das das Ende aller Kriege eingeläutet und die Gefahr eines weiteren Völkermordes absolut und endgültig für immer beseitigt. Welch passende Möglichkeit, sich an den jüngsten Versuch eines Völkermords an den europäischen Juden durch die Nazis zu erinnern und auch allumfassend zu verdammen.
Mit der Hand auf dem Herzen haben unsere Führer ein feierliches Versprechen gegeben: „Nie wieder.“ Aber — so sehr ich es auch hasse, derjenige zu sein, der Ihnen das sagen muss — einige von ihnen hatten dabei ihre Finger auf dem Rücken gekreuzt, manche von ihnen haben gelogen. Manche von ihnen haben geschworen, die universellen Menschenrechte zu unterstützen und zu wahren, dies aber nicht wirklich ernst gemeint. Einige von ihnen waren tatsächlich Anhänger der Ethno-Suprematie, wie auch die Nazis es gewesen waren — Menschen, die davon überzeugt sind, dass manche Menschen mehr Menschenrechte als andere haben sollten.
Sie glauben an die Menschenrechte, aber nur für ein paar wenige Auserwählte — die wenigen, die sie auswählen.
Lassen Sie mich Ihnen einen flüchtigen Eindruck (davon) geben — kommen Sie mit mir nach Palästina im Jahr 2007. Ich befand mich mit einer reizenden Frau namens Allegra Pacheco, die für die UN arbeitete, in einem Jeep der UNRWA. Wir fuhren auf einer nagelneuen Autobahn durch das besetzte Gebiet gen Norden Richtung Jenin, als ich anmerkte: „Nun, zumindest haben sie gute Straßen.“ — „Ja“, antwortete Allegra, „sie sind nur für Juden.“ — „Sei nicht albern, das ist lächerlich.“ — „Ja, das ist es, aber es stimmt: Wenn du hier lebst, musst du Jude sein, um die Straße nutzen zu dürfen.“
Worauf ich hinauswill, ist, dass die Israelis dies nicht als Widerspruch sehen. Für sie war Völkermord im Zweiten Weltkrieg in Europa, in Deutschland oder in, sagen wir, Warschau in Polen falsch, aber jetzt, im Nahen Osten in Gaza, ist er in Ordnung, weil der Kampfstiefel an einem anderen Fuß sitzt. Die Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte war also in Wirklichkeit eine Scharade, Teil einer Art Maskenballs, um die Aufteilung der Kriegsbeute zu feiern.
Es tut mir leid, Überbringer schlechter Nachrichten zu sein, Verzeihung, dass ich ein Spaßverderber bin.
Die meisten von Ihnen sind zu jung, um sich zu erinnern, (auch) ich bin fast zu jung, um mich zu erinnern, aber ich kann lesen, und ich habe die Geschichtsschreibung dazu gelesen.
Wie auch immer, wir alle trugen pflichtschuldig unsere Masken zum Ball. Wir erklärten unsere Verbundenheit mit all den richtigen heiligen Kühen. Wir alle erklärten, mit der Hand auf dem Herzen, dass uns Menschenrechte, Frieden, Demokratie und das Völkerrecht am Herzen liegen, und jetzt? Jetzt, wo ein anderer Fuß den Stiefel trägt?
Vor 35 Jahren, im Jahr 1990, schrieb ich einen Song namens „Too Much Rope“ (Anmerkung der Übersetzerin: „to give rope“ bedeutet, jemandem Handlungsfreiheit zuzugestehen, auch auf die Gefahr hin, dass Fehler dabei begangen werden) für ein Album von mir, das ich „Amused to Death“ — „Zu Tode amüsiert“ — nannte. Hier ein paar Zeilen daraus:
„Man muss kein Jude sein
um Mord abzulehnen
Tränen verbrennen unsere Augen
Muslim oder Christ, Mullah oder Papst
Prediger oder Dichter, wer hat es geschrieben
Gib einer Spezies zu viel Handlungsfreiheit
Und sie werden es vermasseln.“
Ich werde nun von März 1945 neunundsiebzig Jahre vorspulen zum 18. April letzten Jahres (2024). An diesem Tag trat der UN-Sicherheitsrat zusammen, um über einen Resolutionsentwurf von Algerien abzustimmen, in dem empfohlen wird, den Staat Palästina als Vollmitglied in die UN aufzunehmen. Aufgrund eines Vetos der Vereinigten Staaten wurde die Resolution nicht angenommen. Es gab also zwölf Stimmen für die Resolution, zwei Enthaltungen, des Vereinigten Königreichs und der Schweiz, und dann den Todesstoß durch das Veto der USA.
