Zum Inhalt:
Unterstützen Sie Manova mit einer Spende
Unterstützen Sie Manova
Schluss mit lustig!

Schluss mit lustig!

Humor ist die Aufdeckung eines Missstands, um ihn im selben Augenblick zu vergeben — dennoch fühlen sich Mächtige von Witzbolden häufig bedroht.

Schon Aristoteles wusste, dass die Fähigkeit zu lachen von allen Lebewesen allein dem Menschen zukommt, dass es also das Lachen ist, das ihn eigentlich erst zum Menschen macht. Ähnlich wie die Liebe gehört das Lachen zu den scheinbar gewöhnlichsten und populärsten Phänomenen der Welt, während es auf der anderen Seite die Sphäre des Heiligen und Göttlichen berührt. „Lachend taucht der Mensch in ein Gefühl von Zeitlosigkeit ein und erfährt die Freude der Gegenwart im Augenblick“, heißt es auf einer Webseite der Lachbewegung Deutschland.

Lachen erzeugt schon körperlich eine energetisch wirksame Vibration, die Blockaden auflöst und Energieströme befreit. Lachen untergräbt die einseitige Identifikation mit dem Ego und seinem auf würdevollen Ernst programmierten Charakterpanzer. In allen diesen Punkten ähnelt das Lachen wiederum der Liebe. Daher unterliegen das Lachen wie die Liebe besonders der Gefahr, von moralischen und politischen Zwangssystemen verfolgt zu werden. Wer lacht — und wer liebt —, ist weitgehend immun gegen die hypnotische Wirkung der gesellschaftlich erwünschten Leitbilder Erfolg, Leistung, Disziplin und Macht. Es gibt keine psychosomatische Gesundheit ohne Freiheit in einem ganzheitlichen Sinn: als emotionale und sexuelle, als geistige und politische Freiheit. Und es gibt in diesem umfassenden Sinn nichts Befreienderes als das Lachen.

Lachen lindert Ängste

Der vielleicht bekannteste Guru des 20. Jahrhunderts, Osho (Bhagwan Shree Rashneesh), entwarf die „Mystic Rose Meditation“, eine Kursstruktur von sieben Tagen, bei der täglich drei Stunden lang gelacht, anschließend drei Stunden geweint und zum Schluss drei Stunden in Ruhe meditiert werden soll. Zum ersten Teil, dem Lachen, schreibt Osho: „Drei Stunden werden die Leute einfach völlig ohne Grund lachen. Wenn du so drei Stunden lang gräbst und forschst, wirst du erstaunt sein, was für Staubschichten sich auf deinem Sein angesammelt haben. Wie ein Schwert wird es sie mit einem Schlag beseitigen.“

Humor kann helfen, Stress aufzulösen, und ist erwiesenermaßen gesund für Leib und Seele. In diesem Effekt des Lachens könnte nun auch eine Schnittstelle zu Religion und Politik liegen.

So sehr Angst auch ein therapeutisch zu bekämpfendes Übel ist, von „Wahrheitsbesitzern“ jeglicher Couleur ist sie mitunter gewollt und wird als Machtmittel missbraucht.

So betont Ian Hislop, Chefredakteur des britischen Satire-Magazins Private Eye die Furcht reduzierende Wirkung des Humors: „Wir helfen, Ängste zu reduzieren. Wenn man Bin Laden als den Teufel darstellt, ist das furchterregend. Wenn man ihn aber als eine Witzfigur darstellt, schrumpft der Schrecken.“ Hislop wie auch der weltbekannte Komiker Rowan Atkinson („Mr. Bean“) waren vehemente Gegner des Versuchs des damaligen britischen Innenministers David Blunkett, „Aufrufe zu religiösem Hass“ infolge der Anschläge vom 11. September per Gesetz unter Strafe zu stellen. Sie befürchteten Maulkörbe für Kabarettisten und Satiriker.

