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Denunziatorische Wühlarbeit

Denunziatorische Wühlarbeit

Obwohl das gängige Corona-Narrativ längst widerlegt ist, arbeitet sich die taz noch immer mit dem Phrasenrepertoire von vorgestern an „Querdenkern“ ab.

Ex-Idealisten sind die gefährlichsten System-Mitschwimmer, weil viele geneigt sind, ihnen wegen ihrer früheren Verdienste zu glauben. In Goethes Theaterstück „Torquato Tasso“ heißt es: „Wer spät im Leben sich verstellen lernt, der hat den Schein der Ehrlichkeit voraus.“ Die taz gehört zu den Medien, die von vielen links und nonkonformistisch eingestellten Menschen früher gern gelesen wurden. Bis Stammleser aufwachten und merkten, dass sich der Wind im linksintellektuellen Blätterwald komplett gedreht hatte, hatte ihr früheres Lieblingsmagazin ihnen schon eine Menge falscher Narrative untergejubelt.

Ein Beispiel: In einem argumentativ vollkommen verquasten Artikel über Sahra Wagenknecht namens „Ist sie Lady Voldemort?“ räumt die taz zwar ein, der Vergleich der Linken-Politikerin mit dem ultimativem Bösen aus den Harry-Potter-Romanen falle „auf die Linke selbst zurück“ — so ganz will das Medium aber doch nicht von dieser für sie offenbar naheliegenden Assoziation ablassen. „Klar, ich verstehe schon, warum der Vergleich erst mal naheliegend ist“, erklärt Autor Erik Peter wägend. „Zum Beispiel, weil Sahra Wagenknechts nationaler Sozialismus nur für Auserwählte ist und nicht für Muggels, also Ausländer.“ Hier bemüht sich das Blatt nicht einmal mehr, das Gemeinte mit indirekteren Formulierungen wie „Sozialnationalismus“ zu verschleiern. „Nationaler Sozialismus“ sagt eigentlich unverblümt, dass man die so Bezeichnete für einen Nazi hält.

Das Kanzler-Diktum von den „gefallenen Engeln aus der Hölle“ variierend, salbadert die taz weiter:

„So wie Voldemort und Potter haben auch Wagenknecht und viele GenossInnen in ihrer Partei mehr gemeinsam, als sie wahrhaben wollen: ein Weltbild, das zum Teil in den 80er-Jahren hängen geblieben ist, insbesondere das der Außenpolitik gegenüber Russland und der Vorstellung von Pazifismus.“

Seit wann vertritt die fiktive Figur Lord Voldemort ein Weltbild aus den 80er-Jahren? Und inwieweit ist das Eintreten für Frieden mit Russland in Verbindung zu bringen mit der Gruselfigur einer Fantasy-Reihe, einem Massenmörder und Tyrannen? Man könnte das als einen besonders skurrilen Fall persönlichen journalistischen Scheiterns durchgehen lassen — muss man einen Artikel ernst nehmen, der nicht einmal im Rahmen seiner eigenen Logik und Weltanschauung argumentativ funktioniert? „Ist sie Lady Voldemort?“ stellt einfach nur einen Versuch dar, eine Meinungsgegnerin assoziativ auf denkbar plumpe Weise mit dem Bösen zu verknüpfen. All das wäre nicht der Rede wert, wäre es nicht charakteristisch für das Niveau der aktuellen Debatte.

Gaga-Journalismus als Machtdemonstration

Dies vor Augen geführt, kann man dem Liedermacher, Dichter und Gitarristen Jens Fischer Rodrian geradezu gratulieren, dass die taz jetzt auch gegen ihn ist. Er wird zwar gnädigerweise weder mit Lord Voldemort noch mit Sauron, Mephisto oder gefallenen Engeln in Verbindung gebracht, jedoch wird er als Teil eines Kollektivs von „Musiker:innen“ geoutet, „die sich als ‚systemkritisch‘ beschreiben und auf Coronademos herumgetrieben haben“. Aha. Also ein Herumtreiber, eine Art Strolch, der gar nicht wirklich systemkritisch ist, sondern sich nur so „beschreibt“.

