Die alleinerziehende Mutter, der Arbeiter oder Mini-Jobber, der Student und der einst stolze Mittelschichtler — sie alle spielen wirtschaftlich und gesellschaftlich in Deutschland kaum noch eine Rolle. Als Zuschauer müssen sie mit ansehen, wie Deutschland weltweit an Ansehen verliert, wie die wirtschaftliche Stärke zerbricht und der Zusammenhalt schwindet. Gleichzeitig ist längst die Erwartungshaltung zur Gewissheit geworden, künftig zur Waffe zu greifen — natürlich zur Verteidigung, denn die westlichen Demokratien sind ganz offiziell im Verteidigungsmodus.
Der „kleine Mann“ — der sinnbildlich für die gesellschaftliche Mitte steht — kann keine Gegenwehr leisten. Seine Verteidigungsfähigkeiten werden nach und nach ausradiert. Er wird permanent von denen angegriffen, die offiziell seine Interessen vertreten.
Die Vielfalt als Spaltungsinstrument
Sie predigen Vielfalt und erzeugen Einfalt. Deutsche Politiker haben schon vor langer Zeit die Regenbogenfahne für sich entdeckt, um die Gesellschaft zu spalten.
Sich der queeren Community zu widmen, die bunte Fahne zu hissen und ein Herz für Minderheiten auf der Zunge zu tragen, ist doppelt praktisch. Denn erstens kostet es nichts, sich mit Inbrunst für die neuerdings 72 Geschlechter einzusetzen — so denn diese Zahl noch aktuell ist. Man kann sich mit breiter Brust vor einen Fahnenmast stellen, ein Stück Stoff gen Himmel schicken und sich als Kämpfer für Minderheiten inszenieren. Und zweitens lassen sich so Millionen der „kleinen Männer“ in die Ecke aus Intoleranz und Feindseligkeit pressen, aus der sie nicht mehr herauskommen.
Während früher einmal Veranstaltungen wie der Christopher-Street-Day aus lauter Musik und feiernden Schwulen und Lesben bestanden, die nur wenig allgemeines Interesse hervorriefen, sieht es heute anders aus. Unter einem Facebook-Posting schrieb einmal ein Nutzer einen Kommentar, der das Drama verdeutlicht:
„Und wenn ich mich für den Christopher-Street-Day nicht interessiere?“
Die Antwort auf seinen Kommentar kam von einem, der ganz genaue Vorstellungen von Toleranz und dem Umgang mit der queeren Community hatte:
„Dann bist du halt ein homophobes Arschloch.“
An diesem Tag endete die Facebook-Freundschaft der beiden Beteiligten, das „homophobe Arschloch“ zog die Reißleine und „entfreundete“ sich vom ihn angreifenden Kommentator.
Tödliche Erzählungen
Der „kleine Mann“ muss sich mit dem Krieg anfreunden. Seine Entscheidung ist das nicht, und ob er überhaupt Krieg will, spielt keine Rolle. Lediglich die Seite, für die er sich entscheiden muss, ist maßgeblich.
Beispiel Ukraine: Die Erzählung des „unprovozierten Angriffes“ Russlands auf die Ukraine darf nicht hinterfragt werden — Lothar Wieler, ehemals Chef des Robert Koch-Instituts, hat vermutlich unfreiwillig in der Corona-Episode den Kurs vorgegeben —, Frieden ist keine Option. Auch die Vorgeschichte des Krieges wurde aus der Öffentlichkeit eliminiert, was wichtig ist, wenn man bedenkt, dass vor dem 24. Februar 2022 die faschistoide und korrupte Geschichte der politischen Führung in der Ukraine noch einen gewissen Raum in der öffentlichen Berichterstattung eingenommen hatte. Stellvertretend für die mediale Manipulation steht der Journalist Georg Restle, der vor 2022 mit seinem Team durchaus kritisch über die Führung in der Ukraine berichtet hatte. Auch die zweifellos in der Ukraine aktiven Faschisten waren wiederholt Thema in Deutschland, doch davon ist nichts übriggeblieben. Restle selbst hat sich entschieden, all das Wissen, all die Informationen, die er zusammen mit seinem Team in der Vergangenheit zur Verfügung gestellt hat, nachträglich auszublenden und eine völlig neue Geschichte zu erzählen.
