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Ein Menschenrecht als Ware

Ein Menschenrecht als Ware

Wer Kontrolle über das Wasser hat, verfügt über ein gefährliches Maß an Macht ohne demokratische Legitimation. Konzerne versuchen dies zunehmend zu nutzen.

Die Vereinten Nationen (UN) haben am 28. Juli 2010 mit der Resolution 64/292 den „Anspruch auf reines Wasser“ in die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte aufgenommen. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte oder auch UN-Menschenrechtscharta, enthält grundlegende Ansichten über die Rechte, die jedem Menschen zustehen, unabhängig von Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen oder Geburt.

Die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen ist allerdings keine verbindliche Rechtsquelle des Völkerrechts. Resolutionen der Vollversammlung haben lediglich einen empfehlenden Charakter. Ihre Umsetzung braucht einen verbindlichen Rechtsrahmen. Zudem war der Global Compact, ein Vertrag zwischen den Vereinten Nationen und Unternehmen, als Bändigung des Kapitalismus gedacht, doch er wurde zum Einfallstor der transnationalen Konzerne und führte fatalerweise zur die Aushöhlung der Charta der Vereinten Nationen und zur schleichenden Privatisierung der Weltpolitik.

Die Trinkwassermenge auf der Erde ist begrenzt, denn nur etwa 3 Prozent der globalen Wassermenge bestehen aus Süßwasser, wovon drei Viertel in Gletschern und im Polareis gespeichert sind. Durch das Abschmelzen der Polkappen steigt der Meeresspiegel mit katastrophalen Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht. Laut UNICEF haben rund zwei Milliarden Menschen weltweit keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser, und 2,5 Milliarden Menschen haben keine angemessene Sanitärversorgung. Etwa 771 Millionen Menschen haben noch nicht einmal eine Grundversorgung mit Trinkwasser.

Im Jahr 2040 werden Schätzungen zufolge fast 600 Millionen Kinder in Gegenden ohne ausreichenden Zugang zu Wasser leben.

Betroffen sind vor allem Menschen oder Familien in den ärmeren Regionen der Welt — und dort vor allem in den ländlichen Gebieten. Jedes Jahr sterben etwa zwei Millionen Menschen an den Folgen unsauberen Wassers, die meisten von ihnen sind Kinder. Der Mensch benötigt, rein biologisch gesehen, drei bis vier Liter Trinkwasser pro Tag zum Überleben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht von einem Bedarf von 20 Litern pro Tag für Trinkwasser, Hygiene, Waschen und Kochen aus. Wasser ist ein Grundbedürfnis und eine Voraussetzung für menschliche Entwicklung. Wasser ist unser elementarstes Lebensmittel.

Daseinsvorsorge in Deutschland

In Deutschland ist die Trinkwasserversorgung überwiegend durch die Gesetze zur Daseinsvorsorge geregelt. Diese orientiert sich an dem Grundgedanken, Leistungen in gleichbleibend hoher Qualität, flächendeckend und zuverlässig allen Bürgern sozial gerecht zur Verfügung zu stellen, ohne Gewinninteressen zu verfolgen.

Aufgrund der industriefreundlichen Steuerpolitik brechen Städten und Gemeinden die Steuereinnahmen weg, infolgedessen fehlt Geld für die Finanzierung der Daseinsvorsorge. Obendrein hat die Schuldenbremse dazu geführt, dass Gemeinden und Kommunen, in Kombination mit der desaströsen Steuerpolitik, ihren Auftrag der Erfüllung der Daseinsvorsorge nicht mehr nachkommen können. So wird das „Tafelsilber“ an vorwiegend transnationale Konzerne verkauft, die bereits mit scharrenden Hufen vor den Toren stehen und auf diesen Augenblick warten.

Diese Entwicklung hat System.

Für global agierende Konzerne ist der Dienstleistungssektor in Deutschland ein äußerst lukratives Geschäftsfeld, da die öffentliche Hand mit den Geldern der Bürger die Infrastruktur mit aufwendigen Investitionen aufgebaut und instandgehalten hat.

