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Erkenne dich selbst!

Erkenne dich selbst!

Wenn wir unsere Psyche und die unserer Mitmenschen tiefergehend erforschen, ändert sich auch unsere Sichtweise auf Staat und Gesellschaftsordnung.

Laut Dr. Gerda Fellay, Schweizer Psychotherapeutin, sollen Max Horkheimer und Theodor Adorno, zwei berühmte Philosophen der Frankfurter Schule, nach dem Zweiten Weltkrieg wegen des Einknickens von Goethes und Schillers Vaterland vor dem Führer resigniert haben. Daraufhin ließ Friedrich Liebling (1893 bis 1982), der Begründer der Psychologischen Lehr- und Beratungsstelle Zürich („Züricher Schule“), den beiden Intellektuellen gemäß den Aufzeichnungen Fellays folgende psychologische Antwort zukommen:

„Die Menschheit muss sich die Ergebnisse der psychologischen Forschung zu eigen machen, um ein menschenwürdiges Leben zu schaffen“ (3).

Gegenstand der psychologischen Forschung ist das geistig-seelische Leben des Menschen, seine Natur, seine seelische Verfassung und sein Verhalten. Wenn der Mensch sich und seine Mitmenschen erkennt, ändert er seine Sichtweise auf die staatlichen Gegebenheiten und die gesamte Gesellschaftsordnung. Die Ergebnisse der psychologischen Forschung weisen den Weg.

Deshalb werde ich als Psychologe weiterhin über die Wissenschaft der Psychologie in Wort und Schrift aufklären und dazu einladen, den Weg gemeinsam zu beschreiten. Als Schüler des Schweizer Psychotherapeuten Friedrich Liebling konnte ich persönlich erleben, was es heißt, sich die Ergebnisse der psychologischen Forschung zu eigen zu machen. Als Pionier auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Psychologie war es Lieblings Hauptanliegen, den Menschen Hoffnung auf ein in jeder Hinsicht menschenwürdiges Leben zu machen.

Eine Änderung der Welt erfordert eine Änderung des Menschen

Da die Geschichte ein Werk der Menschen ist, muss die Veränderung der Welt aus ihnen selbst kommen. Die Menschen müssen ihre eigene Natur, ihre seelische Verfassung, ihre bewussten oder halbbewussten Vorurteile sowie die eigenen Reaktionsweisen und auch die ihrer Mitmenschen kennenlernen.

So sollten sie einschätzen können, wie sie selbst und wie ihre Mitmenschen auf konfliktträchtige Krisen und kommende Kriege reagieren werden. Was tun die „wehrfähigen“ Männer voraussichtlich, wenn der Einberufungsbefehl ins Haus flattert? Werden sie sofort losmarschieren, oder gibt es Persönlichkeiten, die in der Lage sind, sich einem Befehl „von oben“ zu widersetzen und NEIN zu sagen, sodass man sich an ihnen orientieren kann?

In der Regel sind wir uns alle einig: das Kriegsministerium, die Politiker, die Kirche, die Theologen — und auch wir Bürgerinnen und Bürger. So folgen die Mütter ihrem Gehorsamsreflex und lassen ihre bereitstehenden Söhne ohne Murren auf das „Feld der Ehre“ ziehen. Trifft dann die Nachricht vom Tod ein, trägt die Mutter in „stolzer Trauer“ die schwarze Armbinde.

Mutter und Sohn fehlt der Mut, nicht in den Krieg zu ziehen. Bereits der Vater oder ein anderes Mitglied der Familie ist in irgendeinem Krieg auf dem sogenannten Feld der Ehre geblieben.

Und der Pfarrer segnet die Waffen des Krieges, mit denen man die anderen jenseits der Grenze, die auch Christen sind, erschlägt. Er folgt damit stillschweigend der Weisung seiner Kirche und ist mit dieser Handlung der Jugend ein miserables Vorbild. Auch die Arbeitslosen melden sich fleißig zum Kriegsdienst, weil sie meinen, sie hätten keinen anderen Ausweg.

