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Die Tragik von Team Mensch

Die Tragik von Team Mensch

Ein Gespräch zwischen Elisa Gratias und Sven Böttcher offenbart die Widersprüche beim Versuch, eine Alternative zur destruktiven Politik der Herrschenden zu schaffen. Teil 2/3.

Aus dem Bauchgefühl wurde in gewisser Weise eine Bauchlandung. Auch in meinem Selbstgespräch war der Spannungsbogen zu groß. Schließlich verbergen sich hinter der Chiffre „Team Mensch“ die uralten Menschheitsfragen: Was ist ein Mensch und wie sieht ein richtiges menschliches Leben aus? Denn wie schon Adorno sagte, gibt es kein richtiges Leben im falschen. Aus dem versuchten Brückenbau wurde ein Trümmerhaufen, aber vielleicht lassen sich diese Trümmer für den Bau der weiterhin angestrebten neuen Welt recyceln. Vorher müssen wir ein wenig Ordnung schaffen und für den Neubau geeignete Bruchstücke identifizieren.

Ein kurzer Blick in die Vergangenheit

Vor dem Zeitalter von Google und Alexa suchten viele häufiger Rat bei chinesischen Weisheiten. Die folgende soll etwa 2.500 Jahre alt sein und von Konfuzius stammen:

„Die Alten, wenn sie in der Welt einen Zustand reiner harmonischer Gesittung herzustellen wünschten, gingen zuerst daran, daß sie ihr völkisches Leben in Ordnung brachten. Wollten sie ihr völkisches Leben ordnen, so fingen sie damit an, daß sie ihr häusliches Leben regelten. Wollten sie ihr häusliches Leben regeln, so begannen sie mit der Pflege ihres persönlichen Lebens. Wer sein persönliches Leben pflegen wollte, der fing damit an, daß er sein Herz festigte. Wer sein Herz festigen wollte, der schuf sich zuerst einen aufrichtigen Willen. Wer sich einen aufrichtigen Willen schaffen wollte, der gelangte zuvörderst zum Verständnis“ (Lin Yutang; Weisheit des lächelnden Lebens).

Diese wenigen Zeilen könnte man problemlos für ein Leitbild von Team Mensch übernehmen. Außerdem finde ich da die Positionen von Elisa Gratias und Sven Böttcher aus ihrem Gespräch wieder. Wie Sven sagt, ist Elisa ein großartiger Mensch, der eher auf ein Lächeln reagiert, während Sven mehr auf der Suche nach dem Verständnis ist. Beide treffen sich beim aufrichtigen Willen.

Weiterhin ist auch bei den alten Chinesen von der Pflege des persönlichen Lebens die Rede. Bereits damals gab es vermutlich die uns gut bekannten persönlichen Dramen und Traumata. Wie die Behandlung vor Sigmund Freud, Alfred Adler und Carl Gustav Jung aussah, kann ich nicht sagen, aber wenn ich mich nicht täusche, dann gab es zumindest bei Jung eine starke Beziehung zu den Erkenntnissen des I Ging, dem chinesischen Buch der Wandlung.

Der Drang nach dem Verständnis findet sich auch bei den alten Griechen. So steht auf dem Tempel von Delphi die Aufforderung „erkenne dich selbst“ die auf griechisch — gnothie sauton — noch mehr Wucht entfaltet.

Der Selbsterkenntnis sollte dann noch die Selbstwerdung folgen, denn was nützt die schönste Erkenntnis, wenn daraus keine Taten folgen. Hier können wir gleich bei Carl Gustav Jung bleiben, der mit seinem Konzept der Individuation den Prozess der Selbstwerdung beschreibt. Auch Friedrich Nietzsche fordert, der zu werden, der man ist. Wir alle wissen, wie schwer es ist, diesen Forderungen gerecht zu werden. Umso mehr gilt das natürlich für das Team Mensch, womit wir wieder beim Ausgangspunkt angelangt sind:

Wer ist Team Mensch? Erkenne dich selbst und werde, der du bist!

Ein guter Titel oder ein guter Markennahme wirken in dem Maß, in dem sie Erwartungen erzeugen. Die „Marke“ Team Mensch ruft die Erwartung hervor, hier kommen die Guten, die werden es schon richten. Der Sieg gegen Team Bill erscheint unausweichlich, auch wenn der Teaser zu Teil 1 dieser Serie Team Mensch die Position des David im Kampf gegen den Goliath zuweist. Aber wir wissen ja, wie dieser Kampf ausgegangen ist.