Ich hole aber besser etwas weiter aus und erwähne, dass besagter Artikel vom 31. August 2023 mit „Leugnen als Kunst“ überschrieben ist. Das klingt ein wenig so, als hätte jemand ein Gedicht über die Nichtexistenz von Auschwitz geschrieben. In Wahrheit geht es bei den Künstlern, die hier am journalistischen Pranger stehen, um künstlerisch umgesetzte Regierungskritik. Früher einmal galt das als Selbstverständlichkeit in einer Demokratie. Der Untertitel des Artikels lautet:

„Coronaleugner machen sich in der Kunstszene breit, veranstalten Theater und Ausstellungen.“

Hier stellt sich für Menschen, die die linientreuen Corona-Diskurse der letzten 3 ½ Jahre erlebt und erlitten haben, die Frage: Glaubt das taz-Publikum nach allem, was seither geschehen ist, wirklich noch, jemand, der Corona-Maßnahmen kritisiert, „leugne“ die Existenz der Krankheit? Oder legt die Redaktion hier nur ihre eigene Geisteshaltung als Maßstab an?

Oder, dritter Erklärungsversuch, handelt es sich bei diesem offenkundigen Unfug nur um eine weitere Machtdemonstration, die besagen will: „Wir — also der Corona-Mainstream der letzten Jahre — haben immer noch die politische und publizistische Macht. Es ist noch nicht vorbei, bleibt lieber in Deckung und passt euch an.“

Denn nichts macht ein Machtungleichgewicht deutlicher als die Fähigkeit einer bestimmten Gesinnungsgemeinschaft, offenkundigen Unsinn in den Medien breit und fast flächendeckend zu streuen, sodass darunter kaum auch nur ein zartes Pflänzchen des Zweifels zu keimen vermag.

Kai Strittmatter schreibt in seinem Buch „Die Neuerfindung der Diktatur“ über China — aber gewiss nicht nur über China:

„Dem Autokraten ist es letztlich egal, ob man ihm glaubt. Er will gar nicht einen jeden überzeugen — sehr wohl aber will er einen jeden unterwerfen. Es liegt im Wesen der Macht, dass sie, egal wie stark, ihrer selbst nie vollkommen sicher ist. Die Paranoia, die Angst vor der Schwächung und dem Verlust seiner Macht liegt in der Natur des Mächtigen. Deshalb sein Drang, die Masse immer wieder aufs Neue zu überwältigen. Dazu dient ihm die Lüge“ (1).

Strittmatter schreibt dann über Propagandakitsch und stellt die Frage, warum die Staatsmacht sehr oft versucht, mit Behauptungen durchzukommen, die peinlich, unglaubwürdig und übertrieben wirken.

„Gerade weil die Inszenierungen oft so haarsträubend sind und noch dem letzten Anschein von Rechtsstaatlichkeit hohnsprechen, projiziere sie umso eindrücklicher die Allmacht und die Willkür einer Staatsgewalt, mit der sich nur ein Verrückter anlegt.“

Die Botschaft an unzufriedene Bürger ist: Wer in der Lage ist, an jeder Straßenecke ein Plakat und in jeder Fernsehsendung flächendeckend Slogans zu verbreiten, die ganz offensichtlich abstoßender Unsinn sind, hat mit Sicherheit auch die Macht, jeden zu zerquetschen, der es wagt, diesen Unsinn infrage zu stellen.

Diese Art von Journalismus will nicht überzeugen und würde dies bei wachen Lesern auch nicht schaffen. Sie will einschüchtern, einbläuen, vorgeben, was zu denken ist — unter Verwendung eines so abgenutzten wie durchschaubar perfiden Setzkastens voller Diffamierungsphrasen.

Die Macher glauben selbst auf den Schein von Integrität und Originalität verzichten zu können, weil sie ihr Publikum intellektuell wehrlos wissen. Sie fürchten keine Kritik und müssen auch keine fürchten, da sie in einer staatshörigen Konsenssoße schwimmen, die sie selbst mit ihrem spezifischen Aroma aus Selbstgerechtigkeit und Denunziation durchtränkt haben.

