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Unter der Glaskuppel

Unter der Glaskuppel

Die Democracy-App zeigt, dass die Abstimmungsergebnisse im Bundestag nur selten den Wählerwillen widerspiegeln — diesmal bei den Themen COVID-19-Impfungen Minderjähriger, Wahlrechtsreform und Null-Euro-Ticket. Teil 4.

Im letzten Teil der Kolumne „Unter der Glaskuppel“ ging es um die Abstimmungen in der 9. Kalenderwoche 2023. Dieses Mal werden einige Abstimmungen aus der 11. Kalenderwoche ausführlicher dargestellt.

COVID-19-Impfungen bei Minderjährigen aussetzen

Am 16. März 2023 stellte die AfD ihren Antrag „COVID-19-Impfungen gegen SARS-CoV-2 bei Minderjährigen aussetzen“ im Bundestag zur Abstimmung. In diesem Antrag werden Nebenwirkungen wie Myokarditis oder auch der fehlende Fremdschutz des „Pieks“ genannt. Außerdem, dass schwere Verläufe und Todesfälle bei Kindern im Zusammenhang mit COVID-19 selten vorkommen (1). Ihr Fazit ist klar: Weil das Risiko-Nutzen-Verhältnis „eindeutig negativ“ ist, „muss die Impfung von Kindern dringend ausgesetzt werden“. Doch alle anderen Parteien lehnten diesen Antrag ab: SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke.

Die STIKO und die WHO

Aber nicht in allen Ländern wird das so streng gesehen wie in Deutschland. Das Beispiel Schweden zeigt gerade im Vergleich mit Deutschland, dass es durchaus möglich war, die Anwendung der COVID-Kinderimpfungen zu überdenken. Ein kurzer Rückblick: Es ist August 2021, hierzulande aktualisierte die Ständige Impfkommission (STIKO) gerade ihre Empfehlung für die COVID-Kinderimpfung. Bisher empfahl die STIKO, nur vorerkrankte Jugendliche gegen das Coronavirus zu impfen. Am 12. August 2021 sagte der Berliner Kinder- und Jugendarzt Martin Terhardt im RBB: „Wir werden versuchen, der Politik ein bisschen entgegenzukommen.“ Am 16. August 2021 kam dann die neue Empfehlung. „Aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse“ wird die Impfung nun allen Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren empfohlen. Schweden entschied sich im Januar 2022 gegen eine allgemeine Empfehlung für Kinder zwischen 5 und 11 Jahren. Doch hierzulande stimmte die STIKO im Mai 2022 genau dafür.

Bis heute hält sie daran fest. Am 28. März 2023, also einige Tage nach der besagten Abstimmung im Bundestag, aktualisierte die STIKO ihre Empfehlung für die COVID-19-Impfung bei Kindern und Jugendlichen. Die STIKO empfiehlt demnach immer noch die Impfung bei „vorerkrankten Kindern im Alter von 6 Monaten bis 4 Jahren“ und auch „gesunden 5- bis 11-jährigen Kindern“. Selbst, wenn sich auch nur „in deren Umfeld“ gefährdete Personen befinden. Das macht je nach Ausgangslage bis zu vier Impfungen. Zwei Dosen für die Grundimmunisierung, plus zwei Auffrischungsimpfungen. Eine durchgemachte Infektion spielt hier keine Rolle.

Nur einen Tag später, am 29. März 2023, veröffentlichte die WHO ihre überarbeitete COVID-19-Impfstoffempfehlung für die Omikron-Variante. Eine Variante, die bereits vor 16 Monaten das erste Mal auftrat. Weil gesunde Kinder und Jugendliche ein geringes Risiko haben, daran schwer zu erkranken, benötigen sie keine Auffrischungsimpfungen mehr.

Politik dafür, Bürger dagegen

Diese Umstände, die zäh arbeitende WHO und das Entgegenkommen der STIKO sind es, die der deutschen Politik die Basis für ihre Entscheidungen liefern. Fünf von sechs Parteien haben im März 2023 weiterhin kein Interesse daran, die COVID-19-Impfungen bei Minderjährigen auszusetzen.

Das Abstimmungsergebnis der Nutzer, die in der Democracy-App in dieser Frage abgestimmt haben, zeigt ein anderes Bild. 1354 Nutzer stimmten ab, 66 Prozent von ihnen entschieden sich für ein „Ja“, also für ein Aussetzen der Impfung.

Wahlrechtsreform

Die Abstimmung zur Wahlrechtsreform hebt sich von den anderen ab, da hier das Ergebnis des Bundestages mit dem aus der Democracy-App übereinstimmt. Das „Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes und des Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundeswahlgesetzes“ wurde von den Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP am 17. März 2023 im Bundestag zur Abstimmung vorgelegt.

Doch die Stimmen der Fraktionen sind hier nicht so klar verteilt wie bei manch anderen Abstimmungen. Die Linke oder auch die CDU stimmte dagegen, es waren auch einige von ihnen nicht anwesend. Bündnis 90/Die Grünen und die FDP, auch hier fehlten einige Abgeordnete, stimmten dafür. Die Stimmen von SPD und AfD sind in allen vier Bereichen zu finden: Ja, Nein, enthalten und abwesend. Letztendlich stimmten 54 Prozent der Abgeordneten für die Wahlrechtsreform. In der Democracy-App stimmten 1117 Nutzer ab. Auch hier votierten 54 Prozent für ein „Ja“.

Offen bleibt natürlich, aus welchen Gründen etwas über die Hälfte der 1117 Nutzer für die Wahlrechtsreform stimmten. Wie viele von ihnen wären tatsächlich mit dem Wegfall der Grundmandatsklausel einverstanden? Denn so kann es passieren, dass ein gewählter Direktkandidat nicht in den Bundestag einziehen könnte.

Null-Euro-Ticket

Am 16. März 2023 legte Die Linke ihren Antrag „Null-Euro-Ticket für Studierende, Auszubildende und Schülerinnen und Schüler“ zur Abstimmung vor. Die genannten Personengruppen sollen „den ÖPNV zum Nulltarif“ nutzen können. Argumentiert wird mit der „Inflation“ oder der Armut, von der ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen oder auch Studenten betroffen ist. Immerhin „jedes fünfte Kind“ und „jede dritte“ Studentin oder Student (2).

Die Linke stimmte geschlossen dafür, alle anderen Fraktionen geschlossen dagegen, also SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, AfD und CDU. In der Democracy-App interessierten sich viele Nutzer für diese Abstimmung. 5097 Nutzer stimmten ab, von ihnen entschieden sich 84 Prozent für ein Null-Euro-Ticket.

DEMOCRACY – Ein Erklärfilm


Quellen und Anmerkungen:

Dieser Beitrag wurde mithilfe von DEMOCRACY erstellt. DEMOCRACY ist eine vom gleichnamigen und gemeinnützigen Trägerverein DEMOCRACY Deutschland e. V. zur Verfügung gestellte, kostenlose und vollständig durch Spenden finanzierte Open-Source-App, mit der ihre Nutzer selbst über die Anträge und Gesetze des Deutschen Bundestages abstimmen sowie ihre Entscheidungen interaktiv mit der Community und den offiziellen Resultaten des Bundestages vergleichen können. Um den Service aufrechterhalten zu können, ist der Verein auf Spenden angewiesen.

(1) Siehe Seite 1 bis 3 https://dserver.bundestag.de/btd/20/048/2004891.pdf
(2) Siehe Seite 1 bis 2 https://dserver.bundestag.de/btd/20/057/2005785.pdf


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