Warum blockierten die USA die Resolution mit ihrem Veto? Gute Frage, hatten sie doch jahrelang über den Frieden im Heiligen Land herumgeblökt, für die berühmte Zwei-Staaten-Lösung. Und doch haben die USA 45 Mal seit 1972 von ihrem Vetorecht Gebrauch gemacht, um den Staat Israel in allem, was er tut, zu unterstützen. Dazu gehört bedenklicher Weise auch Israels anhaltende Besetzung palästinensischen Landes und der Völkermord an den Palästinensern.
Warum? Gute Frage.
Vielleicht bin ich gerade deswegen heute hier, um das „Warum“ dieser Frage zu beleuchten.
Ich denke, es könnte etwas mit der unseligen Anhaftung an die ethno-suprematistischen Tendenzen zu tun haben, die ich weiter oben erwähnt habe, mit dem „manifest destiny“ (die US-amerikanische Ideologie, seine kulturellen Vorstellungen im Sinne einer Mission verbreiten zu müssen; Anmerkung der Übersetzerin) und mit heiligen Texten.
Ich werde später darauf zurückkommen, aber könnte es sich nicht auch um die gute alte Gier handeln?
Es ist interessant, dass Donald Trump, der derzeitige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, kürzlich ein Interesse daran geäußert hat, den Gazastreifen ethnisch zu säubern und ihn als gehobene Touristenattraktion aufzubauen, zu einem Seebad mit Golfplätzen und, wenn ich mich recht erinnere, einer goldenen Statue von ihm selbst. Zweifelsohne ein netter kleiner Verdienst für seinen Schwiegersohn Jared Kushner. Ganz zu schweigen von den Billionen Kubikmetern an Erdgas vor der Küste, die rechtmäßig der einheimischen Bevölkerung gehören.
1964 hatte Bruder Malcolm X in seiner berühmten Rede „The Ballot or the Bullet“ („Der Wahlzettel oder die Gewehrkugel“) Folgendes zu sagen:
„Ich bin heute Abend nicht hier, um über meine Religion zu sprechen. Ich bin nicht hier, um zu versuchen, Ihre Religion zu ändern. Ich bin nicht hier, um über irgendetwas zu streiten oder zu argumentieren, worüber unsere Meinungen auseinandergehen, weil es an der Zeit ist, dass wir unsere Unterschiede überwinden und (erkennen), dass es das Beste für uns ist, zuallererst zu sehen, dass wir dasselbe Problem haben, ein gemeinsames Problem, ein Problem, aufgrund dessen Ihnen die Hölle heiß gemacht werden wird, seien Sie nun Baptist, Methodist, Muslim oder Nationalist.“
Bruder Malcolm sagte an diesem Abend nicht „oder ein Jude“, also füge ich es für ihn hinzu: „Oder ein Jude.“ Der Punkt dabei ist, dass in Bezug auf die Menschenrechte unsere Religion unerheblich sein sollte oder, wie Malcolm es ausdrückte, im Schrank zu Hause bleiben sollte.
Zurück zu Bruder Malcolm:
„Ob du gebildet bist oder ein Analphabet, ob du an einer Allee lebst oder in einer Gasse — man wird dir, genau wie mir, die Hölle heiß machen. Wir sitzen alle im selben Boot und derselbe Mann wird uns beiden die Hölle heiß machen. Er ist halt nur zufällig ein weißer Mann. Jeder von uns hat hier, in diesem Land, politische Unterdrückung durch den weißen Mann erlitten, wirtschaftliche Ausbeutung durch den weißen Mann und soziale Erniedrigung durch den weißen Mann.
Diese von mir geäußerten Worte bedeuten nicht, dass wir gegen Weiße sind, aber sie bedeuten, dass wir gegen Ausbeutung, gegen Erniedrigung, gegen Unterdrückung sind.
Und wenn der weiße Mann nicht möchte, dass wir gegen ihn sind, soll er damit aufhören, uns zu unterdrücken, auszubeuten, zu erniedrigen. Ob wir nun Christen oder Muslime oder Nationalisten oder Agnostiker oder Atheisten sind — wir müssen als Erstes lernen, unsere Meinungsverschiedenheiten zu vergessen. Haben wir Meinungsverschiedenheiten, lasst sie uns im Verborgenen austragen; wenn wir dann vor die Öffentlichkeit treten, sollte es unter uns nichts mehr zu diskutieren geben, bis wir unsere Meinungsverschiedenheiten mit dem Mann beendet haben.