Der Hofnarr — Urbild zulässiger Kritik

Witzverbote sind an und für sich kein neues Phänomen. Schon der griechische Philosoph Platon (428 bis 348 v. Chr.) outete sich als vehementer Witzgegner. In seinem Werk „Politeia“ schrieb er, das Lachen vertrüge sich nicht mit der Würde des Menschen. Im Mittelalter setzte eine Kooperation der Spaßbremsen aus Staat und Kirche zeitweise Lachverbote in Kraft. Der Kirchenvater Johannes Chrysostomos (40 bis 120) behauptete etwa, Christus habe nie gelacht. Woher weiß er das? Auch Augustinus und Bernhard von Clairvaux sollen Gegner des Lachens gewesen sein. Als spärliche Grundlage diente ihnen die folgende Bibelstelle: „Wehe euch, die ihr jetzt lacht, denn ihr werdet klagen und weinen.“

Bekannt ist aus dem Mittelalter aber auch die Institution des Hofnarren, die quasi eine Form staatlich erwünschten Humors repräsentiert. „Die Hofnarren als ‚Offizianten’ (in einem festen höfischen Amt) sollten ursprünglich ihren Herrn nicht belustigen, sondern ihn als ernste Figur ständig daran erinnern, dass auch er in Sünde fallen könne und darin sterben werde; sie waren also eine soziale Institution zulässiger Kritik“ (Wikipedia). Narren als Spaßvögel und witzige Unterhalter waren eher ein Phänomen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit. Schillernde Gestalten wie der Narr aus Shakespeares „King Lear“, Till Eulenspiegel oder Simplizius Simplizissimus prägen das Bild des Narren bis heute. Der subversive Charakter des Humors, gestützt durch die sogenannte Narrenfreiheit, trat schon damals zutage.

Heute ist das Terrain „zulässiger Kritik“ zwar sehr weit gesteckt, doch die Zahl der Politiker, die sich durch gelungene Kritik, Karikatur und Satire in ihrem Handeln tatsächlich beeinflussen lassen, umso enger begrenzt. Man lässt sich — wie beim bayerischen Starkbieranstich — von milder Satire berieseln, die damit verbundene Kritik jedoch an einem Regenmantel aus Selbstgerechtigkeit abfließen, um dann zur Tagesordnung überzugehen.

Für die Bevölkerung dient populäre Satire als Ventil. Wenn „die da oben“ mal wieder tüchtig verarscht werden, verschafft dies den Lachenden ein eingebildetes Überlegenheitsgefühl, das ihre reale Machtlosigkeit wieder für einige Zeit erträglich macht. Dass er „zu weit gegangen“ ist, merkt der Betreffende dann mitunter an einem gut orchestrierten medialen Shitstorm gegen die eigene Person, an gekündigten Auftritten und Engagements oder an Forderungen wohlmeinender Würdenträger, die auf eine gesellschaftliche und berufliche Isolation hinauslaufen.

„Schwere Gotteslästerung“

Wenn man beobachtet, wie mühelos Satire und Kabarett in unserem System „repressiver Toleranz“ (Ludwig Marcuse) zur Stabilisierung des politischen Systems eingesetzt werden, kann man die Aufregung mancher totalitärer Regime über den kritischen Witz kaum mehr verstehen. In Diktaturen aller Art waren Witze immer schon die verstohlene Gegenwehr des kleinen Mannes. Man denke zum Beispiel an folgenden DDR-Witz, der durch den Oscar-gekrönten Film „Das Leben der Anderen“ weltbekannt wurde:

„Honecker schaut am Morgen aus seiner Villa in Wandlitz und sieht die Sonne aufgehen. Er sagt: ‚Guten Morgen, liebe Sonne!’ Darauf die Sonne: ‚Guten Morgen, Genosse Generalsekretär und Vorsitzender des Staatsrats der Deutschen Demokratischen Republik!’ Am Abend geht Honecker noch mal an ein Fenster und verabschiedet sich: ‚Guten Abend, liebe Sonne!’ Darauf die Sonne: ‚Jetzt kannst du mich am Arsch lecken, jetzt bin ich im Westen!’.“

Die Freude über den gelungenen Scherz sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass kritische Karikaturen und Satiren in der DDR verboten waren, also durch Demütigung und Freiheitsverlust sanktioniert werden konnten. Der Kampf um eine sozialistische Zukunft könne niemals eine Quelle der Komik und der Lächerlichkeit sein, hieß es offiziell.