Dabei ist jeder Krieg, in dem andere Völker bezwungen und beherrscht werden, ein gutes Geschäft. Die Waffenindustrie verdient sich eine „goldene Nase“, während die Bürger zusehends verarmen. Alles ist Profit, wo auch immer wir hinsehen. Es gibt nichts, wo das nicht spielt in unserer Gesellschaftsordnung. Wieso haben unsere Kinder zum Beispiel mit Drogen zu tun? Wie kommen sie dazu? Wenn das kein gutes Geschäft wäre, hätten wir keine Drogen und keine Sorgen; der Markt wäre leer. Aber darauf wird keine Rücksicht genommen. Viele Jugendliche gehen an den Drogen zugrunde, sie gehen buchstäblich in den Tod.

Wenn wir uns umsehen in der Welt, stellen wir fest, dass die Menschen ohne Ausnahme durch die traditionelle Erziehung nicht gesund, sondern psychisch irritiert sind. Sie sind nicht krank, sie sind nur nicht richtig aufgeklärt.

Man muss sie nicht heilen, sondern ihnen helfen, sich zu erkennen. Gelingt es uns, das Problem Mensch in seiner ganzen Tiefe zu erfassen, werden wir lernen, richtig zu sehen, was mit uns Menschen los ist: ob zum Beispiel nur die Herrscher der Welt und ihre Politiker Kriege anzetteln und führen — oder ob auch wir Bürgerinnen und Bürger für den Krieg sind.

Um das zu erforschen, ist viel Zeit und Geduld nötig. Alle Fragen müssen bis zum Ende durchdacht werden. Dies ist für das Leben und die seelische Gesundheit von jedem von uns von ungeheurer Bedeutung. Wir haben dann einen Kompass.

Ergebnisse der psychologischen Forschung weisen den Weg

Die Medizin ist erst vorangekommen, als sie die Funktion der einzelnen Organe des Körpers untersuchen und kennenlernen durfte. Die Kirche war zunächst dagegen, dass man den Menschen erforscht. Erst als die Notwendigkeit erkannt worden ist, dass man den Menschen nur dann helfen kann, wenn man die Funktionen der verschiedenen Organe kennt, haben Mediziner Leichen gestohlen, um dies zu erfahren.

Während die Wissenschaft der Medizin den menschlichen Körper erforscht, erforscht die Wissenschaft der Psychologie das geistig-seelische Leben des Menschen. Die Wissenschaft der Psychologie ist eine Wissenschaft vom Menschen, von der menschlichen Natur: wie er wird, wie er heranwächst und wie er sich im Leben zurechtfindet. Seine Erfahrungen werden ihm vor allem von den Eltern und den Lehrern vermittelt. Der Mensch ist dann das Produkt seiner Erlebnisse und Eindrücke in der Kindheit.

Bereits in den ersten Lebensjahren — mit fünf bis sechs Jahren —, wenn das Kind in den Kindergarten kommt, hat es einen Kompass. Es weiß dann, wie es sich zu verhalten hat. Auch über den Vater, die Mutter und die Geschwister hat es eine Meinung. Es hat bereits seine Charaktereigenschaften und kennt seine Stellung in der Welt.

Wird dem Menschen aber vermittelt, wie er seine Probleme lösen soll und kann, wird er eine andere, eine realistischere Sichtweise bekommen. Die wichtigsten Probleme sind sein Lebensgefühl, seine Meinung über sich selbst, seinen Partner, seine Haltung gegenüber den Kindern, seine Meinung über den Nachbarn, die Gemeinde und den Staat. Das wäre Bildung im psychologischen Sinne.

Hat man die Gefühle und Reaktionsweisen des Menschen einmal erkannt und verstanden, wie er heranwächst, dann versteht man auch sich selbst, den anderen, die Gesellschaft und die ganze Welt.

Und wenn wir den Menschen verstehen lernen, dann verstehen wir auch das Problem des Krieges, weil wir unsere eigenen Handlungsweisen und die der Mitmenschen einschätzen können und verstehen, was in uns und in ihnen vorgeht. Wir finden dann eine Antwort auf die Frage: Sind es Menschen wie wir, die für den Krieg sind, oder sind es ganz andere Menschen? Wir haben dann eine andere Art des Denkens und Fühlens.

