Wir leben in einer komplizierten Welt, in der nichts mehr sicher ist. Nicht unser Bankkonto vor staatlichen Zugriffen, nicht unser Eigenheim, nicht unsere Arbeit, nicht die Informationen, die verbreitet werden. Alles kann uns jederzeit genommen werden. Alles kann fake sein. Zu alledem können wir nicht einmal mehr sicher sein, eine Frau zu sein oder ein Mann. Wer einen anderen Menschen fälschlich als Frau oder Mann identifiziert, läuft Gefahr, es mit dem Gesetz zu tun zu bekommen.
Welches Geschlecht jemand hat, hängt heute nicht von den Geschlechtsteilen ab, sondern davon, wie er oder sie sich gerade fühlt: nichtbinär — weder nur männlich noch nur weiblich, sondern irgendwie dazwischen oder ganz anders; genderqueer — weder nur weiblich noch nur männlich; genderfluid — mal eher männlich, mal eher weiblich; bigender — mit zwei Geschlechtsidentitäten, die sich abwechseln oder beide gleichzeitig da sein können; demigender — teilweise mit einem oder einem anderen Geschlecht identifiziert; demigirl — teilweise weiblich, teilweise nicht; demiboy — nur teilweise männlich; agender — gar keinem Geschlecht zugehörig; oder neutrois — neutral (1).
Früher war alles einfacher. Vor ein paar Jahren waren Frauen noch die, die schwanger werden und Kinder gebären können.
Man konnte sie dadurch erkennen, dass ihre Körper weniger behaart sind, sie einen Busen haben, ein tendenziell breiteres Becken, eine höhere Stimme und allgemein weniger Muskeln und Körperkraft als Männer. Heute ist nicht jemand automatisch eine Frau, bei dem sich XX-Chromosomen, Östrogen und Progesteron nachweisen lassen, Eileiter, Eierstöcke, Gebärmutter, Vagina und Vulva. Geschlecht, so heißt es in der Genderbewegung, ist vielfältiger und nicht allein über biologische Merkmale zu bestimmen.
Hiermit tut sich nicht nur eine Polemik auf, die neben vielen anderen die Gesellschaft spaltet, sondern auch ein weites Feld, das ehrliche Fragen und Antworten erfordert. Während die Genderbewegung sich an Äußerlichkeiten orientiert und Frau- oder Mannsein daran festmacht, wie sich jemand schminkt oder über seine Gefühle spricht, frage ich mich: Was ist das denn eigentlich, weiblich sein? Was bedeutet männlich? Hängt es davon ab, ob man im Sitzen oder im Stehen pinkelt, oder gibt es da noch etwas mehr?
Typisch weiblich?
In welches Kapitel der Menschheitsgeschichte der vergangenen 6.000 Jahre man auch blickt: Frauen zogen den Kürzeren. Sie hatten keine oder kaum Rechte, wurden wie Vieh behandelt, eingesperrt, vergewaltigt, verstümmelt, gefoltert, verbrannt und aufgrund ihres Geschlechts getötet. Ist das gemeint, wenn sich heute ein Mann als Frau fühlt? Identifiziert er sich mit denen, die unsägliches Leid erfahren haben? Spürt er in sich die Erinnerung an die Frauen im antiken Griechenland, im alten Rom, während der Inquisition, nach dem Zweiten Weltkrieg? Geht es der Genderbewegung auch darum, vergangenes Unrecht aufzuarbeiten? Oder ziehen Frauen wieder einmal den Kürzeren, indem man ihnen heute sogar ihr Frausein nimmt?
Was ist damit gemeint, wenn Männer für sich das Recht fordern, Frauen sein zu können? Was verstehen sie unter Weiblichkeit? Die Fähigkeit, sich unterdrücken zu lassen und die Tätigkeiten zu machen, die man nur sieht, wenn sie nicht gemacht werden?
Unterbezahlt zu sein? In sozialen und pflegenden Berufen zu arbeiten? Vergewaltigt zu werden? Wissen Männer, die Frauen sein wollen, wie es ist, Monatsblutungen zu haben und ein Kind auszutragen und zu gebären? Können sie sich vorstellen, wie es ist, wenn ein Penis in ihre Vagina dringt?
Kennen sie Unterleibsschmerzen, Endometriose, Zysten, prämenstruelles Syndrom, Gebärmuttersenkung, Blasenentzündungen, Gebärmutterhalskrebs, Brustkrebs und all die typischen Frauenleiden? Kennen sie die weiblichen Zyklen, weibliche Verletzlichkeit, weibliche Gefühle? Findet eine Auseinandersetzung darüber statt, was es wirklich bedeutet, Frau zu sein, Mann zu sein? Wird darüber gesprochen, was Frauen und Männer in den vergangenen Jahrzehnten, Jahrhunderten, Jahrtausenden erlebt und erlitten haben? Ist das Ungleichgewicht behoben? Sind die Wunden verheilt?