Der Blick auf die Geschichte zeigt: Der Prüfstein für die Meinungsfreiheit war immer auch die Witzfreiheit. Wo man das Lachen einzusperren versucht, sperrt man häufig auch Menschen ein. Typischerweise wird man bei der Bundeswehr, wenn man in „Reih und Glied“ lacht, scharf zurechtgewiesen. So mancher, der jetzt das Recht auf Satire verteidigt, hat mit politischem und religiösem Humor so seine Schwierigkeiten. 2006 forderte der ehemalige bayerische Ministerpräsident Stoiber, „schwere Gotteslästerung“ künftig schwerer und härter zu bestrafen. Interessanterweise berief er sich dabei auf den ausufernden Karikaturenstreit, der damals in muslimischen Ländern zu teilweise gewalttätigen Protesten führte. 1986 schaltete sich der Bayerische Rundfunk während der Übertragung einer „Scheibenwischer”-Sendung aus dem gemeinsamen Programm der ARD aus. 2014 wollte ZEIT-Herausgeber Josef Joffe eine ZDF-Sendung der „Anstalt” gerichtlich verbieten lassen. Wenn es nur andere sind, die mit Satire angegriffen werden, ist es eben leichter, die abendländische Meinungsfreiheit hochzuhalten.

„Erniedrigen und einschüchtern durch Ernst“

Ich sage dazu, dass ich gegen Verbote bin, allerdings für freiwillige Rücksichtnahme auf die Gefühle von gläubigen Menschen aller Richtungen. Vor allem erscheint mir Provokation als Selbstzweck und mit geschmacklosen Mitteln kontraproduktiv, teilweise auch schlicht als ein Symptom atheistischer Arroganz. Sofern sich religiöse Institutionen Macht anmaßen, müssen sie sich satirische Kritik gefallen lassen. Aber gerade Muslime gehören in Europa derzeit zu den Minderheiten, die teilweise unbeliebt sind und ausgegrenzt werden. In dieser Situation verbietet es sich für mich, ausgerechnet auf ihnen herumzuhacken und den „Kulturenkampf“, der von einigen Seiten bewusst geschürt wird, weiter anzuheizen.

Freiheit ist immer die Freiheit dessen, der über etwas anderes lacht. Aber jeder ist auch aufgerufen, diese Freiheit in nicht unnötig destruktiver Form zu nutzen.

In Umberto Ecos Mittelalter-Roman „Der Name der Rose“ dient die Angst des Klerus vor der zersetzenden Kraft des Lachens als Aufhänger für eine rätselhafte Serie von Morden im Klostermilieu. Die — in Wahrheit verschollene — Komödientheorie des Aristoteles ist für den fanatischen Mönch Jorge die Ausgeburt des Satans, größte Gefahr für den geistlichen Frieden, der sich auf Angst gründet.

„Das Lachen vertreibt dem Bauern für ein paar Momente die Angst. Doch das Gesetz verschafft sich Geltung mit Hilfe der Angst, deren wahrer Name Gottesfurcht ist. Und aus diesem Buch könnte leicht der luziferische Funke aufspringen, der die ganze Welt in einen neuen Brand steckt. (…) Und was wären wir sündigen Kreaturen denn ohne die Angst, diese vielleicht wohltätigste und gnädigste aller Gaben Gottes?“

Das probate Gegenmittel ist für Jorge heiliger Ernst.

„Wenn das Lachen die Kurzweil des niederen Volkes ist, so muss die Freiheit des niederen Volkes in engen Grenzen gehalten, muss erniedrigt und eingeschüchtert werden durch Ernst.“

Lachen über Hitler?

