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Die Chinatown-Diplomatie

Die Chinatown-Diplomatie

Die Beziehungen zwischen China und den USA sind zum Zerreißen gespannt — Ende des vergangenen Jahres kam es zu einer Annäherung bei einem Treffen beider Staatschefs in San Francisco.

von Michael Klare

Vor dem Gipfel schien es nur wenige erkennbare Hindernisse für ein Scheitern zu geben, sei dies nun ein völliger Zusammenbruch der Beziehungen, ein katastrophaler Handelskrieg oder sogar eine militärische Auseinandersetzung um Taiwan oder um umstrittene Inseln im Südchinesischen Meer. Angefangen beim Zwischenfall mit dem chinesischen Ballon im Februar und fortgesetzt durch eine Reihe erbitterter Handelskonflikte bis zu wiederkehrenden Zwischenfällen auf See und in der Luft im Sommer und Herbst schienen die Ereignisse mit einer gewissen verbissenen Unvermeidlichkeit auf eine wie auch immer geartete Katastrophe zuzusteuern. Nach einem solchen Zwischenfall im letzten Frühjahr warnte Thomas Friedman, Kolumnist der New York Times, dass „der kleinste Fehltritt einer der beiden Seiten einen Krieg zwischen den USA und China entfachen könnte, der die (Geschehnisse in der) Ukraine wie einen Nachbarschaftsstreit aussehen lassen würde.“

In den letzten Monaten wuchs bei führenden Politikern in Peking und Washington die Sorge darüber, dass eine größere Krise — und ganz besonders ein Krieg — zwischen den USA und China zu einer Katastrophe für alle Beteiligten würde. Sie waren sich darüber im Klaren, dass selbst ein großer Handelskrieg auf beiden Seiten des Pazifiks ein Wirtschaftschaos auslösen würde. Ein vollständiger Zusammenbruch der Beziehungen würde alle Bemühungen zunichte machen, die Klimakrise zu bewältigen, neue Pandemien zu verhindern oder illegale Drogennetzwerke zu zerschlagen. Und ein Krieg? Nun, jede maßgebliche nichtstaatliche Simulation eines Konfliktes zwischen den USA und China würde zu gewaltigen Verlusten auf beiden Seiten führen sowie zur Möglichkeit einer atomaren Eskalation — und es gibt keinen Grund, anzunehmen, dass die Simulationen des US-amerikanischen und des chinesischen Militärs andere Resultate erzielt hätten.

Als der Sommer in den Herbst überging, waren beide Seiten noch immer auf der Suche nach einem Ausweg aus der Katastrophe, der für beide Seiten akzeptabel war. Monatelang hatten Spitzenbeamte die Hauptstädte der jeweils anderen Seite aufgesucht — in dem verzweifelten Bemühen, das wachsende Gefühl einer Krise unter Kontrolle zu bringen. Im Juni reiste Außenminister Antony Blinken nach Peking, nachdem ein für Februar vorgesehener Besuch wegen des Ballon-Zwischenfalls abgesagt worden war; Finanzministerin Janet Yellen traf im Juli ein und Handelsministerin Gina Raimondo im August. Im Oktober reiste Außenminister Wang Yi nach Washington. Laut New York Times Reportern Vivian Wang und David Pierson wurden ihre Treffen „in der Hoffnung (vereinbart), die Abwärtsspirale“ in den Beziehungen „anzuhalten“ und den Weg für ein Treffen zwischen Biden und Xi zu ebnen, das die Spannungen tatsächlich abbauen könnte.

Mission erfüllt?

Es überrascht nicht, dass sowohl für Biden als auch für Xi das Hauptziel des Gipfels in San Francisco darin bestand, diese Abwärtsspirale zu stoppen. Wie berichtet wurde, fragte Xi Biden: „Sollten (die USA und China) eine für beide Seiten vorteilhafte Zusammenarbeit oder Antagonismus und Konfrontation betreiben? Dies ist eine grundlegende Frage, bei der katastrophale Fehler vermieden werden müssen.“

Übereinstimmenden Berichten zufolge scheint es, als hätten die beiden Präsidenten das Abrutschen in die Konfrontation gestoppt. Während beide Seiten einräumten, dass der Wettbewerb unvermindert weitergehen würde, einigten sich beide Seiten darauf, mit ihren Differenzen auf „verantwortungsvolle Weise umzugehen“ und Konflikt auslösendes Verhalten zu vermeiden.