Leider spricht die persönliche Erfahrung eine andere Sprache. Team Mensch erinnert zu oft an den Scheinriesen Tur Tur in der Geschichte „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ von Michael Ende. Je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er.

Um uns der Frage nach Team Mensch anzunähern, nehmen wir wieder Zuflucht bei einem berühmten Zitat. Saint-Exupéry fragte, was muss ich tun, wenn ich ein Schiff bauen will?

„Die Zukunft ist nicht vorherbestimmt. Was muss einer sein? Das erst ist die wesentliche Frage; denn der Geist allein befruchtet den Verstand. Er ist vom künftigen Werk trächtig. Der Verstand wird ihn zum Ziel führen. Was muss der Mensch tun, um das erste Schiff zu erschaffen? Die Formel ist zu verwickelt. Im Grunde wird dieses Schiff aus tausend widersprechenden Tastversuchen erstehen. Aber dieser Mensch, was muss er sein? Hier halte ich die Schöpfung an ihrer Wurzel. Er muss Kaufmann oder Soldat sein; denn dann wird er erfüllt von der Sehnsucht nach fernen Ländern, Techniker herbeirufen, Arbeiter einsetzen und eines Tages sein Schiff vom Stapel lassen!“

Nehmen wir an, dieses Schiff ist die Arche Noah — oder vielleicht besser die Arche Nova – die wir an der Mündung des Rubikon zu Wasser lassen wollen. Wie soll das ideale Team Mensch aussehen, das wir hier an Bord nehmen wollen?

Was muss einer sein, der zum Team Mensch gehört? Wie sieht das künftige Werk aus, von dem er trächtig ist? Warum sind gerade Kaufmänner und Soldaten erfüllt von der Sehnsucht nach fernen Ländern? Welches Schiff ist geeignet für die weite und gefahrvolle Reise? In welchem fernen Land finden wir das Leben, das wir uns für uns und für anderes Leben wünschen. Denn wie Albert Schweizer sagte, sind wir Leben inmitten von Leben, das leben will.

Schon wieder haben wir mehr Fragen als Antworten. Bleiben wir also noch etwas bei Antoine de Saint-Exupéry, der auf seinen Einsatzflügen über einem brennenden Frankreich eine Antwort gefunden hat, die er 1942 in seinem Buch „Flug nach Arras“ beschreibt:

„Das Schießen von Arras hat mir den Star gestochen, und ich bin sehend geworden. All die meinen sind auch sehend geworden. Wenn ich also morgen früh starte, weiß ich, warum ich noch kämpfe. Ich will aber in Erinnerung behalten, was ich gesehen habe. Ich brauche ein einfaches Credo, um mich zu erinnern. Ich kämpfe von nun an für den Vorrang des Menschen vor dem Individuum — wie des Allgemeinen vor dem Besonderen. Ich glaube, dass der Kult des Universellen die Fülle des Einzelnen steigert und zusammenschließt – und die einzig wahrhafte, lebendige Ordnung aufbaut.”

Der Vorrang des Menschen vor dem Individuum scheint für das Konzept von Team Mensch zu sprechen, das mit dem Schlagwort The Great Weset auf die Gemeinschaft setzt. Aber derartige Erkenntnisse gewinnt man nicht durch die Lektüre von Manova-Texten oder von chinesischen Weisheiten.

Sie erwachsen aus dem, was Karl Jaspers eine Grenzsituation nennt. Spätestens seit Anfang 2020 durchleben wir so eine Grenzsituation. Team Bill scheint die Axt an all das zu legen, was wir für grundlegende und nicht zu hintergehende menschliche Werte gehalten haben. Die Menschenwürde aus unserem Grundgesetz, die Werte der französischen Revolution Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit sowie die uralte goldene Regel scheinen außer Kraft gesetzt zu sein. Die Dystopien von Aldous Huxley, George Orwell und Franz Kafka drohen wahr zu werden.

Bleibt uns nichts anderes übrig, als dem Rat von Jean Gebser zu folgen, den er bereits 1949 in seinem Hauptwerk Ursprung und Gegenwart gegeben hat?

