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Die Zensur-Krise

Die Zensur-Krise

Mit dem Fortschreiten der Corona-Krise werden auch Zensurprogramme weiterentwickelt und mehren sich die Rufe nach einer Kontrolle des Internets.

von Matt Taibbi

Das Atlantic Magazin — der immer beliebter werdende Pressekanal für selbsternannte intellektuelle Eliten vom Typ des Aspen Institute — veröffentlichte Anfang dieser Woche einen tiefschürfenden Artikel über die Probleme, die die freie Meinungsäußerung für die amerikanische Gesellschaft in Zeiten von Corona darstellt. Die Überschrift:

Das Reden im Internet wird nie wieder zum Normalzustand zurückkehren.

In der Debatte über Freiheit versus Kontrolle des globalen Netzwerks lag China weitgehend richtig, und die USA lagen falsch.

In dem Artikel, den die beiden Rechtsprofessoren Jack Goldsmith und Andrew Keane Woods aus Harvard und von der University of Arizona verfasst hatten, wurde argumentiert, dass die amerikanischen und chinesischen Ansätze zur Überwachung des Internets bereits gar nicht so unähnlich seien:

Verfassungsmäßige und kulturelle Unterschiede bedeuten, dass eher der private Sektor als die Bundesregierung oder die Regierungen der Bundesstaaten bei diesen Praktiken gegenwärtig die Führung übernehmen... Aber der Trend zu stärkerer Überwachung und Kontrolle der Meinungsäußerung und einer zunehmenden Einflussnahme der Regierung ist unbestreitbar und wahrscheinlich unaufhaltsam.

Dann listeten sie alle Gründe dafür auf, dass, nachdem wir uns bereits auf einem „unaufhaltsamen“ Weg in die Zensur befänden, ein System zur Kontrolle der Meinungsäußerung im Stile Chinas möglicherweise gar nicht so schlecht sei. Ja, sie behaupteten, dass einer der Vorteile des Coronavirus darin bestünde, uns vor Augen zu führen, „wie technische Zauberei, Zentralisierung von Daten und öffentlich-privates Zusammenwirken zu einer gewaltigen Steigerung des öffentlichen Gutes beitragen können“.

Vielleicht, so ihr Postulat, könnte man die Amerikaner dazu bewegen, ihr „Verständnis“ des Ersten und Vierten Zusatzartikels zur Verfassung der USA zu überdenken, da „der Schaden durch die digitale Meinungsäußerung“ ständig größer wird und „die sozialen Kosten eines relativ offenen Internets sich vervielfachen“.

Diese interessante Einstellung zu dem Ersten Zusatzartikel war die jüngste in einer Reihe von „Wir sollten dieses ganze Sache mit der Demokratie überdenken“-Ideen, deren ernsthaftes Aufkeimen vor vier Jahren begann. Artikel mit Überschriften wie „Demokratien enden, wenn sie zu demokratisch werden“ und „Zuviel des Guten: warum wir ein Weniger an Demokratie brauchen” wurden geläufig. Besonders zwei Ereignisse spielten dabei eine Rolle: Donald Trumps Sieg bei den Vorwahlen der Republikaner und die Entscheidung der britischen Wähler, aus der EU auszutreten, der sogenannte „Brexit“.

Ein beständiges Klagelied in diesen Artikeln betraf den weit verbreiteten Verlust an Respekt vor „Experten“ bei den ignoranten Massen, besser bekannt als die Leute, die Trump meinte, als es im Februar 2016 aus ihm heraussprudelte: „Ich liebe die schlecht Gebildeten!

Atlantic war bei dem Argument ganz vorne dabei, dass das Volk eine große Bestie sei, der man nicht zutrauen könne, verantwortlich mit dem Spielzeug der Freiheit umzugehen. Ein Artikel aus dem Jahr 2016 unter dem Titel „Die amerikanische Politik hat den Verstand verloren“ drang auf eine Rückbesinnung auf das „Hinter verschlossenen Türen“, um die Wähler vor sich selbst zu schützen. Der Autor Jonathan Rauch benutzte eine im Rückblick bemerkenswerte Metapher, in der er Amerikas viel geschmähte intellektuelle und politische Elite als das gesellschaftliche Immunsystem bezeichnete:

„Die Amerikaner sind damit beschäftigt, politische Profis und Parteien zu dämonisieren und zu entmachten, was einem jahrzehntelangen Missbrauch und Angriff auf das eigene Immunsystem gleichkommt. Schlussendlich wird man krank.“

Der neue Artikel von Goldsmith und Woods sieht uns genau dort, buchstäblich erkrankt an unserer Weigerung, die Weisheit von Experten anzunehmen.

