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Wahl ohne Wahl

Wahl ohne Wahl

Bundeskanzlerin Angela Merkel geht, aber als ihr Erbe scheint uns das politische Klima der Alternativlosigkeit erhalten zu bleiben.

Am 26. September ist es so weit: Die Bundestagswahl für die Legislaturperiode 2022 bis 2026 steht vor der Tür. Damit entscheidet sich die Zusammensetzung von Parlament und Regierung, also Legislative und Exekutive, auf Bundesebene. Zum ersten Mal seit 16 Jahren ist auch vollkommen offen, wer das Amt des Bundeskanzlers bekleiden wird. Die ewige Kanzlerin Merkel, so viel steht fest, wird definitiv abtreten. Fraglich ist jedoch, wie groß die damit einhergehenden Änderungen tatsächlich sein werden. Werfen wir daher zunächst einen Blick auf die stärksten zur Wahl stehenden Parteien.

Die erste Anlaufstelle ist der Wahl-O-Mat. Hier kann man zu 38 Aussagen seine Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung angeben und das Gesamtergebnis dann mit den verschiedenen Parteien abgleichen. Davon abgesehen, dass diese Art des Vergleiches sehr holzschnittartig ist und für Menschen, die zu den angegebenen Themen ihren eigenen Kopf angestrengt und eine eigene Meinung gebildet haben, überhaupt nicht zu gebrauchen ist, gibt es noch eine Auffälligkeit: Zum Thema Corona und Maßnahmen wird kein einziges Statement gebracht, abgesehen von einer Frage nach Patenten auf Impfstoffe. Doch die wirklich wichtige und die Gesellschaft seit 18 Monaten beschäftigende Frage, ob man die Maßnahmen für richtig und angebracht oder eher falsch, überzogen, gar totalitär hält, fehlt vollkommen. Man könnte zu dem Schluss kommen, dass das ganze Thema in der Realität des Wahl-O-Mat überhaupt nicht stattgefunden hat, dieser also eine parallele Realität abfragt. Somit hilft dieses Instrument kein bisschen bei der Entscheidung, welche Partei man denn nun wählen könnte. Sehen wir also weiter.

Jede der etablierten Parteien hat einen Werbespot produziert, die alle auf YouTube zu finden sind. Die investierte Zeit lohnt sich indes nicht, denn nach den Werbefilmchen ist man genauso schlau wie zuvor. Worthülsen und Phrasen werden aufeinandergestapelt, jedoch ohne Konkretisierungen, was genau damit gemeint sein soll und wie die Kandidaten sich vorstellen, diese unkonkret formulierten Ziele zu erreichen. Alle, außer der AfD, wollen irgendwie etwas gegen den Klimawandel unternehmen. Gleichzeitig treten sie für eine starke Industrie ein. Wie dieser Widerspruch aufgelöst werden soll, darüber verlieren die Protagonisten kein Wort. Deutschland soll durchmodernisiert und durchdigitalisiert werden, auch das ein beispielloser Widerspruch zum vollmundig vorgetragenen Klimaschutz. Es folgen hohle Phrasen von „europäischen Werten“, von denen freilich niemand weiß, was genau das sein soll, Gerechtigkeit, Freiheit sowie die üblichen Bekenntnisse zur Weltoffenheit und Toleranz.

Man hat das Gefühl, die Parteien und Kanzlerkandidaten haben eigentlich überhaupt nichts zu sagen und suchten krampfhaft nach Unterscheidungsmerkmalen, die sie von der Amtsinhaberin abheben. Auch hier wird das brennendste Thema rund um Corona nicht erwähnt. Man könnte meinen, die letzten 18 Monate hätten gar nicht stattgefunden und die Kandidaten betrieben noch immer Wahlkampf in einer Welt, die es so schon gar nicht mehr gibt. Es herrscht ein dröhnendes Schweigen in Bezug auf das aktuell wohl wichtigste und die Gesellschaft am meisten beherrschende Thema. Ein Offenbarungseid.

Davon abgesehen scheinen Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock vollkommen austauschbare Gestalten, die auch inhaltlich höchstens in unbedeutenden Nuancen voneinander abweichen. Alle stehen für Klimawandel und Wirtschaft, Bildung und Modernisierung und bleiben dabei bemerkenswert unspezifisch.