Echt jetzt
Jeder soll sich anziehen und zurechtmachen können, wie er möchte. Jeder kann, solange es im gegenseitigen Einverständnis geschieht, den Sex praktizieren, den er will. Jeder hat die Hoheit über seinen eigenen Körper. Niemand hat hier reinzureden. Auch nicht die Regierung und die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Doch wer sich wie eine Dragqueen zurechtmacht und sich dann beschwert, dass er Blicke auf sich zieht, hat den Sinn von Freiheit und Toleranz nicht verstanden.
Es ist wichtig, sich mit der eigenen Identität zu beschäftigen, mit seinen tiefen Gefühlen, Bedürfnissen und Wünschen und sich auch an Verborgenes heranzuwagen. Tabus müssen ans Licht; Verletzungen müssen ans Licht, um zu heilen. Verkleidungen können helfen, vernachlässigte Anteile in sich auszuleben. Fantasie ist toll. Das Anerkennen der Einzigartigkeit jedes einzelnen Menschen ist ein wichtiger Schritt zu einer friedlichen Welt.
Es ist wichtig, sich nicht zu verstecken und hinauszugehen, sich so zu zeigen, wie man sich gerade fühlt, ehrlich zu sein, nicht verbogen und gebeugt, sondern aufrecht in dem, was man wirklich ist. Welt, hier bin ich. Ich lade euch ein, mich so zu nehmen, wie ich bin, mit meinen Fehlern und Schmerzen, mit meinen Zweifeln und Widersprüchen, in meiner Ganzheit aus Schatten und Licht. Ob laut oder leise, stark oder schwach, traurig oder lustig, verzweifelt oder euphorisch, einsam oder geborgen: Ich bin das alles.
In meinem Ganzsein überwinde ich die Angst, zurückgewiesen zu werden, nicht anerkannt, verlacht, verfolgt, verletzt. Ich habe begriffen, dass die Welt da draußen nicht mein Feind ist, sondern eine Spiegelung dessen, was ich ihr von mir zeige.
Ich verstehe, dass Nähe die einzige Möglichkeit ist, Frieden zu finden. Ich ziehe nicht mehr in den Kampf. Ich baue keine Mauern mehr um mich herum und trage keine Masken mehr. Ich bin echt. Natürlich. Wirklich. In meiner Wirkkraft.
Das Männliche im Weiblichen und das Weibliche im Männlichen
Wie wäre es, wenn wir die Genderbewegung, die darauf ausgerichtet ist, vor allem die jungen Menschen zu verwirren und ihrer Echtheit und damit ihrer Schöpferkraft zu berauben, nutzen, um in unsere Echtheit zu kommen? Wenn wir das Verdrehte anders herum drehen und auf die Füße stellen, auf den Boden der Tatsachen? Denn wenn es um Toleranz und Vielfalt ginge, dann würde nicht die Meinungsvielfalt immer mehr eingeschränkt werden und würden nicht Journalisten, die nicht regierungskonform berichten, aus der EU verbannt (2).
Verwandeln wir die Lüge in eine Wahrheit, unsere Wahrheit. Wenden wir uns den wesentlichen Fragen zu. Wer bin ich? Was fühle ich? Was bewegt sich in meinem Innersten? Was bedeutet es für mich, männlich oder weiblich zu sein? Hier müssen wir uns nicht zwischen dem einen oder dem anderen entscheiden. Wir sind beides. Männer haben weibliche Anteile in sich und Frauen männliche. Die chinesische Philosophie nennt sie Yin und Yang, C. G. Jung spricht von Animus und Anima.
Anima ist das weibliche Prinzip in der inneren Einstellung des Mannes. Als unbewusster Anteil wird es nicht im Inneren der Person ausgelebt, sondern nach außen projiziert. Der Mann verdrängt oder verleugnet dieses lebendige Potenzial in sich und sieht es als etwas Fremdes, Feindseliges und Bedrohliches, das bekämpft werden muss. Gleichzeitig wünscht er sich von der Frau, die Verkörperung des Verdrängten zu sein.
Animus ist die unbewusste männliche Kraft in der Frau. Statt die eigenen ihr innenwohnenden Kräfte zuzulassen und sich selbst diese Ressourcen anzueignen, projiziert die Frau ihren Wunsch nach Stärke nach außen und versucht, den unausgelebten Anteil ihrer selbst durch den Partner zu ergänzen. So spiegeln sich in Frau und Mann zwei unvollkommene Persönlichkeiten gegenseitig das wider, was dem jeweils anderen fehlt.
