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Dunkles in Helles

Dunkles in Helles

Die Poetik-Ecke XXXXVII schöpft aus der Erde Kretas Meditationen der Ankunft.

I

Gefangen liegt das Feuer tief in der Erde,
Verhüllt von Kupfer, Eisen, Gold und Silber.
Darüber glänzen Diamanten und Smaragde.
Kein Hauch durchdringt das Gestein,
Erstickung, aber noch nicht zum Tode.

Wann vermählt sich die Sonne mit dem Erdenfeuer?

Wenn der volle Mond zur Sichel schrumpft,
dann ist die Hoch-Zeit.
Alle Augen werden erlöschen und alle Ohren werden taub.
Dann wird geerntet: das längst Ertotete.

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Foto: © Marina Silalahi

II

Feigenbaum, deine Frucht ist süß, dein Schatten spendet kühle Ruhe.
Wann wirst du verdorren,
Du flüchtige Hoffnung?

Im Aas des Löwen finde ich Honig.
Nach Essbarem grabe ich mit bloßen Hän
den.
Die Einöde drückt - wo ist der Urquell?

Der Löwe reißt die Gazelle und
grobe Hände begehren die Perle.
Dornen schützen die Rose nicht.
Zu früh gleitet sie in den ewigen Schatten.

III

Gebleichte Gebeine
Schalten Hebel,
Rollen Münzen,
Trinken Blut.
Skelette noch biegsam
Gehen gebeugt und gehorchen;
Verliert euch im Reigen des Verfalls.
Haut ohne Adern klebt an euren Knochen,
Habt Flügel aus Stahl,

Esset und trinket – redet sinnlos daher,
Befehlt dem Fleisch, euch zu bekleiden,
Blut euch zu beseelen.

Augen suchen das Licht,
Ohren den Klang
Und Herzen den Rhythmus.
Ruah eilt herbei. Freude kehrt zurück –
und mit ihr: Gerechtigkeit auf Erden.

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Foto: © Marina Silalahi

IV

Olivenfrucht – wo ist dein goldgrünes Öl! Wir wollen Jünglinge salben.
Wasser ist unter deiner Haut und dein Kern ist ein Kieselstein.
Breite Ellenbogen und knorrige Hände vermögen kein Seil zu flechten.
Tief ist der Brunnen doch sein Wasser ist faul.

Wohlwollende Geister haben den Platz verlassen. Wann finden sie fruchtbares Land?

Ihre Last ist schwer von der lebendigen Saat.
Herzen liegen ausgerissen auf sandigem Boden.

V

Ein Engel verlor seine Flügel.
Ein Mensch aus Fleisch und Blut ist er geworden.
Sein Schicksal: Ein Pfad gesäumt aus Dornen.
Er formte sich Flügel aus Wachs
Doch die Sonne fraß sie mit ihrer Glut.
Sein Los: Die dürre Erde zu bebauen.
Er verbündete sich mit dem Adler unter leerem Himmel.
Sehnsucht verzehrte ihn, um heimzukehren.
Doch seine Augen wurden Fraß,
Der Spiegel zerbrach,
Ein Fels auf dem Weg.
Die Grenze gesäumt mit hohen Wänden.
Der Schlaf – stiller Bruder – wurde sein
Freund.

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Foto: © Marina Silalahi

Nachtrag

Mächtige Quadersteine, verbunden durch zarte Berührung
Standen einst als schützender Wall.
Stürme und Wellen wurden eure Zuchtmeister.

Bleib standhaft – doch zur Klagemauer bist du geworden,
Leid, mit Tränen vermischt, bildet deinen Mörtel.
Eingravierte Gebete der Hoffnung liegen
zertrümmert am Boden der Gewalt.

Du Hüter unerträglicher Wunden!

Bald wirst du vom Klagen und Rufen der verschütteten Seelen erlöst sein – mit dem Schall der letzten Posaune.

Bunte, seidene Tücher, bestickt mit Freudentränen,
bewegen sich im Wind.
Sie schwingen im Raum des Friedens.

Ihre Botschaft heißt: Bedingungslosigkeit.

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Foto: © Marina Silalahi


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