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Menschen unter Menschen

Menschen unter Menschen

Eine Gesellschaft, die ihren inneren Frieden bewahren will, muss zulassen, dass sich ihre Mitglieder mit und ohne Parteibuch offen begegnen.

„… und dass wir, wenn alles vorbei sein wird,
leben dürfen als Menschen unter Menschen,
und dass wieder Friede sein möge auf dieser armen Erde
den Menschen, die guten Willens sind,
und dass dieser Friede auch zu den andern komme“

(Abschluss eines Gebets aus dem Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück).

Ich kenne einen wunderbaren Menschen, der Mitglied in der Partei Alternative für Deutschland ist. Es handelt sich dabei um einen ehemaligen Musiklehrer. Mit prägnanten Worten und vielen Quellen analysierte er in einem lesenswerten Buch die politischen und vor allem wirtschaftlichen Netzwerke im Hintergrund eines großen Kölner Medienhauses bis in das kleinste Detail. Es war eine Arbeit über Jahre. Als Radardenker beschäftigt er sich mit allem, was ihn gerade beschäftigt. Dies können Themen wie krankmachende Lärmbelastung, digitale Ausgrenzung oder der Ökonomismus sein. Es macht große Freude, seinen Liedern zu lauschen, an seinem Wissen teilzuhaben und mit ihm einzelne Themen aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten.

Ein junger Mensch in meinem Umfeld gehört zu den führenden SPD-Jusos in unserem Kreisgebiet. Er kann von der Politik noch nicht leben und muss deshalb viele Stunden pro Woche im Lebensmittel-Einzelhandel arbeiten. Schon während seiner Schulzeit übernahm er als Schulsprecher Verantwortung und widersprach dabei offen der Schulleitung, so zum Beispiel, als diese datenschutzwidrig im Klassenbuch alle Toilettengänge minutiös dokumentiert haben wollte, um möglichen Vandalismus rückverfolgen zu können. Während seiner anschließenden Ausbildung setzte er sich mit Überzeugung für die Einhaltung der vertraglichen Arbeitnehmerrechte ein und verdarb es sich so mit seinem Chef. In Diskussionen hört er aufmerksam zu, stellt präzise Fragen und verfügt über eine gleichermaßen meinungsstarke wie diplomatische Argumentationsweise.

Gerne treffe ich einen Bekannten, der in der FDP beheimatet ist. Ihm liegen die Freiheitsrechte jedes Einzelnen sehr am Herzen. Er fährt leidenschaftlich Motorrad, reist viel, ist beruflich in der betrieblichen Ausbildung für junge Menschen tätig und praktiziert seit einigen Jahren den Buddhismus unter Anleitung.

Über familiäre Kontakte kommuniziere ich auch regelmäßig mit einem Mitglied von der Partei Die Grünen. Er arbeitet hauptberuflich in der Kommunalpolitik. Im Gegensatz zu seinen großen Vorsitzenden lässt er seinen Worten Taten folgen. So züchtet er beispielsweise Bienen und reiste zur humanitären Unterstützung der Zivilbevölkerung zweimal mit einem Kleinlastwagenkonvoi bis in die mittlere Ukraine. Er lässt andere Meinungen zu.

Ein weiterer, von mir geschätzter Mensch hat das Buch der Partei Die Linke. Vorher war diese Frau Gründungsmitglied der Vorgängerpartei WASG. Sie war beruflich für junge Menschen zuständig, die keinen Ausbildungsplatz fanden und besonderer Förderung bedurften. Heute ist sie weiterhin mit aller Kraft für Menschen am Rande der Gesellschaft im Einsatz. In den letzten zwölf Monaten war sie auch ihrem Sohn eine große Hilfe, als dieser sich ohne Führerschein im Bereich der mobilen Tierpflege selbstständig machte.

Mich beeindruckt in gewisser Weise auch ein führender Kopf der hiesigen CDU-Fraktion. Neben seiner Berufstätigkeit nimmt er im Laufe eines Jahres viele Termine wahr. Besonders im Kreissport und in der hiesigen Schullandschaft ist er bei Preisverleihungen, Schulhofneugestaltungen et cetera engagiert. Er ist auf dem Marktplatz anzutreffen und geht dort keinem Gespräch aus dem Weg, auch nicht mit mir.

Doch eine Parteimitgliedschaft ist in meinem Umfeld die absolute Ausnahme. Meine Familie und meine engeren Freunde würden niemals einem Politzirkel beitreten. Sie legen großen Wert darauf, eigene Sichtweisen zu vertreten, und verweigern sich bewusst Ideologien und parteilichen Zwängen. Einem Teil von ihnen ist darüber hinaus der Glaube an die Sinnhaftigkeit einer Parteizugehörigkeit und den damit verbundenen Mitbestimmungsmöglichkeiten schon seit Längerem abhandengekommen. Sie sehen darin reine Zeitverschwendung.