Achse des Bösen

„Corona-Leugner“ also. Und, man ahnt es schon, „Querdenker“, wie es weiter unten in Erik Peters Text heißt. Diese, so führt die taz aus, „machen sich in der Kunstszene breit“, anstatt ganz schmal zu bleiben, wie es sich für derart fragwürdige Kreise gehören würde. Es genügt den Regisseuren und Komparsen des unter dem Stichwort „Corona“ bekannt gewordenen Demokratie-Abbauprojekts also nicht, auf sehr breiter Front die Herrschaft über die öffentliche Meinung errungen zu haben; es genügt ihnen nicht, die meisten Kunstschaffenden — auch und gerade die prominenten — längst unter sich zu haben.

Selbst eine vergleichsweise kleine Opposition muss durch öffentliche Bloßstellung zur Abschreckung aller abgestraft werden. Denn die taz vermeldet zwar selbst triumphal, Berlins Querdenkerszene sei „von den Straßen überwiegend verschwunden“, jedoch scheint dieser Erfolg der von ihm selbst mitinszenierten Diffamierungskampagne dem Blatt nicht zu genügen. Die Szene „versucht aber weiter Räume zu besetzen, vornehmlich kulturelle“. Eine Künstlergruppe also als Fortsetzung und kärglicher Rest einer früher potenten Demonstrationsbewegung, die „leider“ die große kulturelle Säuberung überlebt hat. Und mittendrin als notorischer Querulant Jens Fischer Rodrian, dem zur Last gelegt wird, von „Vasallen der Weltenlenker“ gesungen zu haben. Da fühlte sich offenbar jemand ertappt. Klarer Fall: Der Querdenker und Corona-Leugner ist zu allem Unglück noch Verschwörungstheoretiker.

Ein Stein des Anstoßes war für die taz die „Internationalen Agentur für Freiheit“ (IAFF), geleitet von der Künstlerin Jill Sandjaja, die vom 7. bis 9. September ein „Berlin Art Weekend“ veranstaltete. Gezeigt wurden unter anderem „Werke von Clemens Unger, Autor zweier Coronabücher und des rechten Blogs ‚Achse des Guten‘“. Gemeint ist sicher der vielen Lesern bekannte Raymond Unger, Autor von „Vom Verlust der Freiheit“ und „Das Impfbuch“. Hier wurde nicht einmal der Vorname korrekt recherchiert. Vielleicht meinte der Autor mit Blick auf den Impfkritiker Clemens Arvay, der mit hoher Wahrscheinlichkeit auch wegen einer gegen ihn inszenierten Pressekampagne den Freitod gewählt hatte, dass „Coronaleugner“ ganz allgemein dazu neigen, Clemens zu heißen. Man möchte gar nicht wissen, was an dem Artikel sonst alles nicht stimmt.

Aufgedeckt wird im Artikel jedenfalls ein verschlungenes Netzwerk von für den Schreiber verdammenswerten Gestalten, gipfelnd darin, dass die zu den „altbekannten Coronaleugner:innen“ zählende Lydia Dykier „in extrem rechten Kreisen aktiv gewesen“ sei. „Nach einer Intervention von Antifaschist:innen“ sei ein von Dykier kreiertes, angeblich krudes Theaterstück vom Spielplan genommen worden. In der Keller-Bühne in Neukölln sei Lydia Dyker ebenfalls rausgeflogen — „nach diversen Übergriffen, Bedrohungen und Sachbeschädigungen“.

