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Ausbleibende Empörung

Ausbleibende Empörung

Ein Aufruf an die Jugend, die Zerstörung ihrer Zukunft nicht widerstandslos hinzunehmen.

Mit 14 Jahren schrieb ich folgendes Gedicht:

Meer

Wellen wiegen sich im Wind
und die Ölfrachter sie fahren
der letzte Vogel flieht geschwind
von dort wo einmal viele waren

Ich seh die schwarzen Muscheln liegen
die Wellen immer höher schlagen
ich seh die grauen Wolken fliegen
den Wind schon an den Bäumen nagen

Der Wind peitscht wütend auf das Meer
treibt tote Fische an das Land
der dunkle Himmel ist ganz leer
und ich versinke im trauernden Sand

Das war in den 1990er Jahren. Der Kapitalismus hatte in der DDR Einzug gehalten. Die alten Strukturen wurden durch neue ersetzt und auf den großen Jubel folgte bei vielen Menschen die Enttäuschung. Privatinvestoren aus dem Westen übernahmen die staatlichen Betriebe, der Dorfkonsum machte zu, viele Menschen verloren ihren Arbeitsplatz.

Als Jugendlicher empfand ich die Zerstörung des gewohnten Umfelds als schmerzhaft. Ich sah die Ölfrachter kentern, die schwarz-verklebten sterbenden Vögel am Strand, die Naturzerstörung und schrieb das dem Kapitalismus zu. War diese profitgetriebene und für mich neue Form der gesellschaftlichen Ordnung denn wirklich besser als der in der DDR angestrebte Kommunismus? In der Planwirtschaft ging es auch um die Steigerung der Produktion. Sie nahm ebenfalls kaum Rücksicht auf Natur und Umwelt und spätestens als Erwachsener wäre ich wegen der Unterdrückung mit dem DDR-Regime kollidiert.

Seit dieser Zeit hat die Zerstörung der Umwelt zugenommen und es ist richtig und unbedingt notwendig, sich für ihren Erhalt einzusetzen. Stéphane Hessel, der in der französischen Résistance kämpfte und Buchenwald überlebte, fordert in seinem Buch „Engagiert Euch!“ (1) zum Widerstand gegen Gewalt, Umweltzerstörung, Sinnentleerung und ein extrem finanzorientiertes, menschenmissachtendes Wirtschaften auf. Für ihn ist das politische Ziel, die Natur zu schützen, ebenso wichtig wie die Menschenrechte zu wahren. Die Jugend von heute, so schreibt er, darf das Diktat von Geld und Profit nicht hinnehmen, sie ist gefordert, für ihre Werte einzustehen.

Befreit Euch von Profitgier und medialer Beeinflussung!

Gegenwärtig stehen wir vor der Gefahr eines Atomkriegs. Krieg vernichtet nicht nur Menschenleben, sondern auch die Natur. Er richtet sich gegen alles Leben. Die Atomwaffen dieser Welt können die gesamte Menschheit auslöschen.

Doch wo bleibt der Aufschrei der Jugend? Wo seid Ihr? Auf Demonstrationen gegen den Krieg und für atomare Abrüstung? Bei Initiativen für Naturschutz, Freiheit, Demokratie, eine unabhängige Presse? Wo bleibt die Empörung?

„Nichts ist in der Tat bezeichnender für unseren Egoismus als die Tatsache, dass wir fortfahren, die Naturschätze zu plündern, die Erde zu vergiften und für den Atomkrieg zu rüsten“, schreibt Erich Fromm in seinem Werk „Haben oder Sein“. (2)

Die Ursachen dieses Krieges liegen in der Profit- und Machtgier einer kleinen Minderheit von Menschen. Sie untergräbt Menschenrechte und Demokratie. Zu dieser Minderheit gehören die Regierungen der beteiligten Staaten und die finanziell mächtigen Investoren. Sie führen diesen Krieg und vernichten das Leben mit dem ausschließlichen Ziel, ihren Profit zu steigern.

Und sie haben die Macht über die großen Medienhäuser, die Eure Gefühle und Bedürfnisse beeinflussen. Die ausgereiften medialen Beeinflussungsmethoden, die sie nutzen, stellen für Erich Fromm eine ernste Gefahr für die geistige und psychische Gesundheit, speziell für das klare und kritische Denkvermögen und die emotionale Unabhängigkeit dar. Mit diesen Methoden machen sie Euch Angst. Angst vor Viren, vor Russland oder vor dem Klimawandel. Und diese Angst macht Euch passiv, ohnmächtig und gleich.

Ihr denkt, Ihr schränkt Euch freiwillig ein, zahlt freiwillig höhere Energiepreise, lasst Euch freiwillig zwingen, unterstützt freiwillig die Regierung? Es gibt dafür ja schließlich gute Gründe? Ja, aber vielleicht denkt Ihr das nur, weil Ihr die ständig wiederholten Glaubenssätze in den Medien so stark verinnerlicht, weil Ihr tausende neue Klima-Synapsen gebildet habt, sodass ein Hinterfragen unmöglich geworden ist. Das funktioniert leider auch mit Behauptungen, die jeder Vernunft widersprechen, die keinem offenen wissenschaftlichen Diskurs standhalten. Eine Einheitsmeinung hat mit Wissenschaft jedoch nichts zu tun.

