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Aufarbeitung wäre sexy

Aufarbeitung wäre sexy

Die Recherchen im Zuge sogenannter Maskendeals sind keine Corona-Aufarbeitung — auch wenn viele jetzt so tun.

Eigentlich war es schlimmer. All jene, die von Betrügereien sprachen und so kuriose und nicht vom Grundgesetz vorgesehene Entscheidungsgremien wie die Ministerpräsidentenkonferenz kritisierten oder die das an die Öffentlichkeit gelangte Papier des Bundesinnenministeriums skandalisierten, wonach Kindern Angst mit dem Tod von Großmama zu machen sei, machte man zu Spinnern, Verschwörungstheoretikern und anderen ehrabschneidenden Lumpen und wies alles zurück, was dem strikten Regierungskurs nicht zupasskam.

Die große Stunde der Faktenchecker hatte geschlagen. Checken sollten sie nichts, nur zurechtrücken, Erklärungen für das Unerklärliche finden und sei es durch Diskreditierung kritischer Stimmen.

Nun aber will man Transparenz herstellen — und fühlt Spahns Maskenbeschaffung auf den Zahn. Endlich Aufarbeitung?

Jens Spahns Geschäfte mit dem Maulkorb

Sicher, es ging um viel Geld. Mehr als sechs Milliarden Euro hat Spahn, damals noch Gesundheitsminister des letzten Kabinetts Merkel, für die schnelle Lieferung von FFP2-Masken ausgegeben. Teilweise hatte sein Ministerium sechs Euro für den Einzelpreis pro Maske akzeptiert — später waren die Gesichtsbedeckungen für einen Euro oder weniger angeboten worden. Ohne Ausschreibung sei das alles geschehen, auf Zuruf und auf Provisionsbasis außerdem — und die Unternehmen waren entzückt, denn einen direkten Auftrag von der Politik zu erhalten, ohne sich erst lästig bewerben zu müssen: Da muss man doch zugreifen.

Und sie erkannten etwas, wofür Unternehmer gemeinhin ein Gespür haben: Im Krieg kann man ordentlich verlangen, die Regierung ist in so großem Stil angewiesen auf ihre Ware, dass sie zu jedem Kaufpreis bereit ist. Man lese dieser Tage mal unbedingt den Weckruf Smedley Butlers. Der General des US-Army Corps hat Mitte der 1930er Jahre vor dem Krieg gewarnt. Er selbst kannte ihn aus eigener Erfahrung. Unter anderem beschreibt er, wie US-Unternehmen sich im Ersten Weltkrieg an öffentlichen Geldern bedient haben. Kein Preis war zu utopisch, die kriegführende Regierung entlohnte all diese patriotischen Konzerne und Betriebe und beanstandete nicht, dass man ihnen das ganze Zeug zu teils grotesk überteuerten Preisen überließ.

Jens Spahn erklärt sich heute so, dass er damals von Seiten des Kabinetts unter Druck geriet, diese Masken schnell und in großer Stückzahl zu beschaffen, ganz gleich, wie er das anstelle. Da mag so mancher Verständnis für ihn haben. Schließlich war Krieg, auch wenn das kaum einer formulierte — der französische Staatspräsident nannte diese Form des Seuchenschutzes so in einer Rede an seine Nation. Den Duktus griff hierzulande jedoch keiner auf. Aber es wäre zutreffend gewesen, man trieb die Gesellschaften in den totalen Ausnahmezustand — und das spürten auch die Unternehmen, die solche Masken liefern konnten. Sie diktierten Preise und der Minister, mitten im Kriegsgeschehen, nickte und stimmte zu. Eine Praxis, die sicherlich parallel zu den Ermittlungen die Maskendeals betreffend weiterhin im Lande gepflegt wird, denn die Rüstungsindustrie versteht sich auf Überteuerung genauso gut wie jedes Unternehmen aus jeder Branche, dem man den politischen Eindruck vermittelt, dass es jetzt für die Rettung der Nation zuständig sei.

Anders als Produzenten von Stoffutensilien haben aber Rüstungskonzerne eine ungeheuerliche Potenz, sodass davon auszugehen ist, dass es niemals Ermittlungen oder gar Prozesse geben wird, um herauszufinden, wie das mit den überteuerten Taurusdeals oder dergleichen lief. Spahn hat also, man mag es nicht aussprechen, sogar einen Punkt mit seiner Ausrede. Aus dem Sachzwang heraus, den er mit verursacht hat, galt die Logik des Krieges und damit des Unterlaufens eigentlich transparenter Prozedere.

Stinknormaler Lobbyismus und stinknormale Korruption

Niemand sollte aber nun bitte den Fehler machen und annehmen, dass in punkto Maskendeals wirklich ein Stück Corona-Aufarbeitung stattfinden würde. Denn es geht um ausgegebenes Geld und nicht um stornierte Grundrechte, um Vorteilnahmen und nicht darum, dass mancher alte Mensch alleine, ohne die Begleitung seiner Liebsten sterben musste. Die Ermittlungen betreffen die Korruption und einen Lobbyismus, der in jenen Tagen recht penetrant um sich griff. Was der Lobbyismus ohnehin so gut wie immer tut, selbst in Zeiten ohne Ausnahmesituationen, die ad hoc dicke Geschäfte versprechen.

Ein Stück weit sind es auch Lobbyisten, die Situationen aufbauschen und dramatisieren, um einen Notstand zu erzeugen, der starke Absätze verspricht und Verteuerungen akzeptabel macht für die Entscheider.