Lasst uns unsere Religion im Schrank lassen.“
Danke, Bruder Malcolm.
Übrigens — statt „weißer Mann“ lesen Sie bitte „europäischer Mann“.
Früher, als die Israelis mich noch nicht als hoffnungslosen Fall aufgegeben hatten, versuchten sie, mich zu beruhigen durch Äußerungen wie „Mit Honig fängt man mehr Bienen als mit Essig“ und „Würdest du nicht lieber als Martin Luther King denn als Malcolm X gesehen werden, Roger?“
Ja, jetzt kann ich lächeln.
Vielleicht macht der US-Vertreter (in der UN) immer von seinem Vetorecht Gebrauch, um Israel zu unterstützen, weil die USA im Kern noch immer eine europäische Kolonie sind. Als die Pilgrim Fathers am Plymouth Rock anlandeten, als Christoph Kolumbus ohne Kompass übers Meer segelte, als die Portugiesen in Brasilien landeten, taten sie dies aus der „offenkundigen Bestimmung“ („manifest destiny“, siehe oben) heraus, sie hatten alle die göttliche Vorsehung und den Segen der Kirche auf ihrer Seite. Das üppige Land im Westen, die Neue Welt auf der anderen Seite des Ozeans war ihr Zion. So sprachen sie. Mit Gott auf ihrer Seite eroberten sie also alles, belogen die einheimische Bevölkerung, unterzeichneten Verträge, die sie nie einzuhalten gedachten, plünderten, vergewaltigten, all die gute alte „Stolze-Jungs-Scheiße“.
Der Völkermord an der einheimischen Bevölkerung im Heiligen Land ist lediglich eine Neuauflage des Völkermords an der einheimischen Bevölkerung in der Neuen Welt.
Bruder Malcoms weißer Mann ist noch immer derselbe gute alte brave Junge.
Habt also Dank, Bruder Malcolm und Bruder Martin Luther King; ihr liegt mir beide sehr am Herzen, und Bruder King: Ich teile deinen Traum. Es ist ein guter Traum, und wir sind heute hier, um an ihm festzuhalten. Wir halten daran fest, so gut wir können, hier in Jalta und auf der ganzen Welt; auch in Europa gehen täglich Millionen unserer Brüder und Schwestern auf die Straße, um gegen den Völkermord an unseren Brüdern und Schwestern in Palästina zu protestieren. Studenten riskieren es, von der militarisierten Polizei übel zugerichtet zu werden, wenn sie ihr Recht auf Protest auf dem Campus von Unis in den USA ausüben; und ja, danke, Mahmoud Khalil, du bist einer dieser Millionen, wir gehören alle zum gleichen Chor. Wir singen mit einer Stimme.
Die grundlegende Frage lautet: „Können unsere Stimmen so viel lauter werden, bis wir das Verhalten unserer Regierungen beeinflussen können, weil sich diese im Moment sehr schlecht verhalten — sind sie doch in ihren weißen, suprematistischen rassistischen europäischen Wurzeln verankert — und zwischen uns und dem Fortschritt in Richtung unseres Ziels stehen, in Richtung des Heiligen Grals, der Umsetzung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von vor so vielen Jahren?
Ich denke, wir haben festgestellt, dass wir unseren Führern nichts überlassen können. Apropos Führer — ein Großteil unserer Aufmerksamkeit ist auf die neue Regierung in Washington, DC gerichtet. Welchen Weg wird Donald Trump einschlagen? Seine Taten sprechen lauter als Worte, seine Taten sagen uns, dass er sich um die Rechte anderer — im Gegensatz zu seinen eigenen Rechten — keinen Deut schert. Zumindest ist er in dieser Hinsicht offen und ehrlich. Seine Taten sprechen lauter als Worte, und sein Plan ist offenkundig: sich selbst und seine unmittelbare Familie, gefolgt von Elon Musk, Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und den Rest der Oligarchen zu bereichern — also die ganzen 0,0001 Prozent von uns. Und der Rest von uns? (Er ahmt das Waschen von Händen nach.) Willkommen bei den 99,9999 Prozent.
