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Die Corona-Übersterblichkeit

Die Corona-Übersterblichkeit

Oft heißt es, die aktuelle Pandemie dürfe man nicht mit der „normalen Grippe“ vergleichen — wir tun es dennoch.

Dass die Zahl der sogenannten „Corona-Toten“ nicht besonders aussagekräftig zu sein scheint, hat sich inzwischen weitgehend herumgesprochen. Spätestens, seitdem der Hamburger Rechtsmediziner Klaus Püschel konstatierte dass bei den Obduktionen, die sein Team durchgeführt hat, niemand dabei gewesen ist, der ohne Vorerkrankungen an Covid-19 gestorben sei – Zitat: „Alle, die wir bisher untersucht haben, hatten Krebs, eine chronische Lungenerkrankung, waren starke Raucher oder schwer fettleibig, litten an Diabetes oder hatten eine Herz-Kreislauf-Erkrankung.“ –, sollte sich auch für Journalisten hierzulande die Frage stellen, ob es noch verantwortlich ist, die angstfördernden Zahlen weiter unreflektiert zu verbreiten.

Weitaus aussagekräftiger scheint da die Zahl der Übersterblichkeit. Doch wie verhält es sich aktuell mit der Übersterblichkeit? Ist es mit Blick auf die Übersterblichkeit berechtigt, von einer einzigartigen Pandemie zu sprechen?

Ein Blick auf die Daten von EuroMOMO

Das EuroMOMO-Netzwerk veröffentlicht allwöchentlich für mehrere europäische Länder Daten dazu, ob mehr Menschen in einer bestimmten Woche gestorben sind, als in diesem Zeitraum zu erwarten wäre (= Übersterblichkeit). Grassieren im Winter etwa Influenzaviren, sterben in solchen „Grippewochen“ mehr Menschen als in „normalen“ Wochen, was sich entsprechend in den von EuroMOMO bereitgestellten Graphen wiederspiegelt (siehe Grafik 1).

Grafik 1 (Laurent Stein)

Grafik 1: Z-Wert von Österreich KW1/2016 bis KW 17/2020 - Man sieht: In den Grippemonaten kommt es zu Übersterblichkeit. Diese ist mal stärker (Winter 16/17), mal schwächer (Winter 19/20) ausgeprägt. [Quelle: EuroMOMO]

Betrachten wir nun einmal eine weitere Grafik, auf der die Übersterblichkeitszahl innerhalb der ersten 20 Wochen der Jahre 2017 bis 2020 dargestellt wird.

Grafik 2 (Laurent Stein)

Grafik 2: Kumulierte Werte der übermäßigen Todesfälle in den Kalenderwochen 1 bis 20 der Jahre 2016 bis 2020 [Quelle: EuroMOMO]

Man sieht hier ganz deutlich, dass die Übersterblichkeit ab Kalenderwoche 11 des Jahres 2020 (blauer Graph) sehr stark ansteigt. Dies spricht auf den ersten Blick dafür, dass es sich bei Corona tatsächlich um eine Pandemie ungeahnten Ausmaßes handelt und dass man die Todeszahlen diesen Jahres keinesfalls mit jenen einer „herkömmlichen“ Grippesaison vergleichen kann, wie es etwa die Faktenfinder der Tagesschau und des Recherchenetzwerks Correctiv anmahnen.

Genau einen solchen Vergleich wollen wir jetzt aber trotzdem einmal bemühen. Und zwar aus zweierlei Gründen:

1. Die Übersterblichkeit in der Grippesaison folgt keinem festen zeitlichen und geographischen Muster

Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) bezeichnet man auf der Nordhalbkugel den Zeitraum zwischen der 40. Kalenderwoche des einen Jahres (Anfang Oktober) und der 20. Kalenderwoche des darauffolgenden Jahres (Mitte Mai) als Grippesaison. Wie man aus Grafik 1 – Z-Wert Österreich – ablesen kann, steigt die Übersterblichkeit während einer Grippesaison mal früher und mal später an. Außerdem ist sie mal stärker, mal weniger stark ausgeprägt. So erreichte die Übersterblichkeit in der Grippesaison 2016/17 ihren Peak schon in Kalenderwoche 2/17 mit einem Z-Wert von 10,95, während dies in der Grippesaison 17/18 erst in Kalenderwoche 9/18 mit einem Z-Wert von 6,81, also 7 Wochen später, der Fall war. Nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen den Ländern kommt es hierbei zu beträchtlichen Schwankungen.

