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Die Missachtung des freien Willens

Die Missachtung des freien Willens

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist ein Angriff auf die körperliche Selbstbestimmung.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat wieder zugeschlagen: Dieses Mal erwischte es (erneut) den freien Willen des Souveräns, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und die Menschenwürde. Dabei bekundet das Gericht vorbildlich in ständiger Rechtsprechung, dass der Mensch nach eigenen Maßstäben über sich verfügen kann und nicht in Lebensformen gedrängt werden soll, die in unauflösbarem Widerspruch zum eigenen Selbstbild und Selbstverständnis stehen. Der soziale Wert- und Achtungsanspruch verbiete es, den Menschen zum „bloßen Objekt“ staatlichen Handelns zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt. Die unverlierbare Würde des Menschen als Person besteht gerade darin, dass er stets als selbstverantwortliche Persönlichkeit anerkannt bleibt (1).

Die Würde und das Persönlichkeitsrecht der Beschwerdeführer gegen die einrichtungsbezogene Impf — und Nachweisverpflichtung scheint das Gericht hingegen wenig interessiert zu haben. Die Richter verzichteten selbsterhöhend schlicht und einfach auf eine Anhörung in der mündlichen Verhandlung. Hierin keine Rechtsbeugung zu erkennen, fällt schwer, denn der Verzicht auf eine mündliche Verhandlung ist nur zulässig, wenn von ihr keine weitere Förderung des Verfahrens zu erwarten ist (2). Die den Vortrag des Gesetzgebers zu wiederlegend geeigneten Tatsachenvorträge — wie etwa der Schutzwirkung der Impfung oder prophylaktischen Gentherapie?, dem Impfversagen und schweren Nebenwirkungen — seien demnach für die Richter „nicht förderlich“.

Auf einen Fremdschutz dürfte es hingegen entscheidungserheblich nicht ankommen, denn diese Bewertung würde voraussetzen, dass der von einer Impfverpflichtung Betroffene — als gesunder Mensch — einer Gefahr gleichgestellt oder als geeignet angesehen wird, eine entsprechende Gefahrensituation aufgrund seiner bloßen „ungeimpften“ Existenz zu begründen. Ein gesunder Mensch würde mithin in seiner Gleichheit zu anderen Menschen in Frage gestellt werden, was gegen die Unschuldsvermutung verstößt, die ebenso im Rechtsstaatsprinzip verankert ist. Das Menschenwürdegebot verbietet es, dass ein Mensch durch den Staat oder durch seine Mitbürger als bloßes Objekt, das unter vollständiger Verfügung eines anderen Menschen steht, als Nummer eines Kollektivs herabgewürdigt wird (3).

Unberücksichtigt gelassen hat das BVerfG weiter, dass es sich bei der Ansteckungswahrscheinlichkeit mit einem influenzaartigen Virus um eine bloße abstrakte Gefahr handelt, die sich im allgemeinen Lebensrisiko bewegt, was auch das BVerfG zu Beginn der Krise feststellte. Selbst für den Fall, dass sich für die vulnerable Personengruppe eine konkrete Gefahr entwickeln würde, bestehen ausreichend Mittel zum Selbstschutz.

Auch die vom BVerfG vorgenommene Abwägung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und Leben:

„Der sehr geringen Wahrscheinlichkeit von gravierenden Folgen einer Impfung steht die deutlich höhere Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung von Leib und Leben vulnerabler Menschen gegenüber“

irritiert. Denn der Gesetzgeber ist gleichsam verpflichtet — neben den vulnerablen Menschen — auch vor schweren Nebenwirkungen oder eines Todeseintritts aufgrund einer erfolgten Impfung zu schützen. Eine Abwägung verbietet sich, denn jedes Leben ist als solches gleich wertvoll und somit schützenswert.

So bleibt insbesondere größter Kritikpunkt der Entscheidungen weiterhin: Seit Beginn der staatlich ausgerufenen Pandemie unterlässt es das Bundesverfassungsgericht, den Sachverhalt ordnungsgemäß zu ermitteln. Ohne diese Ermittlung ist eine zutreffende rechtliche Bewertung nicht möglich.

Ungehörte Stimme der identifizierten Schwachen

Aber auch eine wesentlich andere Stimme blieb vom Gericht völlig ungehört: Die der Mitglieder der vulnerablen Zwangsgemeinschaft. Denn wer vulnerabel — sprich verwundbar — ist, hat allein der Gesetzgeber entschieden. So durften sich unverhofft auch Betroffene bei Psychotherapeuten, Hebammen und Zahnärzten über diese aufgedrängte staatliche Fürsorge „gefreut“ haben.

