Manchmal denke ich gerne zwei oder drei Schritte voraus. Oder sagen wir: nicht gerne, aber ich kann es nicht verhindern. Zum Beispiel neulich sah ich ein Video, in dem ein offensichtlich gemeingefährliches Rumpelstilzchen im nächtlichen Dunkel mit seiner Rotte oder Wehrsportgruppe oder wie man das heute nennt an der litauischen Grenze eine Art neogermanisches Fackelritual aufführte.
Es gelang mir nur unter äußersten Verrenkungen sämtlicher Gehirngelenke und Phantasiemuskeln, zu begreifen, dass es sich dabei nicht um eine Comedy-Parodie handelte, sondern dass der übelvölkische Schabernack ernstgemeint war, und zwar als Einstimmung auf den dritten deutschen Krieg gegen Russland innerhalb von hundertelf Jahren. Oder hundertzwölf oder vielleicht auch hundertsechzehn, da ist man sich im Hauptquartier wohl noch nicht ganz einig und bastelt noch an einem Vorwand, nachdem beim letzten Mal nur die Allerdümmsten den Quatsch mit dem angeblich geplanten und unmittelbar bevorstehenden Angriff Stalins auf die europäische Union des Gröfaz Hitler glauben wollten.
Da habe ich zwei, drei Schritte vorausgedacht und mir vorgestellt, was denn dann passiert, also: hinterher. Wenn also das Schwadronieren des Klaus-Kinski-Imitators vorüber ist und so geendet hat, wie man sich das ausrechnen kann. Wenn also seine zwei-, dreihunderttausend Marschierwichtel tot sind und dazu im allergünstigsten Fall vielleicht noch zwei, drei oder zehn Millionen Zivilisten. Wenn die Deutschen wieder mal „Nie wieder!“ geschworen haben, ihre kriminellen Führer von der Leyen, Merz und Pistorius bis Strack-Zimmermann und Kiesewetter abgeurteilt sind und lebenslänglich hinter dicken Mauern sitzen, wenn der Schutt weggeräumt ist und die verstrahlten Gebiete abgesperrt sind und so weiter, man kennt diese Szenarien ja. Wie gesagt: im günstigsten Fall. Über die weniger günstigen Fälle braucht man nicht nachdenken; da könnte man auch in ein schwarzes Loch — also eines von den Dingern im Weltraum — starren und warten, ob dort drin vielleicht ein alter „Tatort“ wiederholt wird.
Also: Was ist dann hinterher? Sitzt der Freuding — so heißt der Troll mit dem irren Blick, der derzeit den Bodentruppen der Bundeswehrmacht als Oberbefehlshaber vorsteht, was fast wiederum wie eine Parodie wirkt: nämlich auf die Besetzung eines Ministerpostens mit Karl Lauterbach. Sitzt der dann ebenfalls für alle Zeiten im Verließ, so wie manche Verirrte in finsterer Vergangenheit? Man mag das für wahrscheinlich halten.
Allerdings ist mir beim Sinnieren über den irregeleiteten Antreiber einer einer der Heroen der jüngeren Vergangenheit eingefallen, nämlich der Herr Ludendorff. Der hatte ähnliche Pläne, Aufträge und Vorhaben wie dieser, die allerdings ein bisserl mehr Zeit in Anspruch nahmen als die Farce des Herrn Freuding mutmaßlich dauern wird. Weil der Russe damals weder Atombomben noch Oreshniks, Zirkons, Burewestniks und das ganze andere moderne Zerstörungszeugs hatte, sondern man sich noch zu Fuß und mit der Hand abschlachten musste. Aber das tut hier nichts zur Sache.
Erich Friedrich Wilhelm Ludendorff, 1865 im damals preußischen Polen geboren, trug in seinem Vornamensammelsurium einen Kaiser — oder zwei: beide Wilhelms — und einen preußischen König — den alten Fritz — sowie den Titel eines Programms des famosen österreichischen Kabarettduos Blözinger, aber davon konnte er nichts wissen, und es ist ja sowieso ein Schmarrn: Benannt war er wohl eher, wenn überhaupt, nach dem Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV., der 1849 keinen Bock gehabt hatte, Kaiser einer Revolutionsrepublik zu werden. Alle anderen gab es noch nicht. Aber auch das spielt keine Rolle. Jedenfalls — und das ist dann doch ein erstaunliches Detail — war er nicht von Adel, und das blieb er auch, aus Gründen, auf die wir noch kommen werden.
