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Der Härtetest

Der Härtetest

Unser heutiges Handeln entscheidet darüber, wie auf die Krisen der Zukunft geantwortet werden wird.

Die Pandemie

Dies ist ein historischer Moment. Wenige von uns können behaupten, ein Ereignis dieser Tragweite miterlebt zu haben. Ausgangssperren in mehreren europäischen Ländern und nun auch ein Kontaktverbot in der Bundesrepublik. Grenzschließungen, Rettungspakete, Schuldzuweisungen. Egoismus – aber auch Solidarität.

Auch wenn dieser Sturm hoffentlich bald abflaut, so werden die direkten und indirekten Folgen noch jahrelang zu spüren sein: sozial, ökonomisch, psychologisch und politisch. Im schlimmsten Fall werden wir eine Krise haben, die der Großen Depression in nichts nachstehen wird. Dies nicht nur in Deutschland, sondern auch im bereits von den Sparmaßnahmen gebeutelten Süden der EU, in den USA, dem Vereinigten Königreich und vor allem in den Schwellen- und Entwicklungsländern: Soziale Distanzierung ist schwer vorstellbar in den Slums von Manila oder den Favelas Brasiliens.

In jedem Fall werden Existenzen daran zugrunde gehen. Ob dies auch für Staaten der Fall sein wird, lässt sich nicht ausschließen. Jedoch lässt sich feststellen, dass die Intensität der globalen Folgen dieser Krise auch aufgrund unseres derzeitigen Wirtschaftssystems deutlich verstärkt wird. Unsere global verzweigten Produktionsketten führen zwar zu effizienter Herstellung, sind jedoch anfällig für Störungen des freien Personen- und Warenverkehrs. Unsere Effizienzmaximierung führt zwar zu steigenden Profiten, aber gleichzeitig zu einem Mangel an Krankenhausbetten.

Die öffentliche Reaktion auf CoVid19 lief und läuft in drei Phasen ab: Erst wird beschwichtigt, relativiert und ignoriert. Wenn man die Appelle – die sich teilweise auch bis vor die Krise datieren lassen – und die ersten Auswirkungen dann nicht mehr ignorieren kann, beginnt man, semantisch zu experimentieren und zu hoffen, dass nun alles schon nicht so schlimm sei und das Unwetter vorbeiziehen werde. Wenn dieser Fall nicht eintritt und die zuvor ignorierten Wissenschaftler auch kein Wundermittel liefern, wird mit Grundrechtseinschränkungen reagiert – teilweise überhastet. Dass die fehlende Kooperationsbereitschaft einer hyperindividualisierten Gesellschaft durch die Inkonsistenz der Berichterstattung vermutlich nicht gestärkt wird, verwundert auch wenig.

Die Parallelen zwischen der Reaktion auf diese Pandemie und einer anderen Katastrophe, die sich bereits am Horizont abzeichnet, sind schwer zu übersehen. Die auf uns zurollende Klimakatastrophe wird diese Pandemie schnell vergessen machen, wenn wir die Dynamik, die dieser Einschnitt mit sich bringt, nicht nutzen. Die Reaktion zur Corona-Pandemie scheint wie ein Schnelldurchlauf der Reaktion von Öffentlichkeit und Politik zur Klimakrise. Die Frage lautet, ob wir auf die nächste Krise besser vorbereitet sein wollen. Die Entscheidung, wie wir unsere Zukunft gestalten, liegt in unserer Hand. Die Frage, wie auf die Krisen der Zukunft geantwortet wird, beantworten wir mit unserem Handeln heute.

Der Scheideweg

Und wir sehen bereits, was eine kurze Einschränkung bedeuten kann: Die Kanäle Venedigs führen wieder klares Wasser, Deutschland wird 2020 seine Klimaziele erreichen und die Luftqualität in China verbesserte sich rapide. Die Austeritätspolitik ist plötzlich nicht mehr alternativlos. Der Präsident Mexikos, Andrés Manuel Lòpez Obrador, plant Wirtschaftshilfen nicht für Großkonzerne, sondern für die Armen.

Gleichzeitig zeigen sich auch die Gefahren der Gegenwart so stark wie noch nie: In Ungarn möchte Viktor Orbán die Krisensituation nutzen, um seine „illiberale Demokratie“ weiter zu festigen. Rassistische Angriffe auf asiatisch aussehende Personen häufen sich.

Dass Politikern und Medien – die beide nicht unwesentlich an der Gestaltung der politischen Realität beteiligt sind – wie Erziehungsberechtigte mit den Bürgern kommunizieren, zeugt von einem aristokratischen Demokratieverständnis.

Die Uneinsichtigkeit einiger Bürger wird zu Recht kritisiert. Doch bleibt offen, ob auch an den Schalthebeln Einsicht gezeigt wird, dass diese Krise nun mal kein „Schwarzer Schwan“, sondern ein „graues Rhinozeros“ ist.

Die Relevanz der gegenwärtigen Ereignisse ist also gar nicht zu überschätzen. Sie führen uns allen vor Augen, wie fragil unsere Zivilisation ist. Vor allem zeigen sie uns, dass wir auf individueller und globaler Ebene kooperieren müssen, um unser Wohlergehen zu sichern. Die Chance, diese Krise in ein humanistisches, zukunftsgewandtes Narrativ zu knüpfen, hängt von dem ab, was die Individuen und die Gesellschaft damit tun.

Übernehmt Verantwortung! Auch wenn ihr nicht direkt betroffen seid oder keiner Risikogruppe angehört. Zeigt Solidarität! Nicht nur den Leuten gegenüber, die euch im Denken oder Aussehen ähneln. Werdet politisch! Setzt euch nicht nur jetzt für eine faire Bezahlung ein.

Die Grundrechtsbeschränkungen dürfen nicht länger als absolut notwendig bestehen bleiben.

Die Welt von morgen hängt von den Handlungen der unserer Gegenwart ab. Lassen wir diese Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen!


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