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Welt ohne Geld

Welt ohne Geld

Erst wenn das Grundübel unserer Gesellschaft beseitigt ist, können wir zu einem menschlichen Miteinander finden.

Wir müssen über Geld reden. Nein, nicht über Ihr Einkommen. Über Geld an und für sich, als Machtfaktor, als Philosophie, als Grundlage unserer Gesellschaft. Geld ist heute die normalste Sache der Welt. Vor Tausenden von Jahren erfunden, wird es heute auf der ganzen Welt eingesetzt, um Waren zu verteilen und als Tauschmittel zu dienen. Dies ist zumindest das, was die meisten Menschen unter Geld verstehen, und so, als Tauschmittel, ist es auch erfunden worden. War es zuvor notwendig, mit der Gans unter dem Arm einen angemessenen Gegenwert in, beispielsweise Säcken Mehl auszuhandeln, so wird uns eingeredet, Geld habe einen objektiven Wert, sei geronnene Arbeit, und könne als solche eingetauscht werden.

Doch das ist nicht die Hauptfunktion des Geldes. Diese besteht vielmehr in der Aufrechterhaltung von Reichtum und Armut, und daher von Ungleichheit in der Welt und letztlich von Macht. Denn Geld hat die Eigenschaft, sich ohne eigenes Zutun zu vermehren, aber das natürlich nur, wenn man überhaupt schon eine gewisse Menge davon besitzt. Wer Geld hat, bekommt also relativ leicht noch viel mehr davon, wer es nicht hat, der hat eben Pech gehabt. Man kann mit Geld spekulieren, erpressen und bestechen, Öffentlichkeit und Meinungen formen, Krisen und Kriege provozieren und beeinflussen, sodass man selbst aus diesen reicher hervorgeht.

Geld bedeutet Macht

Im Kapitalismus hat sich Geld somit als wesentlicher Machtfaktor erwiesen. Da das kapitalistische System am Tropf des Kapitals hängt, sind die Kapitaleigner dazu in der Lage, demokratisch nicht legitimierte Macht auszuüben. Diese wirkt sich subtil und von den meisten unbemerkt über die gewählten Vertreter, die Entscheidungen als ihre eigenen ausgeben, auf die Gesellschaft aus. Kommen die Kapitaleigner auf diesem Wege nicht weiter, so wird Geld als Waffe eingesetzt, werden Volkswirtschaften zerstört, Unruhen geschürt, Kriege und Krisen finanziert. Das ist insbesondere seit Anfang 2020 zu beobachten und findet seine Fortsetzung im Krieg in der Ukraine.

Gezielte Einflussnahme auf Politiker begünstigt deren Bereitschaft, sich den Sachzwängen der Wirtschaft zu opfern. So lassen sich Parlamentarier und Regierende durch die Verlockungen des Geldes zu Entscheidungen hinreißen zugunsten der Kapitaleigner, deren Ziel es einzig und allein ist, ihre Macht zu festigen und ihre Gewinne zu erhöhen. Aber dies geschieht gegen die überwiegende Mehrheit der Menschen, sei es durch direkte Korruption oder durch die Aussicht auf einen gut bezahlten Posten in der Privatwirtschaft.

Auch ohne Bestechung vollstreckt die Politik jedoch zumeist die Interessen des Kapitals.

Dies ist in der Regel der propagierten Aussage geschuldet, alle hingen vom Erfolg der Wirtschaft ab, sowie dem ökonomischen Zwang nach Wachstum und der Abhängigkeit jedes Einzelnen von einem bezahlten Arbeitsplatz, wodurch die Kapitaleigner eine unvorstellbare Macht und Einfluss über die Geschicke der Politik erlangt haben.

Abhängigkeit

Denn wer leben will, muss essen, irgendwo wohnen und sich generell versorgen. Das jedoch funktioniert nur über Geld. Alles, was man zum Leben braucht, muss man kaufen. Das dafür benötigte Geld muss man zunächst verdienen. Das wiederum ist nur durch Arbeit möglich, solche wird bereitgestellt von eben jenen, die schon über viel Geld verfügen. Damit ist der Einzelne genau diesen Menschen ausgeliefert. Dabei beruht deren Reichtum zumeist auf Raub und Diebstahl, was in der Vergangenheit im großen Maße stattfand und auch heute noch in der sogenannten Dritten Welt gang und gäbe ist. Das Kapital sichert sich Grund und Boden, verbannt die dort lebenden Menschen von diesem, sodass sie nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu versorgen. Von nun an sind sie abhängig vom Geld, das sie von jenen Kapitalisten — die sie zuvor von ihrem Land verbannt haben — im Gegenzug zu ihrer Arbeitskraft erhalten.