Somit können Konzerne zunächst kräftig Gewinne abschöpfen und nur die nötigsten Erhaltungsinvestitionen tätigen. Das Geschäft mit dem Wasser ist für Investoren besonders attraktiv, weil jeder Bürger von sauberem Trinkwasser abhängig ist und der Anbieter von einer weitgehend stabilen Nachfrage nach dem elementaren Gut ausgehen kann. Seit das Wasser in den Fokus der Weltwirtschaft gerückt ist, werden Investoren nicht müde, Strategien zu entwickeln, um kommunale Betrieb sturmreif zu schießen, nach der neoliberalen Devise „privat vor Staat“.

Außerdem gelten Investitionen in Infrastrukturen als ethische Investments, somit werden Bereiche der Daseinsvorsorge privatisiert und gewinnbringend betrieben, um den Anlegern eine attraktive Dividende zu liefern. Der Gemeinwohlgedanke spielt dabei keine Rolle mehr.

Nicht uninteressant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Bereiche der Daseinsvorsorge, da sie über Steuern und Abgaben der Bürger aufgebaut und finanziert worden sind, nicht auf Dauer auch den Bürgern gehören. Aus dieser Perspektive betrachtet, dürfte rein theoretisch eine Veräußerung der Daseinsvorsorge ohne die Zustimmung der Bürger nicht möglich sein. So betrachtet, werden die Bürger bei einer Veräußerung eines elementaren Bereichs beraubt, den sie selbst durch ihre Leistung erarbeitet haben. Auch wenn rein rechtlich ein Verkauf der öffentlichen Daseinsvorsorge zulässig sein mag, ist dennoch zu bedenken, dass damit die demokratische Kontrolle und die Einflussmöglichkeiten mitveräußert werden.

PPP-Modelle sind nicht gemeinwohlorientiert

Aufgrund klammer Kassen propagiert nicht nur die EU-Kommission seit Jahren unverholen PPP-Modelle (Public-Private Partnerships, öffentlich-private Partnerschaften) als unverzichtbare und innovative Finanzierungslösungen. Doch das „Tafelsilber“ wird oft weit unter Wert an transnationale Konzerne verkauft, um schnell Geld in die klammen öffentlichen Kassen zu spülen.

PPP entpuppt sich oft als desaströse Form des Ausverkaufs von öffentlichem Eigentum, da Betreiber alle zukünftigen Gewinne einstreichen, während Verluste beziehungsweise Kosten auf die Bürger abgewälzt werden, womit eine Umverteilung von unten nach oben stattfindet. Oft unterbleiben Investitionen in die Infrastruktur, und nach einem eventuellen Rückkauf muss der Staat erneut Steuergelder in die Wiederinstandsetzung beziehungsweise Funktionsfähigkeit investieren. Medien, Regierungen und Vertreter der Wirtschaft propagieren quasi „gleichgeschaltet“ die Vorteile von PPP-Modellen im Gegensatz zu staatlich erbrachten Leistungen.

PPP ist zu einem Zauberwort geworden, weil die Betreiber auftreten, als würden sie praktisch alle Leistungen in einer „All-inclusive-Variante“ erbringen. Die verhängnisvollen Verheißungen, trotz fast leerer Kassen der öffentlichen Hand weiter investitionsfähig zu sein, sind für viele Politiker der Hauptgrund, sich auf die komplexen PPP-Projekte einzulassen. Das böse Erwachen kommt meist erst viele Jahre später.

Über die Folgekosten oder über auftretende Schwierigkeiten und Mängel oder über die schlechte Erfüllung der versprochenen Leistungen wird in der Öffentlichkeit kaum noch berichtet, weil die Dinge ohnehin kaum jemand mehr im Detail durchschaut. Wer will und wer könnte nach mehreren Jahren noch jemanden für eine Fehlentscheidung zur Verantwortung ziehen? Meist sind die Verantwortlichen dann längst nicht mehr im Amt, und ihren Nachfolgern bleibt nur noch die Pflicht, die vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Der Schaden trifft ja „nur“ den Steuerzahler — und der kann sich ohnehin nicht mehr wehren.

In der sogenannten Dritten Welt profitieren global agierende Unternehmen davon, dass es in vielen Staaten gar keine funktionierende öffentliche Wasserversorgung für Bürger gibt. Die Entwicklungshilfe dient vielfach als Einfallstor, um international die Privatisierung und Liberalisierung der Wasserversorgung durchzusetzen.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank spielen eine wichtige Rolle bei der Finanzierung der Wasserprivatisierung in armen Ländern. Insbesondere die vom IWF auferlegten sogenannten Strukturanpassungssprogramme (SAPs) haben sich vielfach fatal auf die Lebensbedingungen der jeweiligen Bevölkerung der vom IWF „geförderten“ Staaten ausgewirkt.