Oft wurde die Frage gestellt, ob man auch über Verbrecher größten „Formates“, zum Beispiel über Adolf Hitler, lachen dürfe. Die Tatsache, dass das Lächerliche in solchen Fällen ins Grausige umschlagen kann, löst die Komik für mein Gefühl jedoch nicht völlig auf, sie schafft nur ein kreatives Spannungsfeld aus Lachen und Weinen, Entsetzen und der Lust am Subversiven. Komiker wie Charlie Chaplin oder Roberto Benigni wussten das. Gerade das Lächerliche besitzt die Tendenz, sich selbst den Gläubigen als Fetisch aufzudrängen und von Nichtgläubigen Unterwerfung zu verlangen. Unnötig anzumerken, dass Witze über das NS-Regime während des Dritten Reichs lebensgefährlich waren. Zum Beispiel dieser: „Wer ist der größte Bauer? — Adolf Hitler. Er hat 65 Millionen Rindviecher und den größten Saustall.“

Die Bedeutung von Humor als Stilmittel des Widerstands ist in den letzten 20 Jahren rapide gewachsen. Lange galten missmutige Erbitterung und ein entsprechend sauertöpfischer Gesichtsausdruck als Grundausstattung jedes politisch Rebellierenden. Im Juni 2007, beim Gipfel in Heiligendamm, trat dagegen eine „Clowns-Armee“ auf, die sich selbst auch als „Spaß-Guerilla“ bezeichnete. Diese Guerilleros begaben sich mit Perücken, roten Nasen und Wasserspritzen vor die Frontlinien der hochgerüsteten Polizei — mit dem erklärten Ziel, zur Entspannung der beiderseitig aufgeheizten Situation beizutragen. Vieles spricht dafür, dass die Rechnung aufgegangen ist. Die Staatsmacht fürchtete Pressebilder von Polizisten, die brutal auf Clowns eindreschen.

Den Käfig des Hochmuts verlassen

Humor verhält sich auch subversiv gegenüber dem herrschenden Leistungs- und Perfektionsdrang. Der Schauspiellehrer und professionelle Clown Johannes Galli sagte:

„Da der unerträgliche Druck, immer das Richtige tun zu müssen, alles Lebendige abtötet, hat der Clown den Käfig des Hochmuts für immer verlassen. Für den Clown markiert das Scheitern nicht das Ende eines Spiels, sondern den Anfang eines neuen. Im Moment seiner tiefsten Niederlage entdeckt er eine neue Möglichkeit zu einer noch tieferen Niederlage.“

So gesehen ist Clown-Sein eine durchaus vernünftige Form heiterer Demut, die Befreiung von Zwang, effizient sein zu müssen. Verglichen mit der Figur des Clowns, so scheint es, ist der immer Selbstbewusste, Trittsichere, den unsere Gesellschaft hofiert, nur zu feige, um sich selbst in seiner kreatürlichen, tragikomischen Unvollkommenheit anzuschauen. Aus dieser Angst heraus perfektioniert er eine Maske angestrengter Seriosität und Makellosigkeit.

Auch für mich gibt es Dinge, Menschen und Begriffe, die ich ernst nehme und die für mich heilig sind. Die Frage ist nur, ob Heiligkeit die Abwesenheit von Spott und Humor zur Folge haben muss. Als ich einmal für die Zeitschrift connection eine Satire über Gurus schrieb, die von einer Casting-Agentur nach Marketing-Gesichtspunkten für ihre Rolle ausgewählt wurden, wurde mir per Leserbrief von einer spirituellen Lehrerin vorgeworfen, „die Wahrheit verraten“ zu haben. Was aber ist Wahrheit? Umberto Eco hat es in „Der Name der Rose“ sehr schön ausgedrückt: „Vielleicht gibt es am Ende nur eins zu tun, wenn man die Menschen liebt: sie über die Wahrheit zum Lachen bringen.“

