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Versperrte Wege, schreiende Bäume

Versperrte Wege, schreiende Bäume

Alltagsbeobachtungen zeigen, dass es im Leben nichts mehr gibt, was nicht vom System und seinen zerstörerischen Prinzipien durchdrungen wäre.

Oder sollte ich Schwurbler, Coronaleugner, Verschwörungstheoretiker sagen?

Oh, habe nicht in der weiblichen Form geschrieben. Der Genderismus, Genderwahn, die Genderitis, das verbale Virus ... es hat uns im Griff. Zerstört Identität und weiter die Familien. Beschäftige die Menschen mit Nebensächlichkeiten, derweil sie den nächsten Krieg vorbereiten, die Eliten. Failien werden seit Langem zerstört. Durch Individualisierung verführt sind die Menschen vereinzelt, oft einsam. Auch dadurch werden sie krank. Zerstörung ist das eigentliche Element des Kapitalismus, dieser Gesellschaft, dieses Systems.

Vor ein paar Tagen waren Hasan und ich im Thermalbad. In einem Whirlpool sitzen vier Leute. Ich will auch hinein. Da zeigt ein im Pool sitzender Mann auf ein Schild, auf dem steht, dass nur vier Personen erlaubt sind. Ich sage ihm: „Was wäre, wenn dort eine ,fünf‘ stünde ?“ Mein Mann, einer der vier, ergänzt erklärend: „Es ist meine Frau.“, in der Absicht, ihm eine Brücke zu bauen, dass ich dicht neben ihm sitzen könne. Der Mann wiederholt: „Es steht geschrieben ‚vier‘.“ Ich steige in den Pool, der Mann verlässt ihn. Es steht geschrieben.

Wir haben von klein auf gelernt, Autoritäten mit den durch sie initiierten Vorschriften, Gesetzen, Bestimmungen blind zu folgen, mehr zu vertrauen, als unserem gesunden Menschenverstand.

Gifte haben die Zirbeldrüse schrumpfen lassen. Sie wird als Sitz unserer Intuition, des Gespürs für die Dinge und damit als Teil unseres gesunden Menschenverstandes angesehen. Wie vorteilhaft für Staat und seine Behörden! Bei Naturvölkern ist dieses ‚dritte Auge‘ größer.

Eine Frau und ich sitzen allein in der Sauna. Eine Angestellte kommt für einen Aufguss. Sie erzählt der Frau, die sie kennt, dass sie unzählige Überstunden gemacht habe, da viele Mitarbeiter häufig krank seien. Beide überlegen, stellen fest, dass es sicherlich auch eine Folge der Covid-Impfung sei. Plötzlich sagt die Mitsaunierende, auch mich dabei anschauend: „Das System muss weg!“ Sie wiederholt, etwas lauter: „Das System muss weg!“ So etwas in einer Sauna! Wir plaudern noch eine Weile über ‚das System‘, verabschieden uns als Gleichgesinnte schmunzelnd voneinander.

Ich kühle mich im kalten Becken ab. Eine beleibte Frau steigt ins Wasser. Sie hatte mal zwei große Brüste, jetzt nur eine. Ich hoffe für sie, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Sicherheitshalber gehen wir zu Vorsorgeuntersuchungen, die im Einzelfall sinnvoll sein können. Was ist mit falsch positiven Ergebnissen und Grenzwerten, die ständig erniedrigt werden? Dramatische Folgen für den Einzelnen! Utopische Gewinne für die Pharmaindustrie. Wie mutig von ihr, sich so zu zeigen. Da steigt eine schlanke Frau ohne Brüste ins Kalte. Im Vorbeigleiten meiner Blicke kann ich die Narben sehen. Bedrückt verlasse ich das Wasser.

Mein Mann sitzt in einem anderen Whirlpool, ihm gegenüber drei sich auffallend angeregt unterhaltende Männer. Sie tauschen sich über den Cum-x-Skandal, Olaf Scholz und seine Erinnerungslücken aus. Bruchstücke ihrer Unterhaltung dringen zu mir. Es sei der größte Betrug der Weltgeschichte. So viel Geld sei noch nie von den Menschen abgezogen worden. Was für Erlebnisse in einem Thermalbad, innerhalb kurzer Zeit!