Annäherung
Die Reibungen, die hieraus entstehen, bergen ein enormes Entwicklungspotenzial, von dem beide profitieren können, wenn sie sich ihrer eigenen Unvollkommenheit bewusst werden und wirklich aufeinander einlassen. Hierbei geht es nicht um Äußerlichkeiten, sondern um ein Ende des Projizierens. Wir erhoffen nicht mehr vom anderen, uns etwas zu geben, was wir nicht haben, oder bekämpfen es in ihm. Wir verschaffen uns Zugang zu dem uns innewohnenden Potenzial und werden reif für echte Partnerschaften.
Das egozentrische, selbstdarstellende Verhalten löst sich auf. Aus kindlicher Bedürftigkeit wird erwachsenes Verantwortungsbewusstsein, aus zwei sich als getrennt wahrnehmenden Objekten werden liebende Subjekte. Männer, die die Anima integriert haben, können ihre Gefühle zulassen und zärtlich sein. Sie müssen nicht mehr alles kontrollieren und vertrauen ihrer Intuition. Sie halten nicht ständig Vorträge, in denen sie ihr Wissen ausbreiten, sondern lassen sich darauf ein, auch zuzuhören und zu lernen.
Durch die bewusst gewordenen schöpferischen Impulse des Animus gewinnen Frauen Stärke und ein stabiles Selbstwertgefühl. Sie lernen, Verluste zu verkraften, den Anspruch auf Hilflosigkeit aufzugeben, die Selbstverliebtheit in die eigene Schwäche zu überwinden und Schuldgefühle besser auszuhalten. Beide, Frauen und Männer, werden gemeinsam lebendig und schöpferisch. Sie wagen es, sich offen füreinander zu machen — und damit auch verletzlich.
Kreative Spannnung
Dieser Prozess, schreibt Lilly Gebert, ist schmerzhaft und traumatisch. Verletzlich werden heißt, sich nicht länger selbst abzuschneiden oder zu verhärten aus Angst vor alten Wunden, sondern den Mut aufzubringen, den Weg zu sich selbst zu gehen — zunächst allein und dann mit jemandem, dessen Liebe reicht, ihn aufrichtig mit uns zu teilen und weiterzugehen. Ohne Spielchen, ohne falsche Egos, ohne die vielen Ersatzbefriedigungen, die uns doch nur weiter von uns selbst entfernen (3).
Hierfür braucht es kein Selbstbestimmungsgesetz.
Erwachsene Menschen wissen, dass sie per se beides sind: stark und verletzlich, weiblich und männlich zugleich. Nicht das eine oder das andere, sondern das eine und das andere.
Diese Spannung gilt es auszuhalten. Machen wir uns mit ihr vertraut. Lassen wir sie zu. Fühlen wir, was ist. Und seien wir ehrlich. Tasten wir uns erneut vorsichtig und Schritt für Schritt aneinander heran.
Vater Staat hat hiermit nichts zu tun. Lassen wir ihn nicht weiter in unsere Schlafzimmer und an unseren Körper heran. Finger weg von unserer Intimität! Meine Schöpferkraft gehört mir! Ob Frau oder Mann: Jetzt ist der Moment, sich darauf zu besinnen, wie tief unsere Verbindung ursprünglich war. Die Liebe zwischen Frau und Mann galt einmal als heilig, was im Islam immer noch der Fall ist. (4) Körperliche Liebe bedeutete nicht nur die Verbindung zwischen zwei Menschen, sondern gleichzeitig auch zu Gott.
Indem wir uns immer mehr auf Äußerlichkeiten fokussierten, verloren wir diese Kraft. Der ursprünglichen Einheit den Rücken drehend erschufen wir eine verdrehte Welt, in der Liebe mit Manipulation verwechselt wird und Sexualität ihre Heiligkeit und Heilkraft verloren hat. Doch das alte Wissen ist nur verschüttet. Wir können wieder Zugang zu ihm bekommen. Wir finden es, wenn wir uns wieder aufrichtig in die Augen blicken und uns einander ungeschminkt zeigen, ungeschützt, stark und verletzlich zugleich.

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Quellen und Anmerkungen:
(1) https://genderdings.de/
(2) https://transition-news.org/roper-und-lipp-tatsachlich-auf-neuer-eu-sanktionsliste
(3) https://lillygebert.substack.com/p/die-kunst-der-bewussten-vereinigung
(4) https://www.manova.news/artikel/kopftuch-und-emanzipation