Lasst Euch nicht benutzen! Organisiert Euch!

„Wir sind alle Linx“, haben Sprayer auf eine Wand in Rostock gesprüht. Bedeutet das, dass Ihr alle gleich seid? Ihr denkt, gegen den Kapitalismus zu sein? Ihr denkt, eine linke Regierung zu haben? Doch benutzt nicht gerade diese Regierung als verlängerter Arm der Wirtschaft Eure Gleichheit, um sich selbst und die Konzerne zu bereichern?

Ihr seid alle links und unterstützt den profitgetriebenen Kapitalismus? Das war und ist jedoch immer rechts. Ihr seid alle links und schließt Andersdenkende aus? Das war und ist jedoch immer faschistisch. Ihr seid alle links, macht jedoch mit dem Staat gemeinsame Sache. Links bedeutete immer, gegen das System zu sein. Hat sich das nun geändert?

Die Macht des Geldes, so schreibt Stéphane Hessel in seinem Buch „Empört Euch!“ (3), war niemals so groß, so anmaßend, so egoistisch wie heute, mit Lobbyisten bis in die höchsten Ränge des Staates. Sie gefährdet Frieden und Demokratie. Warum befreit Ihr Euch nicht von der Macht dieser unmenschlichen Minderheit? Warum macht Ihr da mit?

Sind wir denn schon in der von Erich Fromm beschriebenen technokratisch-faschistischen Gesellschaft satter, nicht denkender Roboter angelangt, der alles Demokratische zum Opfer fällt? In der die zentralisierte Macht der multinationalen Konzerne über die Regierungen und die Bevölkerung ungeheuerlich und ungebrochen ist? In der eine „gesunde“ Wirtschaft nur um den Preis kranker, enthumanisierter Menschen möglich ist?

Empört Euch! Organisiert Euch! Bildet euch! Lest nach, was Demokratie, Totalitarismus, Kommunismus und Faschismus ist. Totalitäre Systeme haben in der Geschichte Millionen Tote verursacht. Wer nicht weiß, was kommunistischer und faschistischer Totalitarismus ist, der kann ihn nicht erkennen, nicht bekämpfen und er wird wieder in ihm leben müssen. Er wird mitschuldig an den neuen Opfern, die jedes totalitäre Regime verursacht.

Überwindet Eure Angst!

Das Engagement für das Klima ist richtig. Es kann zum Schutz von Natur und Umwelt führen. Doch werden gegenwärtig im Namen des Klimaschutzes und unter Missachtung der Persönlichkeits- und Menschenrechte rein profitorientierte Wirtschaftsprojekte und gesellschaftliche Umwälzungen erzwungen. Das alles unter dem Heilsversprechen der Rettung des Klimas, das irgendwo in der Zukunft liegen und die Erlösung bringen soll. Hermann Broch beschreibt die Nutzung eines solchen propagierten Endzustandes und der Besessenheit, ihn zu erreichen in seiner Massenwahntheorie. (4) Lest sie.

Hinterfragt Eure Klimaangst. Ist sie berechtigt? Kann der Mensch das Klima verändern, so wie es ihm gerade passt? Ist er dazu mächtig genug? Stellt sich der Mensch, der an seinen entscheidenden Einfluss auf das Klima glaubt, dann nicht über die Natur, die Sonne, die kosmische Physik?

Gegenwärtig werden uns im Namen des Klimaschutzes neue politische Fesseln angelegt. Unsere Freiheit ist bedroht. Für Hannah Arendt bedeutet die Freiheit, frei zu sein, die Freiheit von Furcht und Not. Beides wird jedoch derzeit von einer aufgeblähten Regierungskoalition und den Medien verursacht. Kein Tag vergeht, ohne die Propagierung von Bedrohungsszenarien.

Der Mensch soll sein Verhalten ändern, sich einschränken, aber gleichzeitig ein Elektroauto, eine Solaranlage und eine Wärmepumpe kaufen. Er wird dazu gezwungen. Die enorm gestiegenen Energiepreise machen ihn ärmer und die Energiekonzerne reicher.

Verursachen wir denn nicht unter dem Namen und mit der Rechtfertigung des Klimaschutzes gerade genau das, was wir als Ursache für den Klimawandel ansehen? Wirtschaftliches, profitgetriebenes, Ressourcen verbrauchendes Wachstum?

