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Der Weg der Befreiung

Der Weg der Befreiung

Wirkliche Veränderung braucht die Bereitschaft, auch sich selbst infrage zu stellen.

Die anderen! Sie parken auf Radwegen, nehmen uns die Vorfahrt oder haben nicht die richtige Meinung. Schnell schwingt das Aggressionspendel nach oben, und auch die Friedensjournalistin, die ich bin, konnte es sich nicht verkneifen, einer älteren Dame „Klugscheißerin“ hinterherzurufen, die sich nicht so verhielt, wie ich es für richtig hielt. Die anderen. Unerschöpflicher Quell spontaner Wutausbrüche und ein wahrer Jungbrunnen für schlechte Laune und schmackige Kraftworte.

Gelegentlich bekommen Fremde das ab, was wir nicht wagen, denen zu sagen, von denen wir gemocht werden wollen. Die wollen wir möglichst nicht brüskieren. Denn dann würden sie uns vielleicht weniger mögen. Sich an der Supermarktkasse, im Straßenverkehr oder mit einem ungeliebten Familienmitglied auszuagieren, ist leicht. Umso zurückhaltender sind wir mit denjenigen, vor denen wir im besten Licht erscheinen wollen und die uns in unserem Verhalten bestätigen sollen.

Richtig ehrlich sind wir selten miteinander. Das haben wir nicht gelernt. Uns wurde vor allem beigebracht, andere in ihrem Verhalten zu bestätigen. Unserem System ist nicht daran gelegen, dass wir authentisch sind.

Wahrhaftige Menschen sind selten. Es gibt kaum Vorbilder für ein ehrliches Miteinander. Entsprechend treten wir maskiert auf und wiegen uns dabei in der Illusion, echt zu sein.

Das Risiko eingehen

Wer zeigt sich schon so, wie er wirklich ist? Wer wagt es, nicht auf Bestätigung aus zu sein und auch dort anzuecken, wo er sich eigentlich Zuspruch erhofft? Wer ist nicht geneigt, einen vermeintlichen Mangel durch die Suche nach Anerkennung, Bewunderung und Liebe auszugleichen? Der Preis jedoch ist hoch. Wer im Außen nach Bestätigung sucht, opfert seine Aufrichtigkeit, seine Ehrlichkeit, seine Wahrhaftigkeit.

Befreiung erfährt der, der sich bereit macht, auch nicht gemocht zu werden. Er muss nicht Maske tragen, weil alle es tun.

Er muss nicht dazugehören wollen aus Angst vor Restriktionen. Er muss nicht tun, was man ihm vorschreibt. Er muss sich nicht umschmeicheln lassen und Anlässe schaffen, bei denen er sich erhöhen und bejubeln lässt, muss sich nicht mit Menschen umgeben, die zu ihm aufschauen, oder sich in Clubs zurückziehen, in denen er beklatscht wird.

Eine Welle der Erleichterung erfasst den, der es zulässt, dass andere ihn nicht bestätigen. Er muss sich nicht mehr verbiegen, muss nicht mehr manipulieren, nicht mehr kämpfen, nicht mehr kaputtmachen. Muss nicht mehr vergeblich versuchen, seine Probleme wegzumeditieren und seine Gefühle zu unterdrücken, um letztlich krank zu werden. Er erfährt, wie es ist, die Ereignisse durch sich hindurchziehen zu lassen, ohne ihnen Widerstand entgegenzusetzen, und beginnt zu leben.

Ich fühle mich hier nicht wohl. Hier tut es weh. Hier fühle ich mich wütend, entrüstet, schockiert. Es ist, was es ist. Ohne Wertung. Ohne den Versuch, es verändern zu wollen. Sein lassen, was ist. Die Information annehmen, ohne sich an sie zu klammern, um sie dann weiterziehen zu lassen. Wer das tut, der führt eine wirkliche Veränderung herbei. Es verändert sich.

