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Blut für Zinsen

Blut für Zinsen

Der Rüstungswahn folgt der Logik des Weltfinanzsystems — für Investoren rechnet sich Frieden einfach nicht.

Die Rüstungsmaschine läuft. Sie rotiert auf Hochtouren. Sie ist nicht nur ein Medienereignis, das den Hörern und Zuschauern täglich eingehämmert wird. Die Gelder im Milliardenbereich sind beschlossen, die Finanzierung ist gesichert, die Schulden sind Realität und belasten uns sowie unsere Kinder und Enkel für die nächsten 40 oder 50 Jahre. Wofür?

Beschlossen sind endlose Waffenkäufe, deren Menge jetzt mit 5 Prozent an das gesamte Wirtschaftsaufkommen im Land gekoppelt ist. Man muss sich vor Augen halten, was das konkret bedeutet: mehr Wirtschaft, mehr Waffen. Mehr Leistung, mehr Waffen. Mehr persönlicher Einsatz, mehr Waffen. Mehr Konsum, mehr Waffen. Das alles ist prozentual aneinander gebunden und es wird schweigend akzeptiert.

Diese 5 Prozent-Regel deutet schon an, welche Interessen dahinter stecken. Die prozentuale Kopplung deutet auf das Finanzsystem, denn eins der Axiome dieses Systems ist die Forderung von Zinsen in Prozenten, egal wie die Geschäfte mit dem geliehenen Geld in der Realität ablaufen.

Diese Forderung ist keine Selbstverständlichkeit. Wenn einer zu viel Geld hat und ein anderer zu wenig, könnte man es auch so regeln, dass sie gemeinsam ein Geschäft anpacken, an dem der Geldgeber einen verbrieften Anteil hat, der sich aber erst im Gewinn auszahlt. Also nicht feste Zinsen, sondern eine angemessene Gewinnbeteiligung. Das ist organischer und flexibler und mehr im beiderseitigen Interesse als die starre Regel der Finanzwirtschaft.

Wer jetzt die These vertritt, hinter dem Rüstungswahn stecke die private Finanzmacht, dann ist das leicht gesagt, in dem Sinne: Es sind halt immer die üblichen Verdächtigen. Im Folgenden soll Schritt für Schritt die Logik erklärt werden, die hinter den Entscheidungen der Finanzmacht steckt. Die allseits bekannte Rhetorik — Russland, Angriff, Kriegstüchtigkeit — ist ja nur die Bewusstseins-Oberfläche, die für Leichtgläubige und Dumme in den Medien verbreitet wird.

Bei der Analyse der Logik, die dahinter steckt, setze ich voraus, dass man weiß, wie Geld erzeugt und vermehrt wird, nämlich durch sogenannte girale Geldschöpfung von privaten oder staatlichen Banken. Die Zinsforderung sorgt dann für die Umverteilung nach oben und verlangt außerdem die Vergrößerung der Geldmenge, weil sonst das Geld für Zinsen nicht vorhanden ist. Die Geldmenge wird aber, auf dem üblichen Weg, durch weitere Schulden und Kredite vermehrt und es fallen wieder zusätzliche Zinsen an.

Man kann dies einen Teufelskreis nennen. Ich nenne es eine mathematische Falle, die im System steckt, und die das Finanzsystem, so wie es konstruiert ist, zur ständigen Expansion zwingt.

Dadurch wird es natürlich instabil, denn eine Garantie für den materiellen Wert der Geldmenge gibt es seit 50 Jahren nicht mehr — die Goldbindung des US-Dollars wurde 1971 aufgehoben. Man kann davon ausgehen, dass die meisten Insider der Finanzwelt diese absurden und gefährlichen Zusammenhänge kennen und dass sie das bestehende Konstrukt bejahen, weil es zum einseitigen Vorteil der Geldbesitzer führt, so lange das System nicht zusammenbricht.

Das Finanzsystem, am deutlichsten verwirklicht in den USA, hat als Kern die Geldschöpfung durch private Banken, indem sie Kredite vergeben über Geld, das sie mit der Kreditvergabe erzeugen, und für dieses aus dem Nichts erschaffene Geld nehmen sie Zinsen. Das hat zwei Effekte: Erstens wird die Geld- und Schuldenmenge ständig erhöht und zweitens wandert ständig, in Form von Zinsen, ein prozentualer Anteil von den Schuldnern zu den Geldgebern. Das ist der Kern der Umverteilung von unten nach oben.