Irgendeine Begabung hatte das Bürschlein wohl nicht, auch kein Talent, kein Interesse und sonst recht wenig. Also schickte man ihn, wie man das mit charakterlichen Totalversagern bis heute gerne mal tut, zum Militär.
Da werden die nämlich gerne mal was, solche emotionalen Krüppel; da können sie unter Umständen sogar eine angeborene oder erworbene Impotenz kompensieren – Viagra gab es nämlich auch noch nicht. Ach so, verheiratet wurde der Erich dann doch, mit 43 Jahren, aber die vier Kinder hatte seine Margarethe schon dabei, und arg viel Freude hatten die beiden wohl in ihren 17 gemeinsamen Jahren nicht aneinander; hinterher heiratete Erich Margarethes Nervenärztin.
Fassen wir uns kurz: Erich kämpfelte sich durch das übliche Kadettenleutnantsbataillonsinfanteriekorpsranggewurste, fraß vermutlich brav aus dem Blechnapf und schwang den Säbel, tuckerte auch mal auf den sieben oder wenigstens einem Meer herum und tat sich wichtig. Was ihm fehlte, war bloß noch ein echter Krieg, der dem heutigen Doofing ja auch noch fehlt, weil man vom Dummschwätzen kein Held wird und auch sonst nichts, sondern bleibt, was man ist: eben nichts.
Diesen Krieg bereitete der Ludendorff ab 1908 vor und proklamierte ihn als „unvermeidlich“; was manch einem Zeitgenossen nicht gefiel; am Ende setzte er sich durch und stürmte 1914 mit Hurra in eben diesen hinein — oder eben nicht, sondern nur ins Prachtzelt des Generalfeldmarschalls Hindenburg und ließ sich dort als halbe Doppelspitze der Obersten Heeresleitung huldigen.
Jetzt aber wirklich kurz, weil ich mich gerade frage, wie ich überhaupt auf den Ludendorff komme. Nun ja, es waren damals wie heute und auch wie 1939 ff. Zeiten, in denen das Militär vollumfänglich an die Stelle von Politik und Diplomatie getreten ist und tritt und diese nun mit seinen notorischen „anderen Mitteln“ fortführt, bis alles in Scherben fällt. Herr Ludendorff nämlich tat das im Ersten Weltkrieg so wie später der Adolf und bald vielleicht der Freuding, und wie seine geistigen Erben war er für die Ostfront zuständig. Dabei errang er einen vielgefeierten Sieg bei Tannenberg — allerdings nicht er, sondern die seinem Befehl unterstellten deutschen Soldaten oder zumindest die, die mit dem Leben davonkamen. Von denen sprach indes niemand, gefeiert wurden wie immer die vom Schlachten nicht gefährdeten Feldherren, und weil Deutschland davon im August 1914 neben dem OHL-Duo noch so einige hatte, konnte man, wie ein Militärfachmann meinte, mit den Generalen, die den Sieg bei Tannenberg für sich beanspruchten, einen ganzen Saal füllen.
Dass der Krieg schon ein paar Wochen später verloren — oder, wie Kriegsminister Falkenhayn in erstaunlich moderner Sprechweise meinte, „nicht mehr zu gewinnen“ — war, schmälerte Ludendorffs Ruhm, nicht aber seine Ruhmsucht.
Um das Unmögliche doch noch herbeizuzwingen, tat er Ähnliches wie die Strategen von Bundeswehrmacht, EU und NATO heute in der Ukraine: Das Morden, Sprengen, Sengen, Brennen und Vernichten wurde vier Jahre lang fortgesetzt, der Schlund des Krieges mit Millionen Menschen gestopft.
Zum Glück verfügte Ludendorff zwar über alle möglichen grauenhaften Mittel und Maschinen, nicht aber über Atombomben, sonst wäre die Weltgeschichte wohl schon damals zu Ende gegangen.
Als dann wirklich absolut nichts mehr zu machen war, sah Ludendorff immerhin davon ab, noch einen „Volkssturm“ herbeizubrüllen, und drängte auf einen Waffenstillstand. Kaum war dieser erfolgt, wollte der sturköpfige Massenmörder davon aber nichts mehr wissen: Er sei im Felde unbesiegt geblieben, tönte er, die „Novemberverbrecher“ hätten dem glorreichen deutschen Heer den Dolch in den Rücken gestoßen und ihm den verdienten Triumph aus der Hand gerissen. Dass er den vom Kaiser angebotenen Grafentitel mit der Begründung abgelehnt hatte, ihm genüge seine weltgeschichtliche Bedeutung, wurmte ihn nun doppelt, obwohl oder weil der Adel pro forma sowieso abgeschafft wurde.
