Einleitung: Warum Geldmacht wichtig ist
Für eine eingehendere Beschäftigung mit diesen Themen — wie sich die schuldenbasierte Finanzierung zu einem weltweiten Kontrollsystem entwickelt hat — siehe mein kürzlich überarbeitetes und aktualisiertes Buch „Demonic Economics“.
1. Der Kernmechanismus: Geld als Schulden, nicht als Wert
Ein Jahrhundert von Zentralbankwesen und Handelskrediten hat einen einfachen, aber tiefgreifenden Umstand normalisiert: Das meiste neue Geld wird durch die Kreditvergabe durch Banken geschaffen. Robert B. Anderson, ehemaliger US-Finanzminister, formulierte es 1959 folgendermaßen: Wenn eine Bank einen Kredit vergibt, schreibt sie eine Einlage gut, die einen Augenblick vorher nicht existierte — die neue Einlage ist „neues Geld“. In der Praxis bedeutet dies, dass die Geldmenge vorwiegend durch private Kreditvergabe und nicht durch öffentliche Emissionen wächst.
Das Mindestreserve-Bankwesen und heute auch kapitalbasierte Bankvorschriften verstärken diesen Mechanismus: Banken vergeben Kredite nicht eins zu eins aus bereits existierenden Ersparnissen, sondern erhöhen Einlagen durch die Schaffung von Krediten. Diese Kredite sind mit Zinsen verbunden, was bedeutet, dass das System fortwährend neue Kredite erfordert, um bereits vergebene Kredite zu bedienen. Wenn sich die Kreditvergabe erheblich verlangsamt, steigen Zahlungsausfälle, schwanken Vermögenspreise und der politische Druck, wieder „wieder Konjunkturmaßnahmen aufzulegen“, wächst. Kurz gesagt leben wir in einem Hamsterrad, das viel stärker kreditgetrieben ist, als es die meisten Lehrbücher über Staatsbürgerkunde zugeben.
Kritiker von Henry Ford bis John Scales Avery haben argumentiert, dass diese Vorgehensweise strukturell ungerecht ist, weil sie den Geldschöpfungsgewinn privatisiert, während sie die Auswirkungen (Inflation, Vermögensblasen, Sparmaßnahmen) sozialisiert. Ob man nun allen Behauptungen dieser Kritiker zustimmt oder nicht — die zugrunde liegende Mathematik ist schwer zu ignorieren: Wenn Geld in Form verzinslicher Schulden in Umlauf kommt, ist im System eine Verzerrung eingebaut in Richtung einer stetig wachsenden Verschuldung.
2. Vom Privatkredit zu öffentlicher Macht: Wie es dazu kam
Die politische Einflussnahme des modernen Bankwesens wuchs parallel zu Institutionen wie der Bank of England und später der US-Notenbank (Federal Reserve), die 1913 gegründet wurde. Unabhängig von den Absichten ihrer Gründer befinden sich Zentralbanken nun an der Schnittstelle zwischen Staat und Finanzwesen: Sie sind öffentlich beauftragt, aber operativ isoliert (und in Privatbesitz) und koordinieren die Liquidität, um das System zu stabilisieren, während Handelsbanken die meisten geldähnlichen Forderungen erzeugen.
Diese Hybridkonstruktion hat konkrete Folgen. Sie erlaubt einem kleinen Kreis von Entscheidungsträgern, den Geldpreis (Zinssätze) festzulegen, private Bilanzen in Krisenzeiten aufzufangen und finanzpolitische Entscheidungen zu beeinflussen, indem sie bestimmte Maßnahmen finanziell erleichtern und andere verteuern. Der ehemalige Vorsitzende der Federal Reserve, Alan Greenspan, betonte einst die Unabhängigkeit der Institution — die Kehrseite dieser Unabhängigkeit ist eine geringe demokratische Transparenz bei Entscheidungen, die jede Hypothek, jeden Arbeitsmarkt und jeden Staatshaushalt beeinflussen.
Über den nationalen Zentralbanken steht die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel, die oft die „Zentralbank aller Zentralbanken“ genannt wird. Durch Standards (Basler Akkord / Basel III) und Koordination unterstützt sie die Angleichung weltweiter Bankvorschriften. Kritiker wenden ein, dass dies zu einer technokratischen Steuerungsebene über die nationalen Ökonomien führt, die kaum einer öffentlichen Aufsicht unterliegt. Unabhängig davon, ob man dies als umsichtige Führung oder als demokratisches Defizit betrachtet, verdeutlicht es doch ein Thema: Die Architektur der Geldpolitik ist für die Öffentlichkeit, die sie regiert, weitgehend undurchschaubar.