Begeisterung bekundeten auch rüstige, gesunde Rentner, die sich nun entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung hoheitlich vorschreiben lassen müssen, sich in einem desolaten, schützenswerten Zustand zu befinden. Gerade aber der Umstand, dass sich in dem Gesetz auch Berufsgruppen befinden, die nicht vorwiegend vulnerable Menschen behandeln, lässt Zweifel an der Gesetzesintension aufkeimen und begründet unmittelbar eine Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (4).

Andere Mitglieder der vulnerablen Zwangsgemeinschaft bekunden wiederum Protest an dem Umstand, dass sich ein anderer, gesunder Mensch gegen seinen Willen einer bedenklichen, gegebenenfalls tödlich verlaufenden medizinischen Behandlung unterziehen muss, um seinen erlernten Beruf weiter ausüben zu können, und lehnen diese staatlich aufgedrängte Fürsorge in dieser Art und Weise ebenfalls ausdrücklich ab. Diese Stimmen sind keine kleine Minderheit, sondern vielleicht sogar die Mehrheitsmeinung.

Vielleicht soll sich dieses Über-die Köpfe der rechtsschutzsuchenden Bürger hinwegsetzende Entscheidungsverhalten aber auch als verfahrensrechtliches Gewohnheitsrecht etablieren. Jedenfalls in politisch entscheidenden Fragen passiert die Missachtung der Anhörung abweichender Meinungen wiederholt: Der umstrittene Klimabeschluss, bei dem wohl die Berichterstatterin in wesentlichen Entscheidungspunkten von ihrem Ehemann, einem Grünen-Politiker, abgeschrieben hatte, mangelte ebenfalls an einer mündlichen Verhandlung.

Der aufgezwungene Wille

Dieses Muster, dass sich eine Mindermeinung zur Mehrheitsmeinung aufschwingt und diese im Anschluss der Bevölkerung — ohne vorherigen demokratischen Diskurs und Legitimation — durch gerichtliche Entscheidung aufgezwungen wird, ist bereits aus vorherigen Entscheidungen des BVerfG bekannt.

Den Vogel an Missachtung des freien Willen des Souveräns dürften die Richter des 1. Senats mit den sogenannten „Notbremse-Entscheidungen“ abgeschossen haben. Diese ermöglichen nunmehr intensive Grundrechtseingriffe auf Grundlage von bloßen prognostischen Entscheidungen. Diese werden nicht an dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichtet und an der Tauglichkeit gemessen, sondern lediglich danach beurteilt, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, dass die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet, ob seine Prognose also sachgerecht und vertretbar war. Dass es nicht dem Willen des Souveräns entsprochen haben dürfte und entspricht, mit untauglichen und menschlichen, sozialen und wirtschaftlich schädigenden, völlig unverhältnismäßigen Maßnahmen überzogen zu werden, ist evident.

Ob absichtlich oder nicht — die Notbremse-Entscheidungen ermöglichen es nunmehr auf Grundlage bloßer Prognosen genau diese weitreichenden Grundrechtseinschränkungen vorzunehmen. Rückenwind könnten zusätzlich die richterlichen Feststellung zur einrichtungsbezogenen Impfverpflichtung geben, die es dem Staat auch in künftigen Krisen ermöglicht, via Einschätzungsspielraum jede Maßnahme, deren Eignung nicht zweifelsfrei widerlegt ist, zu ergreifen.

Die politisch Verantwortlichen könnten nun bei den Klimaherausforderungen auf genau diese Regelungswirkungen und Ermächtigungen zurückgreifen, denn die politisch vertretene CO2-Theorie — wesentlich gestützt auf die Feststellungen des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) — beruhen im Wesentlichen auf Computermodellen, Prognosen und Berechnungen. Vielleicht macht es daher Sinn darüber nachzudenken, aus der „Klimakirche“ auszutreten und einen aufrichtigen Glauben anzustreben.

Denn diese Bewertungen und Machtausweitung des Staates drehen das Grundgesetz quasi in seiner Schutzausrichtung auf links: Grundrechte, die Gerichte als unmittelbar geltendes Recht binden, sind primär Abwehrrechte des Einzelnen und nicht eines staatlich identifizierten Kollektivs aufgrund einer bloßen behaupteten abstrakten Gefahr, die sich hier zudem unter das allgemeine Lebensrisiko subsumieren lässt.