Arbeitsplätze sind damit nun ein zentraler Regulationsfaktor, über den die Versorgung der Menschen sichergestellt oder vernichtet wird. Wer Arbeit hat, kann von seinem Lohn alles Lebensnotwendige bezahlen beziehungsweise ein menschenwürdiges Leben führen, wer kein Geld hat, der eben nicht. Hier ist ein Schalthebel der Macht, über den (Finanz-)Konzerne ganze Länder politisch und wirtschaftlich unter Druck setzen können. Mutwillig können Arbeitsplätze abgebaut, Unternehmen in eine existenzielle Krise gestürzt werden, was wiederum zum Verlust von Arbeitsplätzen führt, sodass die Bevölkerung ihrer Verdienstmöglichkeit verliert. Ihre Existenz hängt voll und ganz von diesem Geld ab.

Von diesem müssen sie jene Erzeugnisse kaufen, die sie selbst hergestellt haben. Das Geld fließt also zu einem großen Teil an die Konzerne zurück. Bei all dem wurde uns erfolgreich eingeredet, dass der Weltmarkt ein demokratisches System sei — mit für alle gültigen Preisen, beispielsweise für Lebensmittel. Nichts könnte aber weiter von der Realität entfernt sein. Die Preise, die in den westlichen Industrienationen normal erscheinen, sind in der sogenannten Dritten Welt für viele Menschen unerschwinglich. Die Spekulation mit Lebensmitteln, durch die die Preise nicht selten in astronomische Höhen steigen, bedeutet für viele Menschen Armut und Hunger.

Ideologie des Marktes

Zudem hängen Preise sehr von dem jeweiligen Bedarf ab. Ein Sack Maniok ist beispielsweise für einen Europäer nicht so relevant, weil er auf diesen nicht angewiesen ist. Der Preis ist aber für Menschen, für die Maniok die Hauptnahrungsquelle ist, von großer Bedeutung. Einen objektiven Weltmarktpreis für Maniok zu bestimmen, ist weit weg von jeder Lebensrealität. Demzufolge war das Tauschsystem den Lebensbedürfnissen der Menschen viel angemessener. Hier konnten Preise individuell ausgehandelt werden. Derjenige, der eine Gans haben wollte, konnte darüber entscheiden, wie viele Säcke Mehl ihm diese Gans wert war, und umgekehrt konnte der Anbieter der Gans entscheiden, wie viele Säcke Mehl sie ihm wert war. Im Idealfall traf man dann eine Vereinbarung, die für beide akzeptabel war.

Die Preise für Güter und Lebensmittel werden heutzutage aber einer fiktiven Figur des „Marktes“ überlassen. Dieser, so die Annahme, reguliere sich selbst, biete allen Menschen den gleichen Zugang und dieselben Chancen. Diese Annahme war jedoch von Anfang an eine Fiktion. Der Kapitalismus hat die Eigentumsverhältnisse vorhergehender Epochen übernommen: Jene Familien, die vor vielen Jahrhunderten reich waren, sind es auch zu einem großen Prozentsatz im Kapitalismus, während sich Armut perpetuierte und Abhängigkeitsverhältnisse reproduziert wurden. Statt auf den Feldern der Feudalherren wurde die arme Bevölkerung in den Fabriken ausgebeutet, wo sie zu Hungerlöhnen arbeiten musste, andere Arbeitskräfte müssen als Selbstständige im Dienstleistungsbereich um ihre Existenz bangen. Die Freiheit, seinen Wohnort und seine Arbeit wählen zu können, wird nach wie vor durch den Zwang, einer Lohnarbeit nachzugehen, zur reinen Theorie.

Freiheit bedeutet derzeit nur, wählen zu können, auf welche Weise man sich dem kapitalistischen Verwertungszwang unterwirft.