Wenngleich die Vereinigten Staaten und China „Konkurrenten sind“, sagte Biden Berichten zufolge zu Xi: „ Die Welt erwartet von den USA und von China, dass sie diese Konkurrenz erfolgreich managen, damit sie nicht in einen Konflikt, eine Konfrontation oder einen neuen Kalten Krieg mündet.“ Wie berichtet wird, unterstützte Xi diese Maxime und sagte, China werde sich bemühen, seine Differenzen mit Washington auf friedliche Weise auszutragen.

In diesem Sinne unternahmen Biden und Xi verschiedene bescheidene Schritte zur Verbesserung der Beziehungen und zur Vermeidung von Zwischenfällen, die zu einem unbeabsichtigten Konflikt führen könnten — darunter das Versprechen Chinas, mit den USA bei der Bekämpfung des Handels mit dem Betäubungsmittel Fentanyl zusammenzuarbeiten sowie die militärische Kommunikation auf hoher Ebene wiederaufzunehmen. Zum bemerkenswerten ersten Mal bestätigten beide auch „die Notwendigkeit, sich mit den Risiken fortschrittlicher (KI-)Methoden auseinanderzusetzen und die KI-Sicherheit durch Gespräche zwischen den Regierungen der USA und Chinas zu verbessern“. Sie genehmigten zudem eine Reihe von Kooperationsmaßnahmen, die ihre Klimabeauftragten John Kerry und Xie Zhenhua vereinbart hatten, um gemeinsam den Klimawandel zu bekämpfen.

Dennoch stimmte keiner der Präsidenten grundlegenden Veränderungen in der Politik zu, die wirklich zu kooperativeren bilateralen Beziehungen geführt hätten. In der Tat erzielten sie bei den wichtigsten Fragen, die die beiden Länder trennen — Taiwan, Handel, Technologietransfers — keine Fortschritte. Xue Gong, Chinawissenschaftlerin am Carnegie Endowment for International Peace, sagt dazu: „Das Treffen zwischen Biden und Xi wird die Beziehungen zwischen den USA und China nicht von einem strategischen Wettbewerb wegführen“ — unabhängig davon, was die beiden Präsidenten erreicht haben.

Nachdem dies nach wie vor die bestimmende Konstante in den Beziehungen darstellt und beide Staatsoberhäupter unter immensem Druck vonseiten ihrer heimischen Wählerschaft — Militär, ultranationalistische politische Gruppierungen und diverse Industriegruppen — stehen, in wesentlichen bilateralen Fragen nicht nachzugeben, sollte es uns nicht überraschen, wenn der Abstieg Richtung Krise und Konfrontation in 2024 wieder Fahrt aufnimmt.

Kommende Herausforderungen

Geht man davon aus, dass führende Politiker der USA und Chinas sich weiterhin einer nicht konfrontativen Haltung verpflichten, werden sie sich Kräften gegenübersehen, die sie noch näher an den Abgrund treiben — darunter sowohl scheinbar unlösbare Probleme, die ihre Länder spalten, als auch tief verwurzelte innenpolitische Interessen, die eine Konfrontation zu provozieren versuchen.

Obwohl mehrere hoch umstrittene Themen das Potenzial bergen, 2024 eine Krise auszulösen, haben Taiwan und territoriale Zwistigkeiten im Südchinesischen Meer das größte Potenzial, eine Katastrophe zu provozieren.