Stellvertretend für diese Skepsis steht Tom-Oliver Regenauers Artikel „Pest oder Cholera“. Laut seiner Analyse bleiben Wahlversprechen stets nur heiße Luft, egal wer sie abgibt. Wahlen sind nichts als mediale Aufmerksamkeit generierende Shows im Vierjahres-Rhythmus. Zudem lassen Ereignisse wie die Berliner Wiederholungswahl darauf schließen, dass die Auswertung der Stimmen regelmäßig nicht gerade vertrauenswürdig erfolgt. Es bedürfte einer gnadenlos basisdemokratisch und dezentral organisierten Staatsform, um echte Partizipation aller Bürger zu realisieren. Hierzu zählten ein konsequentes Subsidiaritätsprinzip, Landsgemeinden mit öffentlicher, namentlicher Abstimmung, Volksreferenden, befristete Amtszeiten, und so weiter.

Dies alles müsste mit einer intensiven politischen Bildung der Menschen einhergehen, die in Schule und Medien auf den Austausch gegensätzlicher Fakten und Argumentationsketten statt auf Propaganda, Nudging, Cancel Culture und Social Engineering setzt. Da all dies jedoch nicht geschieht, befindet sich die Politikverdrossenheit in Deutschland auf einem absoluten Allzeithoch. So haben 80 Prozent der Bürger kein Vertrauen mehr in ihre Regierung.

Die Krise unseres Parteienstaats lässt sich sehr gut mit den offiziellen Mitgliederzahlen verdeutlichen. Wenn man bedenkt, dass in den Parteien maximal 10 Prozent der Mitglieder wirklich aktiv in die Partei- und Fraktionsarbeit eingebunden sind, wird klar, weshalb sich Spitzenpolitiker trotz multipler Betrugsfälle und sonstiger Verfehlungen über Jahrzehnte im Machtapparat halten. Es gibt schlicht und ergreifend kaum Wettbewerb. Die Mitgliederzahlen betragen nach eigenen Angaben deutschlandweit:

CDU/CSU: 503.986
SPD: 379.861
Die Grünen: 126.451
FDP: 76.100
Die Linke: 54.214
AfD: 29.180
Gesamt: 1.170.000

Interessant ist ebenfalls das hohe Durchschnittsalter der jeweiligen Parteimitglieder:

CDU/CSU: 60 Jahre
SPD: 60 Jahre
Die Grünen: 48 Jahre
FDP: 51 Jahre
Die Linke: 55 Jahre
AfD: 55 Jahre

Während bei SPD, Die Linke und AfD die Mitgliedschaft erst ab 14 Jahren und bei den Parteien CDU/CSU und FDP erst ab 16 Jahren möglich ist, nehmen die Grünen ihre klimabewegten Kinder oft schon von Geburt an in ihre Jugendorganisation auf. So kommt die „Grüne Jugend“ derzeit auf stolze 16.000 Mitglieder. Zur Fortsetzung der aktuell maximal destruktiven Außen-, Wirtschafts- und Sozialpolitik olivgrüner Prägung werden sie darauf vorbereitet, ihrer wider Erwarten doch nicht letzten Generation einen Bärendienst zu erweisen und ihr den Weg in eine freie und gute Zukunft konsequent zu verbauen.

Logischerweise kam auch der Politologe Dr. Oskar Niedermayer aus Berlin im Jahre 2017 zu dem Ergebnis, dass die Mitgliedschaft der im Bundestag vertretenen Parteien nicht den Verteilungen in der Gesamtbevölkerung entspricht. In den Parteien sind nämlich Männer, Ältere sowie Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst stärker vertreten als in der Gesamtbevölkerung. Es verwundert immer wieder, wie diese kleine und nicht repräsentative Politikerkaste das gesellschaftliche Zusammenleben in Deutschland seit Jahrzehnten zunehmend zu erschweren vermag. Mit einem Konvolut von desaströsen, auf unvernünftigen Ideologien basierenden Meinungen und Entscheidungen treiben sie einen Keil nach dem anderen in Familien und Freundeskreise.

Menschen unter Menschen sind deshalb dringend gefordert, konsequent gegenzusteuern.

Es sollte zum Wohle der Gemeinschaft nicht länger von Interesse sein, welcher Partei das Gegenüber sein Kreuz gegeben hat oder sogar angehört. Vielmehr sollte man sich selbst, nicht zuletzt im Austausch, eine differenzierte Meinung bilden, und politische Aktivität in parlamentarischer oder außerparlamentarischer Form sollte ein Teil der eigenen Freizeitbeschäftigung sein.

Dass man dabei Andersdenkende weder beleidigt, diffamiert, denunziert, mit Fäkalien beschmiert, schlägt, mit dem Messer sticht oder ermordet, sollte Deutschland dann irgendwann einmal gelernt haben.


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