„Eine Überwindung des jetzigen Zustandes der Welt, die wahrscheinlich ihren rationalistischen und technokratischen Höhepunkt bald erreichen wird, kann weder durch die Ratio noch durch die Technokratie, aber ebenso wenig durch Predigen und Mahnen zu Ethos und Moral oder durch ein irgendwie geartetes Zurück geschehen. Wir können nur eins tun: In der Betrachtung aller Äußerungen unserer Zeit so weit und so tief vorzustoßen, daß uns die dämonischen und zerstörenden Aspekte nicht mehr bannen, so daß wir nicht nur sie sehen, sondern hinter und unter ihnen die unermeßlich starken Keimlinge des Neuen wahrnehmen, für das die einstürzende Welt den Humus liefert.“

Die Lage ist ernst, können wir da die Hoffnung auf Team Mensch setzen, das in letzter Sekunde zu unserer Rettung kommt? Jean Gebser spricht vom Keim des Neuen, aber auch Saint-Exupéry setzt auf die Kraft des Keimes und ist nicht Manova so etwas wie der Keim des Neuen?

„Von der Sonne betreut findet der Keim immer seinen Weg durch das Geröll des Bodens. Wenn keine Sonne ihn zu sich zieht, ertrinkt der reine Logiker immer in der verwirrenden Fülle der Probleme. Ich werde die Lehre im Sinn behalten, die mir mein Feind selbst gegeben hat. Welche Richtung muss die Panzerkolonne nehmen, um den Gegner im Rücken abzuschnüren? Man weiß keine Antwort darauf. Was muss die Panzerkolonne sein? Sie muss der Wucht der Meeresbrandung gegen den Damm gleichen. (...)

Aber ich pfeife auf die Logiker. Ich will das mein Volk besteht — geistig und leiblich —, wenn der neue Tag anbricht. Um zum Wohle meines Landes zu handeln, muss ich jeden Augenblick meine ganze Liebe in diese Richtung werfen. Es gibt keinen Durchgang, den das Meer nicht fände, wenn es drückt. Ich kann an der Rettung nicht mehr zweifeln“ (Saint-Exupéry, Flug nach Arras).

Team Mensch wird wohl nicht auf Panzer setzen, eher schon auf die Kraft des Meeres oder auf die kritische Masse der ganz normalen einfachen Menschen.

„Wenn in Frankreich alles verloren scheint, wird Frankreich durch ein Wunder gerettet. Ich habe begriffen weshalb. Es ist manchmal vorgekommen, daß ein Unglück die schöne Verwaltungsmaschine außer Gebrauch gesetzt hat, und da sie sich nicht mehr instand setzen ließ, hat man sie in Ermangelung von etwas Besserem durch einfache Menschen ersetzt“ (Saint-Exupéry, Flug nach Arras).

Wer ist dieser einfache Mensch?

Schon wieder Fragen über Fragen. Wäre es nicht jetzt an der Zeit, den Spieß umzudrehen, und den neuen Menschen, mit dem wir Team Mensch besetzen wollen, auf dem Reißbrett zu entwerfen. Bertold Brecht hat dazu eine hintergründige Antwort:

„Was tun Sie, wurde Herr K. gefragt, wenn Sie einen Menschen lieben?
Ich mache einen Entwurf von ihm, sagte Herr K., und sorge, daß er ihm ähnlich wird.
Wer? Der Entwurf? Nein, sagte Herr K., der Mensch.“

Das Manova-Team vergleicht Team Mensch mit der Lage des David, der gegen den Goliath aus Team Bill kämpft. Michelangelo hatte eine genaue Vorstellung von David, brauchte allerdings vier Jahre um die Statue aus dem Marmorblock freizulegen. Nach seinen Angaben war das ein Kinderspiel:

„Der David war immer schon da gewesen. Ich musste lediglich den überflüssigen Marmor um ihn herum entfernen.“

An dieser Stelle geht es uns ähnlich wie mit dem Scheinriesen bei Jim Knopf. Aus der Ferne — oder wenn keiner fragt — wissen wir ganz genau, wie der ideale Mensch auszusehen hat. Aber je mehr wir uns mit dieser Frage beschäftigen, je näher wir dem Riesen kommen, desto kleiner und unschärfer wird das Bild. Und dann geht es uns wie beim Kampf mit dem Autofokus unseres Fotoapparates, der das gewünschte Motiv nicht fokussieren kann. Und solange das nicht gelingt, weigert sich die Automatik, das Foto zu erstellen. Auf diese Weise entstehen dann die Erzählungen vom Ungeheuer von Lochness, vom Yeti oder eben vom Team Mensch, das jemand gesehen haben will. Leider hat der Fotoapparat in diesem Moment versagt und die Vorstellung von Team Mensch bleibt so unscharf wie eine 2.500 Jahre alte chinesische Weisheit.