Als selbst verwaltete Insel, die zunehmend das eigene Schicksal in die Hand zu nehmen versucht, wird Taiwan von chinesischen Beamten als abtrünnige Provinz betrachtet, die rechtmäßig unter Pekings Kontrolle fallen sollte. Als die USA im Jahr 1979 formelle diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China aufnahmen, erkannten sie die chinesische Position an, „dass es ein China gibt und Taiwan Teil dieses Chinas ist“. Dieses „Ein-China“-Prinzip blieb seither stets Washingtons offizielle Politik, es sieht sich nun aber zunehmend unter Druck, da immer mehr Taiwaner ein Kappen der Verbindungen zur Volksrepublik und die Gründung eines rein souveränen Staates anstreben — was, so warnte die chinesische Führung wiederholt, zu einer militärischen Reaktion führen könnte. Viele US-Beamte glauben, dass Peking in der Tat eine Invasion der Insel starten würde, sollten die Taiwaner ihre Unabhängigkeit erklären. Dies wiederum, so die Überzeugung, könnte leicht zu einer Intervention des US-Militärs und einem ausgewachsenen Krieg führen.

Noch reagiert die Biden-Regierung auf eine mögliche chinesische Invasion nach dem Prinzip einer „strategischen Uneindeutigkeit“, das ein militärisches Eingreifen zwar impliziert, jedoch nicht garantiert. Gemäß Taiwan Relations Act von 1979 wird jeglicher Versuch vonseiten Chinas, Taiwan militärisch zu erobern, als Angelegenheit betrachtet, „die den USA Anlass zu großer Sorge gibt“, jedoch nicht automatisch eine militärische Reaktion erfordert.

Dennoch haben in den letzten Jahren immer mehr prominente Politiker aus Washington dazu aufgerufen, die „strategische Uneindeutigkeit“ durch eine Doktrin der „strategischen Eindeutigkeit“ zu ersetzen, die eine eindeutige Zusicherung der Verteidigung Taiwans im Falle einer Invasion beinhalten würde. Präsident Biden hat dieser Haltung Glaubwürdigkeit verliehen, indem er wiederholt behauptete, dies sei US-Politik (was es jedoch nicht ist), und damit seine Berater dazu gezwungen, seine Worte immer wieder zurückzunehmen.

Natürlich muss die Frage, wie China und die USA auf eine Unabhängigkeitserklärung Taiwans reagieren würden, erst noch auf den Prüfstand gestellt werden.

Die derzeitige Führung der Insel, die der Unabhängigkeit fordernden Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) angehört, hat bisher angesichts der Art und Weise, wie Taiwan durch diplomatische Beziehungen und wirtschaftliche Kompetenz langsam eine De-facto-Unabhängigkeit erreicht, akzeptiert, dass keine Notwendigkeit für eine überstürzte formelle Erklärung besteht. Aber die Präsidentschaftswahlen in Taiwan im Januar und die mögliche Bildung einer weiteren von der DPP dominierten Regierung könnte, so glauben manche, genau einen solchen Schritt — oder, in Erwartung dessen, eine chinesische Invasion — auslösen.

Sollte der DPP-Kandidat William Lai am 13. Januar die Wahl gewinnen, könnte die Biden-Regierung unter sehr großen Druck vonseiten der Republikaner und mancher Demokraten geraten, die ohnehin schon schnellen Waffenlieferungen an die Insel noch zu beschleunigen. Selbstverständlich würde Peking dies als stillschweigende US-Unterstützung für ein beschleunigtes Streben nach Unabhängigkeit interpretieren und (wahrscheinlich) seine Neigung zur Invasion erhöhen. Mit anderen Worten: Joe Biden könnte Anfang 2024 mit einer großen militärischen Krise konfrontiert sein.

Die Kontroverse um das Südchinesische Meer könnte in kürzester Zeit eine ähnliche Krise verursachen. Dieser Aufruhr rührt daher, dass Peking die Souveränität über fast das gesamte Südchinesische Meer — eine Erweiterung des westlichen Pazifiks, die von China, Taiwan, den Philippinen, Borneo und Vietnam begrenzt wird — und dessen Inseln erklärt hat. Diese Ansprüche werden von den anderen Anrainerstaaten dieses Meeres angefochten, die sich darauf berufen, dass sie nach dem Völkerrecht — insbesondere dem Seerechtsübereinkommen der UN — die Souveränität über die Inseln innehaben, die in ihre individuellen „ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ)“ fallen. Im Jahr 2016 hat der Ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag auf Antrag der Philippinen entschieden, dass Chinas Ansprüche ungültig seien und dass die Philippinen und ihre Nachbarn in der Tat das Recht hätten, ihre jeweiligen AWZs zu kontrollieren. China protestierte umgehend gegen das Urteil und kündigte seine Absicht an, es nicht zu beachten.