Die Zeiten sind vorbei, in denen man den Pöbel bat, den ihnen Überlegenen besser zuzuhören. Das chinesische System bietet einen Ausweg. Wenn es um Meinungsäußerung geht, frage nicht: Ordne an.

Während die Rechtswissenschaftler im Atlantic ihre Argumente vorbrachten, löschte YouTube ein in weiten Kreisen zirkulierendes Video über das Coronavirus, mit der Begründung einer Verletzung der „Community-Regeln”.

Die Übeltäter waren die Ärzte Dr. Dan Erickson und Dr. Martin Massahi, gemeinschaftliche Eigentümer einer Klinik für „dringende Versorgung“ in Bakersfield, Kalifornien. Sie hatten einen Vortrag gehalten, in welchem sie argumentierten, dass flächendeckende Lockdowns vielleicht gar nicht nötig seien angesichts der Daten, die sie gesammelt und analysiert hatten.

„Millionen Fälle, niedrige Zahlen von Todesfällen“ sagte Erickson, ein energischer, fröhlich daherkommender Amerikaner norwegischer Abstammung, und argumentierte, dass gemäß den Zahlen COVID-19 der Grippe ähnlich sei, was die Mortalitätsrate betreffe.

„Erfordert das einen Shutdown, den Verlust von Arbeitsplätzen, die Zerstörung von Ölgesellschaften, die Zwangsbeurlaubung von Ärzten…? Ich glaube, die Antwort wird zunehmend klarer.“

Die Reaktion aus der Community der Mediziner war heftig. Es wurde auf den Umstand verwiesen, dass den beiden Männern eine Klinik gehöre, die sich wegen des Lockdown wirtschaftlichen Einbußen gegenübersah. Die Foren echter Notärzte waren voll von wütenden Kommentaren, in denen dubiose Datenerfassungsmethoden der Ärzte bespöttelt wurden und sogar ihr etwas dramatischer Auftritt in OP-Kitteln bei ihrer Videopräsentation.

Die American Academy of Emergency Medicine (AAEM) und das American College of Emergency Physicians (ACEP) beeilten sich, ein gemeinsames Statement abzugeben, um die Aktion der beiden Ärzte „nachdrücklich zu missbilligen“. Diese sprächen „nicht für die Gemeinschaft der Mediziner“, und hätten „verzerrte, nicht durch Fachleute geprüfte Daten veröffentlicht, um ihre eigenen finanziellen Interessen zu bedienen“.

In der inzwischen beinahe automatisch üblichen Art des Umgangs der Medien mit jedweder Kontoverse wurde die Geschichte von Fernsehsendern sofort für ein „linkes“ oder „rechtes“ Publikum zurechtgemacht. Tucker Carlson von Fox unterstützte die Thesen der beiden Ärzte und sagte, dass „dies ernsthafte Leute seien, die dies seit Jahrzehnten beruflich machten“, und dass YouTube und GoogleWiderspruch offiziell verboten” hätten.

Auf dem anderen Kanal, MSNBC, reagierte Chris Hayes, Chefmoderator der Sendung All In und Gegenspieler Carlsons, unterdessen zornig auf Carlsons Monolog:

„Es gibt eine gemeinsame Anstrengung seitens einflussreicher Leute in dem Sender, den wir bei uns in All In momentan Trump-TV nennen, die zum Ziel hat, gefährliche Desinformationen über das Coronavirus zu verbreiten. Man kann es als Verschwörungstheorien zum Coronavirus bezeichnen.“

Hayes, ein alter Bekannter von mir, kochte vor Wut über das, was er als die große Gleichgültigkeit der Trump-Republikaner gegenüber den Gefahren des Coronavirus bezeichnete. „Zu Anfang dieser schrecklichen Periode verharmloste der Präsident, gemeinsam mit seinen Lakaien und Propagandisten das, was da kam“, sagte er höhnisch.

„Sie sagten, es sei einfach nur wie eine Erkältung oder wie die Grippe.“

Er forderte wütend, dass Gefolgsmänner von Fox, wenn sie so entschieden der Meinung seien, die Gesellschaft solle wieder geöffnet werden, zum Arbeiten in eine Fleischfabrik gehen sollten.