Diese Tatsache wird nur langsam aufgelöst durch den Einsatz von Robotern in der Produktion, was jedoch zu weniger Arbeitsplätzen führt und, bei der fortbestehenden Abhängigkeit von Lohnarbeit, zu einer verschärften Konkurrenz um diese. Dies können die Kapitaleigner durch Verlängerung der Arbeitszeiten und Senkung der Löhne ausnutzen, um somit ihre eigenen Profite zu erhöhen. Transferleistungen federn den Effekt kaum ab, da diejenigen, die vom System aussortiert worden sind, durch repressive Zwangsmaßnahmen gezwungen werden, sich in ein System einzugliedern, das für sie doch keine Verwendung mehr findet. Zunehmende Armut trotz Wachstums ist somit eine Folge, und den Menschen wird der Zugang zu lebensnotwendigen Gütern und Leistungen zunehmend erschwert.

Dass der Markt demokratisch sei, impliziert eine gewisse Art der Mitbestimmung jedes Einzelnen. Diese ist jedoch in keinster Weise gegeben. Denn die Preise werden von den Erzeugern, also von den Eigentümern der Ländereien, Fabriken oder des schlichten Kapitals festgelegt, der Einzelne hat hier keinerlei Möglichkeit, auf den Preis einzuwirken. Er kann also nicht in Verhandlung treten und sich überlegen, wie viel ihm diese oder jene Ware wert ist, und dann einen Kompromiss mit dem Anbieter aushandeln. Auch auf das Warenangebot hat der Einzelne keinerlei Einfluss. Er hat nur die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Produkten zu wählen, die ihm von miteinander in Konkurrenz stehenden Kapitalisten angeboten werden, jedoch keinerlei Entscheidungsgewalt darüber, was produziert wird und wie das geschieht.

Ebenso kann er die durch den Hersteller angerichtete Zerstörung von Menschen und Natur nicht beeinflussen und muss sich dann von Politik und Medien noch sagen lassen, dass er als Konsument Schuld an der Umweltzerstörung trage, da er die Produkte ja kaufe. Auch die unzähligen Öko- und Biosiegel, die das Gewissen des Konsumenten beruhigen sollen, sind kaum überschaubar und zumeist wenig mehr als eine Beruhigungspille.

Knappheit

Der sogenannte Markt sorgt zudem für eine künstliche Verknappung von Gütern. Denn nur knappe Waren lassen sich zu akzeptablen Preisen verkaufen, welche die Profite aufrechterhalten. So werden, um die Preise zu stabilisieren, frisch erzeugte Lebensmittel direkt nach der Produktion zerstört, anstatt sie gerecht zu verteilen. Kein Wunder also, dass noch immer circa 11 Prozent der Weltbevölkerung hungern. Dieser Teil hat keine ausreichende Kaufkraft, keine Lobby, die es rechtfertigen würde, sie an das internationale Verteilungssystem anzuschließen.

Zudem sammelt sich das Geld bei den wenigen Superreichen, Konzernspitzen und Finanzoligarchen an und fehlt dem Rest der Menschheit. Das erzeugt Krisen, die dadurch abgefedert werden sollen, indem Zentralbanken die Geldmenge erhöhen, was aber zu einem Wertverfall des Geldes führt und daher real mehr Schaden anrichtet, als es nützt. Das ganze Geldsystem ist darauf ausgelegt, dass diejenigen, die bereits genug besitzen, noch mehr bekommen, während der Rest leer ausgeht.

Der Markt war also nie demokratisch, sondern nutzt stets nur denjenigen, die bereits Geld besitzen, während er jene ausbeutet, die von einer Geldquelle abhängig sind.

Der Markt ist folglich ein totalitäres System der Herrschaftsausübung, dessen Gewaltmittel das Geld ist. Dies führt unter anderem dazu, dass das zentrale Ziel eines jeden die Beschaffung von Geld wurde. Niemand würde sich freiwillig in ein solches ausbeuterisches Abhängigkeitsverhältnis begeben, doch, das Negativbeispiel des Obdachlosen oder Empfängers von Arbeitslosengeld stets vor Augen, fügt sich jeder bedingungslos der Gewalt dieses Systems.

Geld ist zum zentralen Handlungsmotiv aller Menschen geworden. Dies gilt im Kleinen wie im Großen. Bei der Gestaltung ihres Lebens macht sich der überwiegende Teil der Menschen von den Aussichten auf Geld abhängig. So werden Träume zugunsten einer sicheren Bezahlung aufgegeben, vernachlässigen Eltern ihre Kinder der Arbeit wegen und manche Familien besitzen kaum die nötigen Mittel, ihre Kinder angemessen zu versorgen. Dies führt zu Verdruss und Unglück auf allen Seiten.

