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Frei sein

Frei sein

Innere Zwänge und abhängiges Denken halten uns gefangen, selbst wenn wir äußerlich „auf freiem Fuß“ sind.

In seinem Buch „Denn mein Leben ist Lernen — Wie Menschen frei sich bilden“ (1) führt Oliver Keller folgende Persönlichkeitsmerkmale eines selbstbestimmten Menschen auf:

  • Selbstständigkeit
  • Selbstbewusstsein
  • Selbstvertrauen
  • Wissbegierde
  • Tiefe
  • Sensitivität
  • Naturverbundenheit
  • Ablehnung von Machtstrukturen
  • Authentizität
  • Selbstdisziplin
  • Verlangen nach Ganzheit
  • Prozessbewusstsein

Der Autor schreibt dazu:

„Dies sind einige Persönlichkeitsmerkale, die mir für die Charakterisierung des selbstbestimmten Menschen bezeichnend scheinen. Immer wieder beziehe ich mich auf Aussagen von Carl Rogers, der in seinem Buch ‚Der neue Mensch‘ (2) die Qualitäten des Menschen von morgen beschreibt.“

Carl Rogers (1902 bis 1987) war ein Vertreter des sogenannten humanistischen Menschenbildes. Dessen Grundannahme ist, dass der Mensch alles zu seiner Heilung Notwendige in sich trägt: eine Annahme, die auch mich trägt.

Dass es nicht immer gelingen kann, frei von Zwängen zu sein, die Menschen gefangen halten können, habe ich sehr eindrücklich und völlig überraschend im letzten Jahrhundert life an einer Veranstaltung mit Carl Rogers in Basel erlebt: Sie wurde vorzeitig aufgelöst, weil viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich an und in Strukturen festgekrallt hatten, die ein freies Leben und Lernen verunmöglichen.

Stolpersteine auf dem Weg in die Freiheit

Der Weg in die Freiheit ist jeden Tag voller Stolpersteine. So frage ich mich beispielsweise bei dem, was mir konkret als Einwohnerrat bei der Politik in Allschwil begegnet: Soll ich nichts mehr machen, als nur noch lachen? Eigentlich macht es mir keinen Spaß. Aber auch keine Freude. Bei mir überwiegen dabei andere menschliche Grundgefühle wie Scham, Trauer und Wut. Letzteres insbesondere angesichts der vielen Dummen, Gemeinen, Gleichgültigen oder Schlauen, die es nicht anders haben können oder wollen: Während ich oft selber ohne jedes Echo vor Ideen platze, wie es für uns alle gut werden könnte.

All das und noch viel mehr scheint mir leider ganz normal in einem System, das auf einer autoritär-hierarchisch-totalitär und industriell-militärisch-technokratisch begründeten sogenannten Zivilisation beruht. Mehr dazu in: „Die Zuvielisation“ (3).

Die Konflikte in der Politik sind nicht nur eine Folge davon, dass Parteien und/oder Personen sich nicht verstehen und sich nicht verständigen können oder es nicht wollen. Sie sind auch bedingt durch eine Krise, in der das System der parlamentarischen Parteiendemokratie grundsätzlich steckt.

Ein politisches System mit Gewinnern und Verlierern kann den Menschen heute und in der Zukunft wahrhaftig und wirklich nichts mehr „bringen“.

Und dies erst recht auch dann nicht, wenn alle Parteien von links über die Mitte bis nach rechts kampfbereit und krampfhaft an diesem System festhalten wollen. Und das nach wie vor mit einem großen Aufwand tun, wie sich dies beispielsweise wieder im Zusammenhang mit den Schweizer Bundesratswahlen gezeigt hat: siehe „Schweizer Politik im Kampfmodus“ (4).

Massenmediengeile Machtkämpfe, herrschsüchtig polarisierend inszenierter Streit oder gar Kriege mit Waffengewalt sind Symptome einer kranken Welt. Sie kann im Kleinen wie im Großen nicht im Kampfmodus ganz und heil werden, sondern zerstört sich damit immer noch mehr.

Ein anderes meiner Handlungsfelder ist die Bildung. Hier sehe ich leider auch Schulen als ein Symptom einer kranken Wettbewerbswelt. Wo oft unter Zwang — als Schulpflicht bezeichnet — mit Rennbahnpädagogik in der Art von PISA ein Ab-, Unter- und Zurichten veranstaltet wird und das als Menschenbildung verstanden wird.