Stadtbummel. Seit Monaten schlendern wir mal wieder die Fußgängerzone entlang. Freundliche Menschen, aber auch viele, denen die Melancholie oder schon die Depression, eine Erkrankung unserer Zeit, ins Gesicht geschrieben ist, gleiten an mir vorbei. Wir gehen zu einem Herrenausstatter, dessen Besitzer wir kennen. Ein junger Mann, der zu C-Beginn genau so wie wir die Maßnahmen entscheidend infrage stellte. Dann aber, nach kurzer Zeit signalisierte, dass er von Politik nichts mehr wissen wolle. Wir begrüßen uns sehr freundlich, wieder strahlt er unmissverständlich aus: Sprich mich nicht auf Politik an! Er wirkt gealtert. Einen Großteil seiner Sachen verkauft er zum halben Preis. Geht es ihm finanziell gut ? Muss er seinen Laden schließen?

Auf dem Marktplatz gehen wir ins Café. Das Personal kennen wir und sie uns. Vor C haben wir immer freundlich ein paar Worte gewechselt. Die eine Dame, die dort bedient, wo wir sitzen, sieht uns, dreht sich um, geht weg. Sie schickt ihre Kollegin, die uns wortkarg bedient. Was ist los? Auf dem Marktplatz fand ein Teil der Demonstrationen gegen C-Maßnahmen statt, die wir mitorganisierten. Am Nachbartisch sitzt eine Frau mit angeklebten Fingernägeln, die mehr an Krallen erinnern, aufgespritzten Lippen und angeklebten Wimpern, so wie es in dieser Zeit modern ist. Sollte die Dame einen Garten haben, kann sie mit diesen Fingernägeln nicht in der Erde wühlen. Oder ersetzen sie eine Harke? Was symbolisiert dieses gestylte Outfit? Oh, Anglizismen.

Auch ich bin ein Produkt dieser Gesellschaft. Warum und wozu dieses auffallend zurechtgemachte Äußere? Wieder fällt mir höher, schneller, weiter ein. Auf der Partnerbörse sich bestmöglich vermarkten? Die langen Fingernägel: „Ich will nicht arbeiten, zupacken müssen !“ Oder: „Komm mir nicht zu nah!“ Jede Zeit hat ihren Ausdruck auch in der Mode, wenn ich an den Minirock denke in den 80ziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Ein Ausdruck der sexuellen Emanzipation.

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Bild: Nadja Asfur

Am Abend gehen wir zu einem Treffen Gleichgesinnter. Ein Biologielehrer hält einen Vortrag über das Mikrobiom. Ein Psychotherapeut, über dreizig Jahre im Beruf tätig, hält die klassische Psychotherapie nicht mehr für ausreichend. Er bezieht astrologische Kenntnisse in seine Therapien ein. Eine Altenpflegerin, sie hat schon vor C ihre Tätigkeit in einer „Seniorenresidenz“ aufgegeben, erzählt warum. Sie habe eine Ausbildung zur Tanztherapeutin gemacht, um den Senioren mehr zu vergnüglicher Bewegung mit antidepressiver Wirkung zu verhelfen. Die Verwaltungsleitung habe ihr gesagt, das sei zu teuer. Sie geben eine Tablette mehr zur Ruhigstellung. Hier residieren die Senioren? Lebendaufbewahrung bis zum Tod. Je schneller desto besser.

Eine andere Frau berichtet von ihrem 9-jährigen Sohn, der in der Schule Sexualkunde habe. Auf mehreren Blättern, sie zeigt sie, werden die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane so detailliert dargestellt, wie ich es noch nie gesehen und gehört habe. Unter anderem sind auf einem Blatt ein Mann und eine Frau ohne Bekleidung abgebildet, die Oberkörper sind zu sehen, in einer angedeuteten Umarmung wie kurz vor dem Geschlechtsverkehr. Die Frage dazu lautet: „Was passiert eurer Meinung nach genau auf diesem Bild?“ Die Schüler müssen die Arbeitsblätter beschriften. Wer nicht mitmacht, bekommt eine sechs. Die Vorbereitung auf die Irritation der Geschlechtsidentität. Die Arbeitsblätter sind „Praxishilfen zur Sexualerziehung in der Grundschule“ (www.verlagruhr.de). Inzwischen haben sich viele Eltern zusammengetan, morgen findet ein Gespräch mit der Schulleitung statt. Ich bin gespannt.