Schuld war niemals er, sondern die anderen, und zwar nicht nur die tapferen, bald darauf im Auftrag der verräterischen SPD niedergeschossenen Revolutionäre sowie selbstverständlich diese SPD selbst, sondern überhaupt alle: „Hindenburg hat mich genauso verraten wie den Kaiser, dem er Treue geschworen hatte!“, brüllte der Beleidigte und ließ einen Zeitungsartikel drucken, in dem er behauptete, „Herr Paul von Hindenburg“ habe alles vernichtet, wofür er, Erich Ludendorff, gekämpft habe, und habe darob „nach den Gesetzen des alten Heeres das Recht verwirkt, das feldgraue Ehrenkleid zu tragen und es mit ins Grab zu nehmen“.
Seine zweite Frau Mathilde, die der frisch Geschiedene 1926 heiratete — wie gesagt: die Nervenärztin der ersten, zunächst verwitwet, unlängst ebenfalls geschieden —, war Tochter und Enkelin von Theologen, pfiff aber auf die Christenkirche und war ganz für die neue Religion der Naturwissenschaft entflammt.
„Ich bin mir selber Gesetz“, meinte sie. „Ich bin nicht weniger als Goethe und Christus!“ Ihr „deutscher Gottesglaube“ sollte eine „artgemäße Gotteserkenntnis“ sein und lief darauf hinaus, Juden, Freimaurer und Jesuiten als Todfeinde der Menschheit zu brandmarken.
Solche Narreteien kamen Ludendorff sehr entgegen. Der hatte schon im Krieg davon geträumt, den europäischen Osten von Juden und Slawen zu säubern und deutsch zu besiedeln: „Hier gewinnen wir die Zuchtstätten für Menschen, die für weitere Kämpfe nach Osten nötig sind!“ Dass er zu diesem Zweck auch die Zugreise einer Gruppe von Revolutionären um den später prominent gewordenen Wladimir Lenin von der Schweiz nach Russland ermöglichte, ist nur ein ironisches Detail. Im März 1920 marschierte er mit beim Putsch der von ihm mitgegründeten „Nationalen Vereinigung“ — deren Vorbrüller Wolfgang Kapp der Farce den Namen gab — und durfte sich rühmen, ausgerechnet den brutalen Liquidator der deutschen Revolution, „Bluthund“ Noske, für ein paar Tage aus Berlin nach Dresden vertrieben zu haben. Dann kam der Generalstreik, die Putschbagage fand sich ohne Strom und Gas im Dunkeln wieder, hatte nicht mal mehr Wasser, um sich die Hände zu waschen. Kapp türmte nach Schweden, sein Kompagnon Lüttwitz ernannte sich zum Militärdiktator, was ihm aber niemand abnahm, und wieder war’s nichts mit dem großen Sieg.
Den nächsten Anlauf nahm Ludendorff in der „Ordnungszelle Bayern“, wohin sich ein Großteil der Putschisten nach den allfälligen Freisprüchen begeben hatte. In München lernte er einen Gefreiten kennen, mit dem er sich wegen dessen minderem Rang zunächst nicht recht abgeben wollte, der ihn dann aber doch überzeugte, gleich den nächsten Putsch zu versuchen, der diesmal zunächst einen Umsturz in einem Bierkeller, dann in Bayern und hinterher den heldenhaften Marsch auf Berlin unter Ludendorffs heroischer Führung vorsah. Aber der Gefreite — sein Name war Adolf Hitler — erwies sich als ebenso größenwahnsinniger Blödmann wie Ludendorff selbst; statt in der Berliner Reichskanzlei endete der Aufstand vor dem Kaffeehaus Tambosi am Odeonsplatz. Und schuld am kläglichen Scheitern war diesmal selbstverständlich der Hitler, den der selbstverständlich auch diesmal freigesprochene Weltkriegsheld fortan als Deserteur verachtete.
