Zum Inhalt:
Unterstützen Sie Manova mit einer Spende
Unterstützen Sie Manova
Halbwüchsige Grübler

Halbwüchsige Grübler

Kinder und Jugendliche sind an philosophischen Fragen interessiert. Wenn Erwachsene diese aufgreifen, können alle Beteiligten an ihnen wachsen.

Der folgende Text bietet einen groben Überblick zum Thema Philosophieren mit Kindern. Es werden einige Werke betrachtet, die den Kindern und Jugendlichen philosophische Gedanken näherbringen. Durch die Analyse der Bücher zeigt sich, welche Themen und Fragen behandelt werden und wie philosophische Diskussionen mit Kindern gestaltet werden können. Die meisten Bücher, die in dem folgenden Text genannt werden, stammen aus dem Philosophiebereich der Kinderabteilung einer öffentlichen Bibliothek in Berlin. Sie bilden nur einen Teil der Literatur ab, die zu dem Thema Philosophieren mit Kindern erschienen ist.

Bei der spontanen Auswahl der Bücher wurde nur auf zwei Kriterien geachtet: Sie wurden zu verschiedenen Zeiten veröffentlicht (1999 bis 2024) und es handelt sich mitunter um Bücher, die im Original in einer anderen Sprache erschienen sind.

Philosophie für Erwachsene

Schon bei der groben Durchsicht der Literatur fällt auf, dass einige Autoren bewusst zwischen den Rubriken Philosophie für Kinder und Philosophie für Kinder und Erwachsene unterscheiden. Je nach Einteilung stehen entweder die Kinder oder die Erwachsenen im Fokus. Für Letztere ist das Buch Philosophieren mit Kindern von dem deutschen Philosophen Ekkehard Martens aus dem Jahr 1999 geeignet. Es handelt sich um eine revidierte Version des Buches „Sich im Denken orientieren. Philosophische Anfangsschritte mit Kindern“.

Doch man sollte sich nicht vom Titel ablenken lassen; das Buch Philosophieren mit Kindern ist nur für Erwachsene gedacht, weil diese, wie es der Untertitel bereits andeutet, in diesem detailreichen Buch zuallererst in die Philosophie an sich eingeführt werden.

Um es genauer zu formulieren, ist es für den Autor eine „(Wieder-)Einführung in die Philosophie“. So bezeichnet er die Wirkung, den der „Prozeß“ des Diskutierens mit Kindern für den Erwachsenen hervorbringt. Kurzum: Das Buch Philosophieren mit Kindern bleibt seinem Thema treu, adressiert aber immer zuerst die Erwachsenen. Diese Herangehensweise macht das Buch nicht weniger interessant, sollte aber beachtet werden, wenn man selbst auf der Suche nach passender Literatur für das Thema Philosophieren mit Kindern ist.

Philosophie für Kinder

Ein Philosophiebuch, das laut dem Untertitel explizit für Kinder gedacht ist, ist Denk dir die Welt aus dem Jahr 2003. Es wurde aus dem Französischem übersetzt und ist ein bunt verziertes Lesebuch für Kinder ab neun Jahren.

Auf 132 Seiten werden zu Themen wie „Frei und unfrei“ oder „Gut und böse“ Situationen erläutert und Fragen beantwortet.

Ein Lesebuch bietet den Vorteil, dass Kinder Argumente sammeln können, die ihnen in den Antworten begegnen. Doch sind sie hier noch auf sich allein gestellt; ihr Urteilsvermögen wird erst in den philosophischen Diskussionen weiter geschärft (siehe weiter unten im Text).

Bücher für den Elementarbereich

Aus dem Niederländischen übersetzt, bietet das Kinderbuch Gedanken denken einen guten Einstieg in die Welt der philosophischen Gedanken und wird ab vier Jahren empfohlen. Auf großen Bildern werden Fragen wie „Sind Gedanken immer da?“ oder „Kann man einen Gedanken wollen?“ in wenigen Zeilen beantwortet. Dabei legt die Autorin unter anderem Wert darauf, den jungen Zuhörern in knappen Antworten zu zeigen, dass aus Gedanken auch Handlungen erfolgen können. Hier wird nichts weiter erklärt; das Buch dient dazu, junge Hörerinnen und Hörer anzuregen, über Gedanken an sich und ihre möglichen Kräfte nachzudenken.

