Es vergeht kein Tag, an dem die Trump-Administration nicht mit neuen Schrecken für die US-Amerikaner und unsere Nachbarn weltweit aufwartet.
Am 22. April (2025) senkte der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognosen für das globale Wachstum in 2025 von 3,2 Prozent auf 2,8 Prozent und warnte, dass dies für die Vereinigten Staaten schmerzhafter als für alle anderen Länder sein würde. Man geht davon aus, dass Trumps Politik das Wachstum in den USA von 2,7 auf 1,8 Prozent drücken wird.
Dass China der Hauptangriffspunkt der Trump'schen Handelskriege ist, ist inzwischen der ganzen Welt klar. Die Vereinigten Staaten haben gigantische Zölle — bis zu 245 Prozent — auf chinesische Waren verhängt. China schlug mit eigenen Zöllen von 125 Prozent zurück und weigert sich, auch nur zu verhandeln, solange die US-Zölle nicht aufgehoben sind.
Seit Präsident Barack Obama einen US-amerikanischen „Schwenk nach Asien“ angekündigt hat, betrachten beide politischen Parteien China als den größten globalen Konkurrenten oder sogar als Zielscheibe für US-Militärkräfte.
China ist nun umringt von atemberaubenden 100.000 US-Militärs in Japan, Südkorea und Guam, dazu 73.000 in Hawaii und 415.000 an der US-Westküste, sowie von genügend nuklearen und konventionellen Waffen, um China und uns alle vollständig zu zerstören.
Um den Handelskrieg zwischen den USA und China in den richtigen Sinnzusammenhang zu setzen, müssen wir einen Schritt zurücktreten und die relative wirtschaftliche Stärke sowie die internationalen Handelsbeziehungen beider Länder betrachten.
Die Wirtschaft eines Landes kann auf zwei verschiedene Arten gemessen werden: mit dem nominalen Bruttoinlandsprodukt (BIP), das ausschließlich auf Wechselkursen beruht, und mit der Kaufkraftparität (KKP), bei der die realen Kosten von Waren und Dienstleistungen zugrundegelegt werden.
Wirtschaftswissenschaftler des IWF und der OECD bevorzugen derzeit die KKP.
Gemessen an der KKP überholte China die USA 2016 als größte (Volks-)Wirtschaft der Welt und ist heute 33 Prozent größer als die US-Volkswirtschaft — 40,7 Billionen gegenüber 30,5 Billionen US-Dollar.
Und es ist ja nicht allein China; der US-Anteil an der Weltwirtschaft beträgt nur 14,7 Prozent und der Chinas beläuft sich auf 19,7 Prozent. Die EU macht 14,1 Prozent aus, während Indien, Russland,Brasilien, Japan und der Rest der Welt für weitere 51,5 Prozent verantwortlich sind.
Die Welt ist nun multipolar, ob das Washington jetzt gefällt oder nicht.
Als Malaysias Handelsminister Tengku Zafrul Aziz also gefragt wurde, ob er sich auf die Seite Chinas oder der USA schlagen würde, war seine Antwort deutlich: „Wir können es uns nicht aussuchen — und wir werden es auch nicht.“
Trump würde gerne die Haltung von Präsident George W. Bush — „Ihr seid entweder auf unserer Seite oder auf der der Terroristen“ — übernehmen, dies macht jedoch keinen Sinn, wenn China und die USA zusammen nur 34 Prozent der Weltwirtschaft ausmachen.
China sah dies kommen. Infolge von Trumps Handelskrieg mit China während seiner ersten Amtszeit wandte es sich mithilfe seiner Belt and Road Initiative neuen Märkten in Asien, Afrika und Lateinamerika zu.
Südostasien ist nun Chinas größter Exportmarkt. Es ist nicht länger von US-amerikanischen Sojabohnen abhängig — es baut mehr eigene an, kauft den Rest aus Brasilien und hat damit den Marktanteil der USA halbiert.
Währenddessen klammern sich viele US-Amerikaner an die Vorstellung, dass militärische Macht eine schrumpfende wirtschaftliche Macht ausgleichen kann. Ja, die USA geben mehr Geld (für das Militär) aus als die nächsten zehn Militärmächte zusammen — sie haben jedoch seit 1945 keinen größeren Krieg mehr gewonnen.
Von Vietnam über den Irak bis Afghanistan haben die USA Billionen ausgegeben, Millionen (Menschen) getötet und demütigende Niederlagen erlitten.
In der Ukraine zermalmt Russland derzeit in einem brutalen Abnutzungskrieg die von den USA unterstützten Streitkräfte und produziert zu einem Bruchteil der Kosten mehr Granaten, als es die USA und ihre Verbündeten bewerkstelligen könnten.