„Gehen Sie da rein, wenn Sie glauben, dass es so schlimm sei. Gehen Sie Schweinefleisch zerkleinern.“

Der Ton, mit dem viele Medien auf Erickson, Carlson, Trump, den Gouverneur von Georgia, Brian Kemp und andere reagieren, die die Meinung vertreten, Lockdowns und strenge Kontaktverbote seien entweder unnötig oder richteten mehr Schaden an, als dass sie nutzen, passt zu dem, was Thomas Frank als eine neue „Utopie des Schimpfens“ bezeichnet.

Wer hat es noch nötig, Wahlen zu gewinnen, wenn man persönlich jeden Tag auf Twitter und Facebook die soziale Ordnung neu etablieren kann? Wenn man zetern und wettern und schimpfen kann. Das ist ihre Zukunft, und es ist eine befriedigende Zukunft: Ein drohend erhobener Zeigefinger vor dem Gesicht irgendeines vulgären Proletariers, für immer.”

In den Trump-Jahren ist der Sektor der Gesellschaft, den wir immer als das liberale Amerika bezeichnet hatten, zu einer riesigen Maschine des erhobenen Zeigefingers geworden. Die Nachrichtenmedien, die akademische Welt, die Demokratische Partei, Prominente des Showbusiness und Massen von alleingelassenen Twitter-Virtuosen sind zu einer Art Konsens-Gesellschaft unter einem gemeinsamen Schirm geworden, vereint in der Verachtung für Trump und der Wut auf jeden, der mit ihren Voreingenommenheiten nicht übereinstimmt.

Weil diese gängige Meinung ihre einzige Aufgabe in der einen bedeutenden Sache sah, nämlich darin, Trump aus seinem Amt zu entfernen, gab es keine Legitimation mehr für abweichende Meinungen zu ihrer Haltung zu Russland, zu Julian Assange, Jill Stein, Joe Rogan, dem 25. Amendment, zur Ukraine, zum Gebrauch des Wortes „Verrat“, zur Entfernung von Alex Jones und dem Film Joker, oder was auch immer die gerade aktuelle #Resistance-Fixiertheit war.

Als die COVID-19-Krise zuschlug, war die Utopie der Kultur des Schimpfens plötzlich nicht mehr nur eine abstrakte Größe. Der Traum wurde Wirklichkeit! Der reine Kommunismus war da! Die Weigerung, den Rat von Experten anzunehmen, war nicht länger einfach nur ein bedauernswerter Fauxpas. Experten keine Beachtung zu schenken, war nun Mord. Es konnte nicht geduldet werden. Die Berichterstattung durch die Medien wurde schnell eine vereinte, blumig geschriebene Tirade gegen Leugner von Expertenwissen. Die Überschrift in Atlantic zu Kemp's Beschluss zur Beendigung einiger Shutdowns, lautete beispielsweise „Georgias Experiment mit Menschenopfern“.

Zu Beginn der Krise unternahmen Amerikas größte Internetplattformen — Facebook, Twitter, Google, LinkedIn und Reddit — einen beispiellosen Schritt im Kampf gegen „Betrug und Desinformation“, indem sie versprachen, in einer groß angelegten Kooperation „zuverlässigen“ Nachrichten den Vorzug zu geben gegenüber weniger seriösen Quellen.

H.L. Mencken sagte einst, dass in Amerika „der allgemeine Durchschnitt der Intelligenz, des Wissens, der Kompetenz, der Aufrichtigkeit, der Selbstachtung und der Ehre so niedrig ist, dass jeder, der sein Handwerk versteht, der keine Angst vor Gespenstern hat, der fünfzig Bücher gelesen hat und der die allgemeinen Anstandsregeln beachtet, so prächtig herausragt wie eine Warze auf einem kahlen Schädel.“

Wir haben eine Menge dummer Menschen in diesem Land. Aber der Unterschied zwischen den dusseligen Idioten, die Reinigungsmittel für Aquarien einnehmen, und denen in Medien wie Atlantic ist, dass die Trottel innerhalb der Klasse der „Experten“ ihre eigenen Fehleinschätzungen noch verschlimmern, indem sie durch ihr selbstsicheres Auftreten andere auf ihren Kurs zwingen. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass im Kampf gegen „Ignoranz“ durch die Schimpffkraktion eine neue und aggressivere Art davon entsteht: exklusive Ignoranz, erzwungene Ignoranz, nachhaltig machtvolle Ignoranz.

Die Leute, die auf die Gesundheitskrise noch ein Regime der Zensur oben drauf packen wollen, sind bei weitem gefährlicher als ein Präsident, der den Leuten vorschlägt, Desinfektionsmittel zu injizieren. Es ist verwunderlich, dass sie das nicht erkennen.