Die Schutzfunktion des Einzelnen ergibt sich unmittelbar aus dem Menschenwürdegebot des Artikel 1 Grundgesetz, das sich bereichsspezifisch in den jeweiligen Grundrechten ausformt und insbesondere beim Recht auf freie Berufswahl - und/oder ausübung verletzt sein dürfte, wenn dem Betroffenen eine bedenkliche, gegebenenfalls tödlich verlaufende medizinische Behandlung gegen seinen freien Willen abverlangt wird.

Gleichgelagerte, den Kern des Grundrechts tangierende Maßnahmen sollen aber nunmehr nach Willen des BVerfGs zukünftig möglich sein. Der rechtsunterworfene Bürger muss diese Einschränkungen seiner Rechte mit sämtlichen schädigenden Auswirkungen mithin dulden und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts — zumindest, wenn in Gesetzesqualität gehandelt wird - abwarten. Und das kann — erfahrungsgemäß — sehr lange dauern.

Das Dritte Geschlecht als weiterer Paradigmenwechsel

In der Rechtsprechung zurückblickend lässt sich dieses Aufdrängen einer demokratisch nicht legitimierten Argumentation auch an anderer Stelle finden. Beispielsweise in dem sehr umstrittenen Beschluss zum Dritten Geschlecht ist ebenfalls die Durchsetzung einer ideologischen Mindermeinung erfolgt.

Durch den Richtspruch wurde neben der Annahme einer eher ideologisch hergeleiteten unbelegten und unbelegbaren „Geschlechtsidentität“ auch ein vermeintliches „Drittes Geschlecht“ durch einen positiven „dritten Geschlechtseintrag“ in der deutschen Rechtsprechung verankert. Dabei hat sich seit Anbeginn der Menschheit nichts an der Zweigeschlechtlichkeit der Menschen geändert — das menschliche Geschlecht ist binär und unveränderlich und bestimmt sich nach biologischen Kennzeichen.

Ungeachtet dessen müssen und sollen Menschen, die sich in einer Geschlechterorientierung befinden oder sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen selbstredend vom Minderheitenschutz umfasst sein. Nur dieser Schutz besteht bereits nach Artikel 3 Absatz 3, 1. Alt. Grundgesetz, jedenfalls dürfte der Sachverhalt hierunter leicht zu subsumieren sein. Federführend beteiligt auch eine ehemalige Professorin eines Lehrstuhls, Öffentliches Recht und Geschlechterstudien die in ihrem Wirken für die Gender-Forschung interdisziplinär ein eigenes Gender- Kompetenz-Zentrums schuf.

Ideologie versus Demut

Die Infragestellung des biologischen Geschlechts ist nicht trivial, sondern Gesellschafts, da Werte verändernd. Der gläubige Christ würde hierin vielleicht sogar eine Gotteslästerung erkennen, denn es dürfte diesem Glauben folgend dem Menschen nicht zustehen, über Naturgesetze zu bestimmen und diese durch eine juristische Fiktion zu ersetzen. Sich diesen Paradigmenwechsel zu verdeutlichen ist essenziell, denn die Leitmotive des Grundgesetzes haben ihren Ursprung in den christlichen Werten. Unsere Grundlage friedlichen Zusammenlebens wurde im Bewusstsein der Verantwortung eines jeden Einzelnen vor Gott und den Menschen geschaffen (5).

Der Gottesbezug des Grundgesetzes wird hierbei als Ausdruck der Demut interpretiert. Die Präambel und das Grundgesetz selbst wurden von dem Parlamentarischen Rat in den Jahren 1948/49 unter dem Eindruck der Herrschaft der Nationalsozialisten ausgearbeitet. Dem Parlamentarischen Rat erschien es erforderlich, die Abkehr von totalitären Staatsformen, die die staatliche Macht als „absolut“ betrachten und als Selbstzweck begreifen, hervorzuheben. Dies wird durch eine Bezugnahme auf etwas, das über dem Staat und den Menschen steht, erreicht.