Ein Buch, das ähnlich aufgebaut ist wie Gedanken denken, ist Fragen fragen aus dem Jahr 2012 von dem norwegischen Schriftsteller Jostein Gaarder. 1991 erlangte er mit seinem Buch Sofies Welt große Bekanntheit. In Fragen fragen ist auf der rechten Seite ein Bild abgebildet, auf der linken Seite werden dazu passende Fragen wie „Kann irgendwer wissen, was ich denke?“ oder „Wie will ich leben?“ gestellt. Fragen fragen, das bereits ab drei Jahren empfohlen wird, ist noch minimalistischer als Gedanken denken. Die Fragen, die hier vollkommen ohne Antworten auskommen, würden auch eine gute Ausgangslage für Diskussionen mit älteren Kindern liefern.

Philosophische Diskussionen

In dem Buch Der Sokrates-Club aus dem Jahr 2012 führt der Philosoph Julian Nida-Rümelin Gespräche mit Kindern. Nathalie Weidenfeld, die zweite Autorin und Ideengeberin dieses Werkes, wertete die Gespräche aus.

Im ersten Kapitel wird deutlich, dass die „Kinderphilosophie“ im 20. Jahrhundert unter anderem von dem Amerikaner Matthew Lipman und dem Deutschen Herman Nohl vorangetrieben wurde. Ein Roman wie Sofies Welt hat dem Thema noch weiteren Aufschwung gegeben.

In weiteren sieben Kapiteln werden die Gesprächsrunden mit den Kindern wiedergegeben. Diese wurden in der „Grundschule“, zu Hause — mit den Freunden der eigenen Kinder — oder sogar „auf einem Volksfest in München“ geführt.

Die Kinder sprechen über Wahrheit, Freiheit, Wissen, Glück, Gerechtigkeit und weitere Themen.

Dabei fallen Aussagen wie: „Ein Mensch kann doch nicht gekauft werden wie ein Stück Brokkoli! … Weil er nur sich selber gehört!“ Und: „Ich will einen Hund haben, aber die Mama hat gesagt, dass ich erst ganz vernünftig sein muss ...“ Oder: „Man hat doch immer die gleiche Seele, oder nicht? Ich meine in einem drin, da ist doch was, was immer gleich bleibt, oder?“

Nach jeder Gesprächsrunde haben die Autoren noch einen theoretischen Abschnitt über das gerade besprochene Thema eingefügt. Doch wieso das alles? Wieso wurden diese Gespräche geführt? Hätten die Kinder in der Zeit, in der sie über Gerechtigkeit geredet haben, nicht etwas Sinnvolleres lernen können? Die Autoren schreiben, dass sie Philosophie „auch als Lebenskunst“ verstehen, nicht nur als ein „Streben nach Erkenntnis“. Denn „Weisheit (sophia) ist mehr als Wissen“.

Menschen jedweden Alters stellen nun mal philosophische Fragen, daher würde es auch gar nichts bringen, ihnen diese zu verwehren. Auch den berühmten akademischen Elfenbeinturm bringen die Autoren zur Sprache, weil sie die Philosophie als „Mittlerin zwischen Lebenswelt und Wissenschaft“ betrachten. Die Autoren fordern sogar, „die schützenden Mauern der akademischen Welt“ zu verlassen, um den Kindern offen genug gegenübertreten zu können. Nur so ergibt sich eine realitätsbezogene und ehrliche philosophische Diskussion, über die alle Gesprächsteilnehmer nachdenken können.

