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Aussteigen

Aussteigen

Wir können die Strukturen, unter denen wir leiden, nicht durch Abschottung überwinden, solange wir das System in uns tragen.

Seit Beginn des faschistoiden Coronaprogrammes hört man auf Seiten derjenigen, die sich den Maßnahmen widersetzten, immer wieder, dass man aus dem System aussteigen müsse. Das, so die Idee, sei möglich, indem man sich überall abmelde und dann sein eigenes Ding mache — irgendwo, weit entfernt. Man könne dann, unbehelligt vom System, eine eigene, abgeschottete Gesellschaft aufbauen. Diese Idee allerdings birgt mehrere Schwachstellen. Denn zum einen ist ein schlichtes „Abmelden“ aus dem System nicht möglich. Der Verweis auf das Staatsangehörigkeitsgesetz ist dabei irreführend und juristisch wenig haltbar. Auch setzt man sich auf diese Weise der Gefahr der vollkommenen Enteignung aus, oder des Verlustes der eigenen Kinder, ganz davon zu schweigen, dass man schnell als sogenannter „Reichsbürger“ ins Fadenkreuz von Geheimdiensten und Behörden rückt.

Denn der Staat hat weiterhin rein physisch die Zugriffsgewalt auf die auf seinem Staatsgebiet lebenden Menschen. Es ist eine Illusion zu glauben, man könne sich dieser entziehen, indem man sich einfach abmeldet.

Selbst wenn es rechtlich so wäre, dass der Staat dadurch nicht mehr die Gewalt über Menschen ausüben dürfe — was definitiv nicht der Fall ist —, so sind Recht und Gesetz allen Staaten dieser Erde herzlich egal, sobald es darum geht, die eigene Herrschaft aufrechtzuerhalten. Ein simples Aussteigen ist also nicht möglich.

Die Idee krankt aber auch noch an einer anderen, ganz entscheidenden Stelle. Denn auch wenn man aus dem System aussteigen könnte, so wäre man von diesem noch lange nicht unabhängig. Die vollständige Versorgung selbst in die eigene Hand zu nehmen, ist eine sehr komplexe und herausfordernde Angelegenheit. Um eine solche Selbstversorgung zu gewährleisten, muss man zunächst weiterhin jede Menge Waren aus dem System beziehen, ist also weiterhin auf Geld angewiesen.

Doch woher dieses Geld nehmen, wenn man ausgestiegen ist? Man muss es irgendwie verdienen, um dann Dinge zu kaufen, die für den Aufbau eines eigenen Systems gebraucht werden. Baumaterialien, Nahrung, Saatgut, Kleidung, um nur einige zu nennen. Auch Strom und Wasser müssen aus dem System bezogen werden, dahingehend herrscht zumindest in Deutschland ein Anschlusszwang. Die Idee, sein Bauholz selber im Wald zu schlagen, wird ziemlich bald die Gesetzeshüter auf den Plan rufen, denn das ist verboten und wird entsprechend geahndet. Ähnliches gilt für Jagd und Fischerei, die einer Genehmigung von exakt jenem Staat bedürfen, aus dem man plant, auszusteigen.

Dasselbe gilt für den Bau eines Brunnens, eines eigenen Stromkraftwerkes, egal in welcher Form. Zudem benötigt man Fortbewegungsmittel, ist also auf Benzin angewiesen, und auch die Landwirtschaft ist reguliert. Hinzu kommt, dass man eigenes Land benötigt, das in dem Augenblick in die Gefahr der Enteignung gelangt, in dem man es mit dem Abmelden ernst meint und dieses umsetzt. Kein Staat auf der Welt toleriert unregistrierte Menschen auf seinem Territorium, denn jeder Staat setzt auf Überwachung und Kontrolle und wird zudem alles daransetzen, die Menschen in Abhängigkeit von sich zu halten. Schon aus diesen rein materiellen und rechtlichen Gründen ist ein schlichtes Aussteigen nicht ohne weiteres möglich.

Es ist aber auch wenig verlockend, sich weitab von jeder Gesellschaft zu verschanzen, immer in der Angst, sein Hab und Gut verteidigen zu müssen gegen die Übergriffe eines totalitären Staates.

Man befindet sich dann im ständigen Kampfmodus, sieht sich beständigen Angriffen ausgesetzt, und auch die Isolation ist eigentlich wenig verlockend.