Der Begriff „Gott“ wird gesellschaftspolitisch als Stellvertreter oder als Beispiel verstanden. Zugleich soll der Gottesbezug betonen, dass die staatliche Ordnung von Menschen gemacht und daher nicht perfekt, sondern für Fehler anfällig ist. Insgesamt soll die Begrenztheit menschlichen Tuns verdeutlicht werden. Es herrscht Einigkeit, dass aus dem Gottesbezug darüber hinaus keine Entscheidung für einen christlichen Staat und kein Staatsziel der Durchsetzung christlicher Lehren folgt. Wird dieses offene Verständnis des Gottesbezugs zugrunde gelegt, besteht daher kein Widerspruch zu der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates und der Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz (6).

Diese Demut und Anerkennung der eigenen Fehlerhaftigkeit — ohne Abwertung des Menschen als solches — sucht man beim Geisteszustand des BVerfG zumindest bei einem Teil der Richterschaft derzeit vergebens. Ein gemeinsames Abendessen mit Regierungsmitgliedern vor wichtigsten politischen Entscheidungen etwa sei als Begründung einer Befangenheit für die Richter in roter Robe „gänzlich ungeeignet“. Bundesverfassungsrichter sind mithin offenkundig unfehlbar. Ungünstig für die eigene Glaubwürdigkeit nur, dass man sich selbst durch eine Verhaltensnorm persönlich verpflichtet hat,

„Geschenke und Zuwendungen jeglicher Art nur in sozialen Zusammenhängen und in einem Umfang entgegen zu nehmen, die keine Zweifel an ihrer persönlichen Integrität und Unabhängigkeit entstehen lassen können“. (7)

In allgemeinem Verständnis fallen Einladungen zu Abendessen unter Zuwendungen, sodass nicht ersichtlich ist, warum dies nicht für Richter des Bundesverfassungsgericht gelten sollte, nehmen sie mithin eine Vorbildfunktion ein.

Selbstverständlich sind Richter, die sich von Regierungsmitgliedern in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu politisch bedeutenden Entscheidungen zum Essen einladen lassen, als befangen zu bewerten, was allein das negative Medienecho indiziert. Rechtlich liegt eine Befangenheit bereits bei einem „bösen Schein“, das heißt der mögliche Eindruck mangelnder Objektivität, vor. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich.

Das Argument, dass das Gebot der Verfassungsorgantreue die obersten Verfassungsorgane bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu gegenseitiger Achtung, Rücksichtnahme und Kooperation verpflichte und diese Treffen üblich seien und auch weiterhin aufrecht erhalten bleiben, kann wenig überzeugen. Denn es erschließt sich nicht, welche Aufgaben mit einem gemeinsamen Abendessen und Impulsvorträgen erfüllt werden sollen. Fraglich dürfte vielmehr sein, ob Richter, die offenkundig für das schützenswerte Vertrauensverhältnis zum Bürger keinerlei Sensibilität aufweisen, wirklich die richtige Besetzung sind.

Du sollst nicht töten

Eine Loslösung und Negierung der christlichen Werte ist auch in der Sterbehilfe-Entscheidung angelegt. Nach Rechtsauffassung des Gerichts umfasst demnach

„(…). Das Recht auf selbstbestimmtes Sterben die Entscheidung des Einzelnen, sein Leben eigenhändig zu beenden. Das Recht, sich selbst das Leben zu nehmen, stellt sicher, dass der Einzelne über sich entsprechend dem eigenen Selbstbild autonom bestimmen und damit seine Persönlichkeit wahren kann. Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen. Der vom Grundgesetz geforderte Respekt vor der autonomen Selbstbestimmung des Einzelnen setzt hierbei eine frei gebildete und autonome Entscheidung voraus.“

Gleichzeitig stellt das Gericht in seiner Entscheidung zum freien Willen aber auch fest, dass „nach weltweit durchgeführten empirischen Untersuchungen in rund 90 % der tödlichen Suizidhandlungen psychische Störungen, insbesondere in Form einer Depression, vorliegen - mithin erhebliche Gefahr für eine freie Suizidentscheidung besteht“.

Aber sollte diese Feststellung nicht gerade verdeutlichen, dass der Entschluss des Suizids dem Menschen ureigens wesensfremd zu sein scheint, wenn er nur in einem Zustand einer psychischen Belastung getroffen wird? Ist es dann nicht gerade primäre Aufgabe einer verantwortungsvollen Gesellschaft, diesem Menschen zu helfen, die Liebe für das Leben wiederzuentdecken? Soweit ein Mensch entscheidet, nicht mehr leben zu wollen, ist es dann nicht wiederum seine alleinige Verantwortung? Denn wieviel ist von unseren Werten noch übrig, wenn wir zukünftig in unsere Gesellschaft die geschäftsmäßige Förderung der Tötung von Menschen implementieren?