Ich schreibe diese Zeilen auf einem Biohof, idyllisch zwischen Feldern gelegen. Einen Kaffee bestellend fragt mich die Bedienung, ob ich ihn ‚to go‘ möchte. Beständig verringert sich der Wortschatz unserer deutschen Sprache. Auch werden im Sprachgebrauch zunehmend Anglizismen verwendet. Handelt es sich um einen Sprachwandel oder Sprachverfall? Sprache ist ein entscheidender Teil der kulturellen Identität. Ist diese nicht mehr gewünscht? Der Mensch denkt in Sprache. Wer diese manipuliert, manipuliert die Menschen.

Es ist Samstag, die Sonne scheint, der Hof ist rappelvoll. Familien mit Kindern, alte Leute. Es ist kaum nötig, auf die Kinder aufzupassen. Im Gegensatz zum sonstigen Leben, wo die Vorschriften im Namen der Sicherheit und Kontrolle immer mehr werden. Sie toben herum, schauen sich die Schafe, Pferde, Hühner an. Zieht es die Menschen zunehmend in die Natur?

Letztens sah ich ein circa dreijähriges Kind auf einem Fahrrad mit Knie- und Ellenbogenschutz und selbstverständlich Schutzhelm auf einem Waldweg neben seinem Vater fahren. Hinfallen, sich vielleicht auch verletzen, selber wieder aufstehen, weiterfahren ist nicht mehr erlaubt? Die Schutzmittel für das Kind — verführerisch! Farblich zueinander passend in Rot mit Comicfiguren verziert. Wie schön kann Sicherheit und Kontrolle sein!

In einiger Entfernung sitzt eine Frau mit einem Palästinensertuch deutlich ausgebreitet um die Schultern. Ist sie eine Palästinenserin? Ich gehe zu ihr und frage sie. Sie sei Türkin, aber das Tragen des Tuches sei das einzige, was sie tun könne, um ihre Solidarität mit dem palästinensischen Volk zu bekunden.

Nach einiger Zeit geht sie, nicht ohne mir sehr freundlich zugewunken zu haben.

Ich kaufe ein. Auch Bio ist oftmals eine Illusion, aber ich tue was ich kann. Ein älteres Paar mit einer FFP2-Maske betritt den Hof, vier Jahre nach C. Spontan entsteht Mitgefühl. Was für eine unsägliche Angst sie haben müssen! Meinen Kaffee trinkend genieße ich die ersten Sonnenstrahlen im Frühjahr, spüre angenehm die Wärme auf der Haut, betrachte das Gewimmel um mich herum.

Einige tragen eine Sonnenbrille, eine Kappe mit Sonnenschutz für Gesicht und Nacken, schieben ihren Stuhl in den Schatten. Ein Mann cremt seiner Frau die Schultern ein mit einer Sonnenschutzcreme Faktor 50. Sonne bedeutet Leben, aktiviert die Zirbeldrüse, ist entscheidend für die Vitamin-D-Produktion. Sicherheitshalber meiden wir grundsätzlich die Sonne? Trotz aller Schutzmaßnahmen soll die Hautkrebsrate angestiegen sein. Wieder spüre ich die Angst bei den Menschen.

Zurück fahre ich an riesigen, mit Plastik abgedeckten Feldern vorbei. Auch hier geht es um Effizienz, Mikroplastik gelangt in den Boden mit verheerenden, nicht absehbaren Folgen für die Umwelt und damit für den Menschen. Ich sehe viele Windkraftanlagen und 5G-Masten. Mobilfunk. Ich sollte mein I-Phone abschaffen und ein einfaches Handy nur zum Telefonieren benutzen.