Die Methode ist perfide und ausweglos in einem. Restle & Co. halten sich die Augen zu und schaffen so eine neue Wirklichkeit. Doch im Gegensatz zum Kind, das in einer bestimmten Phase seiner natürlichen Entwicklung der Meinung ist, selbst nicht mehr gesehen zu werden, wenn es sich die Hände vor die Augen hält, wissen Restle und seine Komplizen sehr wohl, dass das Ausblenden der Wahrheit nichts an deren Existenz ändert. Aber der Zugang zu diesen Wahrheiten wird dem „kleinen Mann“ nicht mehr gestattet, er muss sich mit den „erlaubten Fakten“ begnügen, die zwar ein unvollständiges Bild ergeben, für die Propaganda aber völlig ausreichend sind, um das Narrativ des aggressiven Russen aufrechterhalten zu können.
Beispiel Israel: Was die israelische Regierung zunächst im Gazastreifen und in der Folge großflächiger anrichtet, ist an Grausamkeit seit Ende des Zweiten Weltkriegs nur schwer zu überbieten. Kritik an der schrecklichen Praxis darf zwar offiziell in Deutschland geübt werden, doch über ihr steht die Behauptung, das Land verteidige sich nur, und Verteidigung sei legitim und geboten. Zusätzlich erschwerend hinzu kommt die sogenannte deutsche Staatsräson, mit der jede noch so verheerende Tat gerechtfertigt wird.
Selbst die bewusste Zerstörung von Krankenhäusern, das Aushungern unzähliger Zivilisten und die Bombardierung von Wohngebieten stellen keine kritikwürdigen Handlungen dar; unter dem Label der „Selbstverteidigung“ wird jeder Mord, jedes Verbrechen, jedes Massaker als notwendig und „alternativlos“ dargestellt.
Deutschlands Politik macht sich „sauber“ und lässt andere die „Drecksarbeit“ (Friedrich Merz) erledigen.
Krieger ohne Armee
Während die deutsche Bundesregierung Waffen nach Israel und in die Ukraine liefert und nichts tut, um die schrecklichen Kriege in den Regionen zu beenden, hat sie sich im eigenen Land eine Armee der Unterstützer aufgebaut. Diese Armee ist nicht kriegstauglich, sie trägt noch keine Uniformen und ist noch im Besitz ihrer Extremitäten. Aber traumatisiert ist sie bereits. Sie trägt das Trauma eines Angegriffenen in sich.
Und so rüstet die Armee der Social-Media-Soldaten weiter auf, sie passt ihre Sprache an die Kriegsrhetorik an und feuert aus allen imaginären Rohren. Die Gegner sind wahlweise Russen, Palästinenser, die Hamas, Donald Trump oder auch Victor Orbán. Und selbstverständlich all jene, die sich der Erzählung nicht beugen wollen, die für Abrüstung, Diplomatie und Verhandlungen plädieren. Die Social-Media-Soldaten nehmen hier die Rolle der Selbstverteidiger in Anspruch, sie wähnen sich als Wächter der Demokratie, der Freiheit und der Art, wie wir leben — gern unter dem Oberbegriff der „regelbasierten Ordnung“.