Denn die Kehrseite der Entscheidung dürfte nicht nur dem Empfinden des Christen zutiefst widersprechen, denn es ist ein klarer Verstoß gegen ein grundlegendes Gebot: Du sollst nicht töten. Mit diesem Gebot ist die Aufforderung verbunden, dass wir den Nächsten lieben sollen wie uns selbst, ihm helfen und ihm nichts Böses antun. Wir sollen das eigene und das Leben des Mitmenschen schützen. Es nicht unnötig in Gefahr bringen, nicht schädigen oder gar vernichten. Gott — oder gleichsam die Liebe — möchte, dass wir das Leben als sein Geschenk annehmen. Das fünfte Gebot fordert auf, das Gute zu tun und uns für das Leben einzusetzen. Es ist Ausdruck der Achtung, Demut und Wertschätzung des (menschlichen) Seins.

Dem stellt sich das BVerfG jedoch entgegen:

„Die Freiheit, sich das Leben zu nehmen, umfasst auch die Freiheit, hierfür bei Dritten Hilfe zu suchen und Hilfe, soweit sie angeboten wird, in Anspruch zu nehmen. Das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung ist am Maßstab strikter Verhältnismäßigkeit zu messen.“

Wie gewissenhaft es der Staat mit der Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nimmt, haben wir gesehen. Und entspricht diese Bewertung der Förderung der Selbsttötung eines anderen Menschen tatsächlich dem mutmaßlichen Willen des Souveräns?

Neuausrichtung

Unter Berücksichtigung der Rechtssprechungsgeschichte des BVerfG keimt in nicht wenigen der Wunsch nach einer Neuausrichtung auf. Zukunftsorientiert sollte das Bundesverfassungsgericht nicht weiter für die Durchsetzung von politischen Machtinteressen missbraucht oder benutzt werden.

Es ist auch kein Ort der Selbstverwirklichung und Denkmalsetzung der eigenen Überzeugungen und Ideologien einzelner Richter. Es sollte vielmehr als Beschützer und Hüter der Rechte des Souveräns erstarken — insbesondere bei der Stärkung der Rechtsschutzmöglichkeiten. Die Annahmequote des Gerichts für Bürgerbeschwerden gibt nicht nur ein klägliches Bild ab, sondern beinhaltet auch gleichzeitig ein erhebliches Verbesserungspotenzial, auch und hoffentlich in Richtung Rückbesinnung, dass Gott uns als Verständnis von Demut und Liebe als historische Aufgabe auferlegt wurde.


Quellen und Anmerkungen:

(1) 1 BvR 2649/21 und weitere Verweise
(2) 94 Abs. 5 S 2 BVerfGG
(3) Günter Dürig, in Theodor Maunz/Ders.: Grundgesetz, 1958, Art. 1 Abs. 1 Rn. 28, 34.
(4) Insoweit dürfte das Gesetz auch gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstoßen. Der Impf- und Genesungsstatus sind besonders geschützte Informationen und vom Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung umfasst, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG. Beschränkungen des Rechts auf „informationelle Selbstbestimmung bedürfen „einer (verfassungsmäßigen) gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und
für den Bürger erkennbar ergeben und die damit dem rechts-staatlichen
Gebot der Normenklarheit entspricht“ (BVerfGE 65, 1 (44). Hieran mangelt es bereits, da sich aus der Norm nicht die Voraussetzung und der sachliche Grund ergibt, warum mit der Nachweisverpflichtung zwischen Nichtgeimpften, Nichtgenesenen, Genesenen und geimpften Menschen unterschieden wird. Dies dürfte auch gegen die Menschenwürde verstoßen, denn mit dieser Bewertung wird die Gleichheit eines gesunden Menschen im Vergleich zu einem genesenen oder geimpften Menschen prinzipiell in Zweifel gezogen, BVerfGE 144,20.
(5) Präambel des Grundgesetz
(6) Zum Sachstand https://www.bundestag.de/resource/blob/425096/ecc17a8eebd0b36bc9313d057f532136/wd-3-067-16-pdf-data.pdf
(7) Verhaltenslinie Nummer 7, https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Richter/Verhaltensleitlinie/Verhaltensleitlinien_node.html


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