Die Spitzen der EU-Institutionen machen Druck. Im Oktober 2025 möchte Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), den nächsten Schritt gehen auf dem Weg zum digitalen Euro. Das soll das erste staatliche elektronische Zahlungsmittel werden, parallel zum Bargeld, den klassischen Kartenzahlungen und dem Überweisungsverkehr. Aber ohne einen gesetzlichen Rahmen kann die EZB keine Aufträge an IT-Entwickler vergeben, um die Infrastruktur für den Digital-Euro aufzubauen.
Dieser Termindruck hat auch eine Konsequenz für das Bargeld. Denn die geplante Digital-Euro-Verordnung ist gekoppelt mit einer Verordnung zum besseren Schutz von Banknoten und Münzen. Um die finale Ausgestaltung dieser zwei Gesetzesentwürfe bemühen sich der Rat der europäischen Finanzminister und das EU-Parlament. Der Urtext kam am 28. Juni 2023 von der EU-Kommission, denn nur sie darf Gesetze vorschlagen, während den anderen Gremien lediglich übrig bleibt, sie zu verbessern und zu beschließen.
Damals klang das vielversprechend: „Mit weiteren Gesetzesinitiativen will die EU-Kommission sicherstellen, dass Bargeld weiterhin breit akzeptiert wird und besser verfügbar ist“, vermeldete die Deutsche Presseagentur. Auf diese Schlagzeile hatte Brüssel wohl auch gewartet. Denn sie erzählt davon, dass den Kommissaren viel an der Zukunft von Banknoten und Münzen liegt. Und nicht etwa davon, dass die EU-Beamten sehnlichst darauf warten, dass der digitale Euro endlich das Bargeld verdrängt und schlussendlich ersetzt.
Mein Mitstreiter Hansjörg Stützle, mein Journalisten-Kollege Norbert Häring und ich schauten uns die Bargeld-Verordnung unabhängig voneinander im Detail an und verglichen sie mit dem Gesetzesentwurf zum digitalen Euro. Es zeigte sich in aller Deutlichkeit das, was ich aus Kreisen erfahre, die an den Verhandlungen auf EU-Ebene beteiligt sind: Elektronisches staatliches Geld besitzt die weitaus höhere politische Unterstützung, verglichen mit dem Bargeld.
Dramatische Entwicklungen
Nach neuesten Zahlen von der Niederländischen Nationalbank lehnen inzwischen 21 Prozent der Apotheken und 38 Prozent der Kinos Bargeld ab. Das nimmt seit der Corona-Zeit rasant zu. 2021 hatte es sich in den Niederlanden lediglich um 10 Prozent der Apotheken gedreht. Auch in Deutschland greift die Entwicklung um sich. Die Hamburger Sparkasse bewirbt die digitalen Lokalitäten in der Hansestadt.
Wir sollen einkehren in bargeldlose Cafés, in eine bargeldlose Welt. Wir verlieren nur die Freiheit, ein Zahlungsmittel zu nutzen, das uns erlaubt, unser mühsam verdientes Geld in den eigenen Händen zu halten. Die Banken tun ihres dazu, schließen Filialen und bauen Geldautomaten ab.
In Brüssel scheint man alle Zeit der Welt zu haben, das Bargeld vor dem Untergang zu retten. Der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission klingt, als läge das Schreckensszenario noch in weiter Ferne. Und ob er das Schlimmste abwenden kann, ist nicht zwingend gesagt. In diesen Tagen senden Hansjörg Stützle und ich einen Brief an die EU-Parlamentarier, in der Hoffnung, dass sie die Mängel beseitigen und dazu beitragen, das Bargeld wirkungsvoll abzusichern. Denn wie kann man sagen, man wolle das Bargeld nicht verdrängen, wenn man mit dem digitalen Euro einen neuen Wettbewerber im Kampf um die Oberhoheit an der Ladenkasse einführt, der über ein weit besseres Schutzniveau verfügt als das Bargeld?