Am Scheideweg

Wer an der Information festhält und sich darauf beschränkt, die Probleme zu benennen, wird nicht gerechter, sondern starrer, überheblicher, selbstgerechter. So machen es letztlich viele derer, die sich für erleuchtet oder besonders informiert halten, nicht besser als die, über die sie sich erheben. Sie zählen sich selbst zu einer Art Elite und verunmöglichen, anderen auf Augenhöhe zu begegnen und in einem gemeinsamen, komplementären Wirken eine friedliche Gemeinschaft entstehen zu lassen.

Wie ernst meinen wir es wirklich mit der Menschenwürde? Ist sie nur bei denen unantastbar, die so denken und handeln wie wir, oder meinen wir wirklich alle Menschen?

Geht es uns darum, uns immer wieder im eigenen Selbst- und Weltbild bestätigen zu lassen, oder darum, in jedem einzelnen Menschen ein Wesen zu sehen, das in seiner Würde wahrhaftig unantastbar ist?

Steht der, der ein Problem erkannt hat, über dem, der es noch nicht erkannt hat? Sind wir besser als andere, wenn wir eine sogenannte Aufklärung betreiben? Ist es nicht so, dass jeder, der sich über einen anderen erhebt, die Hierarchien stärkt, die er zu bekämpfen vorgibt? Macht nicht jeder, der versucht, andere zu beeinflussen, dasselbe wie diejenigen, die er wegen Manipulation und Propaganda anklagt? Trägt nicht jeder, der kontrollieren will, dazu bei, dass es in der Welt immer mehr Kontrolle gibt? Verstärkt nicht jeder, der sich selbst und andere anlügt, die Lüge in der Welt?

Was wollen wir? Eine Gleichheit, bei der jeder in seiner Entwicklung dort stehen darf, wo er sich gerade befindet, oder Gleichmacherei? Eine Gleichberechtigung, die beinhaltet, dass jeder das Recht hat, sich zu irren, oder selber recht haben? Eine Gemeinschaft, die wirklich niemanden ausschließt, erniedrigt und verfolgt, oder ein System, das unterdrückt und bestraft? Eine bedingungslose Liebe, die auch die miteinschließt, die verletzen und Unrecht tun, oder eine Welt, in der sich immer nur die Namen derer verändern, die von oben Macht ausüben?

Eine Frage der Ausrichtung

Wenn wir wirklich wollen, dass sich in unserer Welt etwas verändert, müssen wir die eigene Überheblichkeit, die eigene Unehrlichkeit, das eigene Bestreben nach Kontrolle ablegen und aufhören, gegen das anzukämpfen, was ist. Das mag unerhört klingen angesichts des Unrechts und der Gewalt, die überall geschehen. Doch nein:

Es geht nicht darum, die Überwachungsmaßnahmen, die Kriege und die Zerstörung des Lebendigen gutzuheißen, sondern darum, die eigenen Energien nicht im Kampf dagegen zu verschwenden.

Es ist ein Irrtum zu glauben, wir könnten das verändern, was jetzt gerade da ist. Da ist Krieg. Da ist Zerstörung. Da ist Unrecht. Da ist Wut. Da ist Empörung. Da ist Trauer. Diese Dinge sind. Sie existieren. Und sie sind gewaltig. Der Einzelne ist hier machtlos, und auch vielen Einzelnen zusammen wird es kaum gelingen, dagegen anzugehen.

So ist es verlorene Energie, sich darüber zu empören, dass so viele Menschen noch nicht „erwacht“ sind, noch nicht „aufstehen“, es noch nicht begriffen haben. Jeder Gedanke, der das Problem fokussiert, macht das Problem größer. Je mehr wir gegen etwas angehen, desto mehr Energien verlieren wir. Egal, ob wir dieses System unterstützen oder es bekämpfen: Wir machen es durch die Energie unserer Aufmerksamkeit immer noch stärker.