Die aufgeblähte, profitorientierte Rüstungsindustrie der USA kann da nicht mithalten, und der US-Militärhaushalt in Milliardenhöhe verdrängt neue Investitionen in Bildung, Gesundheitswesen und ziviler Infrastruktur, von denen die wirtschaftliche Zukunft abhängt.
Nichts davon sollte uns überraschen. In seinem Klassiker von 1987, The Rise and Fall of Great Powers, sah der Historiker Paul Kennendy dies voraus. Jedes herrschende Imperium, von Spanien über Großbritannien bis Russland, sah sich, als die Gezeiten der Wirtschaftsgeschichte sich änderten, früher oder später einem relativen Niedergang gegenüber und musste (s)einen Platz in einer Welt finden, die es nicht länger beherrschte. Militärische Überdehnung und Budgetüberschreitung beschleunigten stets den Absturz.
Kennedy schrieb:
„Ein häufiges Dilemma früherer ‚Nummer eins‘-Länder war es, dass sie, sogar als ihre relative wirtschaftliche Stärke nachließ, durch das Konkurrieren um ihre Position mit anderen Länder ihrem Militärsektor immer größere Anteile ihrer Ressourcen zuteilen und damit produktive Investitionen verdrängen.“
Er stellte fest, dass keine Gesellschaft dauerhaft allen anderen voraus ist, dass jedoch der Verlust des Imperiums nicht das Ende für ehemalige Großmächte bedeutet, die oft in einer Welt, die sie nicht länger beherrschen, neue und erfolgreiche Positionen finden können.
Selbst die totale Zerstörung, die Deutschland und Japan im Zweiten Weltkrieg erlitten und die ihren imperialen Ambitionen ein Ende setzte, war ein Neubeginn, weil sie ihre beachtlichen Fähigkeiten und Ressourcen von der Waffenentwicklung auf die zivile Produktion umstellten und bald die besten Autos und Unterhaltungselektronik der Welt herstellten.
Paul Kennedy erinnerte die US-Amerikaner daran, dass der Niedergang der US-Vorherrschaft „nicht absolut, sondern relativ und daher vollkommen normal ist und dass das Versäumnis, sich vernünftig an die neue Weltordnung anzupassen, die einzige ernsthafte Bedrohung für die wahren Interessen der Vereinigten Staaten darstellt“.
Und auf genau diese Weise haben unsere Führungskräfte das US-amerikanische Volk im Stich gelassen. Anstatt sich klug durch das Erarbeiten einer neuen Stellung in der multipolaren Welt auf den relativen Niedergang der USA einzustellen, legen sie noch eins drauf — mit Kriegen, mit Drohungen und mit der Fantasie einer endlosen Überlegenheit.
Beeinflusst von den Neocons haben Demokraten und Republikaner gleichermaßen die USA in eine Katastrophe nach der anderen geführt — in dem vergeblichen Bemühen, den wirtschaftlichen Gezeiten standzuhalten, mit denen alle Großmächte steigen und fallen.
Seit 1987 haben sich sieben US-Präsidenten, sowohl Demokraten als auch Republikaner, entgegen allen historischen Nachweisen, blind der vereinfachten und von den Neocons verbreiteten Vorstellung verschrieben, dass die USA die Gezeiten der Wirtschaftsgeschichte durch die Androhung und Anwendung militärischer Gewalt anhalten oder umkehren können.
Trump und sein Team bilden hier keine Ausnahme. Sie wissen, dass die alte Politik gescheitert ist. Sie wissen, dass eine radikal andere Politik vonnöten ist. Dennoch spielen sie die ewig gleiche, kaputte Schallplatte ab — wirtschaftlicher Zwang, Drohungen, Kriege, Stellvertreterkriege und nun Völkermord —, verstoßen dabei gegen das Völkerrecht und erschöpfen den guten Willen von Freunden und Nachbarn weltweit.
Es könnte nicht mehr auf dem Spiel stehen. Es bedurfte der beiden tödlichsten und zerstörerischsten Kriege in der Geschichte der Menschheit, um dem britischen Empire und dem Zeitalter des europäischen Kolonialismus ein Ende zu setzen.
In einer nuklear bewaffneten Welt wäre ein erneuter Krieg zwischen Großmächten nicht nur katastrophal — er wäre sehr wahrscheinlich der letzte. Wenn die USA weiterhin versuchen, sich tyrannisch zurück an die Spitze zu drängen, könnte die Menschheit alles verlieren.
Stattdessen erfordert die Zukunft einen friedlichen Übergang zu internationaler Kooperation in einer multipolaren Welt. Es geht hier nicht um Politik, nicht um rechts oder links oder ob man pro- oder antiamerikanisch eingestellt ist. Es geht darum, ob die Menschheit überhaupt eine Zukunft hat.
Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Trade Wars: The Decline of America“ bei Consortium News. Er wurde von Gabriele Herb ehrenamtlich übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrektoratteam lektoriert.

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