Brüssel reagiert mit Symbolpolitik
Die Digital-Euro-Verordnung sieht vor: Banken müssen ihren Kunden zwingend Zugang zum digitalen Euro anbieten. Wenn ich also ein Konto besitze und vielleicht ein Smartphone mit Internetzugang, dann kann ich mir von jedem Ort in Europa aus jederzeit Bankguthaben in digitale Euros auszahlen lassen. Zwar allerhöchstens 3.000 Euro, aber das ist ein anderes Thema, denn wir reden gerade über alltägliche Einkäufe. Beim Bargeld liegen die Dinge anders: Die Banken müssten rechtlich gesehen weiterhin keine Geldautomaten anbieten. Ihre Zahl nimmt schon jetzt rasant ab. Wir dürfen uns unser Bargeld eben suchen.
Ferner steht in Artikel 10 Digital-Euro-Verordnung, dass Händler den digitalen Euro akzeptieren müssen und sich dieser Pflicht nicht entledigen können durch ein Schild an der Tür oder einen Passus in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Eine unmissverständliche Klarstellung. Dumm nur, dass sie in der Bargeld-Verordnung fehlt. Der Ex-Bundesbank-Vizepräsident und Jurist Franz-Christoph Zeitler kritisiert deshalb, dass Bargeld gegenüber dem Digital-Euro zu einem Zahlungsmittel zweiter Klasse zu werden drohe.
Das einzig Relevante und Neue für das Bargeld ist, dass die Regierungen seine Akzeptanz und Verfügbarkeit systematisch beobachten müssen. Und wenn sie selbst dabei den Schluss ziehen, dass das Niveau zu tief gesunken ist, dann müssen sie Gegenmaßnahmen ergreifen. Doch niemand schreibt in der Verordnung, wie tief das Bargeld fallen darf, bevor es aufgefangen werden muss. Und wenn es erst einmal zu Gegenmaßnahmen kommt, dann möchte die EU-Kommission, dass sie „verhältnismäßig“ bleiben. Worauf das hinausläuft, erahnt man, wenn man den Verordnungstext liest. In der Gesetzesbegründung deutet die EU-Kommission nämlich an, dass es ihr ausreichen würde, wenn lediglich der systemrelevante Sektor zwingend auf die Akzeptanz von Bargeld verpflichtet würde. Aufgezählt werden „Supermärkte, Apotheken oder Gesundheitseinrichtungen“.
Wir können etwas bewirken
Nach der Sommerpause, also ab September 2025, wird der Währungsausschuss des EU-Parlaments die Beratungen zur Bargeld-Verordnung fortsetzen. Mein Co-Initiator Hansjörg Stützle und ich haben bereits rund 200.000 Unterschriften gesammelt. Wir verlangen den konsequenten Schutz des Bargelds durch das geplante EU-Gesetz. Zu den Unterzeichnern gehören auch Franz-Christoph Zeitler und weitere Prominente wie die Neurowissenschaftler Manfred Spitzer und Gerald Hüther.
Am 30. Juni 2025 erscheint mein Buch „Krieg gegen das Bargeld“. Damit male ich nicht den Teufel an die Wand, denn es handelt sich um ein Zitat. Mit diesen drastischen Worten drückten sich Akteure aus, die ein Interesse an digitalen Zahlungen besitzen. Die Spuren führen in die Finanzwirtschaft und in die EU-Politik. In meinem Buch arbeite ich auf, wie sie versucht haben, uns die Weichen in eine bargeldlose Welt zu stellen. Und natürlich geht es um die Bedeutung des Bargelds für uns alle und darum, was wir tun können, damit Bargeld der Welt von morgen erhalten bleibt.
„Krieg gegen das Bargeld“ können Sie schon jetzt bei den Buchkomplizen vorbestellen oder in Ihrer Buchhandlung. Wenn zahlreiche Vorbestellungen zusammenkommen, bringen wir das Buch vielleicht sogar auf die Spiegel-Bestseller-Liste. Vielleicht wird die Botschaft dann von größeren Medien wahrgenommen. Und damit auch die Ungleichbehandlung des Bargelds gegenüber dem digitalen Euro. Wenn dieser Missstand ein Politikum wird, müssen die Volksvertreter endlich handeln, um ihr Versprechen, das Bargeld nicht zu verdrängen, einzulösen.
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