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Ein Requiem für Gaza

Ein Requiem für Gaza

Internationale Organisationen dokumentieren immer wieder die systematische Zerstörung der Lebensbedingungen im Gazastreifen — doch ihr Echo bleibt leise.

Der medizinische Zusammenbruch als Genozid Strategie

Der PHRI-Bericht „Genozide in Gaza“ (2) aus 2025 liefert eine detaillierte Analyse der Zerstörung des palästinensischen Gesundheitssystems. Demnach wurden seit Oktober 2023 mehr als 1.800 medizinische Fachkräfte getötet oder verhaftet, 33 von 36 Krankenhäusern zerstört, Evakuierungen verweigert und humanitäre Hilfe gezielt blockiert. Diese systematische Demontage ist laut PHRI nicht Begleiterscheinung des Krieges, sondern ein integraler Bestandteil eines Völkermordplans gemäß Artikel II(c) der UN-Völkermordkonvention (3).

Hunger als Waffe

Die UN und Ärzte ohne Grenzen warnen: Hunger ist keine Begleiterscheinung, sondern Mittel zur Vernichtung.

Laut UNICEF litten im Mai 2025 über 5.000 Kinder an akuter Mangelernährung, Dutzende sind verhungert (4). Für die WHO hat die Krise einen alarmierenden und tödlichen Wendepunkt erreicht (5). Das OHCHR (Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte) berichtet von gezielter Blockade lebensnotwendiger Lieferungen.

Das „Flour Massacre“ vom Februar 2024, bei der über 100 Zivilisten bei der Suche nach Nahrung erschossen wurden, ist nur eines von vielen dokumentierten Massakern an Hungernden (6).

Juristische Schritte

Im Mai 2024 beantragte der IStGH Haftbefehle gegen israelische Regierungsverantwortliche wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Die Ermittlungen umfassen laut ICC gezielte Tötungen, Aushungern der Zivilbevölkerung und Angriffe auf zivile Infrastruktur (7). Der Bericht von PHRI unterstützt diese Anklage mit Belegen für vorsätzliche Zerstörung lebensnotwendiger Systeme (2, S. 10-17).

Stellungnahmen der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen

UN-Generalsekretär António Guterres sprach im Juli 2025 von einer „Horrorshow“ und dem „Zusammenbruch des humanitären Systems“ in Gaza (8). Die Sonderberichterstatterin für Menschenrechte in den besetzten Gebieten, Francesca Albanese, bezeichnete Israels Vorgehen als „Wirtschaft des Völkermords“ (9). Das UNRWA beklagt die systematische Vertreibung und Beschießung von Stellen zur Verteilung der Hilfsgüter (10).

Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht

Beide Organisationen, Ärzte ohne Grenzen und das Internationale Rote Kreuz, dokumentierten Angriffe auf medizinisches Personal und die gezielte Zerstörung von Ambulanzen und Spitälern. Der Internationale Verband der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften nannte die Tötung von 15 Rettungskräften am 23. März 2025 den „tödlichsten Angriff auf medizinisches Personal seit Jahrzehnten“ (11).

Ein Informationskrieg

Mehr als 130 palästinensische Journalisten wurden getötet. Reporter ohne Grenzen warnt: Israel versucht, Gaza in ein „Informationsschwarzes Loch“ zu verwandeln (12). Dies erschwert die juristische und historische Aufarbeitung erheblich.

Die Rolle der internationalen Gemeinschaft

Trotz der vorliegenden Beweise bleibt das politische Echo schwach. Die von PHRI und anderen Organisationen dokumentierten Verbrechen erfordern dringend internationale Sanktionen, rechtliche Konsequenzen und ein Ende der Komplizenschaft durch Waffenlieferungen und diplomatische Protektion (13).

Ein Plädoyer für die Einhaltung des internationalen Völkerrechts

Die Gräuel des Zweiten Weltkriegs führten zur Schaffung eines internationalen Völkerrechtsrahmens, der verhindern sollte, dass sich der Schrecken des Holocausts wiederholt. Doch genau dieses Recht, das unter dem Ruf „Nie wieder“ konzipiert wurde, wird gegenwärtig von einem Staat missachtet, der selbst aus dem Leid jener Zeit hervorging.

Israel, gegründet als Zufluchtsort für verfolgte Juden, tritt heute fundamentale Normen des humanitären Völkerrechts mit Füßen — unter anderem durch kollektive Bestrafung, gezielte Angriffe auf Zivilisten und die Zerstörung lebenswichtiger Infrastrukturen.

Der Schutz der Zivilbevölkerung, das Verbot der Aushungerung als Kriegswaffe sowie das Prinzip der Verhältnismäßigkeit sind grundlegende Säulen der Genfer Konventionen — und sie werden in Gaza systematisch gebrochen.