Um herauszufinden, ob wir es bei Corona mit einem besonders schwerwiegenden Phänomen zu tun haben, lohnt es sich daher, die Zahl der Übersterblichkeit während einer Grippesaison zu vergleichen. Schließlich zeigt der Graph aus Grafik 2 lediglich die Zahl der Übersterblichkeit während der ersten 20 Wochen eines Jahres, sprich während 20 von insgesamt 33 „offiziellen Grippewochen“.

Dazu folgende Rechnung:

Da uns für das Jahr 2020 bisher nur die Zahlen bis Kalenderwoche 18 vorliegen, verkürzen wir für unsere Rechnung die Grippesaison um 2 Wochen. Dies verfälscht die Daten insofern nicht allzu stark, als dass die letzten 2 Wochen der offiziellen Grippesaison in der Regel weitestgehend mild ausfallen.

Die kumulierte Zahl der Menschen, die über dem Durchschnitt gestorben sind, lautet für die Jahre 2017 bis 2020 in den Kalenderwochen 1 bis 18 (Werte gerundet, Stand: 9. Mai 2020):

2017: 83.000
2018: 109.000
2019: 56.000
2020: 173.000

Zu diesen Werten addieren wir nun die kumulierte Zahl der Menschen, die während der Kalenderwochen 40 bis 52 des vorherigen Jahres über dem Durchschnitt gestorben sind.

Grippesaison 16/17: 83.000 (17) + 30.000 (16) = 113.000
Grippesaison 17/18: 109.000 (18) + 29.000 (17) = 138.000
Grippesaison 18/19: 56.000 (19) + 1.000 (18) = 57.000
Grippesaison 19/20: 173.000 (20) + 13.000 (19) = 186.000

Nun relativiert sich das Bild also schon etwas (siehe Grafik 3). Dabei wollen wir es jedoch nicht belassen.

Grafik 3 (Laurent Stein)

Grafik 3: Kumulierte Werte der übermäßigen Todesfälle in den Grippesaisons 16/17, 17/18, 18/19 und 19/20 [Quelle: eigene Darstellung nach EuroMOMO]

2. Der „Sonderfall Deutschland“ bei EuroMOMO

Wer sich die Daten von EuroMOMO einmal genauer ansieht, wird schnell folgendes feststellen: Deutschland – immerhin das bevölkerungsreichste Land der EU – ist in EuroMOMO nur mit Hessen und Berlin gelistet. Alle anderen Länder sind voll dabei (siehe Grafik 4). Das verzerrt die Daten.

Grafik 4 (Laurent Stein)

Grafik 4: EuroMOMO Teilnahmeländer und Regionen [Quelle: EuroMOMO]

Das Bundesland Hessen zählt 6,3 Millionen Einwohner. Das Bundesland Berlin zählt 3,8 Millionen Einwohner. Deutschland hat insgesamt 83 Millionen Einwohner (Quelle: Eurostat). Demzufolge ist Deutschland lediglich mit 12 Prozent seiner Einwohner bei EuroMOMO repräsentiert.

Nachfolgend also ein Korrekturversuch:

Für die Grippesaison 16/17 wurden vom RKI 23.000 Grippetote geschätzt. Für die Grippesaison 17/18 liegt die Schätzung bei 25.000 Grippetoten (konservative Schätzung, Quelle: RKI Saisonbericht 18/19. Für die Saison 18/19 und 19/20 liegen vom RKI noch keine Daten vor – siehe Anfrage im Anhang.

Um uns ein grobes Bild dieser fehlenden Daten zu verschaffen, blicken wir im Folgenden auf die für Deutschland (Berlin, Hessen) auf EuroMOMO bereitgestellten Graphen zur Übersterblichkeit:

Grafik 5 (Laurent Stein)

Grafik 5: Z-Wert für Berlin und Hessen KW19/16 bis KW17/20 [Quelle: EuroMOMO]

Hieraus lässt sich vor allem eines erkennen: Die Grippewellen 2018/19 und 2019/20 verliefen deutlich milder als die Grippewellen 2016/17 und 2017/18. Der Einfachheit halber soll die europaweit ohnehin äußerst milde verlaufene Grippewelle 2018/19 nachfolgend außer Acht gelassen werden.