3. Verschuldung als Organisationsprinzip: Nationen wie Fische an der Angel
Wenn Geld überwiegend durch Kredite in Umlauf kommt, werden Kreditnehmer zu Zahnrädern des Systems. Dies trifft auf Privathaushalte, Unternehmen und maßgeblich auf Regierungen zu.
Die Staatsverschuldung ist über Jahrzehnte hinweg explodiert. Die Zinsen für diese Schulden sind weder ein Abstraktum in einem Lehrbuch noch ein harmloser Einzelposten: Sie lenken Jahr für Jahr Steuereinnahmen weg von öffentlichen Gütern hin zu Gläubigerforderungen.
Konkrete Beispiele veranschaulichen diesen Aspekt. Länder wie Irland zahlen bis heute jährlich Milliarden an Schuldzinsen — Beträge, die in guten Jahren einen erheblichen Anteil an den Staatsgewinnen ausmachen können. Kanada hat zu verschiedenen Zeitpunkten jährlich zig Milliarden für Zinsen ausgegeben. Die Vereinigten Staaten bedienen jährlich Hunderte von Milliarden. Je höher die Schuldenlast und die Zinsen, desto enger wird der fiskalische Spielraum — und desto einfacher ist es für externe Gläubiger und Institutionen, als Preis für Liquidität politische Zugeständnisse zu fordern.
Internationale Kreditvergabe verstärkt dieses Muster. Wenn ein Land in eine Krise getrieben wird, besteht die übliche Medizin aus Sparmaßnahmen und Privatisierung im Austausch für Finanzierungen — was tatsächlich dazu führt, dass öffentliche Vermögenswerte und zukünftige Cashflows in private Hände übergehen. Selbst wenn solche Maßnahmen eine Währung stabilisieren, hinterlassen sie oft ein Erbe aus eingeschränkter Souveränität und Belastungen des Sozialsystems. So oder so heißt das organisierende Prinzip weiterhin: „Zuerst müssen die Schulden bedient werden.“
4. Warum stetes Wachstum nicht verhandelbar erscheint
Hat man erst verstanden, dass verzinste Kredite die Hauptquelle neuen Geldes sind, macht die Politik des „Wachstums um jeden Preis“ mehr Sinn. Wenn Wirtschaftssysteme wachsen müssen, um frühere Verbindlichkeiten zu bedienen, haben politische Entscheidungsträger einen Anreiz, das BIP zu steigern, selbst wenn die ökologischen oder gesellschaftlichen Erträge negativ sind. Deshalb tendieren Regierungen jeder Couleur dazu, bei einer Stagnation des Wachstums ähnliche Maßnahmen zu ergreifen: Steueranreize für Anleihen und Investitionen, Finanzrepression zur Erhaltung niedriger Zinsen, Defizitausgaben zum Stopfen von Löchern und Druck auf Zentralbanken, die (Geld-)Politik erneut zu lockern.
Kritiker wie Roy Madron, John Jopling und John Scales Avery haben argumentiert, dass diese Abhängigkeit vom Wachstum andere Ziele verdrängt: gerechte Verteilung, Umweltschutz und kulturelle Stabilität. Es erklärt auch, warum Debatten im Mainstream oft die Wurzel (des Problems) ignorieren und sich stattdessen auf die Geschwindigkeit des Hamsterrads konzentrieren. Wir streiten uns über 2 Prozent gegenüber 3 Prozent Inflation anstatt darüber, wer das Geld herausgibt, wer den Geldschöpfungsgewinn einstreicht und wer für die Verluste aufkommt, wenn sich die (Konjunktur-)Zyklen umkehren.
5.Die Federal Reserve: Öffentliches Mandat, private Ursprünge
Die Federal Reserve nimmt eine ungewöhnliche Stellung ein: (sie hat) ein öffentliches Mandat — Preisstabilität, maximale Beschäftigung —, durchgesetzt durch ein System, das sich im Besitz von Mitgliedsbanken auf regionaler Ebene befindet. In der Rechtssprache wird schon lange anerkannt, dass die Federal-Reserve-Banken Körperschaften mit privaten Anteilseignern (Handelsbanken) sind, die viele Direktoren wählen. Das Board of Governors ist eine Bundesbehörde, die operative Struktur jedoch verbindet öffentliche Ziele mit privater Infrastruktur.
Bezüglich einer Rechenschaftspflicht wirft dieses hybride Modell berechtigte Fragen auf:
- Wer profitiert letztendlich davon, wenn die Fed Märkte stützt?