Aber diese Aspekte spielen bei den Ermittlungen gegen Spahn überhaupt keine Rolle.

Sicher: Es geht freilich auch um sehr viel Geld, Steuergelder, um es genauer zu sagen — und eine Recherche oder Ermittlung ist daher absolut berechtigt. Schließlich ist es das Geld aller — in der Theorie, in der Praxis nimmt man darauf seltener Rücksicht — und es hätte sehr viel sinnvoller eingesetzt werden können. Es wäre zum Beispiel möglich gewesen — nun ja! — die Ukraine zu unterstützen. Und außerdem die Ukraine zu unterstützen natürlich! Was man in Deutschland dieser Tage halt so mit Steuergeldern anstellt. Die Carola-Brücke in Dresden, eingestürzt im September 2024 steht — entschuldigen Sie: liegt! — noch immer zerstört im Elbflorenz herum. Wiederaufbau erst 2030, wobei Experten schon 2035 für realistischer halten. Gleichzeitig wird bekannt, dass die Ukraine mit weiteren Steuergeldern unterstützt werden soll, Boris Pistorius verkündete die frohe Botschaft kürzlich. Fast möchte man Jens Spahn danken, dass er einige Milliarden vor dem schwarzen Loch in Osteuropa in Sicherheit gebracht hat.

Aber nur fast. Denn Lob oder auch nur freundliche Zurückhaltung hat er nicht verdient. Unter seiner Kuratel führte man die Corona-Warn-App ein, er förderte Lockdowns und damit die soziale Vereinsamung und den wirtschaftlichen Ruin von Millionen Bundesbürgern. Auf seine Initiative hin wurde das Seuchenschutzgesetz zum neuen Hexenhammer staatlich bestellter Häscher umfunktioniert. Dazu Maßnahmenpakete. Immer wieder Maßnahmenpakete. Für Schulen, Altenheime, öffentliche Gebäude, für Bürger privat und Krankenhäuser — und all diese Pakete machten das öffentliche Leben immer rücksichtsloser, menschenfeindlicher und sorgten für Entfremdung und Unfrieden. Dann 2G, Stigmatisierung und Diskriminierung Ungeimpfter: Auch da mischte dieser Jens Spahn, der nachher meinte, man habe sich wohl viel zu verzeihen, ordentlich mit.

Nochmal eine Maskerade

Nur darum geht es bei der Aufarbeitung der Maskendeals nicht. Nichts davon findet Beachtung — es geht nur um das Geschäft mit den Stoff- und Zellulosefetzen. Nicht darum, ob die überhaupt nötig waren und welchen Schaden sie letztlich verursacht haben, an Lungen oder im Gemüt von Menschen. Ob nun Geschäfte zuschanzen, Provisionen kassieren, Hand aufhalten: Selbstverständlich muss das alles aufgeklärt werden — und im besten Falle hebt man dann auch die Immunität der politisch Verantwortlichen auf. Nur gibt es keine „besten Fälle“ mehr in dieser Bundesrepublik. Sie ist ein Ort, an dem sich politische Entscheidungsträger aus jeder Verantwortung stehlen können — dafür besetzen sie Posten in der Justiz und lassen Gesetze zurechtschleifen.

Insofern ist auch die Ermittlung zu Spahns Rolle während der Deals nur Maskerade. Am Ende zuckt er mit den Achseln und die Bürger bleiben auf dem Schaden sitzen. Ende der Ermittlungen.

Wie sie es auch bei allen anderen Themen, die jene dunklen Tage von 2020 bis 2023 betreffen, zu tun pflegen. Selbstverständlich werden die Maskendeal-Recherchen jetzt als großen Fall von Aufarbeitung dargestellt. Als komme nun endlich Bewegung in die starre Phalanx der ehemaligen Verantwortlichen für die Corona-Maßnahmen. Man sollte dem keinesfalls auf den Leim gehen! Hier wird nichts aufgearbeitet — hier wird nochmal eine Maskerade veranstaltet. Als hätte es davon nicht schon genug gegeben. Man spielt der Bevölkerung etwas vor, jagt den ehemaligen Gesundheitsminister ein wenig und meint so, die Gemüter ein klein bisschen beruhigen zu können.

Warum aber Großvater alleine sterben, wieso Kinder in getrennten Segmenten des Pausenhofes ihre großen Pausen verbringen mussten und wohin all die Grundrechte verschwanden, die damals im großen Stil ausgesetzt wurden: Darüber will in diesem Land bis heute kein Verantwortlicher ein Sterbenswörtchen verlieren. Und werden sie doch damit konfrontiert, schwadronieren sie herum und schieben die Schuld auf andere, so wie Alena Buyx vor einigen Wochen, als sie in Markus Lanz‘ Sendung meinte, die Medien hätten die Hetze gegen Ungeimpfte vor allem sexy gefunden — ihre Wortwahl! Kann ja sein, dass die Medien es fanden — aber Buyx war eine der Sexbomben, die überhaupt erst ihre maßlosen Worte an Ungeimpfte adressierte und Reportern in den Block diktierte. Eine andere dieser Sexbomben war eben jener Jens Spahn. Notstand fand er, wie so viele andere damals auch, schon ziemlich sexy. Aufarbeitung fänden nun viele, die darunter litten, total sexy — eine richtige Aufarbeitung, nicht so eine prüde, wie man sie jetzt halbherzig inszeniert, um das Thema dann für alle Zeit ad acta legen zu können.


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