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Bürgerkrieg der Haltungen

Bürgerkrieg der Haltungen

Statt Bekennermut braucht es bei den heute anstehenden politischen Themen den Mut, sich bewusst nicht zu bekennen und gegen Vereinnahmung zu wehren.

Nein. Ich bekenne mich nicht.

Nicht zu Israel oder den Palästinensern, der Ukraine, Russland, dem Jemen oder Bergkarabach, nicht zu vermeintlich Vulnerablen und auch nicht zum Klima oder zu sonst einem politischen Popanz.

Weil ich es nicht muss!

Ich lasse mich nicht einspannen für geschürte Empörung, Angstmache und primitiven Tribalismus. Die Kriege dieser Welt sind nicht meine Kriege. Den Hungernden habe ich weder Essen vorenthalten, noch kann ich ihnen welches beschaffen.

Medien, Politiker, Familien, Freunde und Kollegen — seit über drei Jahren verlangen sie alle, man möge sich positionieren. Dafür oder dagegen. Schwarz oder weiß. Auf der richtigen Seite sein. Doch welche ist das, wenn jeder behauptet, sich auf selbiger zu befinden?

Manche Entscheidung ist nicht schwer: Ein unzureichend erprobtes Medikament, aktionistisch verhängte Maßnahmen, ein Panikpapier, das Angstmache empfiehlt. Dazu verweigerte Datenerfassung und eine heterogene Studienlage konnten die Wahl der „richtigen Seite“ erleichtern. Adressaten für Protest befanden sich praktisch direkt vor der Haustür. Ja, das war in der Tat mein Konflikt! Jeden Tag habe ich ihn ausgefochten, mit Tätern und mit Opfern.

Im Ukraine-Konflikt war die Lage bereits unübersichtlicher. Informationen nur aus zweiter und dritter Hand, der eigentliche Konflikt weit weg. Aber auch hier gab es Entscheidungshilfen: Vorrücken der NATO Richtung Osten, die sofortige Parteinahme der Medien, der instantan einsetzende Hass auf alles Russische, und Waffenlieferungen aus Deutschland. Die Adressaten der Proteste waren im eigenen Land zu finden. Dennoch war es nur mittelbar mein Konflikt.

Und nun Nahost. Erneut dröhnen die Bescheidwisser sämtlicher Lager, man möge doch wahlweise Israel verteidigen oder die Zivilbevölkerung im Gazastreifen. Den Terroranschlag — oder war es ein Pogrom? — möge man kompromisslos verabscheuen oder den Genozid Israels verurteilen. Alles bitte gleichzeitig und natürlich aufs Schärfste. Die PLO wurde einst vom Ostblock als Befreiungsbewegung der Palästinenser gegen den Aggressor Israel unterstützt und Israel als ein Außenposten der USA im Nahen Osten gesehen. Anscheinend haben wir es auch hier mit einem Stellvertreterkrieg verschiedener Akteure zu tun.

Der Nahostkonflikt schwelt, seit ich denken kann. Friedensbemühungen wurden immer wieder sabotiert.

Und nun fragt man ernsthaft mich, wo ich mich positioniere, und fordert ein Bekenntnis? Nein. Auf diese Frage gibt es von mir keine Antwort. Denn positioniere ich mich für die eine Seite, wird die andere ihre toten Kinder vorzeigen.

Und positioniere ich mich für diese, rechnen mir jene ihre Toten vor. Für keines dieser Opfer bin ich verantwortlich. Und niemandem wird meine Haltung, mein Bekenntnis auch nur eine Winzigkeit nützen.

Ich weigere mich, geopolitische Interessen, die Großmächte mit Hilfe ihrer Vasallen zu Kriegen eskalieren, in mein Umfeld zu ziehen und diese Kriege mit meinen Mitmenschen oder auf unseren Straßen auszutragen. Keine Frage: Ich verurteile Krieg und Terror. Ich solidarisiere mich — symbolisch — mit Unschuldigen, Kindern und Zivilisten, aber nicht mit Kriegstreibern. Auch nicht mit solchen, die mich zu wohlfeilen Solidarisierungen nötigen wollen und glauben, damit Kriege zu beeinflussen oder mir zumindest ein schlechtes Gewissen machen zu können, weil ich mich vielleicht für den einen Konflikt mehr interessiert habe als für den anderen.

Als würde meine oder unsere am Küchentisch erklärte Solidarität an entscheidender Stelle wirklich zählen. Als würde es irgendjemandem nützen, wenn wir uns im Privaten bekennen oder überwerfen. Zwei Parteien, jede hat ihre berechtigten Anliegen, und ich soll mich zum Richter aufschwingen? Nein. Meinungsfreiheit bedeutet auch, frei von Meinung bleiben zu können. Ich möchte nicht von Dauerempörten agitiert und mit Videos und Artikeln bombardiert werden. Ich benötige zur Meinungsbildung keine markigen Aussagen von Experten, denn ich verweigere meine Meinung.

Der Nahostkonflikt sollte weder auf Deutschlands Straßen noch in unserem sozialen Umfeld stattfinden, denn er kann hier nicht gelöst werden.

Und ja, selbstverständlich müssen Juden in Deutschland sicher leben können. Antisemitismus, egal von welcher Seite, darf nicht wieder salonfähig werden.

Konflikte beginnen im Kleinen und eskalieren zu Hass, weil sich Lager bilden aus „Solidarischen“, die stetig neue Mitglieder rekrutieren und sich mehr und mehr radikalisieren. Dann wird es irgendwann unmöglich, im Andersdenkenden nicht den Feind und schließlich den Todfeind zu erblicken. Jeder Einzelne sollte diesen Mechanismus bei sich selbst erkennen und sich nicht in fremde Kriege verstricken lassen oder andere Unbeteiligte involvieren. „Frieden beginnt mit dir“, dieser schlichte Satz des Dalai Lama ist keine leere esoterische Phrase, sondern das Gebot der Stunde.


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