- privater Bilanzen in Einklang?
- Warum wird die Schaffung und Verteilung von Geld weitgehend von Institutionen gesteuert, die von den Bürgern nicht gewählt werden?
Selbst Verteidiger des bestehenden Systems sollten einräumen, dass eine große Kommunikationslücke besteht: Der durchschnittliche Bürger hat wenig Ahnung davon, wie Rückstellungen, Pensionsgeschäfte und Anlagen zu realen Vermögenseffekten werden.
Dieser Mangel an Transparenz macht die Menschen misstrauisch — selbst wenn dieses Misstrauen nicht immer gerechtfertigt ist —, weil er bedeutet, dass die Öffentlichkeit kaum weiß, wie wichtige finanzielle Entscheidungen getroffen werden oder wer von ihnen profitiert. Schlussendlich hindert diese Geheimniskrämerei normale Bürger und ihre Repräsentanten daran, Entscheidungen, die die Lebensgrundlagen aller betreffen, offen zu diskutieren.
6. Wucher, Inflation und der Preis der „Stabilität“
Wenn Geld überwiegend als Schulden existiert, sind Zinsen keine Nebensache, sondern eine strukturelle Steuer für alle, die Geld für Transaktionen benötigen. Durch die Schaffung von Krediten sammeln Banken Zinsströme, die im System aufzinsen. Währenddessen wird Inflation — die Verwässerung der Kaufkraft — oft zu einem notwendigen Nebenprodukt, um die Schuldenlast tragbar zu halten. In der Praxis wirkt die Inflation wie eine heimliche Weitergabe (von Geld) von Sparern und Lohnempfängern zu denen, die näher am Zapfhahn neuen Geldes sitzen — zu großen Finanzinstituten und Vermögensbesitzern.
Es handelt sich hier nicht um ein Plädoyer für die Abschaffung von Krediten — moderne Ökonomien benötigen flexible Finanzierungen. Es ist ein Plädoyer dafür, die Zielkonflikte deutlich zu benennen. Wenn wir die geldpolitische Lockerung als „Stimulans“ bezeichnen, sollten wir auch offenlegen, wer den Verlust an Kaufkraft trägt und wer von der Vermögensinflation profitiert. Wenn wir die Zinsen erhöhen, um „die Inflation zu bekämpfen“, sollten wir zugeben, dass dabei Kosten in den Bereichen Arbeitsplätze, Insolvenzen und öffentliche Haushalte entstehen. Stabilität ist niemals kostenlos — sie bedeutet eine Umverteilung der Volatilität.
7. Die globale Ebene: Koordination ohne Zustimmung
Jenseits nationaler Systeme befindet sich ein Netz globaler Koordination: Standards, Swaplines und Vereinbarungen über Zentralbankkredite, die die Ökonomien miteinander verzahnen. Institutionen wie die BIZ, der IWF und Entwicklungsbanken entwerfen die Bedingungen für Liquidität und Umstrukturierung. Befürwortern zufolge ist dies notwendig, um eine Finanz- oder Währungskrise zu vermeiden; Kritiker dagegen wenden ein, dass dies einer transnationalen Finanzklasse ermöglicht, demokratischen Gesellschaften in Zeiten maximaler Verwundbarkeit Bedingungen zu diktieren.
Beide Ansichten können zutreffen. Aber unabhängig davon, welche Seite man vertritt, ist das Ergebnis ähnlich: Die Gläubiger sitzen am längeren Hebel und die Politik folgt den Realitäten der Bilanzen. Je tiefer die Verschuldung und je angespannter die Märkte, desto enger ist der Handlungsspielraum für Regierungen und Bürger. Dies ist keine Verschwörung, sondern eine Gestaltungsentscheidung, über die wir selten diskutieren.
8. Souveränität, die Medien und das Problem mit dem Narrativ
Die Macht, Geld zu schaffen und Kredite zu vergeben, hat unweigerlich auch Einfluss auf Medien und Politik. Die Eigentümer bedeutender Finanzforderungen besitzen oder beeinflussen die Plattformen, die die öffentlichen Narrative prägen. Dies bedeutet nicht, dass jede Redaktion Anweisungen von einer Bank entgegennimmt, sondern dass strukturelle Kritik an Schuldgeldsystemen oft marginalisiert wird, während oberflächliche Debatten ausgiebig behandelt werden.