Eine zweifellos erregende Gruselstory. Aber wo liegt die politische Relevanz, etwa bezüglich der Debatte über Sinn und Unsinn von Coronamaßnahmen? Vielleicht in diesem Detail: Ebenso rausgeflogen war nämlich „Hendrik Sodenkamp, der dann mit Anselm Lenz die ersten Coronademos organisierte“. Wie wir wissen, besudelt ja das von Lenz und Sodenkamp ins Leben gerufene Magazin Demokratischer Widerstand jeden, der in seine Nähe kommt — so unlängst auch den „umstrittenen“ Universitätsprofessor Michael Meyen. Vielleicht hätten Sodenkamp und Lenz ihre Printzeitschrift, um den Zeitgeist zu treffen, besser „Undemokratische Fügsamkeit“ nennen sollen.

Die von der taz entworfene Kontaktschuld-Kette setzt sich fort mit Jill Sandjaja, der Schwerwiegendes zur Last gelegt wird:

„Mit der ‚Internationalen Agentur für Freiheit‘ (IAFF) versucht Sandjaja, Lebensgefährtin von Sodenkamp, weiterhin Corona-leugnenden Künstler:innen Räume zu verschaffen.“

Da hätte Jill wohl besser vor dem Sichverlieben recherchieren sollen, ob gegen ihren Liebsten in Kreisen von „Antifaschist:innen“ belastendes Material vorlag. Tipp fürs nächste Mal: Wähle als Lebensgefährten am besten einen taz-Journalisten, dann bist du weltanschaulich auf der sicheren Seite.

„Genauso wie Rechtsextreme“

An dieser Stelle können wir auch endlich den Bogen zu Jens Fischer Rodrian und zu „Clemens“ Unger schlagen. Jens und Clemens nämlich traten bei einer Veranstaltung der IAFF auf. Auf der Webseite des Vereins kann jeder selbst entscheiden, ob ihm schon beim Lesen Schwefelgeruch in die Nase steigt. Ach ja: „Unterdessen wurde gegen Anselm Lenz am Mittwoch wegen Widerstands gegen Vollzugsbeamte beider Coronademos 2020 ein Strafbefehl erlassen.“ Zusammenhang mit dem Rest der Story? Keiner. Ein Kollege des Lebensgefährten von Frau Sandjaja ist auch irgendwie böse.

Wenn ein Bürger mit der Polizei in Konflikt gerät, geht die taz ohne Einzelfallprüfung davon aus, dass daran immer der Bürger, niemals die Polizei schuld ist.

Wer die verwickelten Zusammenhänge im Artikel „Leugnen als Kunst“ nun nicht vollständig verstanden hat, den kann ich beruhigen. Mir geht es ebenso, auch nach längerer Beschäftigung mit dem Thema. Auch diese zugleich vernebelnde und vage verknüpfende Art des Schreibens könnte ja Methode haben. Unser Jens Fischer Rodrian ist jetzt über einige Ecken mit jemandem assoziiert, der „in extrem rechten Kreisen aktiv gewesen“ ist. An dieser Stelle fährt mir ein Schrecken in die Glieder: War ich denn nicht selbst etliche Male öffentlich mit Jens Fischer Rodrian gesehen worden? Sagt es bitte den „Antifaschist:innen“ nicht weiter!

Unterstützt wurde Autor Erik Peter übrigens von einer eingebetteten Kommentator:in namens „Berlinerlesen“, die verbal den Zeigefinger hob:

„Genau wie Rechtsextreme versuchen auch Querdenker/Querfrontler so unscheinbar in die Mitte der Gesellschaft einzudringen und zu etablieren. Die viel beschworene Brandmauer ist häufig nicht so dick wie behauptet, leider auch bei vielen linken Projekten.“

Zunächst erfährt der unbedarfte Leser hier, dass sich die inkriminierte Künstlerszene, also unter anderem Raymond Unger, Jens Fischer Rodrian und der Musiker Captain Future, „genau wie Rechtsextreme“ benimmt. Suggeriert wird Heimtücke. Man gibt sich einen harmlosen Anstrich, während man in Wahrheit brandgefährlich ist und die kreuzbrave „Mitte der Gesellschaft“ mit braunem Gedankengut infiltrieren will. Jemand wie Jens Fischer Rodrian ist demnach nur zum Schein ein an Freiheit und Grundrechten interessierter aufrechter Künstler — mental und heimlich reckt sich seine Hand zum deutschen Gruß, womöglich plant er die Errichtung eines Vierten Reichs.