Da die Menschen von allen Institutionen — angefangen von der Erziehung zu Hause und in der Schule bis hinauf zur Rekrutenschule und das „Feld der Ehre“ — nach deren Vorstellungen programmiert werden, hat man es schwer, sie auf unrealistische oder „irrige“ Ansichten aufmerksam zu machen und ihnen zu helfen.

Sie werden so programmiert, dass sie dann alles machen, was die Machthaber von ihnen verlangen. So hat das deutsche Volk von ungefähr 100 Millionen Menschen — das Volk der Dichter und Denker — Adolf Hitler voll zugestimmt und zugejubelt. Alle sind mit ihm mitgegangen — angefangen beim Papst, der katholischen Kirche und den anderen Kirchen bis hin zu den Gelehrten, den Philosophen und Psychologen, den Arbeitern und Sozialisten. Sie wurden so „gut“ programmiert, dass sie sich in den Tod führen ließen.

Deshalb sollte allen Menschen das psychologische Wissen über sich selbst und die Mitmenschen vermittelt werden. Aber noch leben wir in einer Welt, in der sich der Mensch nicht erkannt hat. Alles hat er erforscht, aber sich selbst, seine Natur, seine seelische Verfassung und seine Reaktionsweisen hat er nicht erkannt.

Aufklärung und Erziehung als Prophylaxe (Vorbeugung)

Da ein menschenwürdiges Leben in den Köpfen und Herzen der Menschen vorbereitet wird, handeln die Menschen morgen so, wie sie heute denken. Deshalb ist Aufklärung von großer Bedeutung. Sinn der aufklärerischen Bemühungen ist die Reinigung des menschlichen Bewusstseins von individuellen und kollektiven Vorurteilen, dem ideologischen Hintergrund vieler Menschheitskatastrophen.

Die Zukunft unserer Kultur wird wesentlich davon abhängen, ob es genügend Aufklärer gibt, die imstande sind, der Bevölkerung die entsprechenden Vorurteile zu nehmen. Intellektuelle haben dabei eine große Verantwortung.

In einer Zeit, in der die Bedrohung durch die Atombombe die Selbstvernichtung der Menschheit als möglich erscheinen lässt, bedürfen wir mehr denn je der „freien Geister“, die uns lehren, was Wahrheit und was Lüge ist.

Wichtiger noch als Aufklärung ist das Problem der Erziehung. Die tiefenpsychologische Forschung hat die ungeheure Tragweite der Erziehung deutlich gemacht. Wir wissen heute, dass der Mensch in einem derartigen Maße das Produkt seiner Erziehung ist, dass man hoffen darf, durch psychologische Erziehungsmethoden, die auf das autoritäre Prinzip verzichten, Menschen heranbilden zu können, die gegen die Verstrickungen des Machtwahns gefeit sein werden.

Indem die Erziehung in Elternhaus und Schule auf Angst auslösendes Autoritätsgebaren, Gewaltanwendung sowie unangebrachte Verzärtelung verzichtet und sich mit wahrem Verständnis dem kindlichen Seelenleben zuwendet, wird sie einen Menschentypus hervorbringen, der keine Untertanen-Mentalität besitzt und darum für die Machthaber in unserer Welt kein gefügiges Werkzeug mehr sein wird.

Die Achtung des Erziehers vor der kindlichen Persönlichkeit und seine freundschaftliche Zuwendung zum Zögling werden einen wertvollen Beitrag zum Aufbau einer humanen Gesellschaftsordnung und zur Schaffung eines menschwürdigen Lebens leisten.


Quellen und Anmerkungen:

(1) https://freeassange.rtde.me/international/167034-denkt-nicht-an-die-zukunft-es/
(2) https://www.globalresearch.ca/this-madness.must-cease/4460
(3) Fellay, Gerda (1997/2010): Friedrich Liebling. Leben und Werk — eine Einführung. Dissertation, New York, Paris, Bern und Sitten (Schweiz), Seite 16


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