Zu Beginn der 1980er-Jahre, mit dem Aufkommen des Monetarismus als vorherrschender ökonomischer Schule und beeinflusst von den sogenannten Chicago Boys um Milton Friedman, erteilt der IWF Kredite nur noch in Verbindung mit massiven Auflagen, den sogenannten Strukturanpassungsprogrammen (SAPs). Die SAPs sehen nahezu durchgängig ein Zurückdrängen des Staates und die Privatisierung öffentlicher Unternehmen vor.

Die Folgen sind verheerend. Kleinbauern sind für ihre Ernährungssicherung auf intakte Böden und auf Wasser zur Bewässerung angewiesen. Die steigenden Wasserpreise in den armen Ländern können vielerorts von den Kleinbauern, die in erster Linie von dem leben, was sie anpflanzen, nicht mehr bezahlt werden.

Zudem gelangen durch Intensivlandwirtschaft große Mengen an Dünger und Pestiziden in die Böden und somit ins Grundwasser. Die Verwendung von Pestiziden wirkt sich indirekt auf Gewässer aus: Durch Abfluss und Abdrift kommen sie ins Wasser und schädigen hier Lebensraum und Bewohner. Die SAPs sehen nahezu durchgängig ein Zurückdrängen des Staates und weitere Privatisierungen öffentlicher Unternehmen vor. Im Prinzip ermöglichen die SAPs einen Raubzug der Investoren, die sich immer neue Märkte verschaffen zum Schaden der Bürger.

GATS-Abkommen — Liberalisierungswunschliste

Das GATS-Abkommen (General Agreement Trade in Services, Dienstleistungsabkommen mit der Welthandelsorganisation (WTO)) ist leider schon in Vergessenheit geraten, doch es bildet ein Rahmenwerk zur Liberalisierung des internationalen Handels und sieht vor, dass weltweit mehr als 150 Sektoren des Dienstleistungsbereichs, unter Berücksichtigung der Meistbegünstigungsklausel und des Inländerprinzips, für den Weltmarkt geöffnet werden. Das Inländerprinzip besagt, dass ausländischen Firmen gleich behandelt werden müssen wie lokale Unternehmen. In Kombination mit der Meistbegünstigungsklausel, die es verbietet, umweltbewusste oder soziale Firmen zu bevorzugen, wird Konzernen eine grenzenlose Macht zuteil. Konzerne und ihre Lobbyverbände schaffen sich Regularien, welchen sich die Staaten unterwerfen müssen.

Die Regularien sind komplex und für die Bürger ein undurchschaubarer Dickicht.

Diverse Abkommen werden begleitet von Freihandelsabkommen, die einer massiven, desaströsen Liberalisierungs-, Deregulierungs- und Privatisierungspolitik innerhalb Deutschlands und der Europäischen Union sowie darüber hinaus Vorschub leisten. Inzwischen existiert eine Vielzahl kaum noch überschaubarer innereuropäischer, aber auch bilateraler oder regionaler Verträge oder interkontinentaler Verhandlungsansätze, die die Weichen für eine solche Politik längst gestellt haben — zumal innerhalb Europas. Der Widerstand der Bürger dagegen glich dem Kampf gegen eine Hydra, jenem schlangenähnlichen Unwesen, dem immer wieder neue Köpfe nachwachsen.

Diverse Abkommen pflastern den Weg zu einer weltweiten grenzenlosen Bewegungsfreiheit für Investoren und zu Handelsfreiheit für internationale Konzerne, ohne steuernde Einflussmöglichkeiten demokratischer Gesetzgebung. Dank ihres filzartigen Netzwerks an Lobbygremien innerhalb Europas und weltweit sind Gewinner dieser Entwicklung die großen Konzerne. Verlierer sind die nur national oder regional orientierte Wirtschaft, die nationalen Parlamente und vor allem die Bürger, deren demokratische Rechte noch stärker durch internationale Vorgaben verbarrikadiert werden. So entmachten sich nationale Parlamente für alle Zeiten und bleiben festgezurrt in einem System, das keine Spielräume für eigene Entscheidungen zulässt. Die Demokratie ist ad absurdum geführt, und die Bevölkerung wird von einer Wirtschaftsdiktatur regiert.