Eine künstliche Spaltung

So ist Humorlosigkeit keineswegs ein geistiges Adelsprädikat. Sie kennzeichnet vielmehr eher das Mittelmaß, während die wirklich Großen sich meist lockerer geben. Theresa von Avila, die bedeutende spanische Mystikerin, soll sich während einer schweren Krankheit bei Jesus wegen ihres Leidens beschwert haben. „Das ist die Art und Weise, wie ich meine Freunde prüfe“, soll Jesus gesagt haben. Darauf Theresa: „Es wundert mich nicht, dass du so wenig Freunde hast.“ Auch große spirituelle Vorbilder wie Laotse und Jesus waren stets witzig — nicht im Sinn des Humors einer Bullyparade, wohl aber im Sinn von geist- und pointenreich. Geschichten mit komischem Potenzial kennzeichnen unter anderem die Überlieferungen des Zen, des Judentums und der islamischen Sufis. Im arabischen Kulturkreis sind etwa die Geschichten des erleuchteten Narren Mullah Nasruddin bekannt. Eine Kostprobe: „Nasruddin saß am Flussufer, als jemand vom anderen Ufer aus rief: ‚Wie komme ich denn hier auf die andere Seite?’ Darauf Nasruddin: ‚Du bist auf der anderen Seite!’“

Als ich einmal versuchte, mit meiner Lebensgefährtin den abgesperrten Altarraum einer alten bayerischen Wallfahrtskirche zu betreten, um eine schöne Statue aus der Nähe anzuschauen, wurden wir von einem erbittert wirkenden Einheimischen zurückgepfiffen: „Sie, des geht fei ned!“ Diese symbolische Grenze zwischen dem betretbaren und dem verbotenen, weil heiligen Bezirk ist charakteristisch für die künstliche Spaltung, die der humorlos Anbetende typischerweise vornimmt:

Der Mensch projiziert seine eigene innerste Heiligkeit, die ihm durch die Verbindung zu Gott beziehungsweise zum Göttlichen zukommt, auf etwas Äußeres — um sich dann selbst für unwürdig zu erklären, dieses Äußere zu berühren.

So wie unser dreistes Durchbrechen einer magischen Schranke wirkt auch Humor schnell blasphemisch, weil er sich gern unbefangen über Grenzen hinwegsetzt, die andere als absolut respektiert wissen wollen. Je weniger Heiligkeit künstlich ist, je mehr sie ihrer selbst sicher ist, desto eher duldet sie Ironie und praktiziert Selbstironie. Je mehr das Verehrungswürdige dagegen zum Götzen degeneriert ist, desto weniger duldet es „Entweihung“ und versucht diejenigen, die sich den Ritualen seiner Verehrung nicht anschließen, mundtot zu machen.

Das Verdrängte zum Vorschein bringen

Der auf konstruktive Weise Humorvolle versucht den Gegenstand seines Witzes nicht „anzuschwärzen“, sondern ihn im Gegenteil zu beleuchten. Alles und jeder ist für ihn auf einer tieferen Ebene zu respektieren, aber nichts ist völlig frei von komischem Potenzial. Humor ist im besten Fall kritisches Mitgefühl; er deckt einen Missstand niemals auf, ohne ihn im gleichen Atemzug zu vergeben. Humor befreit den fehlerhaften Menschen von der Last unbarmherziger Selbstvorwürfe und macht zugleich jene Verdrängungsmechanismen überflüssig, mit denen er heilsame Selbsterkenntnis abzuwehren suchte.

Die Wahrheit aufdecken, um sie zu vergeben und die Menschen von ihren unbewusst destruktiven Wirkungen zu befreien — ist das nicht auch eine gute Definition für Psychotherapie?

So gesehen gibt es kaum etwas Klügeres als gehobenen Blödsinn. Der spanische Maler Salvador Dalí soll gesagt haben: „Es gibt so viele Narren, die gescheit sein wollen, warum sollte dann ein Gescheiter nicht auch Narr sein?“

Der gesund machende Effekt des Lachens ist nicht von seinem politisch befreienden und seinem spirituell erleuchtenden zu trennen. In allen Fällen geht es um Freiheit, um Weite, um die Abwesenheit von geistiger Beschränktheit und verbissener Selbstüberschätzung. Gewiss, es gibt auch einen Humor, der aus der Enge kommt, wenn Minderheiten in ohnehin schwacher sozialer Position zum Beispiel durch einen auf Vorurteilen beruhenden Zynismus in die Enge getrieben werden. Der Unterschied zwischen einem Humor der geistigen Enge und einem, der aus der Weite kommt, besteht wohl vor allem in der Fähigkeit, über sich selbst und Dinge, die einem selbst „heilig“ sind, ebenso zu lachen wie über die falschen Götzen der anderen. Prüfen Sie, wenn Sie jemanden zum Vorbild oder gar zum „Guru“ erwählen wollen, ob der Betreffende über sich selbst lachen kann.