Blickt man nun mit der Lupe auf den Verlauf des Graphen für die diesjährige Grippewelle 2019/20 (siehe Grafik), scheint es nicht vermessen, den Wert der Grippetoten auf „gegen 0 tendierend“ zu schätzen (was übrigens keine Seltenheit wäre, siehe RKI Saisonbericht. (Anmerkung: Sobald hierzu nähere Zahlen vom RKI bereitgestellt werden, wird die Rechnung umgehend aktualisiert).

Grafik 6 (Laurent Stein)

Grafik 6: Z- Wert für Berlin und Hessen Grippesaison 2019/20 [Quelle: EuroMOMO]

Aufgrund der Tatsache, dass Deutschland mit lediglich 12 Prozent seiner Einwohner bei EuroMOMO gelistet ist, multiplizieren wir die vom RKI ermittelte Zahl der Grippetoten mit 0,88, um so einen Schätzwert für den bei EuroMOMO fehlenden Wert der Übersterblichkeit aus „Restdeutschland“ zu ermitteln.

Grippesaison 16/17: 23.000 x 0,88 = 20.240 (gerundet 20.000)
Grippesaison 17/18: 25.000 x 0,88 = 22.000
Grippesaison 19/20: 0 x 0,88 = 0

Diesen Wert addieren wir nun zu unserem bereits zuvor errechneten Wert der Übersterblichkeit in den vergangenen Grippesaisons.

Grippesaison 16/17: 83.000 (17) + 30.000 (16) + 20.000 (Restdeutschland) = 133.000
Grippesaison 17/18: 109.000 (18) + 29.000 (17) + 22.000 (Restdeutschland) = 160.000
Grippesaison 19/20: 173.000 (20) + 13.000 (19) + 0 (Restdeutschland) = 186.000

In einer Grafik stellt sich dies folgendermaßen dar:

Grafik 7 (Laurent Stein)

Grafik 7: Übersterblichkeit in der Grippesaison [Quelle: Eigene Darstellung nach EuroMOMO und RKI]

Fazit

Es soll an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich betont werden, dass es sich bei dieser Rechnung um Schätzungen handelt und dass das SARS-Cov-2-Virus – ebenso wie Grippeviren – ein gefährliches Virus ist. Wie man die Rechenergebnisse letztlich interpretieren will, ist jedem Einzelnen selbst überlassen. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Wert der Übersterblichkeit in der zu Neige gehenden Grippesaison noch verändern wird.

Aus Sicht des Autors stellen sich abschließend folgende Fragen:

  1. War die Übersterblichkeit in der diesjährigen Grippesaison außerordentlich hoch oder gibt es vielmehr natürliche Schwankungen von Saison zu Saison?

  2. Was sind die Ursachen für die hohe Übersterblichkeit in der Grippesaison 2019/20?
    Lässt sich diese ausschließlich auf Covid-19 zurückführen oder spielen hierbei noch andere (regionale) Faktoren eine Rolle, wie etwa Lockdowns, Panik und Angst; Fehlbehandlungen der Patienten; der Kollaps der Altenpflege, in manchen Regionen bedingt durch Infektionen, Massenpanik und Lockdown; oder auch die Überlastungen mancher Krankenhäuser bei gleichzeitigen Quarantänemaßnahmen für beträchtliche Teile des Personals?

  3. Inwieweit spielen mögliche Fehler im Umgang mit der Corona-Krise eine Rolle für den weiteren Verlauf der Übersterblichkeit im Jahr 2020?

Zur Beantwortung solcher Fragen bedarf es einer möglichst raschen Bildung eines Untersuchungsausschusses. Dabei bleibt zu hoffen, dass dieser weitgehend unabhängig von Politik, Medien und Konzernen arbeiten kann, um ein „Corona-Pendant“ des lückenhaften 9/11-Comission-Reports zu vermeiden. Zudem sollten Experten, die für Deutschland einen milden Verlauf der Epidemie prognostiziert hatten, angesichts der aktuellen Zahlen und der angemeldeten Zweifel an der Wirksamkeit des Lockdowns nicht weiter aus dem öffentlichen Diskurs ausgeschlossen werden. Die Meinungsfreiheit endet nicht dort, wo kollektive Angst und Panik beginnen.


Dieser Artikel entstand mit der freundlichen Unterstützung von Gemma Durany (WeeDooCare GmbH).


Anhang:

Anfrage an das RKI:
Anfrage RKI (Laurent Stein)


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