Die chinesische Kontrolle über diese Inseln und die sie umgebenden Gewässer hätte erhebliche wirtschaftliche und strategische Folgen. Zunächst einmal würde sie Chinas Verteidigungsumkreis um mehrere Hundert Meilen vor seiner Küste ausdehnen, was mögliche künftige Pläne der USA, das Mutterland anzugreifen, erschweren würde, während es einen Angriff der Volksrepublik China auf Stützpunkte der USA und ihrer Verbündeten in der Region signifikant erleichtern würde.

Im Südchinesischen Meer finden sich auch bedeutende Fischgründe, die eine wichtige Nahrungsquelle für China und seine Nachbarn darstellen, sowie riesige Öl- und Erdgasvorkommen, die von allen Staaten in der Region begehrt werden. China hat konsequent versucht, diese Rohstoffe zu monopolisieren.

Um ihre Kontrolle über das Gebiet zu erleichtern, hat die VR China auf vielen der Inseln Militäreinrichtungen errichtet und setzt ihre Küstenwachen und maritimen Milizen ein, um die Fischerboote und Ölbohrschiffe anderer Staaten zu vertreiben — wobei manche dieser Schiffe sogar gerammt wurden. So prallte beispielsweise am 22. Oktober (2023, Anmerkung der Übersetzerin) ein großes Schiff der chinesischen Küstenwache gegen ein kleineres der Philippinen, das versuchte, einen kleinen Außenposten der philippinischen Marine auf dem von beiden Ländern beanspruchten Inselchen „Second Thomas Shoal“ zu verstärken.

Als Reaktion auf solche Schritte versicherten Beamte in Washington wiederholt, die USA werde Verbündeten zur Seite stehen, die von Mobbing“ seitens Chinas betroffen sind. So erklärte Verteidigungsminister Lloyd Austin im Juli bei einem Treffen mit australischen Beamten in Brisbane: „Wir werden weiterhin unsere Verbündeten und Partner unterstützen, wenn sie sich gegen schikanöses Verhalten wehren.“ Drei Monate später, nach dem Zusammenstoß beim Second Thomas Shoal, bekräftigte Washington erneut seine Verpflichtung, die Philippinen gemäß dem Vertrag zur gegenseitigen Verteidigung von 1951 zu verteidigen, sollten Streitkräfte, Schiffe oder Flugzeuge der Philippinen einem bewaffneten Angriff ausgesetzt sein, darunter auch „jene der Küstenwache — überall im Südchinesischen Meer“.

Mit anderen Worten: Ein zukünftiger Zusammenstoß zwischen chinesischen Schiffen und denen eines Vertragspartners oder enger Verbündeter Washingtons könnte leicht zu einer großen Konfrontation eskalieren. Einzig ist natürlich unmöglich zu sagen, welche Form diese annehmen mag oder wohin sie führen wird. Erwähnenswert ist jedoch, dass das Indopazifische Kommando der Vereinigten Staaten während der jüngsten Übungen im Südchinesischen Meer groß angelegte Gefechtsübungen durchführte, an denen mehrere Flugzeugträger, Kreuzer, Zerstörer und U-Boote beteiligt waren. Jegliche militärische Reaktion der USA in diesem Ausmaß würde zweifellos eine vergleichbare Reaktion Chinas hervorrufen und möglicherweise eine Eskalationsspirale in Gang setzen. Geht man davon aus, dass China seine Politik der Schikane der Fischerei- und Erkundungsaktivitäten seiner südlichen Nachbarn fortsetzt, könnte sich ein Zusammenstoß dieser Art fast jederzeit ereignen.

