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Das Team Mensch

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Der Rubikon rief dazu auf, Visionen für eine lebenswerte neue Welt zu teilen — so sehen sie aus. Teil 1.

„Bis jetzt wurde der Zustand in allen Varianten beschrieben. Dies ist jetzt durch. Es gilt nur noch abzuwarten, wie lange die Zerstörung noch anhält und wie viele Opfer und Geschädigte es am Ende sind.“

Diese Zeilen schrieb einer unserer Leser als Antwort auf unseren Aufruf, die eigenen Visionen zu teilen. Und es stimmt, bislang haben wir uns darin erschöpft, den Zustand nur zu beschreiben, allenfalls eine Rückkehr zum Status quo ante zu verlangen, der keinesfalls ideal, sondern zerstörerisch war. Das war der Anlass für den Rubikon, seine Leser und Leserinnen dazu einzuladen, Mut machende Visionen mit uns zu teilen. Wir haben überwältigend viele Zuschriften erhalten. So überwältigend, dass wir sie leider nicht alle in einzelnen Beiträgen darstellen können. Manche Leser schickten Gedichte oder kurze Aphorismen wie dies:

Entdecke in dir
in deinem Herzen
was du draußen im Leben vermisst
und strahle es anderen zu —
das ist der einzige Weg, die Welt zu erlösen
und dich selbst.

Damit schenken sie Hoffnung und machen Mut.

Manch einer sieht die Welt der Zukunft in bunten Farben, wie jener Leser, der folgende Zeilen schrieb:

„Ich sehe die Farbe Weiß und eine Friedenstaube, die um den Erdball kreist. Es ist Frieden, alle Waffen wurden niedergelegt, es gibt keine Rüstungsindustrie mehr. Dieser unglaubliche äußere Frieden bewirkt einen unglaublichen inneren Frieden.

Ich sehe das viele Blau, es steht für Freiheit und Basisdemokratie und für Medien, die unabhängig und sachlich berichten, um kreative Lösungen für Herausforderungen und Probleme zu finden. Diese unglaubliche äußere Freiheit bewirkt ein unglaubliches inneres Freiheitsgefühl.

Ich sehe die Farbe Rot, ein großes Herz, die Verbundenheit aller Menschen auf der Herzebene. Diese Ebene ermöglicht ein faires und gerechtes Wirtschaftssystem, von dem alle profitieren. Ein unglaublicher Segen breitet sich dadurch in mir aus.

Ich sehe die Farbe Grün, einen grünen Planeten. Das neue Wirtschaftssystem ermöglicht den Erhalt unserer Natur und unseres Ökosystems. Alle Menschen arbeiten daran, diesen Planeten zu erhalten. Ein unglaubliches Gefühl der Verbundenheit stellt sich ein.“

Mehrfach wurden wir auch auf das „Manifest der neuen Erde“ verwiesen (1), das inspirierende Visionen bereits enthält.

Andere hatten konkretere Ideen. Auch der eingangs erwähnte Leser, ein Biolandwirt, blieb nicht bei einer Anklage gegen den herrschenden Zustand stehen:

„Nun aber zur Zukunft. Sie haben erkannt, dass die Landwirtschaft eine zentrale Rolle einnimmt. Der Mensch braucht Luft, Wasser, Lebensmittel und Spiritualität zum Leben. Wenn wir die Umwelt nicht mehr verschmutzen, haben wir sauberes Wasser und schadstofffreie Luft frei zur Verfügung. Spiritualität findet jeder in sich. Für Lebensmittel braucht es Menschen mit Erfahrung und ein Gespür für den Umgang mit der Natur und Land. Genau um diese müssen sich Überlebenszellen bilden, aus denen Neues entsteht. Vielleicht der Homo harmonis.“

Dieser Erkenntnisse und Gefühle scheinen viele unserer Leser zu teilen. Das System, in dem wir momentan leben, ist zerstörerisch und versorgt die Menschen nicht mit dem, was sie zum Leben brauchen. Stattdessen ist es immer mehr Menschen ein Bedürfnis, dieses zu verlassen und solche „Überlebenszellen“ zu gründen.

Auch die Idee, eine Art genossenschaftlichen Kibbuz mit eigenem, zinsfreien Geldsystem und Permakultur zu entwickeln, erreichte uns. Auf dem in Gemeineigentum stehenden Boden sollte die benötigte Nahrung angebaut werden, im Einklang mit der Natur. In dem Dorf selber soll es alles geben, was zum Leben notwendig ist: gesunde Nahrung, Handwerker, Kunst, Kultur und Bildung. Auch hier ist eine Vernetzung notwendig, sodass mehrere Menschen zusammenkommen und die benötigten Ressourcen aufwenden können (2).