Der neoliberale Weltwasserrat ist ein Treffen der Weltwasserlobby

Das Wort „Weltwasserrat“ klingt zunächst positiv, darin enthalten ist das Wort „Rat“, der global vernetzt ist und sich regelmäßig trifft; so wird der Eindruck erweckt, dass eine Gruppe von Experten um das Wasser besorgt seien und Lösungen erarbeiten. Doch weit gefehlt, denn hinter verschlossenen Türen werden Bestimmungen ausgearbeitet, die in nationales Recht umgesetzt werden müssen und auf deren Umsetzung die Bürger keinen Einfluss mehr haben.

Die vom Weltwasserrat (Word Water Council, WWC) seit 1997 alle drei Jahre veranstalteten Weltwasser(lobby)foren sind in diesem Zusammenhang wichtige Plattformen, die dem Ausbau der weltweiten Kontrolle des Wassermarktes dienen. Das nächste Weltwasserforum findet vom 18. bis 25. Mai 2024 auf der indonesischen Insel Bali statt. Auf dem internationalen Wassermarkt tummeln sich viele Profiteure.

Eine Handvoll Konzerne versucht mit Unterstützung von Weltbank, IWF, WTO und EU-Kommission die Kontrolle über die öffentliche Wasserversorgung immer mehr an sich zu reißen.

Der Weltwasserrat hat seinen Sitz in Marseille und finanziert sich über die Beiträge seiner circa 300 Mitglieder, zu denen unter anderem Unternehmen der Wasserwirtschaft, internationale Organisationen und nationale Ministerien gehören. Eine weitere Finanzquelle sind projektbezogene Zuwendungen von Regierungen und internationalen Organisationen.

Der WWC veranstaltet alle drei Jahre in wechselnden Ländern Wasserforen, es sind die wichtisten globalen Zusammenkünfte der Weltwasserlobby. Mitglieder des Weltwasserrats sind beispielsweise Suez/Ondeo/Lyonnaise des Eaux, Vivendi/Veolia/Générale des Eaux, Biwater (GB) und United Water (USA), PricewaterhouseCoopers. Zu den Gründern des WWC zählen die Vorstände internationaler Unternehmen, wie etwa des multinationalen Konzerns Suez.

Die Teilnehmer des Weltwasserforums 1997 beauftragten den Weltwasserrat damit, eine „Vision für Wasser, Leben und Umwelt für das 21. Jahrhundert“ zu entwickeln (siehe unten World Commission on Water for the 21st Century). Ein Großteil der an der Ausarbeitung des Berichts „World Water Vision“ beteiligten „Visionäre“ stand in den Diensten der internationalen Wasserkonzerne (Maude Barlow und Tony Clarke, Blaues Gold, Seite 198).

Global agierende Wasserkonzerne, der Weltwasserrat und Global Water Partnership arbeiten eng mit WTO, Weltbank und IWF zusammen. Sie verbindet das Ziel, Wasser als Wirtschaftsgut einzustufen, damit es dementsprechend frei vermarktet werden kann.

Offiziell wird die Politik der Wasserprivatisierung und, damit verbunden, der Bau von Staudämmen mit der Armutsbeseitigung begründet. Dass diese Argumentation nur vorgeschoben ist, zeigt sich etwa daran, dass sich die involvierten Organisationen und Konzerne nicht für dezentrale Lösungen, wie beispielsweise die Nutzung von Regenwasser, einsetzen. Vielmehr werden Großstaudämme und kapitalintensive Infrastrukturprojekte propagiert, zu deren Realisierung oft sogar Entwicklungshilfeorganisationen als Geldgeber eingespannt werden. Ein Hand in Hand arbeitendes Netzwerk aus Lobbyisten und Branchenverbänden steht hinter dieser Ausrichtung der weltweiten Wasserpolitik.

Die vorherrschende Politik der Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung ist zurückzuführen auf den Washington Consensus (1990), der eine Reihe wirtschaftspolitischer Maßnahmen zur weltweiten Förderung von wirtschaftlicher Stabilität und Wachstum beinhaltet, in welchem Wirtschaftsprozesse liberalisiert und die Wirtschaftstätigkeit weitgehend privatisiert werden sollten.

