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Das Comeback der Friedensliteratur

Das Comeback der Friedensliteratur

Der Roman „Sheikhi — Ein afrikanisches Märchen“ von Paul Soldan hat das Potenzial, zu einem Antikriegs-Klassiker zu werden.

Erinnern Sie sich noch an den Spruch „Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin“? Ja, das war vor 50 Jahren. Die Gräuel des Vietnamkriegs waren präsent, und das massenhafte Morden des US-Militärs dort führte zu Massendemonstrationen gegen diesen Krieg wie auch Krieg im Allgemeinen. Zu dieser Zeit waren auch noch „1984“, „Schöne neue Welt“ und „Konferenz der Tiere“ in den Schulen Pflichtliteratur. Werke von Kafka wie „Der Prozess“ sind nicht mehr „in“, obwohl oder besser: weil Kafka damals schon beschreibt, wie die Justiz Menschen das Leben zur Hölle machen kann. Denken wir da aktuell an Elsässer und das Compact-Magazin. Alle diese Werke sind gerade heute brandaktuell, aber genau deswegen ins Abseits gestellt.

Wer heutzutage für Frieden eintritt, gar noch dafür demonstriert, wird als Agent Putins und als rechtsextrem diffamiert. Wer gegen den Völkermord in Palästina auftritt, bekommt die Antisemitismuskeule über den Schädel gezogen. Die Rüstungsausgaben werden hochgefahren, obwohl das unseren Wohlstand ruiniert.

Was sind Sanktionen anderes als eine andere Form von unerklärtem Krieg? Und wehe, jemand protestiert dagegen. Der amerikanische Präsident Trump durfte nicht wiedergewählt werden, weil er keinen neuen Krieg begonnen hat. Die westliche Welt ist im Wahnsinn der Kriegstreiberei versunken. Die asozialen Medien machen mit. Wäre es nicht angebracht, gerade jetzt die Menschen aufzufordern, die alten Klassiker der Antikriegsliteratur zu lesen? Aber kann man mit diesen alten Werken heute noch junge Menschen erreichen? Die Menschen, die gebraucht werden, um Kriege überhaupt führen zu können? Die, wenn sie sich verweigern, jeden Krieg verhindern könnten?

Werbung für Kriegsdienst

Es geschieht das Gegenteil: Die Bundeswehr darf in den Medien werben für den Kriegsdienst. Weil es keine Feinde gibt, die uns angreifen wollen, werden diese erfunden, herbeigeredet. Krieg ist ein Geschäft. Aber müsste nicht vor jeder Werbung für Kriegsdienst ganz groß die Mahnung stehen: „Kriegsdienst kann Ihre Gesundheit gefährden und zu vorzeitigem Tod führen“, so, wie es mit Zigaretten gemacht wird oder Alkohol? Oder müsste nicht auch auf jedem Gewehr stehen: „Wenn Sie diese Waffe abfeuern, erhöhen Sie die Gefahr, selbst durch Beschuss einen frühzeitigen Tod zu finden“? Und nein, Deutschland muss nicht wieder kriegsfähig werden, sondern friedensfähig. So ähnlich steht es ja auch im Grundgesetz, aber wer dessen Einhaltung einfordert, ist rechtsradikal.

Wie kann man also jungen und auch älteren Menschen den Wahnsinn jeden Kriegs vermitteln? So, dass es aktueller ist und auch in der Gegenwart dazu führt, junge Menschen davon abzuhalten, der Versuchung zu erliegen, auf legale Weise Menschen ermorden zu können oder dies überhaupt zu wollen. Ist es denkbar, unter dem Lärm der Kriegstrommeln im westlichen Umfeld ein Antikriegsbuch zu platzieren?

Das würde wahrscheinlich wie die Friedensdemonstrationen in die rechte Ecke gestellt und totgeschwiegen. Also, was tun? Ich sehe nur eine Möglichkeit: Ein modernes Antikriegsbuch muss seine Botschaft in einem anderen Kontinent platzieren. Am besten dort, woher Kriegsflüchtlinge kommen: in Afrika. Da ist es genauso weit weg wie die Antikriegsliteratur vergangener Jahre und nicht so aufdringlich wie direkte Friedensappelle. Dennoch kann die Botschaft ähnlich eindringlich herübergebracht werden.