Psychisch aussteigen

Doch hinzu kommt ein weiterer Faktor, der gerne unterschätzt wird, und dieser Faktor ist ein psychischer. Die Menschheit lebt seit Jahrtausenden in diesem System, das ein System der Macht und der Herrschaft ist, ein System der Unterdrückung, der Gewalt und der Kontrolle. Dieses System hat daher alle Menschen, die in ihm leben, geprägt; die oft gewaltsame Unterwerfung hat die Menschen traumatisiert. Unterwerfung und Herrschaft, die Ausübung von Macht und Kontrolle sind nur dann möglich, wenn der Unterwerfende dem Unterworfenen seinen eigenen Willen aufzwingt. Das setzt jedoch voraus, dass der Wille des Unterworfenen gebrochen oder unterdrückt wird. Dies wiederum führt zu einer Abspaltung oder Unterdrückung eigener Anteile, und damit zu einem Trauma. Diese Anteile sind nun nicht weg, sie sind weiterhin vorhanden, können nur nicht gelebt werden. Die Menschen sind traumatisiert.

Zur Anpassung an ein solches System muss der Unterworfene, will er physisch weiterhin überleben, Überlebensstrategien wählen. Und das tun Menschen seit Jahrtausenden. Die überwiegende Mehrheit wählt dabei die Überlebensstrategie der Anpassung und Unterwerfung. Dabei übernehmen sie den Willen der Herrschaft als ihren eigenen, übernehmen also Anteile des Täters und leben sie so, als wären es ihre eigenen.

Je höher der Grad der Abspaltung und Unterdrückung eigener Anteile, desto mehr kooperieren die Unterworfenen mit der Macht. Die am stärksten Unterworfenen lassen sich dabei vom Apparat des Täters, also des Staates, instrumentalisieren, um den Machtzugriff zu sichern. Sie werden Beamte, Polizisten oder Soldaten — und stellen sich dadurch in den Dienst auch ihrer eigenen Unterdrückung.

Dabei leben sie ihre traumatisierten Strukturen aus, indem sie Macht gegenüber anderen Menschen anwenden. Die Identifikation mit dem Täter als Überlebensstrategie führt dazu, dass sie den Willen des Täters als ihren eigenen erleben, und damit die Ausübung von Macht und Herrschaft, von Gewalt und Reglementierung als Notwendigkeit. Auf diese Weise schützen sie sich vor der Gewalt des Täters, indem sie als Katalysator dieser Gewalt dienen und diese anderen gegenüber anwenden — im Namen des Täters.

Diese Gewalt wiederum erzeugt neue Traumata, nicht nur der Opfer, sondern auch der Täter. Trauma-Täter sind damit immer selbst traumatisiert, und traumatisierte Opfer können schnell zu Tätern werden. Das ist der Grund, aus dem sich die Gewaltspirale immer weiter dreht und auch ehemalige Opfer irgendwann auf die Idee kommen, Gewalt anzuwenden — und das für vollkommen legitim halten. Sie befinden sich nach wie vor in einem Überlebenskampf, auch wenn dieser objektiv schon lange vorbei ist, und ein solcher rechtfertigt jedes Mittel. Die Überlebensstrategien haben das Ruder übernommen und lenken ganze Gesellschaften.

Auf diese Gewalt reagiert das System nun mit immer neuer Gewalt und neuer Traumatisierung. Straftäter werden eingesperrt, ein Akt der Gewalt, der nur zu neuen Traumata führt, und damit den „Rückfall“ des Täters bereits vorprogrammiert. Denn dieser kommt aus seinen Überlebensstrategien nicht heraus, indem man ihn erneut traumatisiert, sondern man schafft dadurch nur neue. Auf diese Weise bleiben die meisten Straftäter in einer Spirale aus Tat, Strafe, weiterer Tat und noch härterer Strafe gefangen.

Doch auch unterhalb dieser Strafbarkeitsschwelle reagiert das System mit Gewalt. Dies durften all jene erleben, die sich gegen den Coronafaschismus aufgelehnt haben, indem sie ihr Grundrecht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit wahrnahmen. Mit brutalen Mitteln wurden sie bekämpft, verfolgt, diffamiert und verächtlich gemacht.

Eine solche Reaktion ist bereits Ausdruck eines kranken, gestörten Systems, das nur eine Antwort kennt, nämlich Gewalt, und das sich im beständigen Überlebenskampf wähnt. Es ist ein System, das aus reinen Traumata heraus reagiert, kein Wunder, sind doch alle in ihm handelnden Akteure ihrerseits traumatisiert. Eine solche gewalttätige Reaktion erzeugt jedoch weitere Traumata, weitere Überlebensstrategien, und führt damit nur zu Gewalt der Gegenseite, die mit weiterer Gewalt bekämpft werden muss. Eine solche Abwärtsspirale kann, wenn sie nicht durchbrochen wird, geradewegs in einen Bürgerkrieg führen. Revolutionen und Rebellionen entstehen gerade aus diesen Dynamiken heraus.

Doch auch diese überwinden sie nicht.

Denn durch Revolutionen kommen, selbst wenn Regierungen beseitigt und ersetzt werden, nur andere, ebenfalls traumatisierte und durch Überlebensstrategien handelnde Menschen an die Macht. Über kurz oder lang wird auf diese Weise dieselbe Spirale in Gang gesetzt.