Politiker und „Experten“ rüsten derweil weiter auf, der Militärexperte Frank Sauer bedient sich gleich ganz offen der Sprache der Waffen:
„Zum Beispiel die Sanktionen gegen Russland: Politologe Frank Sauer plädiert dafür, das 17. Sanktionspaket umgehend in Kraft zu setzen. Und 'wenn wir Ultimaten stellen und Drohungen in die Welt setzen', müsse man, 'die Kugel im Lauf haben und den Finger am Abzug. Sodass, wenn die Uhr abgelaufen ist, wir nur noch den Abzug ziehen.' Der Mann arbeitet übrigens an der Universität der Bundeswehr. Merkt man kaum.“
Und so hat sich die militaristische Sprache ihren Weg in die Köpfe der Menschen „freigeschossen“, der Finger am Abzug ist ebenso Normalität geworden wie die Forderung nach Kriegstüchtigkeit oder die nach dem Tragen des Krieges nach Russland (Roderich Kiesewetter, CDU). Verhandlungen, Gespräche und die Aussicht auf Frieden sind keine Optionen mehr. Carlo Masala, Buchautor und hauptberuflicher Verfechter eines Krieges gegen Russland, tritt ganz nebenbei noch das Erbe Willy Brandts (SPD) mit Füßen und interpretiert dessen Entspannungspolitik ganz neu, indem er daraus das Prinzip der reinen Abschreckung bastelt.
Die Methodik funktioniert.
Denn auch wenn die meisten Menschen in Deutschland sich Frieden wünschen, Waffenlieferungen ablehnen und Verhandlungen präferieren, arbeitet die veröffentlichte Meinung massiv und aggressiv dagegen an.
Der Erfolg dürfte sich in engen Grenzen halten, denn der Wunsch nach Frieden ist beim „kleinen Mann“ nach wie vor stark ausgeprägt, allerdings wird er schon längst nicht mehr nach seiner Meinung gefragt. Mehr noch, ebendiese Meinung ist inzwischen mehr als nur ein Ärgernis geworden, sie steht für das, was gemeinhin als „Desinformation“, „russische Propaganda“ und „AfD-Sprech“ verurteilt wird. Und so werden die Kriegshetzer immer lauter und nehmen zahlenmäßig zu, während sich die, die sich Frieden wünschen, Schritt für Schritt zurückziehen und lieber den Mund halten.
Politik, Medien und das, was man wohl Wissenschaft nennen muss, arbeiten an diversen Fronten gleichzeitig. Die Politik lässt sich in Talkshows einladen, um ihre Kriegshetzerei zu betreiben, in den sozialen Medien wirkt eine Kombination aus echten und konstruierten Profilen, um die Hetze auf die Spitze zu treiben, und als Krönung arbeiten sogenannte NGOs, also Nichtregierungsorganisationen, daran, den Menschen das „richtige“ Denken einzupflanzen — finanziell bestens aufgestellt und unterstützt von einer Regierung, die den lieben langen Tag mit Nichtregierungsorganisationen kuschelt, sie finanziert und dafür sorgt, dass sie reichweitenstark publizieren kann.
1,2 oder 3?
Der „kleine Mann“ wird alleine gelassen, er wird isoliert und nicht nur seiner Meinung, sondern auch seiner „Helden“ beraubt. Der gesellschaftliche Absturz begann mit der Corona-Episode. Gab es bis dahin noch die Grönemeyers, „die Ärzte“, BAP oder die „Toten Hosen“, an denen sich das gepeinigte Gemüt des kritischen Geistes laben konnte, entpuppten sich diese vermeintlichen Gesellschaftskritiker als hörige Plappermäuler, die das staatliche Narrativ nachbeteten.
Schon damals wurde klar: Es gibt nur zwei Meinungen. Die richtige und die falsche. Dazwischen liegt nichts.
Und in der heutigen Zeit wäre wohl eine Kindersendung wie „1,2 oder 3“ — damals moderiert von Michael Schanze, der seinen Kinderkandidaten Aufgaben präsentierte, auf die sie aus drei verschiedenen Antwortmöglichkeiten die richtige herausfinden sollten — keine Option mehr: Drei Optionen sind heute mindestens eine zu viel.