Zu Hause öffne ich den Briefkasten. Briefe von Behörden, unter anderem eine Rechnung über Rundfunk- und Fernsehgebühren. Es wird uns zugemutet, dass wir diesen Lügen- und Lückenmüll der öffentlich, rechtlichen Medien konsumieren. Wir verweigern uns diesen seit Jahren. Wie hat sich die Funktion des Briefkastens geändert! Angespannt denke ich: Wer will jetzt schon wieder was von uns? Von wem bekommen wir eine Mahnung, müssen ein Bußgeld zahlen? Handgeschriebene Briefe von Freunden, das war einmal. Manchmal eine Ansichtskarte aus dem Urlaub. Ich habe mir angewöhnt, grundsätzlich wieder eine Karte aus dem Urlaub an Freunde und Familienmitglieder zu schreiben.

Spaziergang am Fluss. Meine Gedanken gleiten über das glitzernde Wasser in die Vergangenheit. C bin ich dankbar. C hat mir die Augen und andere Sinnesorgane geöffnet für den desaströsen Zustand der Welt, den ich vor C oft nur diffus ahnte. Mit C-Beginn erfasste mich ein Gefühl der Ohnmacht, des Ausgeliefertseins gegenüber dem Staat und seinen Maßnahmen. Mit jeder Zelle meines Körpers fühlte ich mich gefangen im und vom System. Langsam, fast unbemerkt änderte sich dies. Ich beschäftigte mich mit „Verschwörungstheorien“, suchte die Nähe zu Gleichgesinnten. Sehr einfach war es, solche Menschen während der Demonstrationen kennen zu lernen. Austausch, Vertändis, Inspiration wurden möglich. War ich wieder allein, kreisten meine Gedanken.

Was kann ich tun, um meine Autarkie wenigstens ansatzweise zu erhalten und zu entwickeln? Ich will mich weniger vergiften lassen, gar nicht ist eine Illusion. Ich kann die Luft nicht filtern, den Chemtrails bin ich ausgeliefert. Ich fange an, im Wald Kräuter zu suchen für den täglichen Salat. Beginne mit Altbekanntem, wie Löwenzahn. Lese über Kräuter, nehme an Kräuterwanderungen teil. Welch ein Glück! Vielen der Teilnehmer geht es auch um Gesundheit und Unabhängigkeit! So erfahre ich, dass Wäschewaschen gut mit Efeublättern möglich ist. Als ich es das erste Mal machte, überkam mich ein Glücksgefühl. Seit dem tue ich es. Was lernen die Kinder in der Schule? Kaum etwas für ihre Autarkie.

Das überlieferte Wissen ist immer weniger geworden. Die weisen Frauen mit ihren Kräutern gegen viele Erkrankungen gibt es seit Jahrhunderten nicht mehr. Als Hexen wurden sie und ihr Wissen vernichtet. Dafür soll nur noch gelten, was scheinbar wissenschaftlich nachgewiesen sein soll, durch Studien, bezahlt von der Industrie, in deren Sinn die Ergebnisse dann oft sind. Effizienz ist gefragt. Die Lösung — Zurück in die Zukunft!

Auf einer Familienfeier trage ich ein selbstgeschriebenes Gedicht vor. Mein Cousin fragt mich, ob ich einen Schreibkurs besucht habe. Nein. Unser Leben hat sich zunehmend funktionalisiert, wir brauchen für alles ein Zertifikat. Viele unserer Mitmenschen denken, dass wir nur durch eine Ausbildung mit Bescheinigung die genügende Professionalität für etwas besitzen. Unser Sein ist auf Vielfalt ausgelegt, nicht auf Einfalt, wie wir es seit Jahrzehnten zunehmend lernen. Immer weniger vertrauen wir unseren von der Natur gegebenen Fähigkeiten. Ich denke, dass dies gewünscht ist. ......

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Bild: Nadja Asfur

Ich lerne immer mehr Menschen kennen, die eine autarke Lebensweise anstreben. Wir treffen uns, jeder schreibt auf einen Zettel, was er anzubieten hat. Haare schneiden, Gebrauchtes weitergeben, wie Pflanzen, Kleidung und anderes. Besondere Fertigkeiten, Fähigkeiten anbieten. Ich schneide zwei anderen die Haare bei schönem Wetter auf dem Hof. Meine Abende sind frei, Fernsehen, die Verdummungs- und Hypnosemaschine, schauen wir seit Jahren nicht.