Dabei wirkt Geld auch trennend: Es erschafft Gegensätze wie die von Verkäufer und Käufer, Vermieter und Mieter. Die Menschen befinden sich in einem ständigen Kampf gegeneinander um den höheren Gewinn, den besseren Preis, die geringeren Ausgaben oder den höheren Lohn. Auf diese Weise richtet sich ihre Aufmerksamkeit nicht auf die Machtverhältnisse, sondern lenkt sie auf Scheinkonkurrenzen ab, welche die Spaltung der Menschen untereinander bewirkt, sodass die Herrschaft der Kapitaleigner nicht gefährdet, ja nicht einmal verstanden wird.

Spekulation

Zudem bricht sich die Gier der ohnehin schon Reichen in einem immer absurderen Finanzspekulationssektor Bahn, in dem Lebensmittelspekulationen die Preise für wichtige Grundnahrungsmittel so in die Höhe schnellen lassen, dass sie für die ärmsten Menschen der Welt kaum noch bezahlbar sind. Darüber hinaus werden künstliche Finanzprodukte geschaffen, die keinerlei Deckung in der Realität haben und in immer höherer Geschwindigkeit rund um den Globus gehandelt werden. Schon die kleinste Fehlspekulation kann die gesamte Weltwirtschaft in eine tiefe Krise stürzen, wodurch die Massen verelenden. Das alles dient allein dem Zweck, einer kleinen Gruppe von Menschen immer mehr Reichtum zu garantieren und ihrem Geld Anlagemöglichkeiten zu bieten, die wiederum Profite abzuwerfen haben.

Die beste Anlagemöglichkeit ist der Krieg. Denn hier werden die produzierten Bomben, Raketen und Geschosse, aber auch Panzer und Flugzeuge sehr schnell zerstört und müssen dann erneut hergestellt werden. Zerstörung bietet generell ein hohes Maß an Wachstumspotenzial.

So fördert eine Massenkarambolage auf der A3 mit Dutzenden Verletzten und Toten und hohem Sachschaden das Wirtschaftswachstum, wohingegen das Pflanzen eines Baumes für die Wirtschaft keinerlei Relevanz hat. Kein Wunder also, dass der Kapitalismus zu Zerstörung und Krieg als dem Mittel zur Sicherung der Wirtschaft tendiert.

Die Abhängigkeit vom Geld ist somit zentral für das fortschreitende Unglück der Menschen. Dabei existierte der überwiegende Teil des Geldes zuerst als Zahlen auf Papier, später nur als Bits und Bytes, auf einem Computer eine fiktive Zahl auf einem Bildschirm. Dieses real nicht existierende Geld erhält erst einen tatsächlichen Wert, wenn der Besitzer des Bankkontos an einem Bankautomaten Scheine abhebt. Doch auch diese Scheine sind nur Zahlen auf Papier. Geld ist ursprünglich aus den Schuldscheinen der Banken hervorgegangen, die stets mit Gold gedeckt waren. Diese Golddeckung wurde jedoch im 20. Jahrhundert aufgehoben. Und auch die Annahme, Gold besäße einen Wert, ist mehr als fragwürdig und beruht nur auf einer gesellschaftlichen Übereinkunft.

Seitdem jedenfalls ist das Einzige, das dem Geld noch seinen „Wert“ verleiht, der Glaube der Menschen an diesen Wert. Das ist im Grunde ein Zirkelschluss. Hinzu kommt, dass Banken mithilfe von Krediten und Zinsen Geld aus dem Nichts schöpfen, also inflationär neues erzeugen. Die Menschheit ist somit Opfer einer Illusion, die jedoch, da sie Antrieb für menschliches Handeln geworden ist und sich auf Mensch und Umwelt zerstörerisch auswirkt.

Arme Reiche

Obwohl das Gegenteil schon vielfach behauptet und auch in Studien nachgewiesen worden ist, glauben die meisten Menschen, dass Glück gleichbedeutend mit dem Kontostand wäre. Glück und Geld setzen viele in der kapitalistischen Gesellschaft gleich. Dass dies jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt der Wahrheit entspricht, bemerken nur jene, die es tatsächlich zu solcherlei „Reichtum“ schaffen. Menschen, die dieser Illusion anhängen, verharren somit in einem Zustand permanenten Unglücks, weil sie ihr Leben lang dem Geld hinterherjagen und dabei all das vernachlässigen, was sie wirklich glücklich machen könnte.