Der schon oben angesprochene Georg Restle hat mit Tilo Jung, einem Model mit Journalistenanspruch, einen geeigneten Partner gefunden, um den Bürgern klarzumachen, dass sie keine Ahnung haben und daher auf „Einordnungen“ angewiesen sind. Jung sagte auf einer Veranstaltung einmal ganz offen, dass man als Journalist den Bürgern die „richtige“ Meinung präsentieren müsse. Dafür gab es mächtig Gegenwind, was aber für Jung kein Grund war und ist, von seinem elitären Anspruch abzurücken. Im Gegenteil, auf „X“ wiederholte der junge Naive seine Haltung noch einmal:
Der sich selbst als „belangloser Videojournalist und Seltsamfrager“ bezeichnende Jung besticht zum wiederholten Male durch eine fast schon infantile Ehrlichkeit, die ihn so beliebt bei seinen Gästen macht, die sich darauf verlassen können, nicht allzu hart angefasst zu werden. Auch in der Bundespressekonferenz hat sich Jung mittlerweile häuslich eingerichtet und hockt vermutlich abends mit seinen Lieblingspolitikern bei Rotwein und Käse beim Italiener um die Ecke.
Auf eine pathologische Weise hat Jung mit seinem X-Statement sogar recht – doch besser macht das die Angelegenheit auch nicht.
Mörder brauchen Hilfe
Und so steht der „kleine Mann“ vor dem gesellschaftlichen Scherbenhaufen seiner eigenen Geschichte und wird mehr und mehr in die Ecke gedrängt. Er hockt auf der „Stillen Treppe“ und weiß nicht, was er falsch gemacht hat, außer vielleicht, dass er die „falsche“ Meinung in sich trägt.
Die „richtige“ Meinung dagegen wurde erfolgreich installiert. Auch deswegen kann Deutschland die israelische Regierung beim Völkermorden offen unterstützen, kann sich die Bundesregierung absurde und hanebüchene Geschichten über die Ukraine und über die angebliche russische Bedrohung aus den Fingern saugen, die keinerlei reale Grundlage haben.
Wenn man sich nur die deutsche Staatsräson anschaut, die über allem anderen steht und jeden Mord als Selbstverteidigung rechtfertigen kann, wird schnell klar, dass sämtliche Dämme gebrochen sind. Das massenhafte Morden im Gazastreifen, die zutiefst illegale Siedlungspolitik Israels, die völkerrechtswidrigen Angriffe Israels auf andere Länder — all das wäre nicht möglich, gäbe es nicht die große und mächtige Unterstützung Israels durch seine Partner.
Der „kleine Mann“ kann diesem Treiben, dieser täglich stattfindenden militärischen Eskalation nur tatenlos zusehen, denn man verkauft ihm den Wahnsinn als „Selbstverteidigung“ und gerechtfertigte Maßnahmen zum Schutz vor Terroristen. Aus dieser Falle gibt es kein Entrinnen. Der „kleine Mann“ weiß das; er sieht es, wenn er sich anschaut, wie Andersdenkende behandelt werden, wenn sie der Erzählung widersprechen, und sei es auch nur zaghaft.
Die Rettung des „kleinen Mannes“ wäre das Aufstehen, die Gegenwehr, das laute Aussprechen seiner Meinung, seiner Skepsis. Doch dieser Punkt ist verpasst worden.
Mehr noch: Inzwischen geht der „kleine Mann“ mit vermeintlich seinesgleichen auf die Straße, um gegen rechts zu demonstrieren. Er hat sich seine Nische der gefühlten Freiheit gesucht; sie wurde ihm angeboten und auf dem Silbertablett gereicht.
Am Ende bleibt das schale Gefühl, das Richtige zu tun, wohl wissend, dass es sich doch falsch anfühlt — weil der Krieg, der Tod und das Leid letztlich nicht das sein können, was den Menschen und dem „kleinen Mann“ guttut. Doch wenn alles, was nicht zum Narrativ passt, sanktioniert wird, gibt es erneut nur zwei Möglichkeiten: schweigen oder aufschreien.
Der „kleine Mann“ hat sich unter Druck fürs Schweigen entschieden und man kann nur hoffen, dass er sich diese Strategie noch einmal durch den Kopf gehen lässt. Denn sein Schweigen — und das ist wohl der größte Irrtum — wird sicher nicht belohnt werden.

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