Der Blick in die Wahlprogramme lohnt dann ebenso wenig, wälzen diese die unspezifischen Phrasen doch nur auf mehrere hundert Seiten aus. Zudem ist eine Erfahrung aus der Vergangenheit nicht zu vergessen: Die vor den Wahlen so gerne formulierten Ziele, Pläne und Ideen werden ohnehin wahlweise dem „Koalitionsvertrag“ oder den „Sachzwängen“ geopfert. Wenig überraschend ist aber, dass Aufrüstung und weitere Konfrontation gegen Russland und China unter CDU/CSU, SPD und den Grünen Konsens zu sein scheinen, ebenso wie ein klares Bekenntnis zur NATO. Doch auch in den Wahlprogrammen fehlt jeder Hinweis auf die ausgerufene Corona-Pandemie. Man vermeidet also jedes Versprechen, auf das man in der Zukunft festgenagelt werden kann.

Weil die Politiker ihre vollmundigen Versprechungen, die sie zu Wahlzeiten abgeben, ohnehin selten halten, ist es viel aufschlussreicher, sich anzuschauen, wofür die Parteien und Politiker in den letzten 18 Monaten in Bezug auf Corona eingetreten sind. Hier haben sowohl die Regierungsparteien SPD und CDU/CSU als auch Grüne, Linke und die FDP am 25. März 2020 für die epidemische Lage von nationaler Tragweite gestimmt und damit für den ersten Dominostein in der Reihe der Änderungen des Infektionsschutzgesetzes sowie der damit einhergehenden Grundrechtseinschränkungen. Auch bei der Reform des Stiftungsrechtes, welche als trojanisches Pferd diente, das Infektionsschutzgesetz noch einmal zu verschärfen, standen die Grünen noch immer an der Seite der Regierungsparteien, während zumindest Die Linke schon von ihnen abgerückt zu sein scheint.

Bei der jüngsten Verlängerung des im Grundgesetz nicht vorgesehenen Ausnahmezustandes standen die Regierungsparteien dann allerdings alleine da. Die Mitglieder der anderen Parteien haben wohl erkannt, dass von einer derartigen pandemischen Lage nationaler Tragweite keine Rede sein kann, wenn am gleichen Tag die Zahl der angeblichen Neuinfektionen bei 11.561 liegt. Vielleicht ist den Akteuren aber auch zu Ohren gekommen, wie wenig aussagekräftig positive PCR-Testergebnisse sind, was sogar Jens Spahn mittlerweile indirekt eingeräumt hat, indem er sagte, dass ein weiteres Testen von Geimpften die Pandemie nie enden lassen würde. Auch die jüngste Änderung des Infektionsschutzgesetzes und der Beschluss weiterer Grundrechtseinschränkungen, die in dem trojanischen Pferd der Fluthilfen versteckt wurde, haben die Regierungsparteien allein getragen.

Keine vertrauenswürdige Opposition

Anzumerken ist, dass die AfD den Coronamaßnahmen sehr ablehnend gegenübersteht. So hat sie nicht nur konsequent gegen die Maßnahmen gestimmt, sondern auch versucht, das Infektionsschutzgesetz im Zuge eines Normenkontrollantrages vor das Bundesverfassungsgericht zu bringen. Erwartungsgemäß jedoch ohne Erfolg. Dabei ist zu vermuten, dass die Abgeordneten der Partei Die Linke hauptsächlich dagegen gestimmt haben, weil der Antrag von der AfD gestellt wurde. Die Ideologie verbietet eine Zusammenarbeit, auch wenn ein solcher Antrag etwas mehr Klarheit über die Verfassungsmäßigkeit des Infektionsschutzgesetzes hätte bringen können.

Auch die FDP spricht sich gegen die Coronamaßnahmen aus, hat aber bei besagtem Antrag der AfD ebenfalls zum größten Teil mit Nein votiert. Über die Gründe kann man hier nur noch mehr spekulieren als über jene der Linken. Es stellt sich aber die Frage, wie ernst die Partei ihre Linie im Falle einer Regierungsverantwortung nehmen würde.

Eine echte Wahl sind indes weder AfD noch FDP. Beide Parteien stehen für einen Neoliberalismus, der viele der lange schon bestehenden Probleme überhaupt erst verursacht hat und sie weiter verschärft. Sie stehen für eine Politik, die den Menschen der Wirtschaft unterordnet und in erster Linie mehr Sozialabbau und mehr Ungleichheit zur Folge hat, dafür aber gegen Schulden durch den Bund. Unterschiede zu den herrschenden Parteien bestehen wohl allenfalls im Grad des Marktradikalismus.

Das fundamentale Problem aller etablierten Parteien besteht darin, dass sie eine echte Alternative zum herrschenden Finanzkapitalismus entweder nicht anbieten können oder wollen. Sie halten fest an einem System, das die Armen ärmer und die Reichen reicher macht, das ökologische Verheerungen überall auf der Welt anrichtet und alle Sektoren der Gesellschaft und der Daseinsvorsorge verschlingt. Unter diesen Voraussetzungen wird sich auch nach der Bundestagswahl in den wirklich wichtigen Dingen voraussichtlich nichts verändern.