Durch dieses Verfahren wird die Geldmenge erhöht und sammelt sich bei wenigen Großgeldbesitzern. Das sind Milliardäre, Großbanken und Fonds wie BlackRock und Vanguard samt ihrer Kundschaft, die dort Geld eingelegt haben. Dabei erhebt sich für die Geldbesitzer ständig die Frage: Was tun mit immer mehr Geld?

Die beliebteste Aktion ist und bleibt die, Geld mit Geld zu verdienen. Das funktioniert vortrefflich an der Börse, bei steigender Geldmenge steigen die Aktienkurse. Es ist schon längst viel leichter, Geld mit Geld zu verdienen als mit irgendeiner anderen wirtschaftlichen Tätigkeit.

Wie legt man sein Geld am besten an? Die Börse bietet viele Möglichkeiten, die gängigsten sind industrielle Produktion von Konsumgütern und Maschinen, zum Beispiel Automobile. Das alles muss aber auf dem Markt verkauft werden und da gibt es eine natürliche Grenze: die Kaufkraft der Massen.

Die Menschen sollen nicht nur kaufen, sie sollen auch arbeiten oder Dienste leisten, um kaufen zu können. Und wenn die Verdienste zu hoch sind, lassen Anreiz und Leistungswilligkeit nach. Also darf der Anteil, den die Konsumenten vom Geldfluss erhalten, nicht gesteigert werden.

Die viel zu große Geldmenge in Händen ganz weniger Insider ist ein Phänomen des 20. Jahrhunderts und hat sich durch die völlige Entfesselung des Finanzmarktes nach 1971 immer weiter gesteigert. Die Finanzbesitzer und Finanzverwalter ähneln zwar in ihrer Mentalität einander, bezüglich der Theorie von Karl Marx zu Kapitalisten, aber sie sind nicht identisch, sie haben andere Ziele und vor allen Dingen ganz andere Mittel, ihren Größenwahn zu verwirklichen. Die Finanzwirtschaft hat sich von der realen Wirtschaft und ihren Produktionsprozessen weit gelöst.

Es ist aber immer noch gelungen, trotz der rasant steigenden Geldmenge das Einkommen von über 90 Prozent der Bevölkerung klein zu halten. Das schränkt den Konsum ein und die Geldanleger suchen nach anderen Möglichkeiten für die Geldanlage.

Eine dieser Möglichkeiten ist die Bewusstseinsindustrie, die im Internet explosionsartig angewachsen ist. Aber auch das findet schnell seine Grenzen, denn Unterhaltung, Reklame und Kontaktmaschinen können nur einen Bruchteil des Geldes bringen, das die Konsumindustrie oder die Automobilindustrie bewegen kann.

Auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten hat sich jetzt ein neuer Trend entwickelt: die Rüstung. Für Rüstungsgüter gibt es einen ganz eigentümlichen Markt, der nicht den normalen Gesetzen des Marktes folgt.

Die Konsumenten sind nicht aktive Soldaten, welche die Waffen einsetzen und dann sich selbst und die Waffen gegenseitig vernichten, sondern die Käufer von Rüstungsgütern sind Politiker, die sich auf demokratische Wahlen berufen.

Dieser Rüstungsmarkt ist leichter zu bedienen als der Markt der Verbraucher, weil hier Menschen entscheiden, welche die Qualität der Ware, also der Waffen, gar nicht beurteilen können, sie entscheiden nicht aus Kompetenz, sondern, weil sie ein Mandat haben. Es ist deshalb leicht, Waffensysteme zu stark überhöhten Preisen zu verkaufen und je komplizierter und teurer sie sind, umso geringer ist die Preis- und Qualitätskontrolle durch die Entscheider in den Regierungen.

Und dann kommt für die Finanzmacht noch ein riesiger Anreiz hinzu. Sie gewinnt doppelt, wenn die Regierungen Schulden für die Hochrüstung aufnehmen.

Die Finanzwelt verdient mit der Investition in die Waffenindustrie und zusätzlich an der Schuldenaufnahme durch Staaten; denn Schulden erhöhen die Geldmenge und Zinsen sorgen dafür, dass mehr Geld, wie eine feste Rente, zu den Geldbesitzern fließt.

Außerdem sind es Staatsschulden, das heißt, besonders sichere Kredite, denn für Staatsschulden haften nicht die Politiker, sondern alle, die im Lande leben, etwas leisten und Steuern zahlen. Und das ist festgeschrieben auf Generationen hinaus.

Es gibt also, wenn die Rüstung einmal läuft, keine bessere Investition als die Hochrüstung und das ist — aufgepasst — unabhängig davon, ob die Waffen eingesetzt werden oder nicht. Als Kaufanreiz genügt offenbar ein lokaler Krieg, wie der in der Ukraine, auch, wenn die meisten Raketen, Panzer und Flugzeuge dann anderswo verrosten oder von neuen Systemen überholt werden.