Journalisten sind professionelle Prüfungspauker. Unser Job besteht darin, am Montagmorgen einen Auftrag zu bekommen und am Dienstagabend so zu tun, als wären wir Autoritäten auf dem Gebiet des Diebstahls geistigen Eigentums, des Bürgerkriegs im Yemen, der Verfahren bei den Vorwahlen in Iowa, des Coronavirus oder was auch immer. Tatsächlich verstehen wir einen Dreck davon: wir lesen quer, tätigen ein paar Telefonate, und im Handumdrehen werden wir von Fernsehsendern eingeladen, Millionen Menschen mitzuteilen, was sie zu den komplexen Problemen der Welt zu denken haben.

Wenn wir ein Thema unvorbereitet angehen, geht es darum, so viele Fachleute wie möglich so schnell wie möglich zu befragen, und herauszufinden — oftmals auf der Grundlage von nicht mehr als einem Gefühl oder eines Eindrucks von den beteiligten Persönlichkeiten —, welches Bündel von Erklärungen wohl am glaubwürdigsten ist. Sportjournalisten, die über den Deflategate-Fußballskandal schrieben, mussten dies tun, um den Streit um den idealen Luftdruck im Ball zu erklären. Ich musste es tun, um über den Skandal der Hypothekenkrise zu schreiben. Und in diesem Januar und Februar mussten alle Reporter so handeln, die den Auftrag hatten, die Bedrohung durch das kommende Coronavirus zu bewerten.

Man muss gar nicht weit zurückgehen, um zu erkennen, dass ein bedeutender Teil des medizinischen und epidemiologischen Establishments diese Katastrophe für falsch erklärte, als sie Anfang des Jahres von Reporten befragt wurden.

Rechte haben einen Wahnsinnsspaß, wenn sie die Überschriften sammeln, und Recht haben sie angesichts des triumphalen Siegesgebrülls, zum Beispiel bei MSNBC, über andere, die das Risiko „herunterredeten“. Hier eine kurze Kostprobe:

Hol dir eine Grippe, Amerika: Die Grippe ist bislang eine viel größere Bedrohung als das Coronavirus”: Washington Post

Das Coronavirus ist angsteinflößend, aber die Grippe ist tödlicher und weiter verbreitet“: USA Today

Sie möchten sich gegen das Coronavirus schützen? Verhalten Sie sich so wie jeden Winter”: Time

Hier mein persönlicher Favorit, aus Wired vom 29. Januar 2020:
Wir sollten im Krieg gegen das Coronavirus deeskalieren

Es gibt Dutzende solcher Geschichten, und sie alle enthalten die gleichen Elemente, einschließlich des unverzichtbaren Zitats oder einer Reihe von Zitaten von Experten, die uns dazu aufrufen, uns doch verdammt noch mal zu beruhigen. Dies hier ist aus dem Artikel in Time:

„Gutes Händewaschen hilft. Gesund bleiben und gesund essen wird auch helfen“, sagt Dr. Sharon Nachman, eine Kinderärztin und Spezialistin für Infektionskrankheiten am Stony Brook Children’s Hospital in New York.

„Die Dinge, die wir für selbstverständlich halten, wirken in der Tat. Es ist gleichgültig, welches Virus es ist. Die Routine-Dinge wirken.“

Es hat seinen Grund, warum Journalisten immer und überall darauf achten sollten, nicht in ein Priestertum zu verfallen. Es liegt in der Natur gerade abgeschotteter Gemeinden von Fachexperten, sich um Orthodoxien herum zu versammeln, von denen genau die Eingeweihten geblendet werden, die eigentlich am kompetentesten sein sollten.

„Experten“ machen Fehler aus mehr — man hat ihnen allen in der Schule den gleichen Unsinn beigebracht — und weniger unschuldigen Gründen. Sie haben ein finanzielles oder berufliches Interesse daran, die Wahrheit zu unterdrücken.

Ein weniger schändlicher Fall war, wie die versammelte Gemeinschaft der Meinungsforscher die Vorstellung als infam verurteilte, Donald Trump könne das Rennen um die Nominierung bei den Republikanern gewinnen, ganz zu schweigen die Präsidentschaftswahl. Sie glaubten das, weil sie nicht auf die Wähler achteten (was offenbar ihr Job war), aber auch, weil sie nie irgendetwas Ähnliches erlebt hatten. Um ein schlimmeres Beispiel anzuführen: Wenn man im September 2008 hundert Wall-Street-Analysten nach der Ursache für die Finanzkrise gefragt hätte, hätte wahrscheinlich nicht mehr als eine Handvoll Betrug oder strafbare Handlungen genannt.

