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Der Wahlkampf geht weiter

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Jamaika ist geplatzt. Was nun?

Nach Wochen der Uneinigkeit, umgeschmissenen Prinzipien und dem einzigen Konsens im Dissenz stellt Lindner die Situation so dar, wie sie ist: Es läge nach all der Anstrengung in den Jamaika-Verhandlungen nurmehr „ein Papier mit zahllosen Widersprüchen, offenen Fragen und Zielkonflikten vor.“ Das ist keine Überraschung, nach reihenweisen Zerwürfnissen in den wichtigsten Fragen der deutschen Politik sogar absehbar. Für die Verhandlungspartner kommt das aber ganz plötzlich.

So wird der FDP nun von Grünen und Union vorgehalten, sich der Koalition verantwortungslos entzogen zu haben – wo man doch gerade auf dem Weg der Einigung gewesen sei (Anton Hofreiter, Grüne). „Unverantwortlich, unseriös, berechnend“, nannte Simone Peter (Grüne) den Rückzug der Liberalen – die Grünen seien stattdessen „aufrecht“ aus den Verhandlungen gegangen. Jürgen Trittin (Grüne) meinte, es habe ein Gesamtpaket gegeben aus Klimaschutz, Arbeitsrecht, Mütterente und so weiter, auf das sich die Grünen bestimmt hätten einigen können.

Nicola Beer (FDP) verlautbarte hingegen, die Verhandlungspartner seien in den Bereichen Digitalisierung, flexible Arbeitszeiten und Bildung rückschrittlich. Und Volker Wissing von der FDP beklagte zwar, dass „nahezu alle zentralen großen Punkte offen“ seien. Nach Wochen monumentaler Differenzen in verschiedenen Kernthemen teile ich diesen Eindruck; von gemeinsamer Verständigung habe ich in den letzten Wochen jedenfalls nichts gelesen.

Aber Horst Seehofer weiß es natürlich besser: die Einigung sei „zum Greifen nahe“ gewesen, meint er nach dem Stopp der Verhandlungen. „Ein Bündnis hätte zustandekommen können“, pflichtet auch Grüne-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bei; die Koalitionspartner hätten nur noch in wenigen Punkten auseinandergelegen. Aha, an denen lag es also, dass man sich nicht hatte einig werden können; sicher handelt es sich bei diesen wenigen Punkten, die die Jamaika-Verhandlungen seit deren Beginn in die Länge ziehen, um vernachlässigbare Randthemen. Eine Rest-Beratungszeit von zwei Wochen zum Erfolg bescheinigt CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn Union und FDP; also alles halb so wild!

Hier werden gerade alle Streitpunkte, die Themen also, die die Bundesrepublik im Wesentlichen tragen – Klimaschutz, Einwanderung, Steuerpolitik, Arbeitsrecht, Rentenpolitik, Gesundheitswesen und und und – von Union und Grünen als überwindbare Kleinigkeiten dargestellt.

Dies soll bei weitem kein Plädoyer für die FDP sein – wer wissen möchte, welche unmenschlichen Zustände beispielsweise hinter Beers Forderung nach „flexible[n] Arbeitszeiten“ stecken, kann das hier (1) nachlesen. Nein, es geht nicht darum, welcher Partei mehr Glauben zu schenken ist als der anderen. Es geht darum, welcher Partei überhaupt Vertrauen zu schenken ist und um die Frage, ob dieser Zirkus, der sich nach dem Ende der zähen Kaugummi-Verhandlungen nun abspielt, als würdiger Repräsentant des Volkes gewertet werden kann.

Nach dem Aus von Jamaika deuten alle Zeichen auf Neuwahlen. Die Skepsis daran, ob diese allerdings etwas an der Müßigkeit der deutschen Regierungsbildung ändern werden, ist bereits jetzt enorm. Umso aufdringlicher stellt sich die Frage, ob wir, das Volk, in nur einem weiteren Kreuzchen alle vier Jahre unser Recht auf Mitbestimmung hinreichend gewahrt sehen – oder ob es nicht vielmehr an der Zeit ist, selbst aktiv zu werden.


Quellen und Anmerkungen:

Siehe auch:
(1) http://www.nachdenkseiten.de/?p=40570
(2) https://www.youtube.com/watch?v=qC41HBGTqqU


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