Das internationale Recht gilt universell — oder es verliert seine Legitimität. Es ist daher die Pflicht der internationalen Staatengemeinschaft, das Völkerrecht auch gegenüber Israel durchzusetzen.

Ein Weg zum Frieden

Die politische Nichtanerkennung eines palästinensischen Staates ist nicht nur ein Symbol der internationalen Ohnmacht, sondern ein aktiver Bestandteil der Gewaltspirale. Die Resolutionen der Vereinten Nationen, insbesondere jene von 1967 und 2012, erkennen das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat an — innerhalb der Grenzen von vor 1967 mit Ostjerusalem als Hauptstadt. Die Anerkennung Palästinas würde nicht nur Gerechtigkeit schaffen, sondern auch eine neue Grundlage für einen dauerhaften Frieden in der Region ermöglichen. Staaten wie Spanien, Norwegen und Irland haben diesen Schritt bereits vollzogen — ein klares politisches Signal, dass das Völkerrecht über geopolitische Interessen gestellt werden muss. Die Gleichberechtigung Palästinas ist kein Hindernis für den Frieden — sie ist seine Voraussetzung.

Requiem als Mahnung

Ein Requiem wird definiert als ein Totengebet, ein Klagelied sowie ein Appell an die Erinnerung. Gaza steht als Symbol für die internationale Gleichgültigkeit. Die vorliegenden Belege sind erdrückend, ebenso wie das Verstummen der Staaten. Wer es versäumt, sich zu diesem Zeitpunkt zu positionieren, trägt eine Mitverantwortung für die Konsequenzen, die sich in Zukunft an einem anderen Ort der Welt ergeben könnten.

Die Gewährleistung des Zugangs zu Nahrungsmitteln für die Kinder in Gaza ist von entscheidender Bedeutung, für deren Realisierung die internationale Gemeinschaft eine gemeinsame Verantwortung trägt. Die Optimierung der Situation der Kinder in Gaza kann durch das bewusste Handeln der Menschen mit Seelen erzielt werden. Die Verurteilung dieser Gräueltaten sowie das öffentliche Aufbegehren dagegen sind von eminenter Wichtigkeit. Die Rettung der Menschheit vor den Widrigkeiten der Menschen, dem Gesetz des Dschungels und der Grausamkeit sollte das Ziel der internationalen Gemeinschaft sein. Die Erreichung dieses Ziels erfordert ein gemeinsames, entschlossenes Engagement sowie einen beständigen Einsatz. Als Menschen mit Bewusstsein und sozialem Gewissen tragen wir die Verantwortung gegenüber den Kindern von Gaza.


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Quellen und Anmerkungen:

(1) Amnesty International. 2024. „End Israel’s Genocide against Palestinians in Gaza." https://www.amnesty.org/en/documents/mde15/8668/2024/en/
(2) Physicians for Human Rights — Israel (PHRI). 2025. Genocide in Gaza: A Health-Centered Legal Analysis. Tel Aviv: PHRI. https://www.phr.org.il/wp-content/uploads/2025/07/Genocide-in-Gaza-PHRI-English.pdf
(3) Übereinkommen über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes | Völkermord­konvention
(4) UNICEF. 2025. More than 5,000 children diagnosed with malnutrition in the Gaza Strip in May
(5) World Health Organization (WHO). 2025. IPC Gaza Strip Food Insecurity and Malnutrition Alert
(6) OHCHR. 2024. „UN Experts Condemn 'Flour Massacre'.” UN experts condemn ‘flour massacre’, urge Israel to end campaign of starvation in Gaza | OHCHR
(7) International Criminal Court (ICC). 2024. Situation in the State of Palestine: ICC Pre-Trial Chamber I rejects the State of Israel’s challenges to jurisdiction and issues warrants of arrest for Benjamin Netanyahu and Yoav Gallant | International Criminal Court
(8) UN News. 2025. Amid ‘Horror Show in Gaza’, Humanitarian System Denied Space to Deliver, Multilateral Problem-Solving Needed More than Ever, Secretary-General Tells Security Council | Meetings Coverage and Press Releases.
(9) OHCHR. 2025. A/HRC/59/23: From economy of occupation to economy of genocide—Report of the Special Rapporteur on the situation of human rights in the Palestinian territories occupied since 1967 (Advance edited version) | OHCHR
(10) UNRWA. 2025. UNRWA Situation Report #84 on the situation in the Gaza Strip and the West Bank, including East Jerusalem—Question of Palestine
(11) IFRC. 2025. IFRC condemns the killing of eight Palestine Red Crescent medics in Gaza | IFRC
(12) Reporter ohne Grenzen (RSF). 2025. Jahresbilanz der Pressefreiheit 2024 | Reporter ohne Grenzen für Informationsfreiheit
(13) Schabas, William. 2024. Declaration Expert William Schabas_w.pdf

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