Besuch von Freunden mit drei Kindern im Vorschulalter. Tee trinken, Kuchen essen. Ich zögere. Zucker soll Gift für den Hippocampus sein, das Zentrum unseres autobiografischen Gedächtnisses. Unser Freund erzählt uns, dass er sehr erstaunt über Menschen ist, die anscheinend C vergessen haben. Das Vergessen. Ist unser Hippocampus schon kleiner geworden? Wir wohnen in einer ländlichen Region. Neben unserem Haus befindet sich ein Bürogebäude, auf einer großen Wiese. Die Straßenseite ist durch einen Zaun begrenzt, alle anderen durch Sträucher und Wege. Selten kommen Leute vorbei. Ich gehe mit den Kindern auf die Wiese, verschiedene Kräuter zu pflücken für Salat, auch um Creme und Marmelade herzustellen. Wir gehen barfuß. Wie gut tut die Massage.

Auch unsere Füße, nicht nur unser Geist sind durch diese Zivilisation deformiert.

Im Gebäude befindet sich ein Kindergarten für die Angestellten. Er heißt „Kleiner Diamant“. Werden die Kinder dort genau so systemkonform geschliffen wie Diamanten? Noch nie habe ich die Kinder auf der Wiese gesehen! In einem kleinen Hof, der mannshoch blickdicht durch Büsche von der Wiese abgegrenzt ist, dürfen die Kinder spielen. Nun gibt es eine so wunderbare Gelegenheit, die Kinder naturnah zu betreuen und ihnen auch noch die Kräuterkunde beizubringen. Es wird nicht gemacht. Sicherheitshalber? Die Kinder meiner Freunde schauen neugierig durch den Zaun die Kindergartenkinder an und diese die Kinder auf der bunten Wiese. Ein Symbol für unterschiedliche Seiten des Seins.

Spaziergang am Fluss. Ein Pärchen kommt uns entgegen. Wir hören Gesprächsfetzen des jungen Mannes: „Die Bundeswehr kümmert sich um alles. Auch um meine Versicherung. Ich brauche nichts tun.“ Wie bequem, keine Verantwortung für sich zu tragen. Der Staat hat sie ihm abgenommen! Er muss nur bereit sein, als Kanonenfutter zu dienen. Ein Mann mit dem Fahrrad überholt uns. Mit wem redet er? Ach, nein, er hat Ohrstöpsel und telefoniert. Immer schneller, höher, weiter. Wenn möglich, mehrere Dinge auf einmal erledigen. Nimmt er das Rauschen der Bäume, das Zwitschern der Vögel, das Plätschern des Wassers wahr? Er lebt nicht im Hier und Jetzt.

Spaziergang durch den Wald zum Fluss und an diesem entlang ist zu meinem täglichen Ritual geworden. Ich tauche ein in die Natur. Folge ihrer Sprache. Sanft streichelt der Wind mein Gesicht, die Sonne wärmt. Vögel zwitschern ihre Lieder, ich lasse mich einfangen vom frischen Grün der Bäume, Sträucher, Gräser. Sowie es etwas warm wird, laufe ich barfuß durch die Wiesen. Mein Kopf wird frei, ich atme tiefer. Von einem Baum fühle ich mich besonders angezogen. Er steht schräg, ein großer Ast ist vom Stamm in der Nähe des Bodens abgebrochen, ein Sessel für mich ist entstanden. Ich lasse mich in den Baum fallen, schmiege mich an, fühle mich umarmt, blicke in den Himmel, folge den gemächlich dahinziehenden Wolken. Der Baum steht am Weg, sodass ich oft von Spaziergängern angesprochen werde. Ob es mir nicht gut gehe. Es ist nett zu fragen, leider konnte sich bis jetzt keiner vorstellen, dass ich dies aus Vergnügen, Hingabe zu mir und zur Natur mache. Waldbaden heißt das in diesen Zeiten, man kann es lernen in einem Kurs. Mit Zertifikat? Was ist uns abhanden gekommen, dass wir etwas Natürliches, Naturgegebenes, wieder lernen müssen?