Geldmangel führt zu frühzeitigem Tod unzähliger Menschen jährlich, wenn sie nichts zu essen kaufen, keine Gesundheitsversorgung oder sich eine würdige Unterkunft leisten können. Geld ist somit direkter Auslöser für millionenfaches Elend.

Geld ist auch das Ticket, an der Gesellschaft teilhaben zu können. Denn wo man auch geht und steht, stets ist das Geld relevanter Faktor. Kunst und Kultur, Bildung, Transport und Verkehr, all das benötigt Kapital. Wer über dieses nicht verfügt, ist von der Gesellschaft ausgeschlossen. Wer kein Geld hat, kann sich nicht einmal über größere Strecken fortbewegen.

Geld bietet ein Gefühl von Sicherheit. Denn wer über Geld verfügt, kann sich selbst in der Sicherheit wiegen, Zugang zu allem zu haben, das zum Leben notwendig ist. Wer gut eingebettet ist in ein System aus Versicherungen, Einkommen und Renditen, der ist zumindest gut versorgt. Dennoch treibt viele die Angst vor dem Verlust um, eine Angst, die dazu führt, noch mehr Geld besitzen zu wollen oder teure Sicherheitseinrichtungen anzuschaffen, die einen Teil des gesicherten Vermögens verschlingen. Auch dieser Drang nach Sicherheit erklärt die Gier derjenigen, die über viel Geld verfügen. Denn auf das ständige Gefühl der Bedrohung des eigenen Vermögens gibt es nur eine Antwort: noch mehr Sicherheit durch noch höhere Profite.

Diese Sicherheit ist jedoch eine Illusion. Denn über Nacht können Währungen an Wert verlieren, Immobilienblasen, Spekulationsblasen platzen oder die Wirtschaft kollabieren. Dann verfallen die Werte sehr schnell und das Vermögen schmilzt dahin. Das mit Zahlen bedruckte Papier, oder die Bits und Bytes zählen dann überhaupt nichts mehr — auch nicht als Tauschmittel.

Heutzutage kommt hinzu, dass Geld und dessen Erwerb beispielsweise an Bankautomaten an den Strom geknüpft ist. Fällt dieser aus, ist auch der Zugang zum Geld verschlossen. Ebenso ist es, wenn es einen Softwarefehler gibt, der Kartenzahlungen unmöglich macht, wie wir derzeit deutschlandweit erleben. Dass die Versicherungskonzerne immer höhere Gebühren fordern, und dass das Renteneintrittsalter immer weiter erhöht wird sind nur zwei beispielhafte Faktoren, welche die suggerierte Sicherheit schon seit Langem allmählich zerstören.

Welt ohne Geld

Manch einer, der all diese hier oberflächlich skizzierten Probleme durchschaut, sieht als Lösungsmöglichkeit, ein Vollgeldsystem einzuführen, oder Ansätze, die an dem Problem des Werteverfalls, der Hortung von Geld und der damit einhergehenden Machtkonzentration ansetzen. Dabei bleibt aber die trennende Funktion des Geldes ebenso erhalten. Denn weiterhin würde Geld Sicherheit suggerieren, würde einzige Bedingung des Überlebens bleiben. Ein Vollgeldsystem, in dem das Geld beständig an Wert verliert und daher nicht gehortet werden soll, zwingt zudem zum Konsum. Denn bevor das Geld an Wert verliert, setzt man es lieber in Waren um. Das heizt die absurde Produktionsspirale jedoch nur weiter an, die zentral ist für die ökologischen Probleme, denen wir uns heute gegenübersehen. Daher ist ein sinnvollerer Ansatz, bei der Wurzel des Übels — dem Geld an sich — anzusetzen. Denn wer sagt, dass Gesellschaften auf Geld aufbauen müssen?

Denkbar und viel menschlicher ist eine Welt, die ohne Geld funktioniert. Eine Welt, in der die Menschen sich gemeinsam zusammenfinden, um ihre Bedürfnisse gemeinschaftlich zu erfüllen.