Kriegslüsternen Impulsen widerstehen

Angesichts der Gefahren in Taiwan und im Südchinesischen Meer werden sich die Präsidenten Biden und Xi in höchster Geduld und Vernunft üben müssen, um zu verhindern, dass es 2024 zu einer ausgewachsenen Krise kommt. Es bleibt zu hoffen, dass neben den neuen Instrumenten des Krisenmanagements — wie zum Beispiel die verstärkte Kommunikation zwischen den Streitkräften — das in San Francisco entwickelte Verständnis sie dabei unterstützen wird, auftretende Probleme zu bewältigen. Dabei müssen sie jedoch sowohl die Eskalationsdynamik, die diesen Disputen innewohnt, als auch den kriegstreiberischen innenpolitischen Druck vonseiten mächtiger politischer und industrieller Gruppierungen überwinden, die einen intensiven militärischen Wettbewerb mit der anderen Seite — wenn auch nicht unbedingt einen Krieg — als reizvoll und notwendig ansehen.

Sowohl in den USA als auch in China sind riesige militärisch-industrielle Unternehmen aufgeblüht, die von kolossalen staatlichen Zuwendungen gespeist werden, um sie zu befähigen, das Militär der anderen Seite in einem totalen High-Tech-Kampf zu besiegen.

In diesem hitzköpfigen Klima sind die Militärbürokratien und die Waffenhersteller beider Seiten zu der Überzeugung gelangt, dass die Verbreitung einer Atmosphäre gegenseitiger Verdächtigungen und Feindseligkeit von Vorteil sein könnte — und wichtige Politiker noch mehr dazu drängt, sie mit Geld und Macht zu überhäufen.

So verabschiedeten beispielsweise der US-Senat und das Repräsentantenhaus am 13. und 14. Dezember (2023, Anmerkung der Übersetzerin), scheinbar unfähig, etwas anderes zu verabschieden, ein Rekordgesetz zur Verteidigungspolitik, das Militärausgaben in Höhe vom 886 Milliarden US-Dollar für das Jahr 2024 vorsieht — 28 Milliarden mehr als 2023. Dabei ist der größte Teil der Erhöhung für Schiffe, Flugzeuge und Raketen vorgesehen, die in erster Linie für einen möglichen künftigen Krieg mit China bestimmt sind. Führende US-Militärs — und Politiker, die Distrikte mit einer hohen Konzentration an Rüstungsunternehmen vertreten, — werden in den kommenden Jahren sicher noch weitere Ausgabenerhöhungen verlangen, um die „Bedrohung durch China“ zu bewältigen.

Eine ähnliche Dynamik treibt die Finanzierungsbemühungen hochrangiger chinesischer Beamter des militärisch-industriellen Bereichs an, die sich zweifellos auf Washingtons Bestrebungen berufen, China zu überwältigen, um nun ihrerseits eine Aufrüstung zu verlangen, einschließlich — verhängnisvoller Weise — ihrer eigenen Atomstreitkräfte. Zudem profitieren in beiden Ländern verschiedene Vertreter aus Politik und Medien davon, auf der „Bedrohung durch China“ oder der „Bedrohung durch die USA“ herumzureiten, was den Druck auf Spitzenbeamte erhöht, auf jede vermeintliche Provokation der Gegenseite mit harten Maßnahmen zu reagieren. Angesichts dessen werden sich Präsidenten Biden und Xi 2024 aufgrund der scheinbar unlösbaren Streitigkeiten zwischen ihren Nationen wahrscheinlich mit einer Reihe schwieriger Herausforderungen konfrontiert sehen.

Beste Umstände vorausgesetzt, könnten sie vielleicht einen großen Konflikt vermeiden und gleichzeitig bei weniger umstrittenen Fragen wie dem Klimawandel oder dem Drogenhandel Fortschritte erzielen. Dafür müssten sie jedoch mächtigen Kräften eingefleischter Kriegslust widerstehen. Sollte ihnen das nicht gelingen, könnten die heftigen Kriege in der Ukraine und in Gaza im Jahr 2023 wie vergleichsweise unbedeutende Ereignisse aussehen, während sich die beiden Großmächte in einem Konflikt gegenüberstehen, der diesen Planeten buchstäblich in die Hölle und zurück treiben könnte.

Wir drücken die Daumen.


Redaktionelle Anmerkung: Dieser Text erschien zuerst unter dem Titel „Still Treading on the Precipice: The US and China at Year´s End“ bei Counter Punch. Er wurde von Gabriele Herb ehrenamtlich übersetzt und vom ehrenamtlichen Manova-Korrektoratteam lektoriert.


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