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Die Journalismus-Rettung

Die Journalismus-Rettung

Frankreich hat endlich jede Form der Propaganda verboten!

Vergangenen Mittwoch erließ Emmanuel Macron ein Gesetz gegen Fake-News. Dieses sieht vor, dass in den drei Monaten vor einer Wahl Desinformationen richterlich unterbunden werden können. Hierzu müssten die Richter binnen 48 Stunden entscheiden, ob es sich bei einer Meldung um die Wahrheit, eine Lüge oder um gefährliches Halbwissen handle. Die nationale Journalistengewerkschaft Frankreichs befürchtet eine „Bedrohung der freien Meinungsäußerung“ durch das Gesetz. Auch wird davor gewarnt, dass der gegenteilige Effekt eintreten und die Verbreiter von Falschmeldungen auf richterliche Zulassungen zurückgreifen könnten (1).

Als wir von der Satire-Quickie-Jugendredaktion in Paris ankommen, sind die Straßen proppenvoll. Neben zahlreichen von Arbeitslosigkeit bedrohten Journalisten der größten Tageszeitungen wie Le monde oder Le Parisien, die mit „je suis fake news“-Schildern gegen das neue Gesetz protestieren, befindet sich eine noch größere Menschentraube aus Studenten auf den Straßen von Paris. Auf der Champs-Elysées kommt der Verkehr fast zum erliegen. Wir fragen einen Studenten, wogegen sie denn demonstrieren – sie werden ja wohl nicht alle Journalismus studieren?

„Wir protestieren tatsächlich gegen gar nichts“, antwortet uns dieser. Was all die Studenten dann auf der Straße machen, wollen wir von ihm wissen. „Nun, wir haben heute erfahren, dass die Uni für dieses Semester komplett ausfällt, weil sämtliche Kapazitäten für die Richter des Landes benötigt werden. Sie alle bekommen ein Express-Studium in Physik, Chemie, sämtlichen Naturwissenschaften, Medizin und insbesondere in homöopathischer Medizin, damit sie, wie es das Anti-Fake-News-Gesetz verlangt, binnen 48 Stunden Fake- von Real-News unterscheiden können.“ Die Umsetzung scheint also vielversprechend.

Dann fragen wir einen der Journalisten, was ihn auf die Straße treibt. „Die Regierung darf uns die Fake-News nicht verbieten!“, antwortet dieser mit wässrigen Augen. „Ich schreibe für Le Monde und wenn Sie sich ansehen, wem diese Zeitung gehört (2), dann wissen Sie auch, dass wir für unsere Besitzer nutzlos werden, sobald wir keine Fake-News mehr verbreiten dürfen, die die Zustimmung der Bevölkerung für illegale Kriegseinsätze und den Sozialabbau erschleichen.“ Ob denn journalistischer Anstand, Moral und die Verpflichtung, die Wahrheit aufzudecken, nicht wichtiger seien als Geld, wollen wir von ihm wissen. „Ach, kommen Sie mir nicht mit dieser alten Leier! Die Zeiten, als wir Vorwände, um einen Krieg zu beginnen, noch kritisch hinterfragt haben (3), sind lange vorbei. Und wie es unserer Zeitung dann finanziell ging, ist ebenfalls bekannt.“ Wir danken ihm und gehen weiter.

Als wir am Eiffelturm ankommen, sehen wir Auffangnetze, die die Pariser Feuerwehr vorsorglich aufgespannt hat, sollten Journalisten auf die Idee kommen, sich in den Tod zu stürzen. Als wir uns auf den Weg zum Élysée-Palast machen, fliegen hinter uns schon die ersten Schreiberlinge bis zu 20 Meter über den Auffangnetzen durch die Luft, wie auf einem riesigen Trampolin.

Auf einen Croissant mit Macron

Am Élysée-Palast angekommen, klopfen wir an die Tür und stellen uns dem Pförtner als Redakteure der Satire-Quickie-Jugendredaktion vor. Als wir hinzufügen, dass wir zum Rubikon gehören, der über eine Rubrik zum Aufdecken von Fake-News namens „Rubikon deckt auf“ (4) verfügt, macht sich ein Lächeln unter dem ringelförmigen, typisch französischen Schnurrbart des Pförtners breit und er bittet uns herein.

Wir nehmen an einem prächtig gedeckten Frühstückstisch in den noblen Räumlichkeiten des Regierungspalastes Platz, bevor sich wenige Minuten später auch schon der französische Präsident Emmanuel Macron dazugesellt. Er stellt sich uns höflich vor und plaudert anschließend offen über seine Beweggründe, das Anti-Fake-News-Gesetz zu erlassen.

„Ich bin ja mittlerweile schon 40 Jahre alt, werde in wenigen Wochen 41. Da beginnt man langsam, ein wenig über das eigene Leben nachzudenken. Zu reflektieren. Welche guten Taten habe ich vollbracht und welche schlechten? Und während meiner Zeit bei Rothschild & Cie dürfte ich einiges an Karma-Punkten eingebüßt haben. Insbesondere bei dieser Nestlé-Übernahme-Geschichte mit dem Pharmakonzern Pfizer (5). Das war nun wahrlich keine edle Tat! Deswegen möchte ich jetzt meine Weste ein wenig reinwaschen und die großen Medien hierzulande in die Schranken weisen, die insbesondere während der Libyen-Intervention sehr intensiv als Scharfmacher fungiert haben (6), und auf der anderen Seite den mutigen Alternativ-Medien den Respekt für ihre Arbeit zollen, der ihnen gebührt.“

Er trinkt den letzten Schluck Kaffee aus seiner Tasse und erhebt sich. „Wenn Sie mich nun bitte entschuldigen. In wenigen Minuten steht mir wahrscheinlich die schwierigste Pressekonferenz meines Lebens bevor. Ich muss wegen des neuen Gesetzes den Zeitungen, die mich jetzt alle hassen, ihre eigene Zensur erklären.“

Er tritt vor einen Wandspiegel, räuspert sich, hebt seine rechte Hand, bildet mit Daumen und Zeigefinger einen Kreis und spricht in seiner besten Trump-Tonlage: „Tais-toi! IIs sont Fake-News!“ – im Englischen: „Be quiet! You’re Fake-News!“


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://www.sueddeutsche.de/medien/fake-news-macron-frankreich-1.4220945
(2) https://www.tagesspiegel.de/meinung/portraet-pierre-berge-bald-le-monde-aktionaer-nicht-vor-dem-praesidenten-strammstehen/1870184.html
(3) https://www.lemonde.fr/archives/article/2003/02/06/powell-n-a-pas-convaincu-tout-le-monde_308183_1819218.html?xtmc=armes_de_destruction_massive&xtcr=25
(4) https://www.rubikon.news/kolumnen/rubikon-deckt-auf
(5) https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/12-milliarden-uebernahme-nestle-kauft-babynahrungssparte-von-pfizer/6542606.html


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