Irgendwie kommen wir immer wieder auf diese Zeitspanne von etwa 2.500 Jahren zurück, in der sich Team Mensch vergeblich bemüht hat, die Welt zu schaffen, in der wir friedlich und harmonisch zusammenleben können. Dieser Rückblick führt uns in die Jasper’sche Achsenzeit, die er im Zeitraum von 800 bis 200 vor Christus ansiedelt. Dort gab es parallele Entwicklungen in den westlichen und östlichen Zivilisationen und dort wurden aus seiner Sicht die Grundlagen für unser gegenwärtiges Weltbild gelegt.

Auch Sri Aurobindo geht in seinem Buch „Das Ideal einer geeinten Menschheit“ weit in die Geschichte zurück, um aufbauend auf einer tiefgründigen Analyse das Fundament für die von Sven Böttcher gesuchte neue Gesellschaft zu legen.

Noch grundsätzlicher befasst sich der Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker mit den Fragen der conditio humana. Der Titel seines Werkes „Der Garten des Menschlichen“ könnte auch als Arbeitsbeschreibung für Team Mensch dienen: Schafft eine Permakultur des Lebens, gestaltet den neuen Garten Eden.

Der kurze Ausflug in die Menschheitsgeschichte sowie das Aufzählen berühmter Gelehrter offenbart ein doppeltes Dilemma. Zum einem wird einem bei jedem Gedanken das Ungenügen der eigenen Anstrengungen bewusst. Wie soll man etwas Vernünftiges zu einem Thema sagen, an dem sogar die ganz großen Geister der Menschheit gescheitert sind? Zum anderen stellt sich die Frage nach den Methoden, mit denen Team Mensch seine Herkulesaufgabe meistern kann.

Das erste Dilemma führt uns direkt zur Aufgabe der alternativen Medien, die Tom-Oliver Regenauer in einem aktuellen Manova Artikel als die fünfte Gewalt beschreibt. Diese Gewalt beruht auf der Nutzung der Sprache — und damit des Denkens – was wiederum das Schaffen entsprechender Debattenräume erfordert. Weiterhin lehrt uns das Beispiel mit dem Turmbau zu Babel, dass wir eine gemeinsame Sprache benötigen, mit deren Hilfe wir uns verständigen können. Die von oben her induzierte Sprachverwirrung führte zum Scheitern des ambitionierten Turmbau-Projektes. Möglicherweise haben mächtige Akteure der Gegenwart diese Strategie für ihre Pläne übernommen.

Das Problem mit der Sprachverwirrung kennen wir alle, und auch die überall angebotenen Kommunikationskonzepte helfen nicht unbedingt weiter. Vor meinem geistigen Auge sehe ich die Akteure von Team Mensch mit Auszeichnungen behängt wie ein amerikanischer General: Master in gewaltfreier Kommunikation nach Marshall Rosenberg, Abschluss bei Schulz von Thun, Gemeinschaftsbilder nach Scott Peck, Kenner des Bohm´schen Dialoges, et cetera. Aber allzu oft landen dann alle doch wieder bei einem Loriot´schen Dialog und damit bei der Tragik von Team Mensch.

Das Problem mit der Sprache hat auch Paul Pangaro erkannt. In einem auf der Innovationsplattform PICNIC gehaltenen Vortrag stellt er folgenden Regelkreis vor:

Konversation führt zu Übereinstimmung,
Übereinstimmung führt zu Aktion und Transaktion,
Aktion, die über längere Zeit wiederholt wird, führt zu Beziehung,
Beziehung, die über längere Zeit aufrechterhalten wird, führt zu Vertrauen,
Vertrauen sorgt für einen fruchtbaren Grund für Wandel,
Wandel ist der Drehpunkt für Innovation,
Innovation verlangt eine neue Sprache,
eine neue Sprache wird durch Konversation geschaffen.

Vielleicht stellt der Wechsel vom Rubikon zu Manova so etwas wie einen glücklichen Zufall dar. Nach dem Gang über den Rubikon wird es Zeit, eine neue Sprache zu schaffen.

Sprache ist kein Selbstzweck, irgendwann soll sie dann auch zu ganz realen Aktionen führen. Dies führt uns zu dem zweiten oben angesprochenen Dilemma: Welche Methoden sind der Herkulesaufgabe von Team Mensch angemessen, denn sagte nicht schon Albert Einstein:

„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.“

Wahnsinn kann einen in eine psychiatrische Klinik führen oder aber auch zu höchsten politischen Ämtern, wie man am Beispiel von Kaiser Caligula sieht. Auch heute stellt sich die Frage: Was ist normal und was ist nicht normal?