Diese Energie fehlt uns an anderer Stelle, dort, wo wir etwas verändern können: an unserer Haltung zu den Dingen. Und nur dort. Innen. Hier. Jetzt. Erst wenn wir unsere Energien nicht mehr kapern und fremdsteuern lassen und in uns für Klarheit sorgen, kann sich auch im Außen etwas verändern.

Die Macht sitzt nicht irgendwo da draußen. Wir haben sie in uns! Doch sie kommt nur zur Wirkung, wenn wir zuerst uns selbst verändern. Wenn wir in uns erschaffen, was wir da draußen sehen wollen. Alles andere folgt nach.

Hiermit ist keine Allmächtigkeit gemeint. Denn wir müssen uns zunächst beugen und uns selbst in aller Ehrlichkeit begegnen. Es soll nicht die Illusion erzeugt werden, wir könnten alles kontrollieren, wenn wir uns nur selbst verändern. In Wirklichkeit kontrollieren wir gar nichts. Wir haben nur die Wahl, unsere Energien im Kampf dagegen zu vergeuden, oder anzunehmen, was ist, ihm keinen Widerstand entgegensetzen und es sich verwandeln zu lassen in dem Vertrauen, dass Leben immer Leben hervorbringt.

Zur Sonne werden

Ich sehe nur sehr wenige Menschen, die bereit sind, wirklich bei sich selbst zu beginnen. So werden immer wieder neue Kräfte ins Feld geschickt, die uns Lüge, Kontrolle und Gewalt vorspiegeln. Sie sind da, damit wir erkennen, was in uns los ist. Wer jetzt vehement behauptet, er hätte das nicht, der mag besonders in sich gehen. Dort, wo die Abwehr am größten ist, da sitzen sie, die Kräfte, derer wir im Außen nicht Herr werden, weil wir sie im Innen nicht sehen wollen.

Dieses Spiel müssen wir durchschauen, bevor es in der Welt ein Ende finden kann. Das ist meine Erkenntnis. Meine Wahrheit, die ich nur mit ganz wenigen teilen kann. Was soll ich also tun? Soll ich meinerseits überheblich werden, weil andere das nicht erkennen? Soll ich gegen sie ankämpfen und versuchen, sie zu manipulieren und zu kontrollieren? Oder nehme ich die Dinge, wie sie sind, und pflege weiter meinen Garten, in dem die Sonne auf alle scheint, egal, was sie getan haben?

Ich habe beschlossen, weiter meine Artikel und Bücher zu schreiben, an Lilith und Sophia zu erinnern, an Mythen, in denen ich Impulse für einen Weg in eine neue, friedliche Welt sehe. Ich bringe weiter die Alchemie ins Spiel, die das Blei nicht wegwirft, sondern die Schichten abzieht und Klarheit schafft, bis das Gold zum Vorschein kommt. Das innere Gold. Die Kraft, die in uns strahlt und uns zu Sonnen macht.

Dabei empfinde ich vor allem eines: Dankbarkeit. Danke dafür, meine Gedanken auf diese Weise entwickeln und teilen zu können. Danke, in einer Zeit wie dieser zu leben, die mir so viel Gelegenheit gibt, für mehr Klarheit und Ehrlichkeit in mir zu sorgen. Danke für die vielen Coaches, die mir begegnen, ob unterstützend oder herausfordernd. Danke dafür, lernen zu dürfen, mir selbst ein Stück näher zu kommen und meine Seele ein wenig mehr kennenzulernen.

Danke für die Reise, die ich angetreten habe, und für die Befreiung, die ich dabei erleben darf. Danke zu erleben, dass es nicht die äußeren Umstände sind, die für mein Glück verantwortlich sind. Und ein großes Danke dafür, Leser zu haben, die mich bis hierhin begleiten.

Zusammen werden wir zu Sonnen, die sich nicht gegenseitig in den Schatten stellen, sondern einfach strahlen, weil sie Sonnen sind.


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