Bei Corona glaubtet Ihr, wir könnten ein Virus besiegen. Die Pharmaindustrie verdiente Milliarden damit. Mittlerweile ist klar, was jeder Virologe schon vorher gewusst oder zumindest geahnt hat: Wir können es nicht. Wir können nicht alle Krankheiten ausrotten. Der Mensch ist nicht allmächtig. Aber einen Krieg können wir beenden! Die Natur können wir schützen! Eine bessere Gesellschaft können wir aufbauen! Was hindert uns daran? Die Angst? Wenn wir aus Angst keine Kinder mehr bekommen, werden wir tatsächlich zur letzten Generation.

Runter von der Mainstream-Autobahn!

Lest Bücher! Schaut in die Geschichte! Da gab es das alles schon. Und es ist nie gut gegangen, wenn es um Macht und Gier ging. Lasst Euch nicht von den gierigen Menschen benutzen. Seht genau hin. Wer profitiert von Eurer Angst? Wer vom Krieg in der Ukraine? Wer nutzt Eure Angst, um Eure Freiheit einzuschränken?

Sucht Eure eigene Wahrheit, statt eine von außen kommende anzunehmen. Fangt wieder an, zu hinterfragen und zu zweifeln. Bildet Euch eine eigene, begründete Meinung. Dazu braucht Ihr Wissen.

Eignet es Euch an. (5) Lest zwischen den Zeilen. Glaubt nicht an jede neue Sau, die durchs Dorf getrieben wird. Sucht Euch die Informationen selbst. Sie werden Euch nicht gegeben. Es gibt keine andere Möglichkeit, um die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten zu können.

Und dann macht das, wozu die Jugend da ist, wobei aber auch die Generation X gefordert ist. Empört Euch. Begehrt auf. Kämpft gegen den Krieg. Seit mutig statt ängstlich. Seit dagegen statt wie jetzt dafür. Kommt von der Mainstream-Autobahn runter. Dort ist nicht das Leben. Dort ist keine Natur, keine Kultur, keine Vielfalt, keine Musik. Geht kreuz und quer, zu Fuß. Der Weg ist holpriger und Ihr kommt nicht so schnell voran. Aber dafür kommt Ihr vielleicht dahin, wo Ihr wirklich hingehört. Das Holprige, das Unbequeme ist das Leben.

Hört in Euch hinein, statt dem von außen lärmenden Strom zu folgen, der immer das Gleiche will und Euch gleich macht. Hört Euch andere Meinungen an, akzeptiert sie, achtet den Anderen. Lasst Eure Gefühle zu. Unterdrückt nichts.

Wenn Ihr das macht, dann schafft Ihr eine neue Gesellschaft, die besser ist als die gegenwärtige. Eine neue Kultur, die dem Menschen gerecht wird und in der die Macht- und Profitgierigen keine Chance haben.

Ihr habt die Chance. Bringt Euch ein. Lasst Euch Eure Menschenrechte und Eure Freiheit nicht nehmen. Denn es besteht die Gefahr, dass, wie es Hannah Arendt schrieb, die Freiheit in einem politischen Sinn wieder für Gott weiß wie viele Jahrhunderte von dieser Erde verschwindet! (6) Wir steuern gerade in das Alte hinein. Wir fahren rückwärts, weil wir unter Zukunftsangst leiden.

Diese Angst wird jedoch geschürt und ausgenutzt. Für Karl Popper ist die Verbreitung von Lügen über eine angeblich so schlechte Welt das größte Verbrechen unserer Zeit, denn es bedroht die Jugend und versucht, sie ihres Rechtes auf Hoffnung und Optimismus zu berauben. (7) Das führt zu Selbstmord, zu Drogen, zu Terrorismus. Ihr könnt diese negative Weltsicht überwinden. Es ist Zeit für Optimismus!

Hört in Euch hinein. Was ist Euch wirklich, wirklich wichtig? Lebt nach Euren eigenen Werten und nicht für die Erfüllung von Zwecken, die Euch vorgegeben werden.

Die Ölfrachter fahren weiter und die Natur wird weiter zerstört, solange der Profit an der ersten Stelle unserer Gesellschaftsordnung steht. Ihr habt die Chance, das zu ändern. Ihr habt die Chance, zu einer neuen Generation zu werden, einen Neuanfang zu starten. (8) Abseits des alten Kommunismus und alten Kapitalismus etwas Neues zu beginnen!


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Artikel erschien unter dem Titel „Wir sind alle linx?“ zuerst auf apolut.net.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Stéphane Hessel: „Engagiert Euch!“, Ullstein, 2011
(2) Erich Fromm: „Haben oder Sein“, dtv, 45. Auflage, 2018 
(3) Stéphane Hessel: „Empört Euch!“, Ullstein, 2011 
(4) Hermann Broch: „Massenwahntheorie“, Suhrkamp, 1979 
(5) Edward Bernays: „Propaganda“, orange-press, 2011 
(6) Hannah Arendt: „Die Freiheit, frei zu sein“, dtv, 2018
(7) Karl Popper: „Alles Leben ist Problemlösen“, Piper, 1996
(8) Tom Reimer: „Schaffen wir eine Neue Kultur - Weil Menschsein mehr ist als Ökonomie“, BoD, 2023


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