Wir stehen an einer Kreuzung.
Wir sind alle eingebunden in den existenziellen Kampf um die Seele der Menschheit.
Welchen Weg sollen wir einschlagen?
Können wir an dem Traum festhalten?
Wie können wir erklären, dass das unaussprechliche Verbrechen des Völkermords unaussprechlich ist — unabhängig davon, an welchem Fuß der Kampfstiefel sitzt?
Gibt es einen Grund dafür, dass das Verbrechen des Völkermords unaussprechlich ist?
Was wäre, wenn das unaussprechliche Verbrechen des Völkermords sich als die Achillesferse des Zionismus entpuppte, weil es uns einlädt, wie Narziss auf unser eigenes Spiegelbild im Wasserbecken zu starren? Was, wenn wir am Grunde des Beckens unser eigenes unaussprechliches Spiegelbild sehen? Was, wenn wir europäischen Kolonisatoren uns mit unserer eigenen Geschichte von Völkermord sowohl in Nord- als auch in Südamerika und Afrika und Australasien auseinandersetzen müssen? Die Kolonien des Imperiums, ob englische oder spanische oder niederländische oder portugiesische oder französische, waren nie etwas, worauf man stolz sein konnte.
Jahrhundertelang haben wir Europäer im Namen Gottes das Unaussprechliche begangen. Der Rest war Theater.
Erinnert Sie das an irgendetwas? All die schönen Worte in Unabhängigkeitserklärungen, all die Verfassungen, groß in fließenden Schriftzügen auf feinem Pergament verfasst. Die Heuchelei von Frieden, Freiheit, Demokratie — alles nur Theater. Schau in das Wasserbecken, Narziss; all das Künstliche Hollywoods kann die Tiefe der Verderbtheit, die unsere gemeinsame Geschichte ausmacht, nicht verbergen.
Was ist es, das US-Amerikaner im Besonderen, aber in Wirklichkeit alle weißen Männer so sehr fürchten? Wir alle haben Angst davor, als das entlarvt zu werden, was wir wirklich sind. Anders ausgedrückt: Wir fürchten das blendende Licht der Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass westliche Regierungen, wenn sie Israels psychotisches Blutbad unterstützen, nicht nur Israels entsetzliche Verbrechen rechtfertigen, sondern auch sich selbst verteidigen, gefährlich kauernd auf sehr wackeligem, sehr instabilem Grund und voller Scham, unentschuldbare imperiale Vergangenheiten verteidigend.
Ok, jetzt kann ich´s gleich auch richtig krachen lassen: das Alte Testament der Bibel. Ohne das Alte Testament mit seinen Geschichten von einem ungerecht behandelten Volk, das von einem rachsüchtigen, blutrünstigen Gott barmherzig gerettet wurde, hätten wir Europäer nichts gehabt, mit dem wir unserer eigenen barbarischen kolonialen Vergangenheit eine falsche, höhere Bedeutung geben konnten. Wenn also genug von uns ins Wasserbecken blicken und durch die Achillesferse hindurchsehen, werden wir die Wahrheit sehen. Es ist nicht Gott, der Israel die Erlaubnis erteilt, seinen mörderischen Amoklauf fortzusetzen — wir sind es.
Menschlichkeit sehen, bis wir Schulter an Schulter, Arm in Arm, von Angesicht zu Angesicht vor Trump und Netanjahu und Starmer stehen und, ausgerüstet mit Liebe und Wahrheit, wir, der Chor, die Kraft finden werden zu sagen: „Es reicht!“
Dies ist das Ende eures Wegs,
Wir sind keine Lemminge
Wir sind menschliche Wesen
Wir werden uns keinen Zentimeter in Richtung
eures Armageddons bewegen.
Heute, an der Kreuzung,
trafen wir auf ein einsames Kind.
Wir werden nicht weichen
Und die Bulldozer weiterfahren lassen?
Nein, wir werden nicht weichen,
Wir stehen hier
Mit Rachel Corrie
Und Shireen Abu Akleh
Und Marielle Franco
Und den anderen
Und umarmen dieses Kind
Und gemeinsam werden wir dieses Kind nach Hause bringen?
Ende der Rede.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „We Will Not Move One Solitary Inch Towards Your Armageddon A Speech on the 80th Anniversary of the Yalta Conference“ bei Beeley. Er wurde von Gabriele Herb ehrenamtlich übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrektoratteam lektoriert.

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