Zum Inhalt:
Unterstützen Sie Manova mit einer Spende
Unterstützen Sie Manova
Die Entwurzelung der Kinder

Die Entwurzelung der Kinder

Durch zu frühe Fremdbetreuung in Kitas kann die emotionale und sprachliche Entwicklung von Heranwachsenden schwer beeinträchtigt werden.

Der Erfolg des Kindergartens hat zu Trugschlüssen geführt, die unsere heutige Familienpolitik prägen. Es wird von „frühkindlicher Bildung“ gesprochen und damit suggeriert, das U3-Alter sei vergleichbar mit schulischer Bildung, also der Vermittlung von Lesen, Schreiben, Rechnen und Wissen.

Dabei wird übersehen, dass in diesem Alter noch nicht diese „Bildung“ wesentlich ist, sondern die emotionale Beziehung zu zumindest einer festen Bezugsperson, was mit dem Begriff „Bindung“ umschrieben wird.

Hier werden die sogenannten soft skills vermittelt wie Vertrauen, Selbstsicherheit, Ausdauer und so weiter, die Voraussetzung für erfolgreiches späteres Lernen in der Schule sind. Diese „soft skills“ werden dann im Kindergartenalter im Spiel trainiert.

Der Begriff „Kita“ (Kindertagesstätte) wird als Oberbegriff für U3- und Ü3-Kinder sowie für die neben der Schule betreuten Grundschulkinder verwendet. Damit werden drei in ihren Bedingungen ganz unterschiedlichen Altersstufen in einen Topf geworfen. Daraus folgt dann oft ein völlig undifferenzierter Umgang mit den Kindern, der insbesondere den U3-Kindern nicht gerecht wird. Sie sollen gemeinsam in Kinderkrippen, der Begriff wurde von der DDR übernommen, betreut werden – ähnlich wie im Kindergartenalter. Das ist in aller Regel eine massive Überforderung im U3-Alter. Erkennbar ist das an einem erhöhten Cortisolspiegel, der im Speichel gemessen wird. Dieser zeigt einen Stress, der in der Regel über den ganzen Tag anhält. Dauerstress führt aber zu einer deutlichen Entwicklungsbehinderung.

Untersuchungen im Grundschulalter haben gezeigt, dass sowohl die soziale als auch die sprachliche Entwicklung mit der Fremdbetreuung im U3-Alter gegensätzlich korreliert.

Je früher die Fremdbetreuung begann und je länger sie am Tag erfolgte, desto schlechter war die sprachliche Leistung im Alter von drei Jahren und desto risikobehafteter war die spätere soziale Entwicklung (1,2). Der Gebrauch des Begriffs „Kita“ hat diese Fehlentwicklung erleichtert.

Es wäre auch zu fragen, ob die nachgewiesene Verschlechterung der schulischen Leistung von Viertklässlern seit 2011 (3) mit der seit 2006 laufenden „Krippenoffensive“ zusammenhängt. Offensichtlich wird hier das Kindeswohl den angeblichen Erfordernissen des Arbeitsmarktes geopfert. Das Mantra „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ dient vor allem der Profitmaximierung in der Wirtschaft. Die sogenannte „Vereinbarkeit“ ist aber ein Sonderopfer für Eltern, da sie denen, die keine Kinder haben, nicht abverlangt wird. Die elterliche Kinderbetreuung wird abgewertet, was auch einen klaren Verstoß gegen die Gleichberechtigung von Frauen darstellt, da es meist die Mütter sind, die diese für die gesamte Gesellschaft der Erwerbsarbeit gleichwertige Arbeit leisten. Am meisten belastet werden die Kinder.

Übrigens zeigten schon Untersuchungen in der früheren DDR, dass die sprachlichen Fähigkeiten im Alter von drei Jahren nicht nur vom sozialen Status der Eltern, sondern auch von der Betreuungsart abhingen.

Bei vergleichbaren sozialen Bedingungen der Eltern waren die „Familienkinder“ den Tageskrippenkindern deutlich überlegen und die Tageskrippenkinder wiederum den Wochenkrippenkindern.

Daneben wurde eine deutliche Korrelation zwischen den sprachlichen Fähigkeiten der Drei-Jährigen und dem schulischen Erfolg nach dem ersten Schuljahr beobachtet. (4). Diese Erkenntnisse erlangten allerdings in der DDR keine große Verbreitung.


Quellen und Anmerkungen:

(1) Karin Hortmann, „Zur Diagnostik der sprachlichen Entwicklung dreijähriger Kinder“; Pädiatrische Grenzgebiete 26 (1987), Seite 133 ff
(2)NICHD-Studie (National Institute of Child Health and Human Development) an circa 1000 Kindern in den USA
(3) IQB-Bildungstrend 2021, der eine Verschlechterung bei Viertklässlern in Deutsch und Mathematik seit 2016 und 2011 zeigte.
(4) Hortmann, Karin; „Zur Diagnostik des sprachlichen Entwicklungsstandes dreijähriger Kinder“, Pädiatrische Grenzgebiete (1987), Seite 133


Wenn Sie für unabhängige Artikel wie diesen etwas übrig haben, können Sie uns zum Beispiel mit einem Dauerauftrag von 2 Euro oder einer Einzelspende unterstützen.

Oder senden Sie einfach eine SMS mit dem Stichwort Manova5 oder Manova10 an die 81190 und mit Ihrer nächsten Handyrechnung werden Ihnen 5, beziehungsweise 10 Euro in Rechnung gestellt, die abzüglich einer Gebühr von 17 Cent unmittelbar unserer Arbeit zugutekommen.

Weiterlesen

Anatomie des Unsichtbaren
Thematisch verwandter Artikel

Anatomie des Unsichtbaren

Machtausübung gelingt umso reibungsloser, je besser es Mächtigen gelingt, ihre Strategien gegenüber den Unterworfenen zu verschleiern — hier liegt eine wichtige Aufgabe von Kritik und Analyse.

Ein Skandal und null Resonanz
Aktueller Artikel

Ein Skandal und null Resonanz

Der Missbrauchsskandal an der Odenwaldschule ist ein Beispiel dafür, wie ein Kartell des Schweigens, verbunden mit falschem Respekt vor Autoritäten, die Aufklärung eines Verbrechens lange blockieren kann.

Der nächste Schritt der Evolution
Aus dem Archiv

Der nächste Schritt der Evolution

Mit den mRNA-Impfstoffen, die sich Millionen freiwillig spritzen ließen, kam der Transhumanismus seiner Vision vom neuen Menschen einen Schritt näher.