Deswegen fragte der Besucher einer psychiatrischen Klinik den Chefarzt: Wie unterscheiden Sie normale von nicht normalen Menschen?

„Wir haben da einen Test. Wir stellen unseren möglichen Patienten folgende Aufgabe. Leeren sie eine Badewanne voller Wasser. Sie haben dazu einen Teelöffel, eine Tasse und einen Eimer zur Verfügung. Was tun sie?“

Der Besucher meinte spontan: „Ich würde den Eimer nehmen.“

„Wollen Sie ein Einzel- oder ein Doppelzimmer“, fragte der Chefarzt. „Normale Menschen ziehen den Stöpsel!“

Den Stöpsel ziehen

Welchen Stöpsel muss Team Mensch ziehen, um den Morast einer korrumpierten Gesellschaft trocken zu legen und um Neuland für den notwendigen Neuaufbau zu schaffen?

In meinem letzten Beitrag hatte ich Methoden erwähnt, die mir im Rahmen von „Team Mensch Projekten“ begegneten, und die mir nicht ganz angemessen erschienen, um der Aufgabe der gesellschaftlichen Transformation gerecht zu werden. Manchen Methoden hatte ich mich verweigert, wie zum Beispiel dem Lachyoga oder der Schütteltechnik, vielleicht auch wegen der ungeklärten Frage, was passiert, wenn man sich vor Lachen schüttelt. Andere Methoden, wie die Theorie U von Otto Scharmer hatte ich intensiv studiert und praktisch erprobt. Erst dann erlaube ich mir, so etwas wie ein Urteil über eine Methode abzugeben.

Es kann immer sein, dass eine auf den ersten Blick lächerlich erscheinende Methode etwas Positives bewirkt und ich möchte mir hier nicht die Rolle eines Obergutachters anmaßen, die ich drei Jahre lang beruflich ausgeübt habe. Allerdings könnte ich mir im Rahmen der oben erwähnten Konversation so etwas wie eine Stiftung Warentest für Team Mensch Methoden – vielleicht die Stiftung Schütteltest – vorstellen.

Bekanntlich führt die Quadratur des Kreises nicht zum gewünschten Ergebnis. Aber ebenso wie in dem Witz mit dem psychiatrischen Auswahltest verwenden wir als Team Mensch immer wieder falsche beziehungsweise nicht hinreichende Methoden. Wir sind nicht up to the task, wie es so schön auf englisch heißt. Aber da dieser Zustand schon über 2.500 Jahre andauert, scheint es nicht ganz einfach zu sein, die passende Lösung zu finden.

Die Sache mit dem Stöpsel gibt einen ersten Hinweis. Wenn wir den Stöpsel ziehen, dann vertrauen wir auf das Prinzip Schwerkraft und auf das Prinzip der Selbstorganisation. Das Ausschöpfen der Badewanne mit Löffel, Tasse oder Eimer erfordert Arbeit, die man sich sparen kann, wenn man den Stöpsel zieht.

Die Magie der „Marke“ Team Mensch scheint ebenfalls auf diesen beiden Prinzipien zu beruhen, wobei wir unter Schwerkraft, die Kraft des Guten verstehen. Ähnlich wird es in den beiden Zitaten von Jean Gebser und von Saint-Exupéry ausgedrückt.

„In der Betrachtung aller Äußerungen unserer Zeit so weit und so tief vorzustoßen, daß uns die dämonischen und zerstörenden Aspekte nicht mehr bannen, so daß wir nicht nur sie sehen, sondern hinter und unter ihnen die unermeßlich starken Keimlinge des Neuen wahrnehmen, für das die einstürzende Welt den Humus liefert.“

„Von der Sonne betreut findet der Keim immer seinen Weg durch das Geröll des Bodens“

Der Keim Mensch – der Mensch in seinem Wesenskern – ist an und für sich gut, er braucht nur noch die Sonne, um trotz aller widrigen Umstände zu gedeihen und sich zu einer reifen Pflanze zu entwickeln. Könnte es wirklich so einfach sein?

Carl Friedrich von Weizsäcker hat jahrelang an seinem Hauptwerk gearbeitet. Von daher mag es erlaubt sein, eine kleine Auszeit zu nehmen und sich in einem weiteren Beitrag der Frage zu widmen, wie Team Mensch den Garten des Menschlichen anlegen könnte.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Hier geht es zu Teil 1.
(2) RUBIKON: Im Gespräch: „Die Debatte um Team Mensch“ (Sven Böttcher und Elisa Gratias)


(3) https://de.wikipedia.org/wiki/Sisyphos


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