Verleumden als Kunst

Warum löst ein so unfaires und schlampig recherchiertes Machwerk keine Protestwelle aus? Warum wenden sich Leser wegen dieser oder anderer Stilblüten nicht in Scharen von der taz ab? Wahrscheinlich ist:

Die taz profitiert von eben jener Anspruchslosigkeit ihrer Leserschaft, zu der sie diese selbst über Jahre erzogen hat. Macher und Leser haben sich aneinander gewöhnt und einander angeglichen. Man bestätigt sich gegenseitig im Status der Rechtgläubigkeit.

Die Schreiber wissen, welche Trigger und Stichworte sie in den Raum werfen müssen; das Publikum weiß, wie es diese zu deuten hat und welche roten Linien es gedanklich auf keinen Fall überschreiten darf, um innerhalb der sicheren Umhegung erlaubter Meinungen zu bleiben.

Gänzlich wird auf die Funktion von Journalismus zum Zweck der Aufklärung verzichtet. Denn Aufklärung würde ja bedeuten: heller machen, weiter machen, klüger machen. Hier handelt es sich vielmehr um einen Journalismus der Verdunklung und der Spielraum-Einengung, Journalismus als geistige Degrowth-Bewegung. Statt die Neugier auf originelle, manchmal vielleicht ungewohnte und provozierende Denkanregungen zu wecken, markiert dieser Journalismus Milieus voll weltanschaulich Unberührbarer — Leute, mit denen man sich besser niemals abgibt und denen man nicht einmal richtig zuhört, um nicht von Unsagbarem und Unsäglichem besudelt zu werden.

Interessanter Weise ist Manova bekannt, dass eben jener Erik Peter, Autor des Artikel-Klassikers „Leugnen als Kunst“, auch der Verfasser eines denunziatorischen Briefs gewesen ist, mit dem der Veranstalter des „Berlin Art Weekends“ auf die Nichtswürdigkeit dieses Kulturevents aufmerksam gemacht werden sollte.

Offensichtlich sollten beim Veranstalter Ängste davor erzeugt werden, dass Antideutsche oder andere Wohlanständige schimpfen könnten, sollten die Auftritte wie geplant stattfinden. Es bestünde Ansteckungsgefahr mit dem Querdenkervirus, was ja kein besonnener Inhaber von Kulturbühnen wünschen könnte.

Erik Peters Brief, geschrieben am 30. August 2023, besagt im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,
vom 7. bis 9. September findet bei Ihnen das „Berlin Art Weekend“ statt, ausgerichtet von der „Internationalen Agentur für Freiheit“, einer Künstleragentur der Berliner Querdenker-Szene. Alle ausstellenden Künstler:innen sowie die angekündigten Acts des Rahmenprogramms sind diesem Milieu zuzuordnen.

Mehr Infos zur IAFF habe ich bereits hier aufgeschrieben: https://taz.de/Querdenker-in-Berlins-Kulturszene/!5930197/. Ich würde gern wissen, wie es dazu kommt, dass die IAFF bereits zum zweiten Mal diese Veranstaltung bei Ihnen durchführt, und ob Ihnen der politische Hintergrund der Veranstaltung bewusst ist?

Aufgrund eines aktuellen Textes würde ich mich über eine Antwort bis 14.30 Uhr freuen.
Mit freundlichen Grüßen

Erik Peter

Die Journunzianten

Wir wussten ja, dass es Journalisten gibt, die über die Friedens- und Maßnahmenkritiker-Bewegung, die überhaupt über alles, was nicht „auf Linie“ ist, sehr unfair berichten. Wir wussten außerdem, dass es eine Flut von Denunziationsbriefen an Veranstalter gibt, die sich erdreisten, unliebsamen Personen eine Bühne zu geben.