Die Praxis der Achtsamkeit

Ein paar Jahre nach Der Sokrates-Club erschien — übersetzt aus dem Französischen — Der kleine Philosoph von dem Religionswissenschaftler und Philosophen Frédéric Lenoir. In diesem Werk spricht Lenoir mit Kindern „im Alter zwischen sechs und zehn Jahren“ fast über die gleichen Themen wie Julian Nida-Rümelin in Der Sokrates-Club. Im Vergleich zu dem deutschen Pendant lässt Lenoir die große Frage nach der Gerechtigkeit als Leitfrage außen vor, thematisiert dafür aber beispielsweise die „Liebe“ und die „Emotion“.

Doch Lenoirs Werk enthält eine Besonderheit: Er setzt auf „Achtsamkeit“, indem er mit den Kindern regelmäßig „Meditationsübungen“ macht.

Dass dieses Thema Lenoir sehr wichtig ist, lässt sich bereits daran erkennen, dass es gleich im ersten Abschnitt seines Werkes besprochen wird. Die „Praxis der Achtsamkeit“ und die Philosophiekurse wirken gegenseitig auf sich ein, gehören aber für Lenoir nie so richtig zusammen. In den Meditationen „besinnen“ sich die Kinder, in den philosophischen Diskussionen dagegen wird die Sprache verfeinert und das „Urteilsvermögen“ gestärkt.

Die erwähnten Bücher zeigen, was es bedeutet, mit Kindern und Jugendlichen zu philosophieren: Der Weg ist das Ziel. Es geht nicht um endgültige Definitionen, die die Kinder brav vorsagen können, sondern um ein Nachdenken über die Themen, die ihnen im Leben begegnen. Um das zu ermöglichen, ist es wichtig, dass die pädagogische Fachkraft den Kindern und Jugendlichen Raum gibt und dass realitätsbezogen diskutiert werden kann.


Wenn Sie für unabhängige Artikel wie diesen etwas übrig haben, können Sie uns zum Beispiel mit einem Dauerauftrag von 2 Euro oder einer Einzelspende unterstützen.

Oder senden Sie einfach eine SMS mit dem Stichwort Manova5 oder Manova10 an die 81190 und mit Ihrer nächsten Handyrechnung werden Ihnen 5, beziehungsweise 10 Euro in Rechnung gestellt, die abzüglich einer Gebühr von 17 Cent unmittelbar unserer Arbeit zugutekommen.


Quellen und Anmerkungen:

Weitere Literatur:

In der Reihe Platon & Co. werden das Leben bekannter Philosophen und ihre Themen behandelt. Hier ein Beispiel:
Marion Muller-Colard: Hannah Arendt auf der Bühne. Zürich, Berlin: Diaphanes Verlag, 2015.

Zwei Bücher aus der Reihe „Philosophieren mit neugierigen Kindern“ (übersetzt aus dem Französischen):
Oscar Brenifier: Ich. Was ist das? Köln: Boje Verlag GmbH, 2010.
Oscar Brenifier: Freiheit. Was ist das? Köln: Boje Verlag GmbH, 2010.

Assata Frauhammer: Voll ungerecht! Über Fairness und Gerechtigkeit. Weinheim, Basel: Beltz & Gelberg, 2024.

Ein Jugendsachbuch, übersetzt aus dem Englischen:
Stephen Law: Philosophie. Abenteuer Denken. Band 2866. Würzburg: Arena Verlag GmbH, 2004.

Weiterlesen

Der eigene Anteil
Thematisch verwandter Artikel

Der eigene Anteil

Es wird oft über „die da oben“ geschimpft, anstatt sich die unbequeme Frage zu stellen, was man selbst zu den Umständen beiträgt, deren Herbeiführung man sinistren Mächten unterstellt.

Deutsche Propaganda-Agentur
Aus dem Archiv

Deutsche Propaganda-Agentur

Das Projekt „Jahr der Nachricht“ tarnt Regierungsmeinungen als objektiven Journalismus und zielt insbesondere auf jugendliche Medienkonsumenten ab.