Mit putschigem Kleinkram wollte sich Ludendorff nun nicht mehr abgeben und widmete sich vielmehr der „neuen Lehre“ seiner Gattin, die unter anderem herausgefunden zu haben glaubte, über die Gebeine der auf Geheiß von Freimaurern ermordeten Geistesgrößen Mozart und Schiller sei der „Judenfluch“ ausgesprochen worden. Der „deutsche Gottesglaube“, befand Ludendorff, habe „die größte Revolution der Weltgeschichte seit Einführung der Christenlehre, ja seit dem Bestehen aller Religionen eingeleitet“. Während seine Mathilde nebenbei den deutschen Feminismus voranbrachte, fühlte er sich nun berufen, „vom Feldherrn zum Weltrevolutionär und Wegbereiter Deutscher Volksschöpfung“.
Er glaubte, den „Schlüssel zur Weltgeschichte“ gefunden zu haben: Deutschland befinde sich im Klauengriff zweier geheimer Weltmächte — des Judentums „mit seinen Wahnlehren von der Christenlehre bis zum Kommunismus und Bolschewismus“ und der katholischen Kirche „mit ihren Irrlehren, die wie beim Juden in der Bibel und den Geheimlehren wurzeln“.
Also irgendwie alles das gleiche und strukturell auch nichts recht viel anderes als die heutigen „Schlüssel zur Weltgeschichte“, die Ludendorffs Erzrivalen Hitler oder den Erzfeind Lenin oder wen auch immer durch Putin und den Bolschewismus und die Geheimlehren durch irgendwelche irren Welteroberungsabsichten und -pläne und notfalls eben ein grotesk nachgestelltes Waffen-SS-Grillfest in Litauen ersetzen, ansonsten aber auch nicht gescheiter daherkommen als Ludendorffs Wahn. Der erblickte in schwarzen Uniformen „das Wesen der satanischen Logen, welche die kommunistische Bewegung auf Weisung des Juden leiten“, mochte sonntags keinen Zylinder aufsetzen — der sei ein „jüdisch-freimaurerisches Wahrzeichen“ — und erbleichte vor Schreck, als er über der Tür des Eingangsturms zum Tannenberg-Denkmal nicht etwa ein Schwert — nämlich: seines — erblickte, sondern deren zehn: Das stelle den „jüdisch-kabbalistischen Lebensbaum“ dar. Er eruierte sogar, dass im Jahr 1806 ein General von Hindenburg Spandau an die Franzosen übergeben hatte — und dass der Mann ein Freimaurer war, weshalb auch sein Erzrivale Hindenburg Freimaurer sein musste.
Ludendorffs Welt war insgesamt bevölkert von jüdisch-kommunistisch-freimaurerisch-jesuitisch-bolschewistisch-katholischen Erzrivalen und Erzfeinden. Zwischendurch ließ er sich mal in den Reichstag wählen, bewirkte dort nichts und trat 1925 stolz als Kandidat für das Amt des Reichspräsidenten an, errang aber nur 1,1 Prozent der Stimmen und musste zusehen, wie ausgerechnet seine Nemesis Hindenburg gewählt wurde.
Bei Wahlen sei in allen Parteien „die geheime Weltleitung“ wirksam, befand er und erkannte nun endlich, wer tatsächlich am verlorenen Krieg schuld und weshalb dieser von vornherein nicht zu gewinnen gewesen war: „Wir waren im Weltkriege Landsknechte der überstaatlichen Mächte.“
Dass er später noch den Dalai Lama verdächtigte, Stalins Auftraggeber zu sein, um die Welt endgültig in den Abgrund zu reißen, sei nur am Rande erwähnt. Auch diese beiden ernannte er selbstverständlich zu Juden, denn die waren ja insgesamt an allem schuld, und dass er als selbsternannter Nationalheld von des neuen Deutschglaubensgottes Gnaden ihrem Treiben nicht Einhalt zu gebieten vermochte, war ihm auch nicht anzulasten — schließlich hatte er, ja mei, nun mal keine Atombomben, sondern nur diverse Pamphlete und ein 178.000mal verkauftes Buch mit dem Titel „Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse“.