Oft ist der Weg gesperrt. Sicherheitshalber. Der Fluss tritt in bestimmten Zeiten über die Ufer und überschwemmt den Weg, teilweise, ganz oder auch gar nicht. Sicherheitshalber darf der Weg dann nicht begangen werden. Leicht ist es möglich, ein paar Meter die Böschung hinaufzulaufen auf den oberen Weg. Ich gehe immer diesen Weg, die Absperrung missachtend. Sollte ich auf die Überschwemmung treffen, gehe ich hinauf oder zurück. Heute stürmt es mächtig.

Die Bäume schreien, toben, biegen sich gewaltig. Ein vereintes Brüllen gegen die menschliche Einmischung in die Natur, in ihre Welt?

Schießt es mir durch den Kopf. Was für eine wunderbare Musik. Ich gehe achtsam, den Blick in die Bäume gerichtet, um einem herabfallenden Ast ausweichen zu können. Ein Stadtfahrzeug kommt mir rückwärts fahrend entgegen. Der Fahrer sagt mir, dass ich nicht weiter gehen dürfe, da ein umgefallener großer Baum den Weg versperre und überhaupt, der Weg sei gesperrt. Ich schaue ihn lächelnd an, bedanke mich für den Rat, werde ihn aber nicht befolgen, da ich über den Baum klettern, unter ihn durch oder um ihn herum gehen könne, notfalls zurückgehen. Kopfschüttelnd fährt der Mann weiter. Sicherheitshalber hören wir auf zu leben und existieren nur noch. Leben bedeutet auch Risiko, verringert durch Kenntnisse, natürlich, aber auch durch gesunden Menschenverstand.

Wieder in einem Café. Neben uns werden Tische zusammengeschoben. Ältere Damen mit einer Plakette an der Brust: „Omas gegen rechts“ haben ein Treffen. Die Frau, die sich zur Leiterin auserkoren hat, erklärt : „Ich bin in einer Partei. Diese Gruppe hat nichts mit meiner Tätigkeit in der Partei zu tun.“ Wie soll das gehen? Sie wollen die Regierung unterstützen in ihren Aktionen gegen die AfD. Ist diese Partei nicht genau so viel oder so wenig rechts wie die anderen? Gibt es in Deutschland überhaupt eine Opposition?

Sonntag, Biogartenmesse im Garten eines Schlosses. Pflanzen kaufen, im Vorbeigehen Vorträgen lauschen: „Eine Provinz in Indien mit 80 Millionen Einwohnern hat es geschafft, ihre Landwirtschaft vollständig auf Öko umzustellen. Bei uns wollen wir unter den rot/ grünen Schlümpfen 20 Prozent schaffen.“ Etwas abseits steht ein großer Bus, auf dem in riesiger Schrift steht: „Omnibus für direkte Demokratie in Deutschland“ (www.omnibus.org).

Bei der indirekten oder repräsentativen Demokratie werfen wir unsere Stimme in eine Urne. Was für ein Symbol! Wir vergraben sie für vier Jahre und der Gewählte vertritt den militärisch, industriellen, pharmazeutisch, digitalen, finanziellen Komplex der Macht. Wir scheinen die Einzigen zu sein, die sich interessieren. Seit über vierzig Jahren fährt der Busfahrer mit dem Bus durch Deutschland. Er erzählt, sie hätten es einmal geschafft, dass einige Parteien die direkte Demokratie in ihr Programm aufgenommen haben. Dann soll dieses Anliegen wieder aus dem Programm gestrichen worden sein. Für uns ist es Empörungsbewirtschaftung. Im System ist keine Änderung möglich.

Tagebuch schreiben hat für mich die Erkenntnis vertieft, dass es nichts, aber auch gar nichts im Leben, im Alltag gibt, was nicht vom System und seinen zerstörenden und kontrollierenden Prinzipen bis ins Detail durchdrungen ist. Kleinigkeiten sind keine, sie stehen für ein System.


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