Dadurch, so der wirtschaftsliberale Gedanke, werde die Grundlage dafür geschaffen, Ressourcen besser zu alloziieren und effizienter zu verwenden. Der Washingtoner Consensus war eine Liste wirtschaftlicher Strategien; zu den Zwangsrezepten für die armen Länder zählten beispielsweise Privatisierungen von Staatsunternehmen, Freihandel und drastische Einschnitte bei den Staatsausgaben. IWF und Weltbank knüpften die Vergabe von Krediten an den Washingtoner Consensus.

Das TTIP ist ein weiterer Mosaikstein im Wasserprivatisierungsbestreben

Da die Bestrebungen der WTO, den grenzenlosen Freihandel weltweit einzuführen, nur teilweise erfolgreich waren, zielt das TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership, transatlantisches Freihandelsabkommen) nun als weiterer Schritt auf eine weitgehende transatlantische Marktöffnung außerhalb der Europäischen Union, bilateral mit den USA. Dieses Abkommen ist jedoch — wie viele andere — gleichfalls nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer weltweiten grenzenlosen Bewegungsfreiheit für Investoren und zu Handelsfreiheit für internationale Konzerne ohne steuernde Einflussmöglichkeiten demokratischer Gesetzgebung.

Die Vergabetechnik öffentlicher Aufträge steht beim TTIP im Fokus der EU-Kommission, flankiert vom Liberalisierungsbestreben des Dienstleistungsmarktes und der Veränderungen der Investitionsbedingungen, damit Investoren in Drittlandsmärkten frei investieren können. Man muss sich das so vorstellen, dass im Laufe der Jahre diverse Mosaiksteine entstanden sind, die letztlich nur ein Ziel vor Augen haben, nämlich die vollständige Privatisierung der Dienstleistungsmärkte. Wenn man die Mosaiksteine zusammensetzt, ergeben sie ein komplettes Bild.

Die Themen Privatisierung, Liberalisierung und Deregulierung ziehen sich wie ein roter Faden durch diverse EU-Verträge.

Seit Jahren moniert die EU-Kommission, dass der Bereich der öffentlichen Aufträge auf diskriminierende Praktiken stoße und dieser große Handelsbereich nach wie vor gegen multilaterale Regeln immun sei. Nach Auffassung der EU-Kommission ist der Dienstleistungsmarkt ein Eckpfeiler der EU-Wirtschaft. Deshalb sei die schrittweise Liberalisierung des globalen Dienstleistungshandels von besonderer Bedeutung für künftiges Wirtschaftswachstum. Die Investitionsbedingungen sollen nach dem Willen der EU-Kommission in Drittländern gleichfalls verbessert werden, vor allem im Dienstleistungsbereich.

Mit der am 15. November 2006 vom Europäischen Parlament mit großer Mehrheit verabschiedeten Dienstleistungsrichtlinie (auch Bolkesteinrichtline genannt, nach dem niederländischen Politiker und EU-Kommissar Frits Bolkestein; von ihm stammte der Entwurf für die Dienstleistungsrichtlinie) wurden die im EU-Vertrag festgelegten Zielen der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit verwirklicht.

Es sollen immer noch günstigere Rahmenbedingungen für die Wirtschaft geschaffen werden. Strickmuster und Stoßrichtung sind im Prinzip immer gleich. Mächtige Lobbyverbände üben Einfluss auf supranationale Organe aus, um ihre Forderungen durchzudrücken und soziale Errungenschaften und demokratische Rechte zu schleifen. Der Einfluss von Lobbyorganisationen auf nationaler und EU-Ebene ist gravierend, er hebelt die Demokratie aus, denn die Macht geht dann nicht mehr vom Volke aus, sondern von der Wirtschaft. Es ist ein Systemfehler, der dringend behoben werden muss, sonst wird das Volk in die Rolle des Zuschauers manövriert.

Letztlich spielt es schon heute keine Rolle mehr, welche Partei regiert. Realiter regiert die Wirtschaft aufgrund ihrer Macht im Hintergrund und durch das Netzwerk ihrer Lobbyorganisationen. Auch das Freihandelsabkommen TTIP wird massive Auswirkungen auf die europäische Demokratie haben.