1918 übrigens war ein Nervenarzt ins Hauptquartier der Obersten Heeresleitung gerufen worden, weil Ludendorff mal wieder derart am Durchdrehen war, dass man Schlimmstes befürchtete. Der Arzt fand einen „seelisch Verkrampften“ vor, der klagte, er habe in seiner Jugend nie einen Freund gehabt, und der „in sich selbst verschanzt wie hinter einer undurchdringlichen Mauer lebte, der an Blumen vorüberging, ohne sie zu sehen“. In diesem General, stellte der Arzt fest, müsste „der Mensch erst wiedergeboren — oder vielleicht überhaupt erst geweckt werden“. Dazu kam es nie. 1937 starb der Erich im Josephinum in der Münchner Maxvorstadt — fünf Gehminuten von seiner zweiten Putschstätte — an Leberkrebs, während ein paar hundert Meter weiter wahrscheinlich der Hitler in seiner Lieblings-Osteria dinierte, alkoholfrei. Sein letztes Haus und sein Grab, beide in Tutzing, stehen unter Denkmalschutz.
Was Waffen, Krieg und Militär aus Menschen machen, lässt sich am Beispiel des armseligen, schwerstkriminellen Totalversagers Ludendorff exemplarisch, aber bei weitem nicht erschöpfend studieren. Vielleicht ist es eine weitere, große Ironie der Geschichte, dass seine heutigen geistigen Erben zum größten Teil den Kriegsdienst verweigert haben oder als Frauen nicht dafür zugelassen waren, während einige seiner amtlichen Erben — zumindest die außer Dienst — zu den wenigen verbliebenen vernünftigen Menschen zu zählen scheinen oder schienen, die vielleicht aufgrund ihrer Ausbildung und mangels antisemitischer und antirussischer Wahnideologien in der Lage sind, einen Krieg von seinem Ende her zu denken.
Dass das gespenstische Zwetschgenmännchen Freuding nun als letztes Aufgebot der kriegstüchtigen Befehlshaberschaft herhalten muß, könnte man als Zeichen der Hoffnung deuten: Wenn nicht mehr herauszukratzen ist als der Bodensatz — ein paar Brösel schleimiger Weinstein und Spreißel vom Faßholz — ist Ernüchterung in Sicht. Oder etwas allgemeiner gesagt:
Wenn der Bock vom Gärtnersgehilfen zum „Klimaminister“ befördert wird, naht der Feierabend. Allerdings kann das — siehe Ludendorff — noch ein paar sinnlose Jahre und ein paar Millionen sinnlos hingeschlachtete Menschen dauern.
Vielleicht ist es im Falle der kriegsfanatischen Politbamsler, die heute die westlichen Regierungsbänke und -paläste besetzen, diese Mischung: aus Mangel an Erfahrung mit dem, was Krieg wirklich bedeutet, und der gleichzeitigen theoretischen und geradezu manisch beschränkten Dauerbeschäftigung mit Waffen, Krieg und Militär und nichts anderem, was sie so blindlings in den Massenmord drängen und dringen lässt. Das verbindet sie wiederum auf absurde Weise mit dem Ludendorff, für den Krieg zwar ein „Naturgesetz“ war, der aber ebenfalls keinen einzigen Tag, nicht mal eine Minute tatsächlich auf einem Schlachtfeld beziehungsweise im blut- und scheißeverschlammten Schützengraben verbrachte — sieht man vom Hitlerputsch ab, dessen Showdown an der Feldherrnhalle tatsächlich eine Minute gedauert haben soll; ob er da wirklich dabei war, weiß man allerdings gar nicht —, sondern im gemütlichen Hauptquartier logierte, während „seine“ Männer mordeten und gemordet wurden.
Ja, das kommt heraus, wenn ich zwei, drei Schritte vorausdenke: Ich denke automatisch zwei, drei Schritte zurück und lande dort, wo das deutsche Elend vielleicht nicht begann, aber seinen derzeit galoppierenden Ritt in den Abgrund antrat.
Und dann frage ich mich, ob es nicht sinnvoll wäre, den Irren und Wahnsinnigen, die da herumkrakeelen und brüllen und hetzen und befehlen, und ihrem willfährigen Duracell-Affen am litauischen Grillfeuer Einhalt zu gebieten, wie auch immer. Die Antwort auf die zwangsläufig folgende Frage — wie kriegen wir das hin? — diese Antwort, fürchte ich, kann ich nicht und kann auch kein anderer Einzelmensch geben.
Vielleicht denken wir in dieser angeblichen „Zeit der Besinnung“ wenigstens mal drüber nach.
Ein übles Gespenst kehrt wieder - Belästigungen #41 von Michael Sailer
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