Dass sich immer mehr Kinder dieser sogenannten Pädagogik verweigern, ist ein Hoffnungsschimmer und ein Lichtblick am Horizont: Denn solcherart Schulen lassen Menschen dumm, gleichgültig und schlau oder gar gemein werden. Schlimm ist dies unter anderem deshalb, weil und wenn sich damit in der Bevölkerung die soziale Schere immer noch größer wird.

„Auf Veränderung zu hoffen, ohne selbst etwas dafür zu tun, ist wie am Bahnhof zu stehen und auf ein Schiff zu warten“ (Albert Einstein).

Wir können nur dann gemeinsam weiterkommen, wenn wir kokreativ und nach bestem Wissen alle Aspekte einer Sache berücksichtigen und zu 100 Prozent gemeinsam Entscheidungen treffen, die in einem optimal abgesteckten Rahmen bestmöglich allen Bedürfnissen entsprechen.

Dafür ist es erforderlich, dass sich alle Beteiligten und Betroffenen mit ihren Anliegen und Ideen untereinander ernst- und wahrgenommen fühlen, sowie auch von Politik und Verwaltung angehört werden, und dass alle damit in ihrem Handlungs- und Lebensraum eine nachhaltige Wirksamkeit erfahren und erleben.

Sollen Entscheidungen frei und gemeinsam getroffen werden, sind dafür aber nicht nur geeignete Strukturen gefragt, sondern auch emotional gesunde Menschen. 

Frei sein kann mit Vergebung beginnen

Manchmal erlebe ich Dinge, die in mir Ärger, Groll oder Frust auslösen. Es sind Erfahrungen, die mit negativen Energien in mir weiter wirken und drohen, mich emotional in Unfreiheit gefangen zu halten. Verbunden mit dem Risiko, dass ich mich noch mehr auf Menschen, Situationen und Dinge fokussiere, die auf dieser negativen Energie-Frequenz mitschwingen und mein Gefangensein verstärken: Ein Teufelskreis!

Wenn es mir gelingt, den Gleichgültigen sowie den dummen oder schlauen Widersachern zu vergeben und mich von negativen Lebenserfahrungen zu lösen, können diese lebensfeindlichen Energien entweichen. Der Welt und mir vergeben und verzeihen für das, was schief und schlecht gelaufen ist: Was ich zu meiner großen Freude immer öfter schaffe.

„Manche Leute glauben, durchhalten macht sie stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen“ (Hermann Hesse).

Frei sein kann mit Vergebung beginnen: Dies öffnet den Raum für erfüllende Lebenserfahrungen. Den Frieden finden bedeutet für mich: bereit sein, zu vergeben und zu verzeihen. Anderen, was sie mir angetan haben und möglicherweise weiter antun werden.

Und mir selber, was ich anderen und mir selber Schlechtes und Unangenehmes angetan habe. Ich will damit verbundene Verletzungen sowie die erlebten Enttäuschungen und schweren Emotionen loslassen. Das tue ich für mich. Es freut mich, wenn es andere für sich tun.

Was die Christen Weihnachten nennen, ist für mich das Lichtfest der Wintersonnwende: sich dem Licht des Himmels öffnen und mit dem Herzen frei und offen für die Geschenke des Universums sein.

Angst trennt – Liebe verbindet: Resonanz und eine gleiche Wellenlänge sind für mich ein Quell für Freude. In einem solchen Sinne erde, mitte und lichte ich mich alltäglich zuoberst auf dem Allschwiler Rosenberg, wo wir wohnen, mit folgendem Mantra:

„Mit und in den Füßen den Boden spüren.
Die Kraft der Erde durch meinen Körper strömen lassen.
Mich in und mit dem Rückgrat aufrichten.
Aufrecht und aufrichtig, wahrhaftig und wirklich in der Welt sein.
Ängste und das Chaos, Ärger und Kränkungen, Ohnmacht und Wut:
Alles aus dem Kopf rauslassen ...
... und ihn für das Licht des Himmels frei und offen halten.“


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Quellen und Anmerkungen:

(1) Denn mein Leben ist Lernen — Wie Menschen frei sich bilden, Oliver Keller, pro Genia Edition, 2023
(2) Der neue Mensch, Carl Rogers, 1981
(3) Die Zuvielisation: https://www.manova.news/artikel/die-zuvielisation
(4) Schweizer Politik im Kampfmodus: https://zeitpunkt.ch/index.php/schweizer-politik-im-kampfmodus

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