„Sicher war Ihnen nicht bewusst, dass XY im Verdacht steht, rechtsoffen/struktureller Antisemit/Affenpocken-Leugner/ein ehemaliger Studiogast von Ken Jebsen/Besitzer mehrerer CDs von Xavier Naidoo ist. Im Interesse des öffentlichen Renommees Ihrer Kleinkunstbühne kann ich Ihnen nur davon abraten, XY eine Bühne zu geben.“

Wenig bekannt ist dagegen, dass es offenbar oft dieselben Leute sind, die jene Denunziationsartikel schreiben und die begleitend im Hintergrund die Wühlarbeit erledigen. Es zeigt sich da eine besonders perfide Doppelfunktion, quasi ein neues Berufsbild: Journalist/Denunziant oder „Journunziant".

Offenbar hatte es diesmal mit dem Anschwärzen nicht so recht geklappt, denn Jens Reule Dantas, Veranstalter der fraglichen Bühne, schrieb an den ihm wohl persönlich bekannten Erik Peter zurück:

*Hallo Erik,

ich kann nicht glauben, was ich da von dir lese?!*

Es kann doch nicht sein, dass du in dieser eigentlich früher hochqualitativen Zeitung Mitbürger ausgrenzen und nach DDR-Manier zersetzen möchtest? Ist das wirklich dein Ernst, so etwas tun zu wollen?

Wir würden es jedenfalls niemals wagen, uns herauszunehmen, in einer freien Demokratie Menschen bewerten, richten, auszugrenzen oder diffamieren zu wollen, egal welche Meinung sie haben, außer sie ist menschenverachtend.

An diesem besonderen Ort, der die gesamte politische Menschheitsgeschichte gesehen hat und noch heute die Geschichte durch seine unveränderten Mauern sehbar lebt, ist die Verantwortung besonders groß, auf die Fehler der Vergangenheit hinzuweisen und diese nicht selbst zu begehen.

Einer der größten Fehler, die schon viel früher begonnen wurden, waren die Hexenverfolgungen, die sich über die Epochen immer wieder in den unterschiedlichen Systemen widergespiegelt haben.

Hier war und ist es zu meinen, man gehöre zu einer besonderen Machtelite, die auf opportune Art und Weise das Leben anderer Menschen zerstören dürfe, um seine Vorteile abgreifen bis hin das eigene Leben retten zu können.

Ausgrenzungen, Verleumdungen, Denunziationen, Hetze, Zersetzungen und narzisstische Meinungsdiktatur sind wohl die größten negativen Eigenschaften der Menschheit, die wahrscheinlich eines Tages ohne Einsicht und Veränderung zu einer dystopischen Weltordnung führen werden.

Die blockbausteintechnisch manipulativ benutzten Kampfbegriffe, um Andersdenkende banal zu canceln, wie rechts(offen) und Antisemitismus, sind eine unerträgliche Verhöhnung und Verharmlosung unserer noch jungen grausamen Geschichte.

Denkst du, du wärst tatsächlich ein besserer Mensch frei von Schuld, der das Recht hat, so über ein Teil unserer Gesellschaft schlecht sprechen und richten zu dürfen?

Was nimmst du dir heraus, in einer „Demokratie und Kapitalismus“ mit Zersetzungstechniken Unternehmen, die vor allem für den Erhalt der Kultur in Berlin sich einsetzen, unter denunziativen Druck setzen zu wollen?

Geht es um reine Ideologie, nur um die Produktion von Klickzahlen, um den eigenen Arbeitsplatz zu erhalten, oder hast du tatsächlich ein wahres Interesse an einer Diskussion, die auch das eigene Umdenken als Option beinhaltet?

Sollte Letzteres der Fall sein, würde ich mich über einen Austausch mit dir freuen, auch wenn es in meinem Text nicht so klingt!