Auch Die Linke ist hier keine Ausnahme. Denn auch diese Partei hat sich mit dem herrschenden Finanzkapitalismus schon lange abgefunden, fordert höchstens marginale Verbesserungen, wie höhere Mindestlöhne und eine sichere Rente, wagt es aber schon lange nicht mehr, von einer Überwindung des Kapitalismus an sich zu träumen.

In Bezug auf Corona haben die meisten der etablierten Parteien kein Interesse, im Falle einer Regierungsverantwortung etwas zu verändern. Aus der Opposition heraus mögen AfD und FDP sich gegen die Maßnahmen aussprechen. Beiden geht es dabei aber wohl eher um wirtschaftliche Belange, aus denen sich der Staat gefälligst rauszuhalten habe, als um die so viel gepriesene Freiheit, die ja ohnehin nur eine Freiheit des Marktes ist. Die AfD ist überdies wohl eher enttäuscht, dass es nicht ihr Totalitarismus ist, der sich unter dem Deckmantel des Infektionsschutzes zunehmend entfaltet.

Die mögliche Alternative

Ganz anders könnte in diesem Kontext die Basisdemokratische Partei, kurz dieBasis, sein. Zugegeben, das Wahlprogramm ist noch sehr dürftig und bisweilen genauso unkonkret wie jene der anderen Parteien. Das kann man ihr indes kaum zum Vorwurf machen, denn im Gegensatz zu den etablierten Parteien ist dieBasis vollkommen neu und erarbeitet ihre Positionen erst noch. Zu Corona hat sie jedoch eine klare Haltung. Kein Wunder, hat sie sich doch im Zuge der Proteste gegen die Maßnahmen gegründet und ist daher klar in Opposition zu diesen aufgestellt. In Bezug auf die Maßnahmen kann man daher von dieser Partei sicher erwarten, dass diese aufgehoben würden, sollte sie in Regierungsverantwortung treten. Ob das Potenzial dafür besteht, wird sich zeigen. Zumindest die großen Proteste, nicht nur in Berlin, sondern überall in Deutschland, lassen darauf schließen, dass die Partei durchaus auf beachtliche Stimmanteile hoffen kann. Immerhin kandidieren hier mittlerweile bekannte Persönlichkeiten wie Wolfgang Wodarg oder Sucharit Bhakdi.

Auch bekennt sich die Partei zu einer Wirtschaft, die den Menschen dient und nicht umgekehrt. Sie tritt für eine Entflechtung der geistig-kulturellen, rechtlichen und wirtschaftlichen Bereiche ein. Das bedeutet unter anderem, dass die Medien nicht zu machtpolitischen Zwecken missbraucht werden dürfen. Dass dies dringend notwendig ist, hat nicht erst der mediale Umgang mit Corona gezeigt. Ob diese Entflechtung jedoch gelingt und es möglich ist, die Wirtschaft wieder dem Menschen unterzuordnen, ist allerdings noch unklar. Die Akteure, gegen die sich eine solche Politik richtet, haben sich schon in der Vergangenheit als wenig zimperlich erwiesen.

Auch der Frieden spielt eine wichtige Rolle für dieBasis. So stehen die Mitglieder der Partei für ein diplomatisches Verhältnis zu Russland, sprechen sich gegen eine immer weiter ausufernde Erhöhung des Rüstungsetats aus und bringen auch die Möglichkeit eines Austritts aus der NATO ins Spiel. Das Wesentliche an dieser neuen Partei ist aber, dass es ihr Vorhaben ist, für jede große Entscheidung durch Volksabstimmungen ein Stimmungsbild der Bevölkerung einzuholen. Somit steht dieBasis auch für direkte Demokratie, etwas, worüber die etablierten Parteien nur verächtlich mit den Achseln zucken.

Diese Bundestagswahl als spannend darzustellen, wäre wohl reichlich übertrieben. Eine Aussicht auf echte Veränderung besteht nur, wenn die etablierten Parteien in die Schranken gewiesen werden, indem sie einen großen Teil ihrer Zustimmung in der Bevölkerung verlieren. Ob andere Parteien den korrupten Filz, der unter den Altparteien entstanden ist, aufzulösen in der Lage sind, ist sehr fraglich. Einen Versuch ist es jedoch wert. Erwarten sollte man von diesen Bundestagswahlen hingegen nicht allzu viel.


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