Der Biolandwirt schlägt vor, dass man solche „Überlebenszellen“ überall entstehen lassen könnte. Natürlich ist hier Vernetzung notwendig. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, ob technologiebasiert als zu entwickelnde lokal anwendbare App oder ganz analog am Zettelkasten des lokalen Gemüseladens, hier ist Erfindungsreichtum gefragt. In jeder Gemeinschaft braucht es Menschen, die sich auf bestimmte lebensnotwendige Fähigkeiten verstehen. Dieses Wissen kann dann geteilt werden, und man hilft sich gegenseitig, jeder bringt das ein, was er kann und liebt. So ist schon vielen geholfen, und eine lokale und nicht unbedingt geldbasierte kreative und alle bereichernde Kreislaufwirtschaft entsteht.

Wir möchten den Ball zu Ihnen, liebe Leser, zurückwerfen: Wer nimmt diesen Ball auf und startet um sich herum ein solches Experiment?

Es ist sicherlich spannend, über die Ergebnisse zu berichten — auch hier im Rubikon — und so das Netzwerk an Erfahrungen in Gang zu bringen. Aus den Erfahrungswerten der diversen Gemeinschaften kann man eventuell auch technische Tools entwerfen, wie man das flächendeckend und gleichzeitig lokal als wertvolles Wissen anbietet. Aber das Wichtigste ist erst einmal, ins Machen zu kommen. Die Lösungen für größere Herausforderungen kommen auch hier aus dem lokal Gelebten. Etwa über Telegram, wo es bereits sehr viele lokale Gruppen gibt, über die so eine Initiative recht zügig koordiniert werden könnte.

Viele Leser erkennen auch die Notwendigkeit, das Bildungssystem zu verändern. Wir erhielten mehrere, ganz unterschiedliche Vorschläge, wie dies zu bewerkstelligen sein kann, bis hin zu fertig ausgearbeiteten Konzepten.

Aber wir erhielten auch viel leichter im Alltag umsetzbare Ideen, wie etwa eine Erinnerung an einen Vorschlag, den Vera F. Birkenbihl schon vor vielen Jahren machte:

„Man darf einem Freund, Familie oder völlig Unbekannten helfen, und manchmal weiß der Beschenkte nicht, wie er sich bedanken kann. Reicht ein Dankeschön, vielleicht Geld oder etwas anderes? Oft entsteht für beide Seiten eine etwas unangenehme Situation. Und nun kommt die Idee. Sie, als Helfender, äußern den Wunsch, dass der Beschenkte einen anderen Menschen an diesem Tag beschenkt. Womit auch immer. Im besten Fall entsteht eine Kette der Freundlichkeit, wie ein Schneeballsystem. Klingt vielleicht simpel, aber es funktioniert erstaunlich gut.“

Viele unserer Leser haben den Wandel ohnehin schon in ihren Alltag integriert. So berichten sie uns von Bildungsprojekten in Afrika, die sie aufgebaut haben, von ihrem eigenen Permakulturgarten, davon, dass sie alle Pharmazeutika durch natürliche Heilmittel ersetzt haben oder genossenschaftliche oder crowdfinanzierte bäuerliche Initiativen unterstützen. Sie erzählen, wie sie öffentlichen Raum bepflanzen, ihren Mitmenschen helfen und allgemein ihnen mit Freundlichkeit begegnen.

Gerade das Zwischenmenschliche ist vielen Lesern ein Anliegen. Es herrscht wohl allgemein der Eindruck vor, dass Menschen sich permanent einem herrschenden System anpassen müssen, worunter auch der Umgang miteinander leidet. Daher verbinden viele mit einer positiven Vision, diese Zwänge aufzuheben, oder wie eine Leserin schrieb:

„Frauen dürfen wieder Frauen sein, Männer dürfen wieder Männer sein und Kinder dürfen wieder Kinder sein. Wir behandeln einander so, dass wir unsere Verschiedenheit schätzen und lieben. Wir spielen und lachen mit Kindern und lassen sie möglichst frei aufwachsen. Wir sehen in ihnen die Engel der Zukunft.“

Einige verweisen auch auf die heilende Kraft, die jedem von uns innewohnt. So schreibt ein Leser:

„Denn genau jenes In-unserer-Mitte-Sein und -Bleiben oder, anders formuliert, das Bei-sich-Sein und -Bleiben ist es, was ich als heilsam und heilend empfinde, immer wieder, bei jeder und jedem von uns, immer und überall.“

Wir haben, so schreibt er, die Kraft, uns selbst und andere zu heilen, denn wir sind „enorm mächtige Wesen“. Dieser Kraft komme eine wichtige Bedeutung bei der Erschaffung unserer Vision bei.