Mit sehr besorgten und nachdenklichen Grüßen

Jens Reule Dantas

Eine „früher hochqualitative Zeitung“

Wir geben den Brief hier im Original wieder. Schon die Bezeichnung „früher hochqualitative Zeitung“ für die taz ist treffend. Der Umgang mit Personen und Institutionen, die früher mal integer waren, ist immer besonders mühsam. Diese betreiben ja einen hohen Verdrängungsaufwand und müssen die Wahrheit über ihren kläglichen Istzustand zweifellos fürchten, gerade weil ihr „altes“, seinerzeit noch integres Ich ihnen ja die intellektuellen Werkzeuge zur Verfügung stellen würde, um diesen Zustand zu analysieren und zu beenden. Diese Werkzeuge ungenutzt liegen zu lassen — um eines „höheren Zwecks“ willen, etwa der Bewahrung eines nicht mehr zutreffenden Selbstbilds als „linker Rebell“ —, kostet sicher Kraft.

Man möchte sich ungern von anderen vorhalten lassen, was man, wenn man ehrlich wäre, durchaus bei sich selbst diagnostizieren könnte. Daher bleibt Ex-Idealisten oft nur die Flucht in aggressive Gegenangriffe — oder in den vollständigen Kontaktabbruch.

Dantas rechnet hellsichtig und durchaus schonungslos mit der Mentalität der Journunzianten ab und ordnet deren „Tätigkeit“ auch historisch ein, vom DDR-Schnüffelstaat bis hin zur Hexenverfolgung. Er enthüllt den wahren Charakter von Kampfbegriffen wie „rechts“ oder „Antisemit“, nämlich als Verharmlosung der mit diesen Bezeichnungen verbundenen destruktiven Kräfte. Und er zeigt auf, wohin das alles führen kann: in eine „dystopische Weltordnung“. Erik Peters Artikel und Denunziationsbrief sind „Another brick in the Wall“, weil sie dazu beitragen, Menschen nicht nur, ähnlich der Berliner Mauer, voneinander zu trennen, sondern sie auch innerhalb bestimmter, von Meinungsmachern definierter Denkgrenzen einzumauern. Jens Reule Dantas gibt damit ein bewegendes Beispiel von Integrität und Rückgrat in einer Zeit, in der so viele Veranstalter unter dem Ansturm ähnlich banaler Briefe einknicken.

Ein weiterer Brief zum Thema ist hier zu zitieren. Er stammt von Alexa Rodrian, Manova-Autorin und ebenfalls in der Friedens- und Freiheitsbewegung aktiv. Man mag einwenden, Alexa sei befangen, wenn es um Kritik an ihrem Mann geht, aber besser befangen das Richtige zu schreiben, als — wie Erik Peter — ganz unbefangen das Falsche.

Alexa Rodrian also schrieb an die taz folgenden Leserbrief:

Mein Name ist Alexa Rodrian, ich schreibe Ihnen als Frau von Jens Fischer Rodrian, dessen pazifistische und immer an den Menschenrechten orientierte, politische Einstellung ich seit 30 Jahren kenne, schätze und begleite.

Ich schreibe Ihnen als ehemalige, langjährige Taz-Abonnentin.

Ich schreibe Ihnen als Musikerin, Lyrikerin und freie Autorin, die seit 40 Jahren Teil der Friedensbewegung ist und seit bald 4 Jahren aktiv an der Seite derer steht, über die Sie nun schon mehrfach verleumderische Lügen verbreitet haben.

Ich schreibe Ihnen, weil ich Menschen wie Jens Reule-Dantas, Captain Future, Boris Steinberg, und „Clemens“ Unger (siehe unten) persönlich kenne.

Es sind Menschen von hoher Integrität, die sich für Meinungsfreiheit, Frieden und Gerechtigkeit einsetzen — und das auch, wenn ihr Gegenüber einen anderen Standpunkt vertritt.

Ich schreibe Ihnen, um Sie zu fragen:
Wann haben Sie aufgehört, Fragen zu stellen?
Warum sprechen Sie nicht mit den Menschen, über die Sie schreiben?
Wann genau haben Sie angefangen, Meinungsmache vor neutralen Journalismus zu stellen?

Wie kann es sein, dass Sie und einige ihrer Kollegen nicht verifizierte, schlecht recherchierte, und höchst tendenziöse Artikel an die Öffentlichkeit bringen, die unschuldigen Menschen enormen Schaden zugefügt haben und immer noch zufügen?