Das Ergebnis ist eine Öffentlichkeit, die in Endlosschleife über Symptome wie Ungleichheit, Immobilienblasen, Lohnstagnation und Sparmaßnahmen debattiert, ohne die monetäre Architektur zu hinterfragen, die dies verursacht.
Repräsentative Demokratie wird dann zu einer Wahl zwischen Parteien, die dasselbe Hamsterrad in unterschiedlichen Geschwindigkeiten betreiben.
9. Die ethische Dimension: Verantwortung versus Ausbeutung
Lassen wir die technischen Details beiseite, bleibt nur eine moralische Frage: Wozu dient Geld? Handelt es sich um ein öffentliches Gut, das reale Arbeit und Ressourcen misst und mobilisiert, sollte seine Schaffung und Verteilung transparent, rechenschaftspflichtig und auf das Gemeinwohl ausgerichtet sein. Wenn (andererseits) Geld etwas ist, das zum Zwecke des Profits und der Zinsen verkauft wird, anstatt im Sinne des Gemeinwohls verwaltet zu werden, sollten wir zumindest zugeben, dass wir in einer Welt leben, in der die Ansprüche der Banken auf unsere zukünftige Arbeit wichtiger sind als das Wohlergehen der Menschen heute.
Traditionsübergreifend zieht sich in weltlicher wie spiritueller Hinsicht ein roter Faden: Reichtum ist Verantwortung, nicht Eigentum. Die „Herrschaft“ über die Erde bedeutet nicht, die Zukunft auszubeuten, sondern Verantwortung zu übernehmen für die Lebenssysteme, die uns erhalten. Jede Wirtschaftsarchitektur, die eine fortwährende Ausbeutung erfordert, um Zinsforderungen zu bedienen, wird schließlich mit ökologischen Grenzen und der Menschenwürde kollidieren.
10. Was eine Reform bedeuten könnte (ohne utopische Versprechungen)
Diese Ausführungen schreiben keine singuläre Lösung vor, sondern weisen auf Prinzipien hin, die Reformer jeder Couleur bewerten könnten:
- Finanzielle Transparenz: Die Bürger haben ein Recht auf Erklärungen darüber, wie das Geld in Umlauf kommt und wer es zuerst und zu welchen Bedingungen erhält.
- Geldschöpfungsgewinn für die Öffentlichkeit: Die Erforschung von Mechanismen, durch die Geldschöpfungsgewinne öffentlichen Prioritäten dienen, statt sich hauptsächlich in privaten Bilanzen anzusammeln.
- Antizyklische Puffer: Strategien, die extreme Konjunkturschwankungen abmildern — beispielsweise strengere Richtlinien zu Fremdkapitalaufnahme in Aufschwungs- und automatische Stabilisatoren in Abschwungsphasen —, können die menschlichen Kosten von Kreditzyklen minimieren.
- Souveräne Leistungsfähigkeit: Wiederherstellung und Schutz der nationalen Funktion der Ausgabe von Geld oder öffentlichen Krediten für Projekte der Realwirtschaft mit unabhängigen Prüfungen zur Eindämmung von Missbrauch.
- Ethische Grenzen: Die Anerkennung dessen, dass jedes System, das unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten fordert, mathematisch fragil und moralisch kurzsichtig ist. Ein Konzept von Resilienz statt Hype.
Es handelt sich hier nicht um radikale Ideen, sondern um überfällige Diskussionen in einer Welt, in der fast jeder direkt oder indirekt ein Schuldner gegenüber einer Maschine ist, die nur wenige verstehen.
Fazit: Die Maschine verstehen
Wenn Sie sich nur eine Sache merken, dann folgende: Geld ist nicht neutral. Wie es geschaffen wird, wer seine Ausgabe kontrolliert, welche Forderungen daran gebunden sind — all dies bestimmt die Form unserer Ökonomien und die Grenzen unserer Politik. Wir können uns über die besten Reformen uneinig sein, aber wir können es uns nicht länger leisten, als Bürger Analphabeten zu sein bezüglich der finanziellen Zusammenhänge, die unser Leben bestimmen.
In einer gesunden Gesellschaft wäre die Architektur des Geldes ein Thema öffentlicher Diskussion und nicht das Geheimnis von Spezialisten. Bis dahin wird sich das Hamsterrad weiter drehen — und diejenigen, die den Steuerhebeln am nächsten sind, werden weiterhin entscheiden, wie schnell die übrigen von uns rennen müssen.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „The Hidden Architecture of Debt: How Private Banking Captured the Global Economy” bei Global Research. Er wurde von Gabriele Herb ehrenamtlich übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrektoratteam lektoriert.
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