Ein Gott, der beleidigt ist, weil man Witze über ihn macht, ist nicht der wahre Gott.

Wann immer Sie das Gefühl haben, etwas für Sie Heiliges würde „in den Schmutz“ gezogen, sehen Sie es als Aufforderung zu mehr Toleranz, als Lockruf in die Weite.


Am 27. März erscheint der neue Rubikon-Bestseller von Roland Rottenfußer. Hier können Sie das Buch vorbestellen: als Taschenbuch oder E-Book.


Klappentext:

Wenn jetzt nicht etwas Grundlegendes geschieht, dann war’s das mit der Freiheit. Und nicht die Angriffe ihrer Gegner werden ihr den Garaus machen — die Gleichgültigkeit derer, die sie so lange genossen, wird es tun.

Pandemien, Weltkrieg, Klimanotstand: Die Freiheit schwebt in höchster Gefahr. „Freiheitsgesäusel“? „Mehr Diktatur wagen“? Was ist kaputt in den Herzen und Köpfen der vielen, dass sie sich selbst und ihre Freiheit so geringschätzen, ja regelrecht verachten? Warum stimmen sie ihrer eigenen Entrechtung zu und scheinen in ihre Ketten geradezu verliebt?

Roland Rottenfußer zeigt: Wir sind Gefangene unserer Illusionen, Gefangene der Lügen und Strategien der Macht. Doch der Kaiser ist längst nackt, der Zauberer von Oz nur ein größenwahnsinniger Zwerg, der an Hebeln zieht. Erkennen wir, dass unsere Angst grundlos ist, fällt der Bann von uns ab und finden wir zurück in unsere Wahrheit und Kraft:

„Wäre die Freiheit eine Person, eine schöne Göttin — was würde ich ihr sagen? Vor allem eines: Verzeih uns! Verzeih uns diesen erbärmlichen, unwürdigen Verrat. Es wird nie wieder vorkommen. Von nun an werden wir besser für dich kämpfen.“

Rottenfußers Buch ist eine Liebeserklärung an die Freiheit und individuell-kollektive Revolutionsanleitung zugleich. Der Weg liegt vor uns, wir müssen ihn nur noch gehen. Ganz nach der Devise von Bertolt Brecht: „Wenn die Wahrheit zu schwach ist, sich zu verteidigen, muss sie zum Angriff übergehen.“


Wenn Sie für unabhängige Artikel wie diesen etwas übrig haben, können Sie uns zum Beispiel mit einem Dauerauftrag von 2 Euro oder einer Einzelspende unterstützen.

Oder senden Sie einfach eine SMS mit dem Stichwort Manova5 oder Manova10 an die 81190 und mit Ihrer nächsten Handyrechnung werden Ihnen 5, beziehungsweise 10 Euro in Rechnung gestellt, die abzüglich einer Gebühr von 17 Cent unmittelbar unserer Arbeit zugutekommen.

Weiterlesen

Die totgesagte Welt
Thematisch verwandter Artikel

Die totgesagte Welt

Der herrschende Materialismus betrachtet den Menschen und die Welt als sinn- und leblose Apparaturen. Nun soll uns das letzte Stück Lebendigkeit ausgetrieben werden.

Ein nützlicher Tod
Aktueller Artikel

Ein nützlicher Tod

Der verstorbene Kreml-Kritiker Alexei Nawalny wird vom Westen zum Demokratie-Helden verklärt und im Informationskrieg gegen Russland instrumentalisiert. Teil 2 von 2.

Ostdeutsches Besinnen
Aus dem Archiv

Ostdeutsches Besinnen

Zum wiederholten Mal wird ehemaligen Bürgern der DDR eingeredet, dass ihre bisherige Art zu leben und zu denken wertlos gewesen sei.