Angebaute Nahrung könnte ebenso nach Bedürfnis verteilt werden wie produzierte Waren. Lokal könnten gemeinsam Nahrungsmittel angebaut, die Erzeugnisse gesammelt und verteilt werden. Ebenso könnten lokale Betriebe und Handwerker andere Bedürfnisse erfüllen, die über die Ernährung hinausgehen. Um Machtkonzentration zu vermeiden, können diese Betriebe kollektiv von denjenigen verwaltet werden, die in ihnen arbeiten, oder einfach von der lokalen Gemeinschaft allen zur Verfügung gestellt werden. Mieten zu bezahlen wäre nicht mehr notwendig, weil die Wohnungen und Häuser entweder in das Eigentum ihrer Bewohner oder auf die Gemeinschaft übergehen, sodass gemeinsam darüber entschieden wird, was damit passiert.

Erst wenn Geld nicht mehr der Antrieb menschlichen Handelns ist, kann der Mensch zu sich selbst finden und eine vernünftige Wirtschaft im Einklang mit Mensch und Natur beginnen. Auch den entfesselten Finanzmärkten wird somit ein Riegel vorgeschoben. Denn sie versuchen mithilfe von Geld noch mehr Geld zu schöpfen, agieren dabei entkoppelt von der Realwirtschaft, stürzen diese aber regelmäßig in tiefe Krisen, die Elend über viele Menschen bringen. Wachstum zum Selbstzweck ist nicht länger notwendig. Produziert wird nicht mehr des Geldes wegen, sondern einzig und allein zum Zweck der Bedürfnisbefriedigung. Damit einher geht auch ein massiver Rückbau der Produktion.

Wenn aber das Geld als Verteilungsfaktor wegfällt, müssen die Verteilung von Gütern und die Versorgung mit Dienstleistungen auf andere Weise erfolgen. Im ersten Teil des Textes wurde deutlich, dass Verteilung und Versorgung schon im Kapitalismus nicht funktionieren, beispielsweise viele Menschen von jeglicher Gesundheitsversorgung vollkommen abgeschnitten sind, keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, an vermeidbaren Infektionskrankheiten sterben oder schlicht verhungern.

Dort, wo ein System aus Krankenversicherungen existiert, wird dieses nur dazu benutzt, aus dem Geld der Versicherten höhere Renditen für die Anteilseigner zu schöpfen und die Gebühren der Versicherten an die Geräte- und Pharmaindustrie umzuverteilen, während die Versorgung der Versicherten sich zudem auf Pharmaprodukte von zweifelhaftem Nutzen beschränkt.

In einer Welt ohne Geld übernehmen die Menschen selbst die Versorgung. In lokalen Räten kann die Versorgung mit Nahrungsmitteln organisiert und umgesetzt werden, ebenso wie jene mit Kleidung, Wohnraum, mit Strom, Wasser und Wärme. Die Erzeugung jedoch ist nicht gelenkt oder geleitet. Doch für eine angemessene Versorgung muss die lokale Bedürfnislage ergründet und dann dafür gesorgt werden, dass sich diese in der Wirtschaft wiederfindet.

Da sich zentralisierte Planwirtschaft in der Vergangenheit als wenig effektiv erwiesen hat, findet eine solche nicht statt. Wie die Erzeugung vor Ort stattfindet, ist der lokalen Gemeinschaft überlassen. Diese übernimmt zudem die Verteilung zum Beispiel in Form von Räten. Teil dieser Gemeinschaft sind natürlich auch die Erzeuger, und so haben sie ein Mitspracherecht. Die Versorgung mit allen lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen ist ein unabdingbares Grundrecht eines jeden Menschen. Dieses Recht muss daher als solches Grundrecht bindend kodifiziert werden. Die Versorgung darf niemandem verwehrt werden. Diese zu gewährleisten, trägt die Gemeinschaft vor Ort Sorge.

Die Verteilung findet grundsätzlich auf kommunaler Ebene statt. Kommunal erzeugte Güter werden auch dort weiterverarbeitet und verteilt. Insofern werden enge Versorgungskreisläufe geschaffen, welche die Natur nicht durch überflüssigen Transport und Verpackungsmüll belasten. Dort, wo sich lebensnotwendige Nahrungsmittel lokal nicht finden, wird deren Verteilung überkommunal durch Zusammenarbeit der jeweiligen Gemeinschaften organisiert.