Die Waffen werden bezahlt, die Schulden werden getilgt, die Industrie boomt und ganz oben sahnt die Finanzmacht noch ein Mehrfaches von dem ab, was die Rüstungsindustrie verdient. Das gilt für jeden Boom auf dem Aktienmarkt. Die Trendaktien lösen sich in ihrem Börsenwert vom realen Gewinn der Firmen. Extreme Beispiele waren schon Facebook, Amazon und Tesla. Wer jetzt, offen oder versteckt über Fonds, in Rüstung investiert oder bereits investiert hat, ist der König an der Börse und das gilt langfristig, so lange der Rüstungswahn anhält und es ist für jeden skrupellosen Geldanleger leicht nachzuvollziehen.

Die 5-Prozent-Regel schafft dazu noch einen Automatismus zwischen Wirtschaftswachstum und Militärausgaben. Wer fleißig konsumiert oder sich ein neues Auto kauft, leistet so einen Beitrag zur Hochrüstung und wird belohnt mit Fernsehparolen, welche die Kriegsertüchtigung verkünden und als Tugend anpreisen. Wir brauchen das, wir können da etwas leisten, wir müssen uns verteidigen, der Feind ist überall und nirgendwo.

Die Frage ist, wie konnte es gelingen, die Interessen einer rücksichtslosen Finanzelite bei den politischen Entscheidungsträgern durchzusetzen? Die Mandatsträger sind ja der Markt für Rüstung, es sind nicht die Soldaten, die werden einfach verheizt, aber es sind auch nicht die Generäle. Von dort gibt es im Gegenteil oft harte Kritik, naturgemäß dann, wenn sie bereits pensioniert sind.

Das Verfahren, wie die Interessen des Geldes gegen die Interessen der Allgemeinheit bei den Entscheidungsträgern durchgesetzt werden, ist ein undurchsichtiges Dickicht, das mit dem Wort Lobbyismus benannt, aber längst nicht geklärt ist. Warum macht sich die EU, mit Ursula von der Leyen an der Spitze, so stark für Kriegspropaganda, welche den Rüstungswahn antreibt? Mit den Spekulationen auf die Beantwortung solcher Fragen kann man Bücher füllen.

Doch es gibt ein eindeutig klares Beispiel für die rücksichtslose Durchsetzung der finanziellen Trends und Interessen auf höchster politischer Ebene.

Alle Entscheidungen zugunsten der Finanzmacht konzentrieren sich hier in einer Person: Friedrich Merz, gewählter Bundeskanzler, CDU-Vorsitzender, vormals Fraktionsführer und gleichzeitig Finanzbesitzer und ehemals Chef der deutschen Abteilung von BlackRock, dem größten Finanzverwalter der Welt.

Merz steht für die Hochrüstung wie kein Bundeskanzler vor ihm und verantwortet gleichzeitig die größte Schuldenaufnahme in der Geschichte. Beide Entscheidungen sind eindeutig zugunsten der Finanzmacht, sie bestärken den Börsentrend zur Rüstungsindustrie und beschaffen gleich hunderte Milliarden über deutsche Staatsschulden. Herr Merz hat sich so entschieden wie ein Finanzvertreter, dem es gelungen ist, deutscher Bundeskanzler zu werden.

Es hätte auch anders kommen können. Ein neuer Kanzler, der das Finanzsystem voll durchschaut, setzt seine Kenntnisse zum Wohle der Allgemeinheit ein, indem er durch Steuergesetze und Finanzabgaben, den Haushalt schuldenfrei macht. Doch Herr Merz ist nicht dieser Wunsch-Kanzler.

Die Fakten zeigen, dass der enge Zusammenhalt zwischen Politik und Finanzwelt besteht und dass er exekutiert wird. In Großbritannien und Frankreich wirken ähnliche Mechanismen. Sie rüsten und propagieren Kriegsvorbereitungen im Interesse der Finanzmacht. Ob der Krieg dann wirklich kommt oder nicht, ist für die Finanzleute sekundär. Sie spielen mit dem explosiven Feuer, um sich daran zu wärmen. Dabei verheizen sie hunderttausende Soldaten und Billionen an Vermögen, das ihnen persönlich nicht gehört.


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Quellen und Anmerkungen:

Rob Kenius betreibt die systemkritische Webseite https://kritlit.de und hat entsprechende Bücher veröffentlicht, darunter mehrere über das Finanzsystem:
https://kritlit.de/index.htm#RK_alle_Buecher

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