Wer die Kontrolle über das Wasser hat, verfügt über Macht

Das elementare Gut Wasser ist zu wertvoll, um es Investoreninteressen zu überlassen. Wasser gehört in Bürgerhand und unter demokratische Kontrolle, weil Wasser ein Menschenrecht ist und keine x-beliebige Ware, die an der Börse gehandelt und aus der Profit geschlagen werden darf.

Wasser ist zu einem weltpolitischen Problem geworden. Es zeichnet sich eine globale Wasserkrise ab, die bereits zu Verteilungskämpfen um die begehrte Ressource führt.

Anrainer und Nutzer von Wasserressourcen müssen sich zusammenschließen und gemeinsame Konzepte zur Nutzung und zum Schutz derselben entwickeln. Eine weitere besorgniserregende Entwicklung ist, dass etwa ein Viertel der Menschheit ihr Trinkwasser aus Karst-Grundwasserleitern bezieht, das bedeutet, dass Aquifere leergepumpt werden. Das ist nicht nachhaltig. Nur wenn die Wassermenge, die entnommen wird, auch wieder nachgefüllt wird, vor allem durch Regen, fallen die Aquifere nicht trocken.

Nicht nur die Wasserversorgung, sondern sämtliche Bereiche der Daseinsvorsorge müssen vergesellschaftet und demokratisch verwaltet werden, denn mit Privatisierungen geben die Bürger die demokratische Kontrolle auf. Die Dienstleistungserbringung der Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge ist eine Gemeinwohlverpflichtung, weil nur die öffentliche Hand verantwortungsbewusst und nachhaltig den Versorgungsauftrag erfüllt, der für private Dienstleister niemals Priorität besitzt, da sie auf Gewinninteressen ihrer Anteilseigner Rücksicht nehmen müssen. Die Praxis hat gezeigt, dass es notwendig ist, einen vertraglichen Schutz festzulegen, damit die Betriebe der Daseinsvorsorge vor Privatisierungen und Spekulationen geschützt werden.

Vom Stammvater der Marktwirtschaft, Adam Smith, stammt die Aussage:

„Das Interesse der Kaufleute aller Branchen in Handel und Gewerbe weicht (…) stets vom öffentlichen ab, gelegentlich steht es ihm auch entgegen. Kaufleute sind immer daran interessiert, den Markt zu erweitern und den Wettbewerb einzuschränken (…). Jedem Vorschlag zu einem neuen Gesetz oder einer neuen Regelung über den Handel, der von ihnen kommt, sollte man immer mit großer Vorsicht begegnen. Man sollte ihn auch niemals übernehmen, ohne ihn gründlich und sorgfältig, ja sogar misstrauisch und argwöhnisch geprüft zu haben, denn er stammt von einer Gruppe von Menschen, deren Interesse niemals dem öffentlichen Wohl genau entspricht und die in der Regel viel mehr daran interessiert sind, die Allgemeinheit zu täuschen, ja sogar zu missbrauchen“ (Adam Smith: Der Wohlstand der Nationen, DTV, 7. Auflage, 1996, Seite 213).

Was die Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung des Wassers anbelangt, kann man sich diesem Urteil nur anschließen, denn die eigentliche Triebfeder der Wasserkonzerne und der Kaufleute ist, Gewinne aus einem liberalisierten und privatisierten Wassermarkt zu erzielen. Die Beseitigung der Armut, die Einhaltung der Menschenrechte, der sozialen Rechte, der ökologischen Standards, die Bekämpfung der Korruption und ein nachhaltiges Ressourcenmanagement sind als Unternehmensziele zweitrangig; sie werden nur vorgegaukelt, um die Bürger zu täuschen.

Es wird Zeit, dass die Bürger dieses Spiel durchschauen, den verhängnisvollen Verheißungen keinen Glauben mehr schenken und sich dafür einsetzen, die Bereiche der Daseinsvorsorge wieder in die öffentlichen Hände zu legen, wo sie hingehören.


Am 22. März ist Weltwassertag. Es ist wichtig, dass Medien es nicht dabei bewenden lassen, stets nur auf den neuesten Wahnsinn in der Welt zu reagieren, sondern selbst in das Agieren kommen. Deshalb setzen wir zusammen mit einer Reihe von weiteren Medienportalen selbst ein Thema auf die Agenda. Die beteiligten Medienpartner, bei denen in der Woche vom 18. bis 24. März im Rahmen des #Wasserspezial Beiträge zu finden sein werden, sind derzeit:

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