Kommunale Überschüsse können folglich regional, in Ausnahmen global verteilt werden. Somit findet ein Surrogat für den abgeschafften, kapitalistischen Handel statt. Jedoch wird die Versorgung hauptsächlich regional organisiert, sodass nicht in jeder Region immer jedes Produkt und Nahrungsmittel vorhanden sein kann. So findet eine Rückkehr zu der natürlichen jahreszeitlich abhängigen Ernährung und Erzeugung statt. Nur jene Orte, an denen in gewissen Jahreszeiten keinerlei Nahrung zu finden ist, werden durch regionale oder globale Unterstützung versorgt. Bei der Verteilung ist es denkbar, im Kapitalismus etablierte Strukturen beizubehalten. So wird der Bäcker weiterhin das kommunal produzierte Mehl verarbeiten und seine Waren in seinem Laden ausstellen, wo sie ein jeder Mensch kostenlos abholen kann, da es kein Geld mehr gibt.

Auch andere Läden können beibehalten werden, ihre Zulieferung findet jedoch kommunal oder, falls kommunale Versorgung nicht möglich ist, regional sowie subsidiär global statt. Sollte es auf kommunaler Ebene also keine Mühle geben, ist eine solche Mühle einzurichten. Weiterhin ist die Eigenversorgung der Menschen erwünscht. Die Gemeinschaft kann dafür alle benötigten Materialien sowie das nötige Wissen zur Verfügung stellen, sodass jeder Einzelne durch eigenen Anbau ein größtmögliches Maß an Unabhängigkeit erlangen kann. Unabhängigkeit jedes Einzelnen ist der gewünschte Effekt. Dasselbe gilt auch für die Versorgung mit Wasser, Wärme und Energie. Nur Unabhängigkeit führt zu Freiheit.

Auch die Versorgung mit Dienstleistungen muss in einer Gesellschaft ohne Geld jedem Menschen frei zugänglich sein. Da auch die Dienstleister versorgt werden, müssen diese nicht um ihre Existenz bangen, sondern können sich ganz ohne Stress und Finanzierungsdruck ihren Aufgaben widmen. Dies führt zu einer umfassenden und sichereren Versorgung insbesondere im Bereich der Gesundheit und der Pflege. Arbeit von Geld zu entkoppeln führt außerdem dazu, dass Menschen Berufe meiden, die sie nur des Verdienstes wegen gewählt hätten, und sich auf ihre tatsächlichen Stärken und Interessen besinnen.

Wenn Menschen einer Arbeit aufgrund echter Leidenschaft nachgehen, verbessert sich nicht nur die Qualität der Arbeit, sondern auch das Klima und die Zufriedenheit einer Gesellschaft insgesamt.

Dieses System leistet auch nicht der Faulheit Vorschub, denn niemand wird sich für den Rest seines Lebens auf die faule Haut legen. Jeder Mensch braucht eine Beschäftigung und einen Sinn in seinem Leben. Nur kann er sich nun ganz auf seine Stärken und Interessen besinnen und damit einen Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Eine solche Gesellschaft wäre eine, in der die Menschen selbst die Kontrolle und die Macht über sich zurückerlangen und damit im besten Sinne des Wortes demokratisch. Denn Entscheidungen werden zwangsweise auf lokaler Ebene von jenen getroffen, die von ihnen betroffen sind. So erhalten die Menschen ein hohes Maß an Autonomie und Selbstverwaltung. Eine solche Gesellschaft sähe ganz anders aus als unsere heutige. Sie wäre freier, selbstbestimmter, würde ein höheres Maß an Sicherheit bieten und zu mehr Frieden führen, da Konkurrenz, Sicherung von Ressourcen und Neid wegfielen. Auch würde sich die Arbeitszeit der Menschen drastisch verkürzen, da viele unnötige Berufe und Produktionszweige einfach wegfielen. Hinzu kommt, dass eine solche Gesellschaft viel mehr im Einklang mit der Natur zu leben in der Lage wäre. Sie ist daher unabdingbar, wollen wir unsere Lebensgrundlage dauerhaft erhalten.

Es wäre zudem eine Gesellschaft, in der unterschiedliche Interessen und Werte nebeneinander leben können, ohne zwanghaft vereinheitlicht werden zu müssen. Eine solche Gesellschaft der Gesellschaften ist dem Menschen viel naheliegender als eine homogene Massengesellschaft, die nur mittels Zwang, Unterdrückung und Erpressung aufrechterhalten werden kann. Sie würde zu einem kreativen, positiven Chaos führen, welches die starre, hierarchische Ordnung ersetzt, die unsere heutigen Gesellschaften tötet.


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