Beide Beispiele verdeutlichen ein zentrales Problem bei dem Bemühen, die Verfahren bei Faktenchecks zu automatisieren, so wie dies neuerdings bei Internetplattformen geschieht, mit ihrem Fokus auf „zuverlässigen“ Meinungen.

„Autoritäten“ sind von Natur aus nicht vertrauenswürdig. Sie haben manchmal ein Interesse daran, die Wahrheit zu leugnen, und bisweilen versuchen sie tatsächlich, die Wahrheit als das zu definieren, was auch immer ihrem eigenen Dafürhalten entspricht. Amtlich verlautbarte Inhalte höher zu stellen als unabhängige oder weniger bekannte Quellen, ist im Journalismus mit seiner Qualitätssicherungs-Besessenheit eine Art algorithmischer Ansatz. Bereits seit Jahrzehnten wird unsere Arbeit dadurch langsam aber stetig ausgehöhlt.

Das Fiasko mit den angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak konnte geschehen, weil man auf Menschen mit militärischen Dienstgraden und Titeln hörte, statt Beweise zu verlangen und sich auf den eigenen Instinkt zu verlassen. Dasselbe geschah bei „Russiagate“, einer Geschichte, die von hochrangigen Geheimdienstexperten angeheizt worden war, und die sich inzwischen als spektakulär falsch erwiesen hat, wenn nicht sogar als kriminelles Forcieren eines Betrugs.

Uns ist die Fähigkeit abhanden gekommen, in Ruhe über mögliche Lösungen zu diskutieren, weil es uns nicht länger gelingt, wissenschaftliche oder politische Diskussionen, oder einfache Fragen über Sachverhalte, und politische Argumente auseinanderzuhalten. Die Berichterstattung über COVID-19 ist der jüngste Fall in einer Reihe moralischer Irrsinnigkeiten, in deren Mittelpunkt Donald Trump steht.

Anstatt sich unaufgeregt zu erkundigen, ob Hydroxychloroquin wirkt oder ob die weniger restriktive schwedische Reaktion auf die Krise etwas für sich hat, oder statt zu hinterfragen, warum gewisse statistische Annahmen über die Schwere der Krise möglicherweise daneben gelegen haben könnten, denunzieren wir die Fragen selbst als infam. Oder wir politisieren das Framing von Geschichten derart, dass den Lesern, bevor sie noch das Material verdauern können, bereits signalisiert wird, was sie davon zu halten haben. „Konservative Amerikaner sehen Hoffnung im progressiven Schweden“, lautet eine Überschrift in Politico, gerade so als ob nur Konservative den möglicherweise verdienstvollen Ansatz, ohne Lockdown durch die Krise zu kommen, als positiv empfinden könnten. Haben wir ein Interesse daran, dass solch ein Versuch nicht funktioniert?

Nach allem was ich gehört habe, wenn ich mit Ärzten spreche und Hintergrundmaterial lese, sind die Bakersfield-Ärzte möglicherweise nicht die beste Quelle. Aber wenn ihre Videos entfernt werden, ist die praktische Auswirkung dessen — abgesehen davon, dass man ihnen damit eine Presse verschafft, die sie andernfalls nicht gehabt hätten — das Ausmerzen von Diskussionen über diskussionswürdige Dinge wie dem Schaden für die Wirtschaft und die Auswirkungen anderer krisenbezogener Phänomene — häusliche Gewalt, Drogenmissbrauch, Selbstmorde, Schlaganfälle, Kindesmissbrauch et cetera — Dinge, die eine ebenso ernsthafte öffentliche Bedrohung darstellen wie die Pandemie selbst. Das müssen wir in der Tat ansprechen. Wir können nicht darauf verzichten, darüber zu sprechen, weil wir uns vor Zensur fürchten oder weil wir wirkliches Leid mit politischem Unheil verwechseln.

Wenn wir uns, aus welchem Grund auch immer, in ein China verwandelten, wäre das der Paradefall einer Therapie, die schlimmer ist als die Krankheit selbst.

Die von solchen Gedanken verführten, schimpfenden Schreihälse müssen aufwachen, bevor wir am Ende auf die bereits bestehende schreckliche Katastrophe noch eine weitere oben drauf packen.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien unter dem Titel „The Inevitable Coronavirus Censorship Crisis Is Here“ zuerst auf globalresearch.ca. Er wurde von Matthias Thomsen aus dem ehrenamtlichen Rubikon-Übersetzungsteam übersetzt und vom ehrenamtlichen Rubikon-Korrektoratsteam lektoriert.


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