Ein neues Buch kann zum Klassiker werden

Nun haben wir beim AnderweltVerlag das Glück gehabt, einen Autor zu finden, der genau das gemacht hat: Paul Soldan hat einen kleinen Roman geschrieben, der als Abenteuer in Afrika aufgemacht ist, spannend zu lesen, und in gewisser Weise hinterhältig dem Leser vermittelt, wie junge Menschen zum Krieg getrieben werden, ohne wirklich zu wissen, warum und wofür sie ihr Leben riskieren. Oder gar nicht daran denken, dass sie so ihr Leben aufs Spiel setzen. Dass sie gar nicht darüber nachdenken, ob sie für eine Sache kämpfen wollen, die nicht die ihre ist. Die in den Krieg ziehen wollen, weil sie nichts Besseres zu tun haben und auch sonst keine gute Lebensperspektive. So wie auch in den USA die meisten einfachen Soldaten zum Militär gegangen sind, weil ihnen das System keine andere Perspektive gibt.

Und ja, auch ich hatte als junger Mann kurz darüber nachgedacht, mir ein sorgenfreies Studium zu gönnen, als Offiziersanwärter an einer Hochschule der Bundeswehr. Im Gegensatz zu einem normalen Studium hätte ich ein ordentliches Einkommen genießen können. So fängt man Mäuse.

Der Roman von Paul Soldan hat noch einen weiteren Vorteil. Er ist nicht im westlich-christlichen Umfeld angesiedelt. Der alte weise „Held“ ist ein Imam. Sein Protegé ist auch Muslim. So kann der deutsche Leser zunächst annehmen, es handele sich um eine Geschichte, die ihn zwar in spannender Weise hineinzieht, aber persönlich nicht wirklich etwas angeht. Eben wie ein modernes Märchen. Um dann, wie bei jedem guten Märchen, zu erleben, dass eine Botschaft darin enthalten ist, die auch für ihn wichtig sein wird. Man legt dieses Werk nach Lektüre nicht einfach aus der Hand, einfach als „auch gelesen“, und das war´s. Ganz subtil bleiben die Gedanken im Kopf, die das Gelesene mit dem eigenen Leben, dem seiner Kinder und Enkel und der aktuellen Kriegspolitik verknüpfen. Man kann kaum anders.

Der Roman „Sheikhi — Ein afrikanisches Märchen“ von Paul Soldan hat das Potenzial, zu einem Antikriegs-Klassiker zu werden. Ich kenne derzeit kein modernes Buch, das dem Leser in gleichwertiger Qualität und auch noch unterhaltsam die Kriegslust als das vermitteln kann, was sie ist: lebensverachtender Wahnsinn.

Das aufzeigt, dass sich Menschen gegenseitig umbringen, ohne überhaupt zu wissen, wer der andere ist und was er denkt. Ob er nicht eher ein Freund denn ein Feind ist. Das schildert, wie junge Männer zum Krieg verführt werden. „Sheikhi“ ist auch ein Werk, das Toleranz gegenüber anderen Kulturen und Religionen fördert.

Welche Qualität dieses Werk hat, erläutere ich noch kurz an einem Beispiel. Ich habe „Sheikhi“ einer Freundin zum Lesen geliehen. Geliehen. Sie will es nicht wieder zurückgeben. Sie will es weiteren Freundinnen zum Lesen geben. Das ist mir bislang noch nicht mit ihr passiert. Wenn Sie also auch etwas für Frieden tun wollen, dann lesen Sie „Sheikhi“ nicht nur selbst, sondern schenken Sie es Ihren Kindern und Enkeln, wenn Sie nicht wollen, dass diese sich freiwillig zum Kriegsdienst melden.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Beitrag erschien zuerst unter dem Titel „Wir brauchen wieder Friedensliteratur“ bei Anderwelt Online.


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