Ich denke, Ihr Tun gefährdet die Meinungsfreiheit und unsere Demokratie.

Wir bleiben weiterhin offen für einen fairen Dialog.

PS: Da mir die originale Mailkorrespondenz zwischen Jens Reule-Dantas und Erik Peter vorliegt, kann ich mit Sicherheit sagen, dass es kein wirkliches Gesprächsangebot seitens des Autors gab.

Berichtigung:
Erik Peter ist hier ein Fehler unterlaufen, denn es handelt sich um den Künstler und Buchautor Raymond Unger.

Vielleicht wurde er von Herrn Peter mit dem Biologen und Buchautor Clemens Arvay verwechselt, der sich tragischerweise im Februar 2023 das Leben genommen hat. Zuvor wurde, von den sogenannten unabhängigen Medien immer wieder Unwahrheiten über seine vermeintliche, politische Gesinnung verbreitet.

Der Schuss geht nach hinten los

Susanne Köhler, eine der IAFF-Organisatorinnen, erzählte gegenüber Manova, sie hätte eine einstweilige Verfügung wegen des Namens ihrer Veranstaltung, „Berlin Art Weekend“, geerntet. Dies sei ein urheberrechtlicher Verstoß, quasi ein Plagiat des Namens „Berlin Art Week“, einer traditionellen Veranstaltung der Kulturprojekte Berlin GmbH. Zwar könne auf Worte wie „Berlin“, „Art“ und „Week“ kein Copyright angemeldet werden, doch habe die IAFF in ihrem Design zusätzlich einen pinkfarbenen Punkt verwendet, der sträflich an das Original erinnere, in welchem Pünktchen in verschiedenen Farben verwendet werden. Die Veranstalter mussten jedes Exemplar des Katalogs zur Veranstaltung überkleben und neu beschriften. Stellt diese einstweilige Verfügung also eine Art indirekte, politisch motivierte Verfolgung dar? Susanne Köhler weiß es nicht. Auffällig ist nur die zeitliche Nähe des Ereignisses zu dem negativen taz-Artikel.

Die Veranstalterin ist dennoch zuversichtlich. Die bisherigen „Skandale“ hätten ihrem Projekt im Ergebnis nicht geschadet und oft eher das Gegenteil des beabsichtigten Effekts gehabt. Denn viele Künstler zeigten sich gerade wegen der offensichtlich unfair agierenden schlechten Presse solidarisch mit der Internationalen Agentur für Freiheit und wollten nun erst recht mit den Veranstaltern zusammenarbeiten. In Berlin bildet sich eine Szene heraus, die zusammenhält und sich nicht so leicht durch Angriffe ins Bockshorn jagen lässt. Eine „Parallelgesellschaft“? Vielleicht. Aber nicht vonseiten der freiheitsliebenden Menschen wurde die Tür zu einem Gespräch zugeschlagen:

Im Bewusstsein, noch immer die Stärkeren zu sein, meinen woke, bellizistische und staatsautoritäre Kreise, auf eine Wiederannäherung der verfeindeten Blöcke verzichten zu können. Spalten statt Versöhnen.

Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Auch die „Mainstream-Medien“ könnten sich ändern und wieder mehr zu ihrem ursprünglichen humanen Impuls zurückkehren, zu jener Zeit, bevor es zu der massiven Selbstentfremdung kam. Macher wie Leser von Medien wie taz und anderen könnten dann erwachen wie aus einem bösen Traum und ihre innere Verwandtschaft mit jenen „Rebellen“ erkennen, auf denen sie lange mit sehr unfairen Mitteln herumgehackt haben — vielleicht, weil sie die Impulse, die jene repräsentierten, in sich selbst zu unterdrücken versuchten.

Zu lange sollten sie damit aber nicht warten. Denn wie Jens Fischer Rodrian es in einem Text sagt: „Wenn der Geist zu lange schläft, wacht er manchmal nicht mehr auf!“


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