Alle Revolutionen der Vergangenheit, von der amerikanischen über die französische bis hin zur russischen, haben genau das bewiesen: Das System der Gewalt, in dem die Menschheit schon seit Jahrtausenden lebt, wird auf diese Weise nicht überwunden. Kann es auch gar nicht, da Macht und Herrschaft der Grund für dieses System der Gewalt sind, das zu fortgesetzten Traumatisierungen führt. Aus Trauma heraus kann ein traumatisiertes System nicht überwunden werden, es wird nur fortgesetzt.

Aus dem Trauma aussteigen

Und genau das passiert auch, wenn man aus einem solchen traumatisierten System aussteigt und sein eigenes System schafft. Denn die zugrundeliegenden Prägungen der Herrschaft und der Traumatisierungen sind tief in den Menschen verankert. Nicht umsonst ist der Glaube weit verbreitet, dass es jemanden geben müsse, der herrscht, weil ansonsten die Welt in Chaos versinke. Dieser Irrglaube ist auf eine jahrtausendealte Gewöhnung an dieses System der Herrschaft zurückzuführen, und auf die Überlebensstrategie der Anpassung an dieses System.

Wenn nun an dieses System gewöhnte und von ihm traumatisierte Individuen sich zusammentun, dann werden sie mit ziemlicher Sicherheit nur eines tun: das System reproduzieren und im Kleinen ähnliche Strukturen etablieren. Das ist der Grund, warum so viele Projekte, Initiativen und Vereine scheitern, auch wenn sie eigentlich etwas ganz Neues und Besseres verwirklichen wollten.

Die Mitglieder solcher Gruppen bleiben in ihren Trauma-Strukturen gefangen und handeln weiterhin aus ihnen heraus. So gibt es auch bei oppositionellen Gruppen ein Streben nach Macht und Positionen, wie beispielsweise die Partei „Die Basis“ oder das BSW anschaulich verdeutlichen. Es gibt Kämpfe und Gerangel um Zuständigkeiten und Einfluss, darum, das eigene Ego in den Vordergrund zu stellen, anstatt die Sache selbst. An diesen Trauma-Strukturen und stupiden Gewohnheiten zerbrechen auch gute Ideen und Initiativen. Letztendlich scheitert es nicht an der Idee, sondern an den menschlichen, psychologischen Faktoren, was dann schnell zu Frustration und der Überzeugung führen kann, dass die Welt nun einmal so sei, wie sie eben ist, und dass daran nichts zu machen sei. Das aber ist ein Fehlschluss, der aus der mangelnden Auseinandersetzung mit der Funktionsweise des Systems und mit den eigenen Traumata resultiert.

Wer also aussteigen will, der muss sich auch mit diesen befassen. Er muss Traumata integrieren und verarbeiten — und vor allem die Gewohnheiten von Macht und Herrschaft, von Geld, Konkurrenz und dem Streben nach dem eigenen Vorteil hinterfragen. Wer aus diesen nicht aussteigt, steigt aus dem System nicht wirklich aus. Er bleibt in diesem System gefangen und reproduziert es am laufenden Band. Daher ist die Devise richtig: Wir müssen nicht raus aus dem System, das System muss raus aus uns.

Denn dieses System der Gewalt, der Macht und Herrschaft, der Konkurrenz und des Egoismus hat uns so tief geprägt, dass wir ein Akteur, ein Amplifikator des Systems geworden sind. Das System ist nicht eine große Gewalt, die von oben auf uns herabblickt, sondern es besteht aus jedem von uns.

Jeder Einzelne leistet seinen Beitrag zum Funktionieren dieses Systems, jeder Einzelne ist ein Akteur dieses Systems, und so ist der erste Schritt zu einem Ausstieg, sich dieser Rolle bewusst zu werden, sie zu hinterfragen und letztlich auch zu überwinden.

Dazu bedarf es einer Integration der Traumata und eines Ausstiegs aus den Überlebensstrategien.

Nur auf diese Weise können wir dieses System wirklich hinter uns lassen — und müssen uns dafür nicht einmal von der Gesellschaft isolieren und hinter dicken Mauern verschanzen. Nur wenn wir wirklich und vollkommen aus den Traumata und der Spirale der Gewalt aussteigen, können wir in etwas Neues einsteigen, etwas, das menschlicher ist als das auf Herrschaft, Profit und Wachstumswahn ausgerichtete System von heute. Dieser Ausstieg beginnt aber bei jedem Einzelnen ganz individuell — was natürlich nicht ausschließt, dass man sich auf diesem Weg mit anderen zusammenschließt, um gesündere und nachhaltigere Systeme zu etablieren.


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Im Manova-Einheizpodcast diskutieren Sven Brajer und Aron Morhoff mit den Journalisten Roberto De Lapuente und Florian Warweg darüber, warum sowohl Mainstream- als auch Alternativmedien an die Formel „bad news are good news“ gebunden sind.