Für eine solche sei es notwendig, „mutig das Zukünftige zu denken“. Im Denken fängt die Zukunft an, denn wir können nur erschaffen, was wir uns auch vorstellen können. Doch wie eine Leserin zu Recht bemerkt:

„Wir Menschen sind daran gewöhnt, nur auf das zu sehen, was wir in der sinnlichen Welt vorfinden, also auf das bereits Gewordene. Dies ist jedoch immer bereits das Endprodukt eines vorausgegangenen Prozesses. Dieser lediglich auf die materielle Ebene gerichtete Blick führt dazu, nur auf das zu vertrauen, was wir anfassen können, was wir bereits erfahren haben und was uns bekannt ist. Angst bezeichnet im Grunde immer ein Misstrauen in das Zukünftige. (…) Angst fixiert unseren Blick auf bisherige Erfahrungen und Gewohnheiten, aber auch auf hinderliche Glaubenssätze und Suggestionen, (…) die uns über Generationen unbewusst und unerkannt geprägt haben und meist weitergegeben werden.“

Wollen wir eine bessere Welt erschaffen, unsere Visionen Wirklichkeit werden lassen, dann gibt es nur eine Möglichkeit:

„Um Zukünftiges zu gestalten, ist es also notwendig, unsere Blickrichtung zu ändern weg von unseren Ängsten, unseren Gewohnheiten und alldem, was uns an unser bisheriges Dasein bindet, hin zu den Möglichkeiten, die wir in der Zukunft verwirklichen können. Diese Möglichkeiten muss der Mensch aktiv herbeidenken und sich dabei immer wieder die Kraft der Gedanken bewusst machen, auch wenn diese zunächst nicht sichtbar manifest sind.“

Ein Neubeginn muss also im Denken beginnen.

„Der Glaube und das Vertrauen in die Kapazität des Menschen als ein eigenständiges, logisch und angstfrei denkendes Wesen ermöglicht erst ein Wachstum des Menschen in diese Vorstellung hinein.
Diesen Gedanken zu denken, ihn gewissermaßen zu gebären, in die Welt zu bringen und ihn als eine innere Überzeugung bei jeder persönlichen Begegnung mit sich zu tragen, ermöglicht einen Blick auf den werdenden Menschen und fördert die Entwicklung dorthin. Es könnte so eine friedlichere, gehobene Kommunikationskultur entstehen. Aber nichts entsteht in der Welt, wenn es nicht im einzelnen Menschen auferstanden ist.“

All die vielen Visionen, von denen wir einzelne in eigenständigen Artikeln vorstellen werden, können Wirklichkeit werden, wenn sie nur von genügend Menschen geteilt und in Angriff genommen werden. Nie war es notwendiger, Gegenentwürfe zur herrschenden Gesellschaft umzusetzen. Die seit über einem Jahr andauernden veränderten Zustände könnten nicht nur als Brandbeschleuniger für den Untergang des alten Systems dienen, sondern auch als Geburtshilfe für neue, menschlichere und gesündere Welten. Packen wir es also an und machen uns auf den Weg. Es gibt hier keine klare, gut ausgebaute und ausgeleuchtete Straße, sondern nur unergründetes Territorium. Doch gerade dies bringt auch eine Lust am Entdecken und Gestalten und kann uns die Selbstwirksamkeit sowie die Veränderungskraft gemeinschaftlicher Anstrengungen vor Augen führen.

Ändern wir also die Blickrichtung, weg von den Ängsten, und wagen es, mutig die Zukunft zu denken.

Und Rubikon berichtet gerne weiter über Visionen und wie sie Wirklichkeit werden!


Inhalt der Rubikon-Sonderausgabe:



Quellen und Anmerkungen:

(1) https://thenewearthmanifesto.com/
(2) Kontaktaufnahme ist hier möglich: irmi.krepler@gmx.at


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